Doch, ich habe eben angekündigt, ich werde Wissenschaftler zusammenholen. – Ich beziehe auch immer gerne diejenigen ein, die mir kritische Zuschriften schicken. Das habe ich bei dem Komplex „Matheabitur“ so gemacht; da haben wir einen Workshop veranstaltet. Auch bei der Diskussion um G8 habe ich das so gemacht. Dann holen wir uns die Leute an einen Tisch und diskutieren mit ihnen. Ich beziehe auch die Sachsen ein: Was machen die da besser, und was können wir von ihnen lernen?
Das wird systematisch aufgearbeitet und systematisch angegangen; denn es hilft nichts, wenn ich hier ein einzelnes Ding in die Welt setze, wir also nicht systematisch vorgehen.
Das möchte ich noch einmal sagen: Ich war – das Projekt PIK AS habe ich eben schon genannt – mehrfach im vollbesetzten Hörsaal der Kölner Universität, als es um das Thema „Chemie entdecken“ ging. Hunderte Kinder, Eltern sowie engagierte Lehrerinnen und Lehrer waren dort: Die Begeisterung war groß.
Ich habe MINT-Schulen aller Schulformen ausgezeichnet, die genau dieses Thema wunderbar handlungsorientiert angehen: dass wir, wenn die Kinder sich für etwas engagieren, daran arbeiten und sie die Bedeutung ihrer Lernprozesse erfahren.
Ich glaube, wir müssen wie bei vielen anderen Fragen auch eines tun: Wir müssen uns überlegen, wie wir dafür sorgen, dass aus den guten Beispielen eine systematische Entwicklung wird, damit das nicht davon abhängt, ob eine Schule von sich aus ein besonderes Profil hat oder ob sie in einem sozialen Brennpunkt liegt und von anderer Stelle kein Engagement dazukommt. Ich glaube, die Systematisie
rung ist ganz entscheidend, wenn wir insgesamt für alle Schülerinnen und Schüler vorankommen wollen. – Das ist ein Aspekt, den ich besonders hervorheben will.
Die Lehrerfortbildung ist systematisiert worden, und das wird weiter passieren. Auch da will ich eine Zahl nennen, damit nicht der Eindruck entsteht, unsere Lehrerinnen und Lehrer kümmerten sich nicht um dieses Thema, denn das tun sie nämlich sehr wohl. Im Schuljahr 2012/2013 haben die Kompetenzteams für Lehrerfortbildung bereits mehr als 1.000 Fortbildungsveranstaltungen für Mathematik und für die naturwissenschaftlichen Fächer durchgeführt.
Wir müssen möglicherweise auch die Fortbildung evaluieren. Dafür ist das Landesinstitut wichtig und hilfreich. Das will ich noch einmal hervorheben.
Ich kann nur noch einmal dafür werben, dass alle guten Beispiele gebündelt werden, damit wir an einem Strang ziehen und damit die Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler auch im Fach Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern besser werden, wie wir es in Deutsch und in Englisch erfreulicherweise schon geschafft haben. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Da mir keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, schließe ich die Aktuelle Stunde.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Wir werden heute das erste Gesetz zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen in nordrhein-westfälisches Schulrecht beschließen. Deshalb ist der heutige Tag ein guter Tag für die Kinder in unserem Land, für die vielen behinderten und nicht behinderten Kinder, aber auch für ihre Eltern. Heute treffen wir nämlich eine wichtige Entscheidung für das gemeinsame Lernen von Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung. Ich wiederhole: Es ist ein guter Tag für die Kinder und für die Eltern.
Erstens. Inklusion ist ein Menschenrecht. Wenn das gelebt werden soll, dann muss jeder Mensch die Spielräume und Möglichkeiten erhalten, seine Fähigkeiten, seine Neigungen und seine Talente zu entfalten.
Artikel 24 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen fordert von uns, für eine Schule zu sorgen, die allen Kindern und Jugendlichen, ungeachtet ihrer individuellen Voraussetzungen oder ihrer aktuellen Lebenslagen, gleiche Bildungschancen eröffnet. Das machen wir.
Zweitens. Inklusion bereichert. Weil wir in Nordrhein-Westfalen den Prozess des gemeinsamen Lernens bereits früh begonnen haben, nehmen immer mehr Schulen die Verschiedenheit ihrer Schülerinnen und Schüler ganz bewusst wahr und reagieren darauf mit veränderten Lernangeboten.
Die Forderung nach inklusiver Schulentwicklung ist also keine neue Herausforderung; sie ist eine Weiterentwicklung unseres Anliegens, Schule für alle Kinder kontinuierlich besser zu machen. Die Schule kontinuierlich besser zu machen, meine Damen und Herren, darauf kommt es an. Das machen wir.
Drittens. Inklusion ist ein Prozess. In der Debatte der vergangenen Monate konnten wir viel Zustimmung für das Prinzip der Inklusion vernehmen. Gleichzeitig gab und gibt es aber auch – das will ich
nicht verschweigen – Auseinandersetzungen darüber, wie denn die Rahmenbedingungen für die Gestaltung dieses Prozesses bereits heute aussehen sollen oder müssen.
Inklusion beschreibt aber keinen Zustand, sondern verlangt, dass Eltern, Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer zusammen mit den Kommunen Teilhabe leben. Und deshalb wollen wir die Regelschule als allgemeinen und gemeinsamen Schulort für so viele Kinder mit Behinderung wie nur irgend möglich anbieten.
Im Klartext heißt das, meine Damen und Herren: Wir wollen so viel Normalität wie möglich und so viel Förderung wie nötig. Darauf kommt es an.
Viertens. Ob die schulische Inklusion Erfolg haben wird, entscheidet sich vor Ort, in den Städten und Gemeinden unseres Landes. Wenn inklusives Lernen nicht selbstverständlicher Bestandteil kommunaler Schulentwicklungspläne wird, dann wäre damit eine große Chance vertan.
Und deshalb, meine Damen und Herren, begrüße ich es sehr, dass es gestern noch rechtzeitig zu einer Verständigung mit den kommunalen Spitzenverbänden gekommen ist, nämlich beim 9. Schulrechtsänderungsgesetz, also bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in nordrhein-westfälisches Schulrecht, einen gemeinsamen Weg mit dem Ziel einer außergerichtlichen und einvernehmlichen Lösung zu beschreiten. Das will ich hier noch einmal herausstellen.
Die Koalitionsfraktionen haben gemeinsam mit der Landesregierung über mehrere Wochen in vielen Gesprächen Angebote unterbreitet, um die kommunale Familie in das Verfahren einzubinden. Und jetzt haben die kommunalen Spitzenverbände unsere ausgestreckte Hand ergriffen und die Chance wahrgenommen, dies in einer gemeinsamen Anstrengung hinzubekommen. Dazu sage ich: Ja, dafür sind wir im Interesse unserer gemeinsamen Sache dankbar.
Ich habe mich jedenfalls darüber gefreut und freue mich immer noch, dass die verantwortlichen Frauen und Männer in der kommunalen Familie so konstruktiv an einer gemeinsamen Lösung mitwirken wollen. Deshalb sage ich noch einmal: Herzlichen Dank dafür, dass das gelingt!
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sollten sich von Vorbereitungen für Wahlkämpfe freimachen und sich ebenfalls über diese Verständigung freuen, anstatt sich darüber zu grämen, dass Ihnen für die anstehende kommunale Wahl ein vermeintliches Angriffsmittel aus der Hand genommen worden ist. Es ist völlig richtig, weil wir eine Verständigung haben.
Deshalb ist der heutige Tag auch ein guter Tag für die vielen behinderten und nichtbehinderten Kinder in Nordrhein-Westfalen. Denn das wichtige und notwendige Projekt der gesetzlich verankerten Inklusion wird dank dieser Verständigung mit der kommunalen Familie beim Start eben nicht von einem Rechtsstreit überschattet und durch ihn belastet. Und dafür bin ich dankbar, meine Damen und Herren.
Diese Verständigung über das weitere Vorgehen, das im neuen Artikel 4 des Gesetzes verankert wird, ist alles andere als ein Formelkompromiss oder ein Spiel auf Zeit, um eine Klagewelle vor der Kommunalwahl zu verhindern, wie ich das hier und da gehört oder gelesen habe.