Protocol of the Session on April 26, 2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank für die Möglichkeit dieser Unterrichtung und dafür, dass wir mit dieser Sondersitzung des Plenums erneut die Gelegenheit haben, eine Debatte über die aktuelle Situation am OpelStandort Bochum zu führen – über die Folgen der Entscheidung des Aufsichtsrates für die dort Beschäftigten, für das Land, für die Region, für die Stadt.

Die Opelaner und ihre Familien brauchen jetzt nämlich dringender denn je eine Perspektive, eine Antwort auf die Frage: Wie geht es weiter? Sie brauchen darüber hinaus ein deutliches Signal der Geschlossenheit der Landespolitik, dass wir ohne Wenn und Aber über alle Parteigrenzen hinweg an der Seite der Opelaner in Bochum stehen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Mit der Entscheidung des Aufsichtsrates der Adam Opel AG vom 17. April 2013, die Fertigung zum Ende des Jahres 2014 einzustellen und die Fahrzeugproduktion an einen anderen Standort zu verlagern, zog das Unternehmen die vorher angekündigten Konsequenzen aus der Ablehnung des Sanierungstarifvertrages durch die IG-Metall-Mitglieder des Bochumer Opel-Werks vom 21. März 2013.

Kernpunkte dieses Sanierungstarifvertrages waren vier Punkte:

1. das Auslaufen der Fahrzeugproduktion Ende

2016,

2. der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen

bis Ende 2016,

3. eine Transfergesellschaft bis zum Ende des Jah

res 2018 und

4. der Aufbau eines Komponentenwerkes in Bo

chum sowie die Weiterentwicklung des Warenverteilzentrums.

Diese vier Eckpunkte standen in der öffentlichen Debatte vor der Abstimmung klar unter dem Vorbehalt der Annahme des Sanierungstarifvertrages.

Die Ablehnung, die wir auch in den hier geführten Debatten bewertet haben, des Sanierungstarifvertrages musste, jedenfalls nach Auffassung des Unternehmens, zum Erlöschen des Gesamtpaketes dieses Angebotes führen.

Allein die Gründung der Entwicklungsgesellschaft „Bochum Perspektive 2022“ wurde zu keinem Zeitpunkt der Verhandlungen durch das Unternehmen konditioniert oder infrage gestellt, wie auch der OpelVorstandsvorsitzende, Dr. Karl-Thomas Neumann, in seinem Brief vom 28. März 2013 an den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses dieses Hauses mitgeteilt hat.

Aus den Zeilen von Dr. Neumann geht ebenfalls klar hervor, dass alle anderen Angebote unter dem Vorbehalt der Annahme des Sanierungstarifvertrages standen.

Diese Information hat in aller Klarheit verschiedenen Vertretern dieses Hauses am Tage der Abstimmung im Opel-Werk in Bochum vorgelegen – auch Vertretern der CDU-Fraktion, nachdem an diesem Tage ein Vertreter der Adam Opel AG bei Ihnen war und Sie über diese verschiedenen Szenarien mit allen Konsequenzen inklusive der Folgen für das Warenverteilzentrum informiert hat. Das ist mir in dieser Woche noch einmal durch Opel bestätigt worden.

(Lebhafter Beifall von der SPD – Karl-Josef Laumann [CDU]: Was machen Sie jetzt, Herr Minister? Was machen Sie hier? – Gegenrufe von der SPD – Karl-Josef Laumann [CDU]: Wie war denn Ihre Rede vom Donnerstag?)

Es mag sein, dass sich in den Tagen nach der Aufsichtsratssitzung vom 17. April 2013 der eine oder andere Hoffnungen gemacht hatte, dass Teile dieses von mir gerade noch einmal skizzierten Gesamtangebotes des Sanierungstarifvertrages erhalten bleiben. Angekündigt war das nicht – weder für die Komponentenfertigung, die in der Folge auch kaum noch jemand öffentlich eingefordert hat, noch für das Verteilzentrum, so wünschenswert dies wäre.

Stattdessen wurden von der Adam Opel AG in der vergangenen Woche unmittelbar nach unserer Debatte in diesem Hause die bekannten Folgen der Entscheidung des Aufsichtsrats, wie ich finde, ohne Not, noch einmal öffentlich bekräftigt – aus meiner Sicht zu laut, zum falschen Zeitpunkt und ohne den Gesamtzusammenhang zu erklären. Unabhängig von der Art und Weise, wie das Unternehmen Pressearbeit macht: Wir halten diese Entscheidung auch inhaltlich für falsch, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vertrauensbildende Maßnahmen hören sich anders an. Erkennbar sollten hier die Bedingungen für weitere Gespräche, insbesondere vor der Einigungsstelle, wo es zur Stunde um die Getriebefertigung geht, gestaltet werden.

Die Art und Weise der Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens war wenig hilfreich, sie war sogar kontraproduktiv. Ich werte das als Muskelspiel vor dem Treffen heute vor der Einigungsstelle. Die Art und Weise, wie die Mitteilung gehandhabt wurde – sie

Landtag

30.04.2013

erst herauszuschicken, sie dann mit einer Sperrfrist zu versehen, sie nach der Debatte hier freizugeben –, spricht für sich selbst. Dieses Kalkül des Unternehmens darf uns aber in unserer Arbeit an einer Perspektive für Bochum nicht irritieren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Denn es muss jetzt darum gehen, so schnell wie möglich dafür zu sorgen, dass Betriebsrat und Management wieder zu Gesprächen über diese Perspektiven für die Beschäftigten und die Entwicklung des Standorts zusammenkommen.

(Zurufe von der CDU)

Das erreichen wir sicher nicht durch den höchstmöglichen Empörungsmodus, weder hier noch vor den Fabriktoren.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Aber auch nicht durch Schlafen!)

Das kann nur gelingen, wenn wir versuchen, vertraulich, diskret auf die Beteiligten einzuwirken, damit verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden kann.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Die Gespräche zeigen sehr deutlich: Ohne Gesichtsverlust aufeinander zuzugehen, das ist bislang für beide Seiten das Schwierigste.

Die Landesregierung wird sich wie schon in den vergangenen Monaten weiter mit aller Kraft gegenüber der Adam Opel AG für die Zukunft des Standorts Bochum und für die dort Beschäftigten einsetzen. Die jetzt anstehenden Aufgaben sind sehr klar: Das Land wird alles tun, damit Betriebsrat und Management die Gespräche zur weiteren Entwicklung des Standorts Bochum beginnen oder wieder aufnehmen.

Ziel ist es, schnell Klarheit über die Zukunft für die Beschäftigten des Warenverteilzentrums und den Aufbau einer Komponentenfertigung zu bekommen. Denn eines ist doch klar: Das Unternehmen braucht ein solches Logistikzentrum, nicht zuletzt, um die vielen Händler im Ballungsraum an der Ruhr zu versorgen. Die Chance, darüber zu reden, darf nicht vertan werden.

Übrigens ist weiterhin unklar – ich habe das am Donnerstag hier ebenfalls gesagt –, wo der Opel Zafira ab 2015 produziert werden kann und soll. Auch darüber muss bald Klarheit geschaffen werden.

Die zwischen Unternehmen und Stadt noch bestehenden Fragen zur Gründung der Entwicklungsgesellschaft „Bochum Perspektive 2022“ bedürfen einer schnellen Klärung. Das Land begleitet diesen Prozess intensiv.

Danach muss sich die Gesellschaft – der Beirat wird sich am 17. Mai erneut treffen – unverzüglich mit der Entwicklung von Zukunftsperspektiven für den Standort Bochum und die Region befassen und ihre Arbeit aufnehmen. Die Landesregierung wird alle Prozesse zur Sicherung und Schaffung von Beschäftigung sowie die Entwicklung der nicht mehr benötigten Werksflächen intensiv begleiten und, soweit das beihilferechtlich zulässig ist, entsprechend fördern. Wir stehen Gewehr bei Fuß. Wir werden nichts unversucht lassen, um eine solche Perspektive zu schaffen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wer auf dieser sachorientierten Ebene mitarbeiten will, ist dazu herzlich eingeladen. Im Interesse der Opelaner und ihrer Familien ist jede Unterstützung willkommen. Dazu braucht man aber Anstand und Seriosität,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der CDU)

Anstand und Seriosität, die Herr Laumann vermissen lässt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der CDU)

Stattdessen gibt es Ablenkungsmanöver und Behauptungen, die infam sind. Nachdem Ihre Attacken am Donnerstag nicht überzeugt haben, versuchten Sie es am Freitag aufgrund angeblich neuer Informationen.

(Zuruf von der CDU: Angeblich? – Weitere Zurufe von der CDU)

Das einzig Neue am Donnerstagnachmittag war die Freigabe der Pressemitteilung.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Unglaublich, was Sie machen!)

Darüber hat mich der Betriebsratsvorsitzende gegen 17 Uhr – ich glaube auch Sie, Herr Laumann – informiert.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Nein!)