Protocol of the Session on October 16, 2013

Wir müssen also feststellen, dass die Umstellung auf diese Darlehenssache die Zielgruppen, um die es wirklich geht, gar nicht richtig erreicht. Das muss man so deutlich sagen.

Der Antrag der Piraten, dem ich durchaus positiv gegenüberstehe, hat aus meiner Sicht ein Problem: Sie wollen schon was festschreiben, was letztlich in den Haushaltsberatungen mit zu beraten ist. Deswegen werden wir uns zu Ihrem – in der Tendenz richtigen – Antrag – enthalten. Richtig ist: Wir sollten erst darüber beschließen, wenn dieses Denkmalförderkonzept vorliegt.

Lieber Kollege Oliver Wittke, wenn jemand Sie als filigranen Feingeist, ausgewogen argumentierend, zurückhaltend, ja geradezu einfühlsam argumentierend darstellen würde, würden Sie dem Kollegen entgegenhalten: Du hast mich hier missverstanden. Das kann nicht ich sein!

(Beifall von Oliver Wittke [CDU])

Oliver Wittke hat immer ein klares, offenes Visier, klar, knapp, deutlich bis hin zu verletzend, knackig, zielbewusst, so auch argumentierend, nicht feinziseliert, sondern mit kräftigen Strichen, markant die Richtung vorgebend. Das war eben ein Beispiel dafür. Das war, glaube ich, auch richtig.

Allerdings – das müssen wir hinzufügen –: Er hat schon einen herben Charme, auch wenn ihn nicht jeder sofort erkennt. Aber er hat ihn schon. Dafür habe ich auch viel Verständnis. Dafür hat er auch meine persönliche Anerkennung. Herr Wittke, wir kennen den Begriff „Sinuskurve“. Die haben wir in unserem politischen Leben ja auch schon erfahren.

(Oliver Wittke [CDU]: Als Partei oder als Per- son?)

Wichtig ist immer – und das personifizieren Sie –, dass man einmal mehr aufsteht als man gestolpert ist. Das haben Sie immer hervorragend hingekriegt, immer mit einem positiven Touch dabei. Das fand ich gut.

(Beifall von der FDP, der CDU und den GRÜNEN)

Oliver Wittke ist jemand, der immer ein klares Bekenntnis zum Unterschied abgegeben hat, der nie was verkleistern wollte. Aber damit war eigentlich die Grundlage gegeben für einen tragfähigen Kompromiss, der messbar war, weil die Ausgangspunkte immer klar waren, und dann konnten wir den Kompromiss messen.

Ich spreche auch von einer Zeit, in der wir uns zum Beispiel über Umweltzonen – nicht wahr, Herr Minister? – unterhalten haben. Da gab es so gewisse interne Diskussionen. Aber eines muss ich sagen: Wenn wir einen Kompromiss gefunden haben, dann war der Kompromiss verlässlich und belastbar. Das ist ein Wert an sich.

Also: Ich wünsche Ihnen in Berlin für sich selbst alles Gute, aber ich wünsche mir auch, dass Sie für uns in Nordrhein-Westfalen weiterhin so aktiv und durchsetzungsfähig argumentieren können.

Oliver Wittke: Klar, knackig, kantig, konstruktiv, verlässlich und positiv denkend!

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD: Oh!)

Liebe Leute, das sind natürlich Begriffe, die Ihnen wie aus dem Wortschatz des Kisuaheli vorkommen und für Sie völlig unverständlich sind. Aber Oliver

Wittke lebt so. Das ist der Unterschied zwischen Oliver Wittke und Ihnen. – Schönen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Lamla.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf den Zuschauertribünen und zu Hause! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die meisten von Ihnen werden die Erlebnisse von bedeutenden Archäologen wie Ludwig Borchardt, Heinrich Schliemann,

Dr. Henry Walton Jones junior oder der 11. Gräfin von Abbington kennen. Diese Koryphäen ihres Faches halten uns immer wieder vor Augen, welche Rolle Bodendenkmäler im Hier und Heute für die Erinnerung und die Identitätsstiftung spielen.

Die Faszination für archäologische Fundstücke, seien es Hinterlassenschaften alter Zivilisationen oder Objekte aus der Industriearchäologie oder, Herr Ott, durchaus auch Bauten aus den 60er- und 70er-Jahren, ist und bleibt ein Generationsthema. Das Vergangene ist nicht vergraben und vergessen, sondern lebt durch die Arbeit von Archäologinnen, Historikerinnen und Handwerkerinnen sowie vielen Ehrenamtlichen für uns alle weiter.

Gerade in Zeiten der klammen Haushaltskassen werden auch langfristig relevante Aufgaben zu Kostenneutralität zusammengestutzt und umgemodelt, um einer Schuldenbremse gerecht zu werden. Künftige Generationen werden sich aber mit großer Wahrscheinlichkeit über eine mangelhafte Denkmalpflege und verlorene Kulturgüter in NRW mehr als ärgern. Ja, sie werden sich sogar die Haare raufen, wenn ab 2014 Investitionen in Denkmäler einer viel stärkeren Ökonomisierung ausgesetzt worden sein werden. Durch die Umstellung der Zuschüsse auf Darlehen werden Schulden auf private Schultern verteilt. Und wenn ein privates Darlehen nicht möglich ist, was dann? Das weiß keiner so recht. Darüber müssen wir reden.

Wollen wir, dass ausschließlich die finanzstärkeren Unternehmen oder Personen in Zukunft die Verantwortung für langfristige und sogar hoheitliche Aufgaben wie den Denkmalschutz übernehmen sollen? Nein, das wollen wir nicht, denke ich. Diese Gefahr sollte uns bewusst sein.

Die Geschichtsschreibung als Wissenschaft interessiert sich nicht für rentable Denkmäler, sondern für ein möglichst flächendeckendes Aufkommen von Fakten, Daten und Artefakten. Wenn diese aufgrund von mangelndem Geld und Investitionsinteresse jedoch zerfallen, zerfällt auch ein Stück von uns. Dann zerfällt auch ein Stück Generationsgerechtigkeit.

Wir begrüßen daher den Antrag der CDU-Fraktion und möchten dem Ansinnen dieses Antrags mit unserem Entschließungsantrag noch ein bisschen Nachdruck verleihen. Wir wollen ergänzend zur Ausarbeitung eines umfassenden Denkmalförderkonzepts ein klares Nein zu einer Umstellung und einen Verzicht darauf.

Die Denkmalpflege und die Archäologie haben in der heutigen Zeit einen festen Sitz in unserem Land NRW. Sie sind sogar bis in die Popkultur hinein verankert.

Echte Archäologen jagen zwar nicht immer spannenden Abenteuern und Schätzen hinterher. Jedoch leisten unsere Archäologen und Historiker einen soliden Beitrag, um unsere Vergangenheit und damit auch ein Stück Verständnis für die kulturellen Wurzeln unserer Gesellschaft zu verankern. Das sollte auch in Zukunft ohne zu starke finanzielle Abhängigkeit möglich sein. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Meine Damen und Herren, bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, gebe ich Herrn Kollegen Hovenjürgen, der darum gebeten hat, kurz das Wort zur Geschäftsordnung.

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Rednerinnen und Redner der Regierungskoalition haben Gesprächsbereitschaft in dieser Frage signalisiert. Der möchte sich die Union nicht entziehen. Daher bitten wir Sie, die direkte Abstimmung in ein Votum auf Überweisung an den Ausschuss umzuwandeln – dann aber auch mit einer kompletten Beratung.

Herr Ott, Sie haben dann auch die Möglichkeit, im Zuge einer Anhörung diejenigen einzuladen, die Ihren Gesetzentwurf begrüßen. Wir werden diejenigen dazubitten, die Probleme damit haben.

(Reiner Breuer [SPD]: Der Klamauk geht wei- ter!)

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall von der CDU und der FDP)

So weit dieser Antrag zur Geschäftsordnung. – Den Wunsch nach einer Gegenrede dazu sehe ich nicht.

Meine Damen und Herren, über diesen Antrag lasse ich gleich abstimmen, nachdem die Landesregierung ihren Redebeitrag geleistet hat. Im Übrigen darf ich Sie bitten, diese Zeit zu nutzen und sich gegebenenfalls interfraktionell zu überlegen, an welche Ausschüsse der Antrag verwiesen werden soll,

damit wir das gleich entsprechend aufrufen können. – Jetzt hat die Landesregierung in Person von Herrn Minister Groschek das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich habe gerade gezweifelt, in welcher Rolle ich jetzt antworten soll – als ehemaliger Generalsekretär auf den ehemaligen Generalsekretär oder zu dem schriftlich vorliegenden Antrag.

(Oliver Wittke [CDU]: Als Minister auf den ehemaligen Minister!)

Herr Kollege Wittke, ich finde es befremdlich, dass Sie als ehemaliger Minister das Klischee vieler Rechter bedienen, pensionierte oder tote Sozialdemokraten zu loben und als Kronzeugen zu bemühen. Das funktioniert häufig nicht; denn die Reaktion des Kollegen Laumann auf Ihre Aussage, man müsse Herrn Zöpel loben, war schon verwunderlich. Herr Laumann konnte sich vor Lachen kaum halten. Deshalb sollten wir, wenn wir das Ganze jetzt schon überweisen, ernsthaft über diesen Themenkomplex reden.

(Vorsitz: Vizepräsident Daniel Düngel)

Wenn wir ernsthaft über diesen Themenkomplex reden, müssten wir auch darüber sprechen, Herr Kollege Wittke, dass wir in Konsolidierungsfragen schon ganz andere Konsolidierungsteile erreicht haben. Ich will daran erinnern, dass Herr Laschet einen Betrag von 2,3 Millionen € als Konsolidierungsbeitrag unter Schwarz-Gelb eingespart hat. Diese Mittel wurden damals den Frauenhäusern entzogen. Das waren deutlich geringere Beträge, als es hier beim Denkmalschutz der Fall ist.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will darauf abheben, dass sowohl bei der Denkmalpflege nach § 35 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz eine Darlehensorientierung möglich ist als auch nach § 37 Denkmalschutzgesetz die Möglichkeiten der Städtebauförderung und der Wohnraumförderung eingeräumt werden.

Deshalb ist es richtig, dass wir aus 6 Millionen € Zuschüssen 60 Millionen € Darlehensvolumen gemacht haben. Das ist eine vernünftige Entscheidung gewesen, finde ich. Wir haben überdies künftig fast 3 Millionen € für die Bodendenkmalpflege. Wir haben fast 1,5 Millionen € für herausragende Sakralbauten vorgesehen. Wir leisten einen wirksamen Beitrag zum Schutz der Dombauhütten, um genau das zu erreichen, was Sie beschwören, nämlich herausragende Denkmalpflege wirklich zu betreiben und handwerkliche Arbeit zu fördern, nicht zu gefährden. Wir haben rund 7 Millionen € für Kirchenpatronate, und wir haben rund 28 Millionen € Landes- und Bundesmittel für die städtebauliche Denkmalförderung eingesetzt.

Wenn man behauptet, Denkmalpflege könnte bei der Stadtentwicklung ein Konfliktmanager sein, muss man andersherum argumentieren. Wir waren es in der Tradition von Christoph Zöpel, die die soziale Stadt als Konflikt-Management-Instrument genutzt haben. Sie waren es, die die soziale Stadt in Berlin kurz und klein gekürzt haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist der große Unterschied zwischen Wort und Tat, zwischen amtierenden Sozialdemokraten und pensionierten Sozialdemokraten.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Wir eröffnen Anreizfunktionen für Denkmalschutz, Sie haben sie geschlossen. Denn Sie waren es unter Schwarz-Gelb, die keine Mittel für Pauschalzuwendungen an Gemeinden für kleinere Maßnahmen bereitgestellt haben. Schauen Sie in den Spiegel! Dann wird deutlich, dass mit einer Mischung aus Poltergeist und Hoppeditz alleine keine Politik zu machen sein wird.

(Beifall von der SPD)