Zu guter Letzt will das Klimaschutzgesetz Kommunen unterstützen. Denn in den Kommunen finden die Klimaveränderungen, aber auch Projekte statt. Kommunen wie Saerbeck und Bocholt werden zu „NRW-Klimakommunen“. In Kommunen werden Projekte wie der „Bürgerwindpark Hilchenbach“ und „InnovationCity Ruhr – Modellstadt Bottrop“, die Initiative „Bergisch energisch!“, die Klimasiedlung in Bielefeld und das „ENERGETICON“ im Aachener Raum umgesetzt.
Gerne komme ich zu zwei zentralen Fragen zurück: Ist das Klimaschutzgesetz das richtige Instrument, um das Klima zu schützen?
Ich mache einmal einen Vergleich. Wenn Sie in einem Auto säßen und mit Karacho auf eine Wand zufahren würden, würden Sie dann diese Fragen genauso stellen?
Ist das Auf-die-Bremse-Treten genau das richtige Instrument? Würden Sie sich dann noch fragen, ob Sie rechtzeitig vor der Wand zum Stehen kämen? – Das würden Sie nicht tun. Wir sollten endlich anfangen zu bremsen. Wir sollten endlich anfangen, das Klima zu schützen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zum Klimaschutzgesetz selber komme, möchte ich zwei kurze Anmerkungen machen.
Es ist nicht so, dass wir hier in diesem Hause letztverbindlich über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes entscheiden. Allerdings: Wenn bei einer Anhörung die Experten, die von SPD und Grünen eingeladen wurden, die Verfassungsmäßigkeit ei
nes Gesetzes, eben dieses Gesetzes, bezweifeln, dann sollte das den Koalitionsfraktionen eigentlich zu denken geben. Schade, dass Sie bei diesem Gesetz so beratungsresistent sind.
Zweiter Punkt. Ich möchte kurz auf das praktische Handeln der Koalitionsfraktionen eingehen, gerade bei diesem Gesetzentwurf. Angeblich wollen Sie doch den kooperativen Stil aus der Zeit der Minderheitsregierung soweit wie möglich aufrechterhalten. Ein Durchregieren würde es mit Ihnen nicht geben, ist zu hören. Aber ich sage Ihnen: kurzfristige Anhörungen, kurzfristige Änderungsanträge – all das widerspricht diesem Anspruch in der Praxis. Ich frage mich: Wovor genau haben Sie eigentlich Angst?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz wird der Umwelt nicht helfen. Es wird nicht helfen, weil Verschmutzungen nicht an den Grenzen NordrheinWestfalens oder an anderen politischen Grenzen Halt machen. Jede CO2-Einsparung in NordrheinWestfalen wird aufgrund des EU-Emissionshandels europaweit verrechnet. Im Ergebnis wird dieses Klimaschutzgesetz dazu führen, dass mehr Zertifikate zu günstigeren Preisen gehandelt werden. Es führt zum Gegenteil des gewünschten Effekts, wenn anderswo in Europa die Dreckschleudern mit günstigen Zertifikaten ein paar Jahre länger laufen können. Denken Sie zum Beispiel an die Kohleverstromung in Polen.
Vielmehr müsste doch Verschmutzung, müsste Emission teurer werden, um Anreize für Einsparungen und Innovationen zu bieten. Das Klimaschutzgesetz wird also das Klima nicht schützen. Dieses Klimaschutzgesetz wird klimapolitisch unwirksam sein. Und dieses Klimaschutzgesetz wird – das hat bereits der Kollege Deppe gesagt – dem eigenen Namen nicht gerecht. Es ist nicht drin, was drauf steht. Alleine deswegen, Herr Remmel, sollten Sie als Verbraucherschutzminister diesen Gesetzentwurf nicht weiter tragen.
Ein weiteres Problem dieses Gesetzentwurfs ist – das ist eben bereits angeklungen –, dass die CO2Bilanzen quellenbezogen erstellt werden. Darüber haben wir bereits diskutiert. Sie betrachten Emissionen immer nur bezogen auf den Produktionsprozess vor Ort. Mit dieser Betrachtung, mit der quellenbezogenen CO2-Bilanzierung, nehmen Sie eine einseitige und zu kurz gegriffene Perspektive ein. Richtig wäre eine produktbezogene Bilanzierung der Emissionen. Wenn zum Beispiel Dämmstoffe produziert werden, wenn energiesparende Reifen entwickelt und produziert werden, wenn Materialien für den Bau von Windkraftanlagen produziert werden, dann entstehen Produkte, die einen ressourcenschonenden Umgang mit der Umwelt fördern. Ich frage mich: Warum lassen Sie diesen Aspekt so
Frau Kollegin Brems, Sie haben ja schon etwas leiser hier im Plenum gesprochen und eingestanden, dass es eigentlich schöner wäre, produktbezogen zu bilanzieren. Sie haben uns auch im Ausschuss vorgeworfen, weil wir genau diesen Aspekt kritisieren, wir würden lieber nichts tun. Das ist falsch! Wir wollen durchaus etwas tun! Der Unterschied ist aber, wir wollen nicht mit Ihnen in die falsche Richtung gehen. Um in Ihrem Bild zu bleiben: Wir wollen durchaus bremsen, wir wollen aber nicht das Lenkrad panisch herumreißen und versuchen, das Auto so zum Stehen zu bringen.
Ich komme zum Klimaschutzplan. In der letzten Ausschusssitzung habe ich kritisiert, dass die Erarbeitung des Plans unserer Meinung nach zu intransparent ist. Beispielsweise scheint es keine festen Kriterien zur Einladung in die Arbeitsgruppen zu geben. Herr Minister Remmel, Sie haben in einer der letzten Debatten zu diesem Thema hier im Plenum erklärt, bei Anfragen von neuen Interessenten hätten Sie sich – ich zitiere – bemüht, diese aufzunehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Personaler wissen, was „stets bemüht“ wirklich bedeutet. Ich glaube, mit „stets bemüht“ können weder der Klimaschutz noch die Energiewende gelingen.
Darüber hinaus habe ich kritisiert, dass das Parlament zu lange außen vor bleibt. Zum Klimaschutzplan nur Ja oder Nein sagen zu können, das reicht uns jedenfalls nicht. Herr Minister Remmel, Sie haben sich daraufhin echauffiert und gesagt, mein Redebeitrag sei eine Unverschämtheit, sie würden alle einbeziehen. Gestern kam nun der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Gestern, Herr Meesters, und nicht von vorneherein!
Darin wird gefordert, den Landtag regelmäßig zu unterrichten. Es ist schon einmal ein Fortschritt, dass das Ganze zurück in die Legislative, ins Parlament gespiegelt werden soll. Auf Seite 2 dieses Entschließungsantrags fordern Sie ferner, dass der Landtag ein Gremium schafft, das die Erarbeitung und die Umsetzung der Klimaschutzpläne begleitet. Erarbeitung und Umsetzung! Donnerwetter, habe ich gedacht, so unverschämt kann also meine Kritik in der letzten Ausschusssitzung nicht gewesen sein. Ihr Schuldeingeständnis hat einen Namen, es trägt die Drucksachennummer 16/1958.
Dieses Gremium, dessen Einrichtung Sie auf Seite 2 fordern, findet sich zwar nicht in den konkreten Aufforderungen am Ende des Antrags wieder, aber – das will ich eingestehen – das Parlament soll irgendwie ein bisschen mehr einbezogen werden. Als
Warum dieser Antrag? Warum diese Änderungen? – Vielleicht, liebe Kolleginnen und Kollegen gerade der SPD, vielleicht, lieber Herr Meesters, haben Sie gemerkt, dass die Grünen sehr gelassen auf die jüngsten Äußerungen zur Zukunftsfähigkeit von Kohlekraftwerken reagiert haben, die ja von der SPD kamen. Die können ganz gelassen reagieren und sich zurücklehnen, weil sie ganz genau wissen: Mit einem Klimaschutzplan, mit einem Klimaschutzgesetz aus dem Hause Remmel wird es solche Kraftwerke sowieso nicht geben. Diese Projekte werden von Anfang an auf das Abstellgleis gestellt.
Was ist zu tun? – Der europäische Emissionshandel ist zu stärken. Die Ziele müssen international festgelegt werden. Das Handelssystem kann um weitere Staaten und um weitere Sektoren erweitert werden. Dann gibt es marktwirtschaftliche Anreize für mehr Klimaschutz und für mehr Innovationen. Ihre Verbote, Ihr Dirigismus führt lediglich zu Verlagerungen. Und wir müssen die Forschung stärken, zum Beispiel bei der angesprochenen produktbezogenen Bilanzierung. Wir müssen Wirtschaft und Wissenschaft stärker vernetzen. Hier liegt Potenzial. Darauf hat unter anderem auch der DGB in der Anhörung hingewiesen. Er hat deutlich gemacht, dass bei der aktuellen Fassung des Gesetzes vor allem eines passiert: Es werden Chancen vertan.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Höne. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Abgeordneter Rohwedder.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer auf den Tribünen und draußen im Stream! Wie wir schon in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfes angekündigt haben und es auch in den Ausschusssitzungen gehalten haben, werden wir diesem Klimaschutzgesetzentwurf zustimmen.
Die Gründe dafür sind vielfältig und wurden bereits häufig genannt: Der Klimawandel findet bereits statt. Er ist unbestreitbar. Die Schnelligkeit dieses Klimawandels ist unerhört. Das heißt, dass die Natur, die ja eigentlich an Klimawandel gewöhnt ist und sich anpassen kann, überfordert ist. Die Schnelligkeit überfordert besonders die immobilen Arten und bringt dadurch die Biodiversität insgesamt in Gefahr. Mir liegt eine neue Studie vom Biodiversitäts-
und Klimaforschungszentrum vor, wonach jetzt auch die genetische Vielfalt innerhalb einzelner Arten in Gefahr ist, weil zu viele Exemplare sterben. Diese Vielfalt im Erbgut ist aber die Grundlage für zukünftige Evolution. Umso wichtiger ist schnelles Handeln.
Wir finden dieses Gesetz unzulänglich, weil es nur die öffentliche Hand betrifft. Es ist aber immerhin ein erster Schritt. Das Ganze ist kein Marshallplan – leider nicht. Die Bezeichnung „Marshallplan“ wäre einige Potenzen zu hoch gegriffen.
Genauso wenig schafft es die neuen Arbeitsplätze, die wir brauchen. Wir machen einen Strukturwandel durch. Dieser ist unvermeidbar. Es wird auch in der Industrie die Zahl der Arbeitsplätze, wie von CDU und FDP befürchtet, nicht zurückgehen. Das Regierungshandeln ist insgesamt inkonsistent.
Frau Brems hat von tapferen Gefährten gesprochen. Frau Brems, waren Sie in Hambach bei den Waldbesetzern? Da finden Sie solche tapferen Gefährten. Wissen Sie, wie die von der Polizei schikaniert werden, und zwar immer noch? Haben Sie sich da mal sehen lassen?
In Hambach soll der Wald weiter gerodet werden. Das Verwaltungsgericht Aachen hat das zum Glück gestoppt – dank NGOs wie BUND und NABU, die dort das Verbandsklagerecht nutzen, um gegen rechtswidrige Bescheide zu klagen, und zwar mit Erfolg.
Auch die Neueröffnung von Braunkohlekraftwerken in diesem Gebiet ist inkonsistent und steht im Widerspruch zu den Intentionen des Klimaschutzgesetzes. Das ist unambitioniert.
Nichtsdestotrotz ist es ein kleiner, zaghafter Schritt in die richtige Richtung. Wir werden das, wie gesagt, unterstützen.
Die CDU hat einen Entschließungsantrag vorgelegt, der rein taktische Prämissen hat. Er soll einfach nur die Abstimmung vertagen und verzögern – eine kontraproduktive Verzögerungstaktik und Fundamentalopposition.
Das Mittelstandsförderungsgesetz, auf das Sie sich hier berufen, lehnen wir Piraten in seiner jetzigen Form ohnehin ab. Der CDU-Antrag wird auch keine neuen Erkenntnisse bringen können. Die wirtschaftspolitischen Auswirkungen des Klimaschutzgesetzes wurden in der öffentlichen Sachverständigenanhörung bereits erörtert. Da besteht im Moment kein weiterer Bedarf.
Es gibt keine Sitzung in irgendeinem Ausschuss ohne Ihre immer gleichen Vorbehalte gegenüber dem Klimaschutzgesetz. Die Einwände, die Sie vortragen, und Ihre Begründungen sind unzutreffend und sattsam bekannt.