Protocol of the Session on February 28, 2013

Meine Damen und Herren, damit sind alle Einzelpläne beraten. Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Erstens stimmen wir über das Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2013 – Gemeindefinanzierungsgesetz 2013 – Drucksache 16/1402 ab. Die Beratungen darüber haben wir schon durchgeführt. Ich weise auf den Bericht und die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/2117 hin. Wer stimmt der Empfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses, diesen Gesetzentwurf anzunehmen, zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Die Piratenfraktion, und zwar geschlossen. Damit ist das GFG 2013 in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Zweitens stimmen wir über das Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2013 – Haushaltsgesetz 2013 – Drucksache 16/1400 ab. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2100, den Gesetzentwurf anzunehmen. Die Beratungen sind ordnungsgemäß durchgeführt worden. Wer lehnt dieses Haushaltsgesetz ab? – Jetzt müsst ihr echt überlegen?

(Heiterkeit von der SPD)

Sie haben noch ein bisschen nachgedacht. Hier ist die Sache klar: CDU- und FDP-Fraktion lehnen das Gesetz ab, die Piraten lehnen das Gesetz ab.

(Zuruf)

Ich frage ja gleich noch.

Wer stimmt dem Gesetz zu? – SPD und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in großer Geschlossenheit. Gibt es Enthaltungen? – Einzelne Enthaltungen, drei Enthaltungen in der Piratenfraktion, wenn ich es richtig sehe, beim Haushaltsgesetz 2013. Das ändert alles nichts. Die Mehrheit hat entschieden. Das Gesetz ist in zweiter Lesung angenommen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir stimmen ab – und das ist wichtig – über die Rücküberweisung des Haushaltsgesetzes 2013 – die Drucksachennummer haben wir alle jetzt gelernt und könnten sie im Chor sprechen – Drucksache 16/1400 und des Gemeindefinanzierungsgesetzes Drucksache 16/1402 an den Haushalts- und Finanzausschuss zur Vorbereitung der dritten Lesung. Wer stimmt dieser Überweisung zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist einstimmig vom Hohen Haus so entschieden und diese Überweisungsempfehlung angenommen.

Ich darf darauf hinweisen, dass die dritte Lesung der Gesetze zum Haushalt für die Plenartage am 20., 21. und 22. März 2013 vorgesehen ist.

Wir sind am Ende des Tagesordnungspunktes 4 und gehen sofort zu:

5 Schienenproduktion in Duisburg erhalten –

Landtag Nordrhein-Westfalen erklärt Solidarität mit den Beschäftigten der TSTG Schienen Technik GmbH & Co. KG Duisburg

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/2132

Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2216

Ich eröffne die Beratung und erteile für die SPD Herrn Kollegen Börner das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen der TSTG auf der Tribüne! 400 Menschen im Duisburger Norden, motiviert, gut ausgebildet, die gute Arbeit vollbringen, sollen nun ihrer wirtschaftlichen Existenz beraubt werden, weil ein paar Vorstände, die die europäische Schienenproduktion kontrollieren wollen,

dies für richtig finden und zusätzliche Profite generieren wollen.

Es wird von diesem Kartell sehr offen darüber geredet, dass der Preis der Schienen zu billig sei. Mit der Schließung eines Standortes soll das Angebot reduziert werden und der Preis der Schiene nachhaltig erhöht werden. Der Bundesbahn scheint dies egal zu sein. Letztlich kann der Fahrgast oder der Steuerzahler ruhig den höheren Preis für Schienen bezahlen. Offensichtlich gibt es bei der Bahn nicht einmal Überlegungen, wie sie sich gegenüber den Absprachen zur Schließung des Standortes, das Preiserhöhungen nach sich zieht, verhalten will. Der Steuerzahler, der Fahrgast zahlt ja.

Die Analyse der wirtschaftlichen Daten der TSTG Duisburg ergibt, dass der Standort betriebswirtschaftlich perfekt aufgestellt ist. Es gibt lediglich einen offensichtlich politisch motivierten Liefervertrag, der die TSTG zwingt, Rohstoffe deutlich über den Marktpreis zu beschaffen. Solch eine Strategie macht jede Bilanz eines Unternehmens kaputt.

Obgleich die Voestalpine in der Presse das Gegenteil behauptet, wissen wir, dass es Interessenten gibt, die dieses strukturell gesunde Unternehmen erwerben wollen. Nur, dies passt nicht in die Überlegung der Muttergesellschaft Voestalpine.

Der Standort Duisburg soll mit dem ganzen fachlichen und hoch qualifizierten Knowhow samt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vernichtet werden. Diese Motivation und diese Pläne von Voestalpine kann man ja, wenn man diese verqueren Gedanken verfolgen will, irgendwie nachvollziehen. Es überrascht aber, dass das in Berlin überhaupt keine Beachtung findet.

Die Bundesbahn, die sicherlich der größte deutsche Nachfrager nach Schienen ist und schon stark unter den sogenannten Schienenfreunden gelitten hat, schweigt. Die Bundesregierung mit ihrem auf dem freien Wettbewerb bedachten liberalen Wirt

schaftsminister schweigt.

(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

Im Weiteren komme ich dazu.

Herzlichen Dank an die Landesregierung, bei der dieses Thema schon früh angekommen ist und aufgenommen wurde. Die Minister Schneider und Duin haben sich bereits vor knapp einem Jahr vor Ort ein Bild gemacht und mit den Kollegen Gespräche geführt. In Absprache mit den Duisburger Bundestagsabgeordneten wurden auch in Berlin Gespräche geführt, die dort aber offensichtlich abgeblockt wurden.

Wir haben vor Ort mit der Belegschaft und mit dem Betriebsrat in mehreren Gesprächen gemeinsame Wege gesucht, um Strategien für den Erhalt der TSTG zu finden. Seit ein paar Tagen hat auch die CDU in Duisburg dieses Thema erkannt. Willkommen in der Gegenwart! Es ist sicherlich gerade für

die CDU in Duisburg nicht ganz einfach, sich mit den Realitäten auseinanderzusetzen.

Nur bitte, bearbeiten Sie dieses Thema und damit die wirtschaftliche Existenz von rund 400 Familien nicht einfach als PR-Show. Schreiben Sie nicht nur plakative Resolutionen und Pressenotizen. Sie haben noch bis September die Möglichkeit, auf die Bundesregierung einzuwirken. Nutzen Sie diese Chance für die Menschen bei der TSTG und öffnen Sie die Türen im Verkehrsministerium und bei der Deutschen Bahn, sodass der Druck auf Voestalpine als Lieferanten für die Schienen erhöht wird.

Es kann und darf nicht sein, dass die Bundesbahn diese Strategien jenseits marktwirtschaftlicher Mechanismen stillschweigend akzeptiert. Es kann und darf nicht sein, dass die Bundesbahn sehenden Auges die deutlichen Preiserhöhungen von Schienen unwidersprochen hinnimmt. Es darf nicht sein, dass Finanzjongleure, die den Schienenmarkt in Europa kontrollieren wollen, mit einem Federstrich die wirtschaftliche Existenz von 400 Familien gefährden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nutzen Sie das noch vor Ihnen liegende halbe Jahr, um im Bund für die Beschäftigten der TSTG Türen zu öffnen.

Wenig hilfreich ist der Antrag der FDP. In den Punkten 1 und 2 ist er erledigt oder wird fortwährend durch die Landesregierung erfüllt oder ist Bestandteil unseres Antrages. Wie bekannt, engagiert sich die Landesregierung bereits. Die Verweigerer sitzen in Berlin und Österreich. Ihr Punkt 3 geht am Thema vorbei. Vielleicht ein kleiner Tipp: Vorher einfach informieren.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der TSTG, der Landtag Nordrhein-Westfalen wird sich gleich – zumindest mehrheitlich – für den Standort der Schienenproduktion in Duisburg aussprechen und sich so hinter 400 moderne, qualifizierte und gute Arbeitsplätze stellen. Wir fordern den Erhalt dieser Arbeitsplätze. – Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Börner. – Für die CDU-Fraktion hat das Wort nun Frau Vogt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln bei diesem Tagesordnungspunkt einen Antrag, der auf Initiative der CDU entstanden ist

(Zurufe von der CDU: So ist das!)

und dankenswerterweise von fast allen anderen Fraktionen unterstützt wird. Dies ist zunächst einmal ein gutes Signal für die Beschäftigten des von der Schließung bedrohten Schienenwerks TSTG in Duis

burg und vor allen Dingen ein guter Tag für die über 400 Beschäftigten in Duisburg.

(Beifall von der CDU)

Herr Börner, dieses Thema ist meines Erachtens zu wichtig, als dass man es in einen parteipolitischen Streit hineinziehen sollte.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Aber wenn Sie hier im Raume behaupten, Sie und die Landesregierung führten schon seit vielen Monaten Gespräche, dann fragen wir uns natürlich: Warum ist es die CDU-Fraktion gewesen, die einen solchen Antrag initiiert hat? Wenn Sie monatelang Gespräche geführt haben, hätten Sie ja auch einmal auf diese Idee kommen können.

(Lebhafter Beifall von der CDU)

Dieser Antrag soll helfen, ein traditionell gewachsenes Industriegewerbe, das seit fast 120 Jahren besteht, zu retten. Es ist hierbei allerdings nicht so, dass eine Firma vor dem Aus steht, die selbstverschuldet in eine Schieflage gekommen wäre; vielmehr handelt es sich um einen der modernsten Schienenhersteller der Welt, ein innovatives Unternehmen, das sich in der Forschung engagiert, das die Herausforderungen einer sich schnell ändernden Marktwirtschaft annimmt, das mit Neuerungen und hochmoderner Technik bei den Anforderungen an Umwelt und Hochtechnologie neue Maßstäbe setzt. Dieses Werk soll nach dem Willen des Eigentümers, der österreichischen voestalpine, geschlossen werden.

Es mag viele Gründe geben, warum weltweit Stahlwerke und andere Mitglieder der Schwerindustrie geschlossen werden. Es mag viele Gründe geben, warum innovative Firmen von Anteilseignern oder Eigentümern geschlossen werden. Einige dieser Gründe mögen gute Gründe sein. Viele dieser Gründe aber sind es nicht. Es vermag mir in diesem Fall auch gar kein Grund einzufallen, weder ein guter noch ein wirtschaftlich vernünftiger, noch ein schlechter, unvernünftiger und unmenschlicher

Grund, der eine Schließung dieses Werkes rechtfertigte.

Mir fallen anders herum sehr viele gute Gründe ein, warum es falsch wäre, dieses Werk zu schließen, warum es falsch wäre, diese über 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Straße zu setzen, warum es falsch wäre, diese Innovationsschmiede, die einzige ihrer Art in Nordrhein-Westfalen und angesichts der beeindruckenden Produktpalette auch die einzige ihrer Art weltweit, ihrem Untergang zu überlassen, warum es falsch wäre, den Beschäftigten nicht unter die Arme zu greifen, warum es falsch wäre, die Beschäftigten ihrem Schicksal zu überlassen und sie mit ihren Familien in eine ungewisse Zukunft wandern zu lassen, und warum es falsch wäre, einer vom Strukturwandel arg gebeutelten Stadt wie Duisburg hochqualifizierte Arbeitsplätze

zu nehmen. Einige dieser guten Gründe, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, möchte ich Ihnen aufzeigen.