Protocol of the Session on July 11, 2013

Insofern auch noch einmal der Hinweis: Wenn Sie für alle Hundehalter einen Lehrgang, eine Ausbildung fordern, dann ist dies auch eine Überzeichnung in einem gewissen Sinne, denn Sie würden für Möpse, für Yorkshire Terrier, für Chihuahuas im Endeffekt den Hundeführerschein fordern. Ich halte das ebenfalls für überzogen.

Da der Dackel gerade schon in Rede stand, muss ich sagen: Der Dackel ist kein bösartiges Tier. Aber ich sehe es im Garten meiner Frau: Er neigt zur Umgestaltung.

(Heiterkeit – Beifall von der CDU und der SPD – Minister Johannes Remmel: Und zur Hinterlist!)

Insofern sind diese Tiere, wenn sie der Art entsprechend gehalten werden, auch interessante Partner im Leben von Familien und anderen. Als solche sollten wir sie auch halten – auch das ist angesprochen worden. Wir sollten dafür sorgen, dass diese Tiere sich artgerecht entwickeln dürfen, dass sie eine Erziehung genießen, die nicht zur Aggression führt.

Dass wir dazu eine Regelung getroffen haben, die wir auch unter Schwarz-Gelb evaluiert haben, ist schon angesprochen worden. Wir sind gemeinsam zu dem Ergebnis gekommen, diese Regelung nicht zu ändern. Das ist jetzt vier Jahre her.

Auch hier gibt es das gemeinsame Ansinnen, noch einmal zu evaluieren und zu schauen, ob wir nicht zusammen mit den anderen Bundesländern gemeinsame Regelungen entwickeln können, sodass wir in Deutschland einheitliche Regelungen haben und nicht zu Unterschiedlichkeiten kommen. Dies ist sicherlich Aufgabe der Landesregierung.

Alles in allem hat sich diese Regelung, wie wir sie 2002 auf den Weg gebracht haben – gegen unseren Widerstand, das sei auch deutlich erwähnt –, ein Stück weit bewährt. Aber wir haben auch festgestellt, dass es unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern gibt. Da stimmen wir Ihnen eher zu, dass man hier empfiehlt, noch einmal zu schauen, ob man das evaluieren und anpassen kann. Das ist richtig.

Fakt bleibt: Im Grundsatz hat sich diese Regelung bewährt. Wir sollten an ihr festhalten. Es geht darum, das zu verhindern, was Sie, Frau Brand, persönlich erlebt haben. Das ist unsere Zielsetzung.

Herr Kollege Hovenjürgen, würden Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Brand zulassen?

Frau Kollegin, bitte schön.

Vielen Dank, Herr Hovenjürgen. Da Sie gerade Ihren Dackel ins Gespräch gebracht haben: Ist Ihnen bekannt, dass unter die 20/40-Regelung alle in der Hunderasseliste aufgeführten Hunde fallen würden, sodass wir, wenn wir nur mit der 20/40-Regelung arbeiten, alle Hunde unter Beobachtung stellen würden, ohne bestimmte Rassen zu diskriminieren?

Herr Kollege, bitte schön.

Frau Brand, das ist eine Interpretation Ihrerseits. Ich weiß nicht, ob man so weit gehen könnte, wie Sie dies jetzt tun.

Deswegen habe ich Ihnen vorgeschlagen, dass wir über eine Evaluierung und darüber reden, ob man eine Anpassung zwischen den Ländern finden kann. Aber im Großen und Ganzen – dabei bleibt es – hat sich diese Regelung bewährt. Wir haben zu Recht diese Regelung damals getroffen, weil wir die größere Anzahl der Beißattacken genau aus dem Bereich dieser „gefährlichen“ Hunde hatten.

Natürlich gibt es Hunde mit einer entsprechenden Veranlagung. Ich gebe auch dem Vorredner recht, der gesagt hat: Der Mensch ist derjenige, der das Tier zu dem macht, was es dann ist. Das muss man dazusagen.

(Beifall von der CDU und der SPD)

Das Tier kann auch für seine Veranlagung in dem Fall nichts, denn auch die wurde angezüchtet. Auch das war wiederum in der Regel der Mensch. Nichtsdestotrotz gehört es im Zusammenspiel der Tatsache, dass es sich um ein Tier handelt, das schneller aggressiv reagiert, dazu, dass wir Schutzmaßnahmen ergreifen. Deswegen gibt es die Regelung, so wie sie im Raume steht. Sie hat sich bewährt.

Das entbindet uns aber nicht von einer Evaluierung, da das auch schon wieder vier Jahre her ist, seitdem wir es überprüft haben. Weil wir auch wissen, dass andere Bundesländer anders vorgehen und andere Regelungen haben, lassen Sie uns versuchen, hier – das ist Aufgabe der Landesregierung – eine Vereinheitlichung hinzubekommen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hovenjürgen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Herr Kollege Abel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es schon gehört: Das Landeshundegesetz NRW ist 2003 in Kraft getreten. Es wurde gemäß der Vorgabe nach fünf Jahren evaluiert, und zwar von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung. Der Evaluationsbericht des damaligen Ministers Uhlenberg, der jetzt amtierende Präsident, kam zu dem Ergebnis, dass sich das Landeshundegesetz insgesamt bewährt habe, und gab keine Änderungsempfehlung. Der zuständige Umweltausschuss ist einvernehmlich, das heißt mit allen Fraktionen, diesem Votum gefolgt.

Wie zuletzt in Thüringen sind auch andere Bundesländer einer Kategorisierung gefolgt. Derzeit gibt es in insgesamt 15 Bundesländern Gesetze oder Verordnungen, die an Rasselisten in unterschiedlicher

Art und Weise anknüpfen. Auch in diesen anderen Ländern gab es darüber Diskussionen – wie zum Beispiel 2011, also noch ziemlich aktuell und frisch, in Thüringen –, ob die Vermutung der Gefährlichkeit von Hunden aufgrund der Rassezugehörigkeit sinnvoll und zulässig sei.

Ich will auf die Punkte eingehen, die im Wesentlichen zur Entscheidung beitragen. Die Rasseliste in Nordrhein-Westfalen ist Ausdruck von gemachten Erfahrungen. Sie ist Ergebnis akzeptierter Erfahrungswerte. Diese Regelung hat also nichts mit einer Stigmatisierung der Rassen oder Halter dieser Rassen zu tun, Frau Kollegin Brand, sondern sie ist vielmehr Reaktion auf die Wahrscheinlichkeit, dass hier viel mehr passieren kann, als wenn andere Hunderassen zubeißen.

Ob und in welchem Maße ein Hund für den Menschen zur Gefahr werden kann – das haben die Vorrednerinnen und Vorredner allesamt richtig festgestellt –, hängt natürlich von einer Vielzahl von Faktoren ab: neben bestimmten Zuchtmerkmalen eines Tieres etwa von der Erziehung, Ausbildung und Haltung, von situativen Einflüssen, aber vor allen Dingen von der Zuverlässigkeit und von der Sachkunde der Halterinnen und Halter.

Das Gesetz knüpft daher sowohl mit der Rasseliste an die physische Beschaffenheit der Tiere als auch durch die Regelung diverser Halterpflichten an die Verantwortlichkeit der Halterinnen und Halter an. Es ist keineswegs so, dass hier alleine auf die Listenlösung fokussiert werden kann.

Nach wie vor gilt: Eine solche Kategorisierung nach Hunderassen steht im Einklang mit der Beschlusslage der Innenministerkonferenz. Die 14 im Landeshundegesetz aufgeführten Hunderassen, aufgeteilt auf zwei Kategorien, entsprechen einer Empfehlung, auf die sich die Tierschutzreferenten von Bund und Ländern im Jahre 2001 verständigt haben. Darüber hinaus entspricht es dem Grundsatz der Gesetzeslage anderer Bundesländer.

Das Bundesverfassungsgericht hat zudem in einem Grundsatzurteil aus dem Jahre 2004 die Heranziehung von Rassekategorien zur Bekämpfung der von gefährlichen Hunden ausgehenden Gefahren ausdrücklich für verfassungskonform erklärt und damit in der Diskussion über das Für und Wider so genannter Rasselisten einen rechtlichen Beitrag gegeben.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Ihr Antrag steht zur Überweisung an. Sicherlich kann man im Ausschuss noch ausführlicher darüber beraten. Wir sollten uns dann auch im Lichte der Entscheidungen der anderen Länder die Zeit nehmen, die Erfahrungen von dort auszuwerten und ausführlich die Frage zu beraten, ob sich mit Blick auf das Resultat – sprich einen spürbaren Rückgang von gefährlichen Beißvorfällen – eine solche Regelung bewährt hat.

Am Ende will ich auf einen wichtigen Punkt Ihres Antrages eingehen, den Sie auch in Ihrer Rede hervorgehoben haben, nämlich auf die Situation in den Tierheimen. Auch wenn ich glaube, dass sich das Gesetz bewährt hat und ausgewogen ist, sind wir uns natürlich der Herausforderungen bewusst, mit denen Tierheime durch die Unterbringung von gefährlichen Hunden konfrontiert sind. Wie Sie wissen, leistet das Land bereits jetzt freiwillig Unterstützung im Rahmen eines Förderprogramms für Tierheime. Das hat vielerorts – insbesondere in den Kommunen, wo die Mittel knapp sind – schon zu einer spürbaren Verbesserung geführt.

Bei meinen Besuchen und Gesprächen in Tierheimen habe ich sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht bzw. sehr unterschiedliche Situationen angetroffen. Beispielsweise werden Hundetrainer engagiert. Es werden gezielt Paten gesucht, die solche Hunde erst einmal unter Aufsicht kennenlernen. Natürlich werden potenzielle Halterinnen und Halter auf die Sachkundeprüfung vorbereitet.

Oft sind die Tierheime und deren Träger aufgrund knapper städtischer Mittel überfordert. Hier sei nur ganz kurz die Problematik der Tiere angerissen, die von Polizei und Ordnungsamt in die Tierheime gebracht werden, für die die Tierheime meist aber nicht genügend Kompensation erhalten. Vielleicht gibt es hier Lösungen, mit den Trägern des Tierschutzes im Sinne der Tiere Verbesserungen – etwa durch Synergieeffekte, regionale Fokussierungen und Spezialisierung bestimmter Tierheime – zu erreichen. All das können wir gerne im Ausschuss beraten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Abel. – Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Kollege Busen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte über das Landeshundegesetz ist richtig und auch wichtig. Die Medienberichterstattung im Vorfeld unserer Debatte zeigt, wie sehr die Öffentlichkeit in der Hundehalternation Deutschland an diesem Thema interessiert ist. Im speziellen Fokus der Diskussion steht hier die Aufzählung bestimmter Hunderassen im Gesetz.

Kritiker – auch die antragstellende Fraktion der Piraten – bemängeln, dass auch bei diesen Hunderassen nicht jeder einzelne Hund gefährlich sei. Natürlich ist nicht jeder Pitbull eine unkontrollierbare Kampfmaschine, und natürlich kann auch ein Pudel beißen. Die entscheidende Frage muss daher lauten: Was sind die Folgen einer solchen Bisses? Hier springt der Gesetzentwurf aus meiner Sicht zu kurz. Der immer wieder angeführte wissenschaftliche Beleg dafür, dass gerade die beliebten und angeblich harmlosen Rassen wie Pudel, Dackel oder Golden

Retriever weit häufiger zuschnappen als die sogenannten Kampfhunderassen, geht am Kern dieser Frage vorbei.

Was passiert, wenn es zu einer Biss-Situation kommt? Wird einfach nur zugebissen, oder wird sich verbissen? Das nämlich ist es, was Kampfhunderassen oft von anderen Hunden unterscheidet. Ein Retriever als Apportierhund hat eine angezüchtete Beißhemmung. Er will Sachen oder Tiere in seinem Maul transportieren und nicht zerbeißen. Eine solche Beißhemmung ist anderen Rassen bewusst weggezüchtet worden. Kampfhunde verbeißen sich tief in ihr Opfer und lassen, einmal in Fahrt, auch nicht mehr von ihm ab. Dieses Phänomen bestätigen sowohl Tierärzte als auch Unfallchirurgen. Es macht also durchaus einen Unterschied, welcher Hund aggressiv ist.

Gerade Kinder können sich – traurige Belege gibt es leider viele – nicht gegen das ständige Nachsetzen und Nachfassen der Hunde wehren. Jeder dieser Vorfälle – oft mit tödlichem Ausgang – ist einer zu viel.

Die Deutschen lieben ihre Hunde, aber wie so oft in einer sozialen Gesellschaft endet die Freiheit des Einzelnen dort, wo die Freiheit oder Unversehrtheit anderer gefährdet oder eingeschränkt werden. Kinderspielplätze dürfen keine Angsträume sein. Die Menschen haben ein Recht darauf, dass ihre Kinder nicht aus falsch verstandener Tierliebe zum Testfeld der Sozialverträglichkeit von Hunden werden.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Daher darf man die Rasseliste auch als Empfehlung und Orientierungshilfe für potenzielle Hundehalter sehen. Sie bietet die Möglichkeit, auffällig gewordene Rassen zu nennen und besondere Maßnahmen im Umgang mit diesen zu erlassen. Ob es auch ohne eine solche Liste geht, muss daher die bereits seit Jahren überfällige Evaluation des Landeshundegesetzes ergeben.

Natürlich liegt das Problem aggressiver Hunde meist auch am berühmten anderen Ende der Leine. Hundeführerscheine oder Zuverlässigkeitskriterien sind hier allerdings die einzige Möglichkeit der Steuerung. Ob dies wirklich ausreicht, wäre dann die nächste Frage. All das können wir nach der Sommerpause im Ausschuss diskutieren und entscheiden. Im Ergebnis muss der Staat seine Bürger – auch vor der Begegnung mit Hunden, die zur Waffe werden können – schützen. – Danke.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Busen. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Remmel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin den vier Fraktionen sehr dankbar. Viele Argumente sind von ihnen schon genannt worden, sodass ich nicht alle Argumente bzw. Stimmen nicht wiederholen muss. Im Grunde schließe ich mich dieser Argumentation an.

Die seinerzeitige Debatte – ich kann im Übrigen nicht sagen, woran ich mich im Hinblick auf die Intensität sonst noch erinnern kann – ist sehr emotional geführt worden. Wir haben hier damals im Landtag über Wochen und Monate eine Debatte über ein Landeshundegesetz geführt. Am Ende ist es ein Abwägungsprozess gewesen, bei dem nicht eindeutig justiert werden konnte. Natürlich ist das nicht in jeder Hinsicht wissenschaftlich ableitbar. Es ist aber ein Erfahrungswert, der dazu geführt hat, dass wir zu dieser Kategorisierung gekommen sind. Man muss nach einer Laufzeit von jetzt über zehn Jahren feststellen, dass sich das Gesetz bewährt hat.

In der Debatte heute sind von Ihnen, von der Piratenfraktion, keine neuen Argumente vorgebracht worden, welche die seinerzeitige sehr intensive Debatte noch einmal in einem anderen Licht erscheinen lassen. Das heißt, der Grundsatz, entsprechend für die öffentliche Sicherheit zu sorgen – das stand im Mittelpunkt der seinerzeitigen Debatte –, ist nach wie vor gegeben. Er hat nach wie vor Bestand. Im Übrigen findet sich dieser Grundsatz auch in entsprechenden Gesetzgebungsverfahren fast aller anderen Bundesländer – bis auf Niedersachsen – wieder. Sie haben es eben erwähnt: In Thüringen ist nach bedauernswerten Unfällen 2011 eine solche Gesetzgebung auf den Weg gebracht worden.

Nichtsdestotrotz entbindet uns das nicht davon, dieses Gesetz ab und an zu evaluieren und auf die tatsächlichen Entwicklungen zu schauen. Dies steht in der Tat wieder auf der Tagesordnung. 2009 hat es die letzte Evaluierung gegeben. Die Landesregierung ist selbstverständlich bemüht, dem Parlament neue Erkenntnisse vorzutragen. Dann ist das Parlament gefragt, gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen.