Protocol of the Session on February 28, 2013

ten, haben sich sowohl die Abgeordneten als auch die Vertreter der verschiedenen mit Weiterbildung befassten Ressorts nicht an der Formulierung beteiligt. Mitte Dezember wurden diese Empfehlungen von Herrn Hammelrath und Frau Sandbrink an die Präsidentin – die zwar jetzt nicht anwesend ist, von der wir aber alle wissen, sie ist ein großer Fan der Weiterbildung – und an mich übergeben. Dort gab es die Bitte, den Landtag insgesamt mit dieser wichtigen Zukunftsfrage zu befassen und darüber im Rahmen einer Unterrichtung zu diskutieren.

Meine Damen und Herren, die Weiterbildungskonferenz ist schon wegen des breiten Konsenses ein großer Erfolg. Gleichzeitig ist sie Ausdruck eines neuen Politikverständnisses. Nicht Durchregieren von oben nach unten ist die Devise, sondern gemeinsames Gestalten, das sorgfältig und zielgerichtet die Akteure und Verantwortlichen zusammenführt und einbindet. Das Ergebnis der Weiterbildungskonferenz, das Empfehlungspapier, ist aber auch noch in anderer Hinsicht ein bemerkenswertes Dokument. Es belegt eindrucksvoll die Integrationskraft und Innovationsbereitschaft unserer Weiterbildungsträger.

Wir haben hier tragfähige Vorschläge für ein neues Berichtssystem. Dies soll auch Grundlage für ein Fördersystem sein, welches unter anderem der Landesrechnungshof schon vor einiger Zeit angemahnt hat. Zudem beinhalten die Empfehlungen viele gute Ansätze, von denen ich einige nennen möchte.

Erstens. Sie formulieren den berechtigten Wunsch nach dem Aufbau von Supportstrukturen für die Weiterbildungsträger in Nordrhein-Westfalen und die bei ihnen arbeitenden Akteure.

Zweitens. Sie enthalten Ansätze zur Stärkung der Professionalität der in der Weiterbildung und nachhaltigen Qualifizierung Beschäftigten.

Drittens. Sie äußern sich zu der zentralen Frage, wie Bürgerinnen und Bürger aus bildungsfernen Milieus stärker an Weiterbildung beteiligt werden können.

Viertens. Sie machen Vorschläge zur Weiterentwicklung des zweiten Bildungswegs und zu Alphabetisierung, also zur Grundbildung, die ein größeres Problem in unserer Gesellschaft ist, als wir lange Zeit angenommen haben, wie wir wissen. Wir haben da noch viele Schätze in unserer schrumpfenden Gesellschaft zu heben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Fünftens. Die Empfehlungen gehen auf die regionalen Bildungsnetzwerke ein und formulieren den Wunsch nach einer intensiveren Beteiligung der regionalen und lokalen Weiterbildungsträger in diesen Netzwerken.

Sechstens. Sie äußern sich zur Weiterbildungsberatung als neue Aufgabe von Weiterbildung insgesamt.

Siebtens. Sie sprechen sich für eine bessere Abstimmung der verschiedenen Ressorts aus, die in der Landesregierung mit der Weiterbildung befasst sind.

Achtens. Sie wollen dem mit der Weiterbildungskonferenz eingeleiteten Partizipationsprozess Nachhaltigkeit geben und schlagen die Einsetzung eines Weiterbildungsbeirates vor, der die zuständige Ministerin und die Politik bei der künftigen Gestaltung dieses Themas beraten soll.

Meine Damen und Herren, um es auf den Punkt zu bringen: Die Empfehlungen sind ebenso zukunftsweisend wie anspruchsvoll.

Natürlich sind der Politik und damit mir als fachlich zuständiger Ministerin bei der Umsetzung dieser Empfehlung Grenzen gesetzt, vor allem dort, wo Finanzen ins Spiel kommen. Wir alle kennen die finanzielle Lage des Landes und wissen, dass wir auf die Einhaltung der Schuldenbremse hinarbeiten. Deshalb sind wir zu Sparsamkeit verpflichtet. Dennoch werden wir uns sicherlich alle dafür einsetzen, dass wir die Empfehlungen ernst nehmen und mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, umsetzen. SPD und Grüne haben mit den Koalitionsverträgen von 2010 und 2012 hierfür einen Rahmen gesetzt.

Meine Damen und Herren, mir ist in diesem Zusammenhang die Aussage sehr wichtig, dass wir nicht bei null anfangen, sondern dabei sind, die regionalen Bildungslandschaften zu stärken und die Weiterbildung dort als gleichberechtigte Partner einzubinden. Möglicherweise haben wir dort Potenziale, die wir gut zusammenführen können. Wir werden uns an der Bundesinitiative zur Stärkung der Alphabetisierung und Grundbildung beteiligen. Wir beginnen in Kürze mit dem Aufbau eines Berichtswesens, das uns alle besser und ausführlicher über die Leistungen der Weiterbildung informieren wird.

Wir werden landesweit wirksame und nachhaltige Supportstrukturen für die Weiterbildung aufbauen, damit die Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen ihre Professionalität und Qualität halten und weiterentwickeln kann.

Außerdem versuchen wir bereits, eine Reihe von Fragen aus den Empfehlungen in Innovationsprojekten zu beantworten. Beispiele:

Wie kann eine höhere Weiterbildungsteilnahme erreicht werden? Wie können wir die zweite Chance, also das Nachholen von Schulabschlüssen, ausbauen? Welche Bedeutung hat der deutsche Qualifikationsrahmen für die Weiterbildung? Wie kann Weiterbildung im sozialen Nahraum künftig besser organisiert werden? Welche besonderen Herausforderungen bringen der demographische Wandel

und unsere Migrationsgesellschaft für Weiterbildung mit sich?

Meine Damen und Herren, mir ist es wichtig, die Entwicklung der Weiterbildung in Nordrhein

Westfalen gemeinsam mit dem Parlament, den Verantwortlichen und Beschäftigten in der Weiterbildung sowie im Einklang mit Interessen der Nutzerinnen und Nutzer von Weiterbildung umzusetzen. Daher freue ich mich sehr über die von mir zuletzt genannte Empfehlung, die die Bildung eines Landesbeirats für Weiterbildung vorsieht. Dieser Beirat soll mich und damit die Landesregierung in Fragen der Weiterbildung zukünftig beraten.

Meine Damen und Herren, ich hatte schon angemerkt, dass die Empfehlungen in einem breiten Konsens erarbeitet und beschlossen wurden. Ich hatte auch angemerkt, dass ich dies für einen großen Erfolg halte. Ich füge an: Hier setzt sich eine gute Tradition der nordrhein-westfälischen Weiterbildung fort, die – wie Sie alle wissen – auch die Landespolitik einbezieht.

Bisher war es in diesem Parlament gute Tradition, dass wir uns bei der Behandlung der wichtigen Frage des lebensbegleitenden Lernens seit vielen Jahren über alle Parteigrenzen hinweg geeinigt und auf dieser Grundlage gemeinsam gehandelt haben. Das ist ein hohes Gut. Ich werde alles dafür tun, dass diese gute Tradition beibehalten wird, und denke, dass die Empfehlungen eine hervorragende Anregung für die Gestaltung der künftigen Weiterbildungspolitik in Nordrhein-Westfalen sind.

Ich danke an dieser Stelle allen, die in den Arbeitsgruppen und Plenarsitzungen so intensiv diskutiert und gearbeitet haben. Dabei beziehe ich Herrn Dr. Heinemann mit seinem Team ausdrücklich ein. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses haben immer etwas mehr zu tun, wenn sie ein solches Vorhaben koordinieren und begleiten.

Ich freue mich auf die Debatte und glaube, dass wir eine gute Arbeitsgrundlage nicht nur für die nächsten fünf Jahre haben. – Herzlichen Dank!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Klaus Kaiser [CDU])

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Kaiser das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gesellschaftlichen Megatrends machen es immer deutlicher, dass wir nur in einer Gesellschaft des lebensbegleitenden Lernens die Aufgaben der Zukunft gestalten können. Wer aufhört dazuzulernen, wird auf Dauer aus dieser Gesellschaft ausgegrenzt. Die Herausforderungen der demografischen Entwicklung – wir werden immer weniger, älter und bunter – sind nur

dann zu meistern, wenn wir uns zur Bildungsrepublik Deutschland weiterentwickeln.

Der Erwachsenenbildung kommt daher künftig eine noch stärkere Bedeutung zu. Deshalb ist es unverzichtbar, dass wir in Nordrhein-Westfalen die öffentlich verantwortete Weiterbildung so aufstellen, dass sie hilft, auf die gegenwärtigen und die künftigen Fragestellungen im Rahmen eines lebenslangen Lernens Antworten zu finden.

Zunächst sind die sich ständig verändernden Anforderungen im beruflichen Leben zu nennen. Die Veränderungen durch eine digitale Welt erfordern eine moderne Weiterbildung, die entsprechende Anpassungsqualifikationen vermittelt. Das Lernen und Trainieren der Gesundhaltung in einer immer älter werdenden Gesellschaft kann und muss dauerhaft Bestandteil der Erwachsenenbildung sein.

Die immer größere Komplexität gesellschaftlicher Veränderungen in unserer Welt – möglicherweise in Kombination mit den Skandalisierungstendenzen in unserer Medienlandschaft – unterstreicht die Notwendigkeit der politischen Bildung.

Während wir im aufkommenden Computerzeitalter die Sorge um den medialen Analphabeten hatten, müssen wir heute darauf achten, dass die Komplexität der Vorgänge nicht zu politischem Analphabetismus führt. Hier ist die Weiterbildung zukünftig noch stärker gefordert. Die Weiterbildung hat insbesondere auch die Aufgabe der Förderung Bildungsungewohnter und Bildungsbenachteiligter. Da wir wissen, dass Bildung der Schlüssel zu Wohlstand und selbstbestimmtem Leben ist, hat Weiterbildung den Auftrag, Bildungsungewohnten und Bildungsbenachteiligten eine weitere Chance zu geben. Das gilt sowohl für die in einem etablierten Schulsystem Gescheiterten als auch für die Vielzahl nicht zuletzt infolge globalisierter Wanderungstendenzen Zugewanderter.

Für die CDU-Fraktion sind es vor allem drei Punkte, die es im Rahmen der Ergebnisse der Weiterbildungskonferenz herauszustreichen gilt:

Zunächst zeigt der vorgelegte Bericht, dass wir in Nordrhein-Westfalen eine leistungsstarke und innovative Weiterbildungslandschaft haben. Volkshochschulen und freie Träger haben ein gutes Mit- und Nebeneinander.

Die Weiterbildungskonferenz hat gezeigt, dass wir zukunftsfähig aufgestellt sind. Weiterbildung bleibt kommunale Pflichtaufgabe. Anlass der Konferenz war die unter der schwarz-gelben Regierung beauftragte Evaluation, die vom DIE, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, durchgeführt wurde und der Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen ein gutes Zeugnis ausstellte und Hinweise auf eine kluge Weiterbildung im System gab. Es geht also um ein Weiterentwickeln und nicht um ein Neuaufstellen. Das ist ganz wichtig festzuhalten.

Dabei geht es zunächst um die Frage der Fördersystematik. Aus Sicht der CDU teilen wir die Ziele der Weiterbildungskonferenz, auch künftig die Förderung an Unterrichtsstunden, Teilnehmertagen und der hauptamtlich pädagogischen Mitarbeiter zu koppeln. Wir teilen auch eine Förderung der Volkshochschulen entsprechend den Einwohnerzahlen. Dabei können wir uns eine Verschiebung der Förderungsanteile zugunsten – wie es beispielsweise diskutiert worden ist – der Hauptamtlichkeit vorstellen. Wie wir alle wissen, ist das Erreichen bestimmter Zielgruppen gerade an Hauptamtlichkeit und Professionalität gebunden.

Für die freien Weiterbildungseinrichtungen ist es leider nicht so einfach, die entsprechenden Parameter zu finden, um die Fördermöglichkeiten zukunftssicher und bei einem sich ausweitenden System zu garantieren. Dort gibt es in der Regel keine örtlichen Zuständigkeiten. Von daher kann man die Einwohnerzahlen nicht als Grundlage nehmen.

Wir müssen deshalb eine intelligentere Lösung finden. Deshalb tragen wir den Vorschlag mit, dass zunächst durch den Aufbau eines einfachen und – das ist ganz wichtig – unbürokratischen Berichtswesens für eine verlässliche Datengrundlage gesorgt wird. Wir sehen dies im Zusammenhang mit der in unserer Zeit eingeführten Forderung nach Koppelung der Förderung an eine entsprechende Qualitätssicherung und eine entsprechende Zertifizierung.

Dieser Prozess ist faktisch abgeschlossen und garantiert, dass eine hohe Innovationsbereitschaft systemisch abgesichert ist. Die Arbeit an neuen Aufgabenstellungen und für neue Zielgruppen wird dadurch erleichtert und ermöglicht.

Wir betonen gleichzeitig, dass wir ein leistungsstarkes und steuerungswirksames Berichtswesen wünschen. Wir wollen jedoch ausdrücklich keine neue Bürokratie aufbauen. Seitens der CDU können wir uns durchaus vorstellen, dass die entsprechenden Daten durch eine Abfragemaske der einschlägigen EDV-Programme erreicht werden können. Es sollte angestrebt werden, dass man wichtige Informationen ohne großen Mehraufwand erhält. Die Vorbereitung im Laufe des Jahres 2013 durch eine Arbeitsgruppe ist unseres Erachtens der richtige Weg.

Das Weiterbildungsgesetz wird deshalb im Konsens getragen – Frau Löhrmann hat darauf hingewiesen –, weil es immer eine starke Tradition des direkten Kontakts zum Parlament gab. Deshalb ist die Weiterbildungskonferenz des Landtags, die im Normallfall regelmäßig einmal im Jahr stattfindet, wenn nicht gerade Wahlen sind oder sich neue Abläufe einspielen müssen, die vom Fachausschuss gemacht wird, ein starkes Bindeglied zwischen der Weiterbildungsszene, der Fachlichkeit und dem Parlament.

Deshalb fordern wir, dass der geplante Weiterbildungsbeirat, den wir als sinnvoll und hilfreich ansehen, auch politikberatend tätig wird und ein direktes Vorschlagsrecht für den Fachausschuss des Landtags bekommt. Frau Ministerin Löhrmann, wir müssen noch einmal darüber diskutieren, ob der Weiterbildungsbeirat nur Sie oder auch uns als Landtag und Fachausschuss berät. Wir sind natürlich in der Tradition dessen, dass er den Landtag insgesamt berät, weil sich das bewährt hat und vielleicht auch konstitutiv für die Konsensbildung ist. Ebenfalls ist die Arbeitsfähigkeit dieses Gremiums wichtig, sodass die Zahl der Mitglieder nicht zu groß sein sollte.

Ein weiterer Aspekt müsste angesprochen werden: die stärkere Einbindung der öffentlichen Weiterbildung in die regionalen Bildungsnetzwerke. Mit der Schaffung der flächendeckend eingeführten regionalen Bildungsnetzwerke durch die schwarz-gelbe Regierung wurde der richtige Grundstein gelegt. Jetzt geht es darum, die Weiterbildungseinrichtungen zu Partnern auf Augenhöhe – das ist wichtig – zu machen. Denn bei den anstehenden umfangreichen Reformbemühungen im Bereich von Schule, sei es als Kooperationspartner für konkrete Bildungsangebote, sei es als Partner für erforderliche Fortbildungen, kann die durch das Weiterbildungsgesetz geförderte Weiterbildung einen wesentlichen Beitrag leisten.

Das unter Schwarz-Gelb eingeführte Programm „Weiterbildung geht zur Schule“ ist ein gelungenes Beispiel dafür. Aber bei der sich verändernden Gesellschaft infolge der demografischen Herausforderungen wird die öffentlich verantwortete Weiterbildung innerhalb der Bildungsnetzwerke zu einem wertvollen Anbieter, gerade für die Welt der Erwachsenen.

Die Angebote für Bildungsbenachteiligte müssen ein wichtiger Bestandteil der künftigen Weiterbildung bleiben. Das Nachholen von Schulabschlüssen oder andere Angebote kompensatorischer Bildung müssen weiterhin gefördert werden. Ich erhebe für die CDU-Fraktion die Forderung, dass auch künftig Mittel aus dem europäischen Sozialfonds für die öffentlich geförderte Weiterbildung für die nächste Förderperiode von 2014 bis 2020 garantiert werden.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Durch die Reservierung von Millionenbeträgen für die WbG-geförderten Einrichtungen sind die qualitativ guten Angebote entwickelt und durch die Agenturen leistungsstarke Supportsysteme aufgebaut worden. Auch diese Infrastruktur ist zu halten und auf Dauer weiter zu finanzieren.

Wir sind der Meinung, dass insbesondere die hauptamtliche Infrastruktur es möglich macht, sich weiteren neuen Zielgruppen zuzuwenden. Es ist sicherlich eine der großen Herausforderungen unse

rer Gesellschaft, dass der funktionale Analphabetismus in unserem Land – wir rechnen mit mindestens 1 Million betroffener Menschen – bekämpft werden muss. Hier sind erhebliche Anstrengungen zur Inklusion dieser Gruppe in unserer Gesellschaft zu leisten.

Es gibt die Volkshochschulen, sicherlich die größte Expertise, auf die man zurückgreifen sollte. Die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft zeigt aber auch, dass die Bildungswege nicht immer geradlinig verlaufen. Im Gegenteil: Immer häufiger sind Umwege und Sackgassen dabei.

Eine qualifizierte Weiterbildungsberatung ist deshalb künftig immer wichtiger, weil das Aufzeigen von beruflichen Perspektiven und von neuen Lebensläufen mit entsprechenden Qualifikationen substanziell ist. Daher ist es auch zu begrüßen, dass die Weiterbildungskonferenz explizit auf die zunehmende Bedeutung der Weiterbildungsberatung hingewiesen wird.