Protocol of the Session on March 21, 2013

Am 12.12. wird er zitiert: Es war ein Fehler, dass NRW die jährliche Personaleinsparung von 1,5 % gestrichen hat.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Ja! – Ralf Witzel [FDP]: Ja!)

„1,5 %“ ist der Etikettenschwindel, den wir von Ihnen hier und auch in Berlin zuhauf kennen.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh, oh!)

Selbst Sie mussten doch eingestehen, dass 90 % der Beschäftigten an dieser Einsparung gar nicht teilnehmen konnten. Die 10 %, die übrigblieben – mit 1,5 multipliziert –, ergibt 0,15 %. Das war Ihnen

aber zu popelig. Aus diesem Grund rennen Sie immer mit der Zahl „1,5 %“ durch die Gegend.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Das nennen Sie „Strukturveränderung“. Das ist ein weiterer Etikettenschwindel. Gehen Sie doch einmal in die Bereiche, auf die die restlichen Kürzungen von 1,5 % angewendet worden sind. Nehmen Sie doch einmal das Landesamt für Besoldung und Versorgung, das mit 700.000 Zahlfällen größte Lohnbüro Deutschlands. Dort – aber nicht bloß dort – haben Sie mit diesen 1,5 % ein Chaos angerichtet!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Mi- nister Ralf Jäger: Bezirksregierung!)

Die Bezirksregierungen gehören auch dazu. Es gibt noch viele andere.

Jetzt kommen Sie wieder mit dieser alten Kamelle, und die FDP legt im Haushalts- und Finanzausschuss noch einen drauf und sagt: Wir können sogar um 2 % kürzen. – Die CDU stimmt zu. Die lapidare Begründung heißt: Die jährliche Produktivitätssteigerung der Mitarbeiter reicht aus, um die Qualität der Leistungserbringung konstant zu halten. Verdichten und entfesseln! Bei so viel Kaltschnäuzigkeit wird mir ganz schwindelig.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dann – Herr Mostofizadeh hat es schon angesprochen – weinen Sie auf der einen Seite Krokodilstränen. Die Bundesarbeitsministerin erklärt auf der anderen Seite, dass die West-Renten in diesem Jahr um 0,25 % steigen, und zwar ohne soziale Staffelung. Mit diesem Zynismus wollen Sie den Rächer der arbeitenden Menschen spielen.

Herr Witzel, wir haben im Übrigen nicht von „Spitzenverdienern“ und „Spitzenbeamten“ gesprochen.

(Ralf Witzel [FDP]: Steht überall in der Zei- tung!)

Sie haben eine interessante Art zu zitieren. Sie suchen sich heraus, wer etwas aus dem, was wir gesagt haben, macht. Mit diesem Pamphlet rennen Sie durch die Gegend und erklären: „Das ist das, was Sie gesagt haben!“

(Christian Lindner [FDP]: So arbeiten Sie!)

Nein, ich habe das gestern und bereits bei mehreren anderen Gelegenheiten erlebt. Ich gebe Ihnen ein weiteres Beispiel, mit dem Sie anschließend herumrennen können: Ich fand es – um es an dieser Stelle einmal zu sagen – nicht fair, dass die GdP erklärt, ich hätte mehrfach im letzten Jahr öffentlich versprochen, wir würden den Abschluss 2013 1:1 übertragen. Das habe ich definitiv an keiner Stelle gesagt.

(Christian Lindner [FDP]: Das haben Sie doch gesagt!)

Das gibt es aber jetzt auf Papier. Damit können Sie während der nächsten Jahre wieder herumrennen und das immer vorlesen. Das stimmt zwar nicht, aber das machen Sie ja immer so.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der FDP)

Ich rede schon mit den Gewerkschaften. Darum brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.

Die Wahrheit ist: Sie nennen – wir haben es hier erlebt – „Pensionen“ eine „Last“. Und die „aktiven Mitarbeiter“ nennen Sie „den Apparat“. Ich sage es für uns ganz deutlich: Das sind Menschen, und zwar auch dann noch, wenn ich nachvollziehbare Wünsche, die diese Menschen haben, nicht erfüllen kann.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie glauben, dass Ihnen die Leute abnehmen, bei Ihnen würde es eine 1:1-Übertragung auf die Beamten geben, aber der dramatische Abbau von dann 12.000 oder 14.000 Stellen träfe sie nicht. Das löst alles die Produktivität! – Auf wessen Rücken bleibt es denn hängen, wenn diese Stellen in den Bereichen eingespart werden, die Sie nicht ausnehmen wollen? Dann müssten Sie jede dritte Stelle abbauen.

Wir haben einen verantwortungsbewussten, verantwortbaren, aber eindeutig schweren Schritt auf dem Weg zur Schuldenbremse getan. Ich bin in keiner Weise von dem abgewichen, was ich in vielen Gesprächen und Briefen immer wieder gesagt habe: Ich halte es nicht für fair, auf der einen Seite Kürzungen bei den Beamten und dem öffentlichen Dienst insgesamt vorzunehmen. Auf der anderen Seite haben wir ebenso klar gesagt: Es geht darum, dass wir die Schuldenbremse einzuhalten haben und das nicht nur über den Sachhaushalt konsolidieren können, sondern sich auch der Personalhaushalt beteiligen muss, der einschließlich der Hochschulen über 40 % ausmacht. Das gibt es an vielen Stellen nachzulesen. Auch damit könnten Sie losziehen und es zitieren.

Weil Sie sich immer an Ihrem Ergebnis von 2008 hochziehen, vergessen Sie gerne etwas, an das ich aber erinnern will: Der Haushalt 2010, den ich von Ihnen in meine Verantwortung übernommen habe, war mit einer Nettokreditaufnahme von 6,6 Milliarden € verabschiedet. Sie hatten eine Finanzplanung, in der klar gesagt wurde, dass Sie – wenn Sie denn gewinnen – davon während der gesamten Legislaturperiode nicht mehr herunterkommen.

(Lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

Ruhe erst einmal! Das können wir nachher noch klären! Ich hätte auch gerne die Möglichkeit, hier zu reden.

(Christian Lindner [FDP]: Sie können anderen aber nicht Unredlichkeit vorwerfen. Das ist unseriös!)

Ausgangspunkt 2010 sind 6,6 Milliarden €. Null Euro ist die Zielmarke 2020. Auf diesem Weg sind wir mit einer besseren Konjunktur und Einsparungen nach drei Jahren bei der Hälfte angekommen. Wir sind jetzt bei 3,4 Milliarden €.

(Beifall von der SPD)

Ich wiederhole es: Das passiert mit mehr Steuereinnahmen und einem Aufholen der Steuereinnahmen, die 2009/2010 eingebrochen waren, aber auch mit Kosten, die wegen der Preissteigerungen und immer mehr Aufgaben besonders vom Bund gestiegen sind.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh, oh!)

Sie tun doch so, als könnten Sie die heutigen Steuereinnahmen ansetzen, gleichzeitig aber auch die Kosten von 2008. Das ist Volksverdummung, was Sie damit machen!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dass wir jetzt bei dieser Hälfte von 3,4 Milliarden € angekommen sind, haben wir geschafft, ohne beim Personal einzusparen. Im Gegenteil: Wir haben vor zwei Jahren 1:1 übertragen. Wir haben unwürdige Kettenverträge, die Sie gemacht haben, in echte Stellen übersetzt. Wir sind nicht an die Sonderzulagen herangegangen. Wir haben – soweit es zum Beispiel um das Weihnachtsgeld geht – zugesagt, dass wir die in die Grundvergütung einbauen.

Wir sind nicht an die Pensionen gegangen. Und wir haben bei den Übertragungen, die wir jetzt vorgenommen haben, ganz klar Wert darauf gelegt, dass zu dem, was Sie „Spitzenbeamte“ nennen, dann allerdings auch die Minister, die Ministerpräsidentin, die Kabinettmitglieder und die Abgeordneten sowie die Oberbürgermeister dazu kommen und in der gleichen Weise in diese Kategorie hineinfallen, wie wir das insgesamt entschieden haben.

Ich wiederhole es: Ehrliche und nachhaltige Konsolidierung, die notwendig und grundgesetzlich geboten ist, muss ausgewogen erfolgen. Sonst funktioniert sie nicht. Sonst ist es immer eine Einschränkung der landespolitischen Leistungsfähigkeit, egal ob nur beim Sachhaushalt oder nur beim Personalhaushalt. Beide müssen ausgewogen beteiligt werden.

Wir sind auch so ehrlich, zu sagen, dass noch etwas Drittes dazugehört, nämlich die Stärkung der Einnahmebasis, damit alle drei Bereiche auf nachhaltige Weise dafür sorgen können, dass das Land leistungsfähig bleibt.

Wenn aus der Opposition heute eines ehrlich gesagt wurde, dann von Herrn Witzel, der deutlich gemacht hat, dass man den schwachbrüstigen Staat will, der keine Leistungen mehr erbringen

kann, den man dann auch von Personal befreien kann. Das ist der strukturelle Wandel, den Sie sich vorstellen. Nur, Sie werden Ihr blaues Wunder erleben, wie das nach 2020 oder auch schon bis dahin auf der Schuldenseite aussieht. – Danke schön.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort gebe, möchte ich gerne zum einen mitteilen, dass der Minister die Redezeit um 1:40 Minuten überzogen hat, sodass wir in der folgenden Runde der Fraktionen etwas großzügiger mit den Redezeiten sind.

Zum Zweiten möchte ich den Kollegen Schatz von der Fraktion der Piraten darauf hinweisen, dass er in seinem Redebeitrag, als er das Verhältnis der Landesregierung zu den Beamtinnen und Beamten beschrieben hat, einen überaus unparlamentarischen Ausdruck aus der Fäkalsprache verwendet hat. Ich rüge das jetzt nicht förmlich, sondern ermahne Sie und bitte Sie, in Ihren künftigen Beschreibungen so kreativ zu sein, dass wir Sie nicht ermahnen müssen. Beim nächsten Mal gibt es für den Ausdruck eine Rüge.

Jetzt hat Frau Kollegin Vogt von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Über die Frage, was sich das Land Nordrhein-Westfalen noch leisten kann oder will, haben wir bereits am gestrigen Tage trefflich gestritten; das möchte ich heute nicht wiederholen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Mehrheitsfraktionen, warum Sie zur Finanzierung Ihrer Wahlgeschenke ausgerechnet große Teile der Beamtenschaft heranziehen, sollten Sie den Betroffenen vielleicht auch besser persönlich erklären.

(Beifall von der CDU)

Eines hat mich gerade schon schockiert.

(Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Ich habe zu Hause gelernt: Wer schreit, hat Unrecht. – Sie sind vielleicht anders sozialisiert worden.