Protocol of the Session on April 7, 2017

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.

Ich komme, wenn Sie einverstanden sind, zur Abstimmung.

Bevor wir abstimmen, weise ich darauf hin, dass der Abgeordnete Dr. Bergmann von der CDU-Fraktion angekündigt hat, an der Abstimmung nicht teilzunehmen. Er hat darüber hinaus dem Sitzungsvorstand gemäß § 47 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung eine kurze schriftliche Begründung zu der Abstimmung überreicht. Wie üblich, wird diese Begründung in das Plenarprotokoll aufgenommen (Anlage 1).

Somit können wir abstimmen, und zwar erstens über den FDP-Antrag Drucksache 16/14647. Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. So verfahren wir dann auch. Wer ist für den Antrag der FDP-Fraktion? – Die FDP, die Piratenfraktion sowie die fraktionslosen Abgeordneten Schulz und Schwerd. Wer stimmt dagegen? – Die SPD, die CDU

und Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich der Stimme? – Es gibt keine Enthaltungen. Damit ist der Antrag Drucksache 16/14647 abgelehnt.

Wir stimmen zweitens über den Antrag der Piratenfraktion ab, Drucksache 16/14658 – Neudruck. Auch hier stimmen wir gemäß dem Wunsch der antragstellenden Fraktion direkt ab. Ich darf also fragen: Wer ist für den Antrag der Piratenfraktion? – Die Piratenfraktion sowie der fraktionslose Kollege Schwerd. Wer stimmt dagegen? – SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich der Stimme? – Die FDPFraktion …

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Wohlwollend! – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Ein bisschen sehr wohlwollend!)

.. sowie der fraktionslose Kollege Schulz enthalten sich der Stimme. Damit ist der Antrag Drucksache 16/14658 – Neudruck – ebenfalls abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe auf:

5 Zwischenbericht des Parlamentarischen Un

tersuchungsausschusses V (Fall Amri)

Drucksache 16/14550

Ich erteile zunächst dem Vorsitzenden des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, dem Kollegen Abgeordneten Wolf, das Wort zu seiner mündlichen Berichterstattung. – Bitte, Herr Kollege Wolf.

Herr Präsident, vielen herzlichen Dank! – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Aussprache gerne mit den Worten beginnen, die ich auch in der konstituierenden Sitzung an die Öffentlichkeit gerichtet habe und die ich vorab den Sprecherinnen und Sprechern zur Kenntnis gegeben habe.

„Am vergangenen Mittwoch hat das Plenum einen weiteren Untersuchungsausschuss eingesetzt und uns Abgeordnete in unsere Funktionen berufen. Ein Untersuchungsausschuss kurz vor Ende einer Wahlperiode ist eine große Herausforderung für uns Abgeordnete, aber auch für die Referentinnen und Referenten und die Landtagsverwaltung. Wir Abgeordnete stellen unsere Erfahrung und unsere Zeit, die so kurz vor einer Wahl besonders knapp ist, in den Dienst der Sache, der vornehmlichen Pflicht des Parlaments,

dem Recht der Kontrolle, der Kontrolle für uns alle, den Souverän, das Volk.

Ich darf Ihnen versichern, dass meine Kolleginnen und Kollegen und ich mit aller Kraft versuchen werden, dem Auftrag soweit wie möglich gerecht zu werden. Die antragstellenden Fraktionen gehen selbst davon aus, dass bis zum Ende der Wahlperiode nicht alle Bereiche untersucht werden können. Als Vorsitzender stelle ich dabei gerne meine Erfahrung aus der Leitung zweier solcher Gremien in dieser Wahlperiode zur Verfügung.

Wir werden uns nun in den kommenden Tagen und im Anschluss im nichtöffentlichen Teil unserer Sitzung über den weiteren Gang des Verfahrens beraten und absprechen. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich heute selbstverständlich noch keine genauen Angaben zu Sitzungsterminen des Ausschusses oder möglichen Zeugen machen kann. Wir werden aber vermutlich gleich die ersten Beschlüsse zur Anforderung von Akten und Unterlagen fassen.

Ich lade die Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses gerne ein, gemeinsam und ernsthaft an der Beantwortung der offenen Fragen rund um den feigen Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt zu arbeiten.“

Ich habe dann weiter ausgeführt:

„Wir sollten dabei nicht vergessen, dass dieser Anschlag kurz vor Weihnachten zwölf Menschen aus ihrem Leben riss. Es hätte jeden von uns treffen können. Die deutsche und die internationale Öffentlichkeit haben daher mit so großer Trauer und Betroffenheit reagiert.

Wir hier im Landtag Nordrhein-Westfalen sind das erste Parlament, das mit der Aufarbeitung in einem Untersuchungsausschuss beginnen wird. Ich bin mir sicher, dass wir alle gemeinsam uns unserer besonderen Verantwortung bewusst sind. In der Plenardebatte wurde auch betont, dass wir gegenüber den Angehörigen keine falschen und zu hohen Erwartungen wecken sollten darüber, was möglich und machbar ist.

Den Untersuchungsausschuss für einen reinen parteipolitischen Schlagabtausch – von beiden Seiten – zu nutzen, wäre aus meiner Sicht völlig unangemessen. Das sind wir den Menschen schuldig, die kurz vor Weihnachten Angehörige, Freunde und geliebte Menschen verloren haben.“

Das waren damals meine einleitenden Worte an diesen Untersuchungsausschuss.

Unser gemeinsames Ansinnen muss daher eine Antwort auf die quälende Frage nach dem „Warum“ sein. Warum mussten so viele Menschen Weihnachten

um ihre Angehörigen trauern, anstatt gemeinsam mit ihnen dieses besinnliche Fest feiern zu können?

Ich halte diese Frage nach dem „Warum“ für eine zutiefst menschliche Frage, die uns, glaube ich, alle umtreibt. Es ist eine Frage, die wir uns immer wieder stellen, wenn wir von Anschlägen hören, von Katastrophen lesen oder wenn uns ein persönlicher Schicksalsschlag ereilt: Warum ist das passiert? – Es ist eine Frage, die sich sicherlich auch der junge Mann aus Neuss stellt, der gemeinsam mit seiner Mutter den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz besuchte. Amri riss die Mutter dieses jungen Mannes aus dem Leben.

Eines ist wichtig, klarzustellen: Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist es, mögliche Versäumnisse, Unterlassungen, Fehleinschätzungen, etwaiges Fehlverhalten zu prüfen – nicht aber die Schuldfrage. Schuld an diesem Anschlag, an dem Tod von zwölf unschuldigen Menschen ist nicht die Politik und sind nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden, sondern der Täter Anis Amri.

Wir wollen weitere Fragen erörtern: Warum können sich Personen vor unseren Augen radikalisieren? Warum konnte der Anschlag nicht verhindert werden? Auf diese Fragen müssen wir gemeinsam Antworten finden. Diese Antworten müssen wir ohne politischen Schlagabtausch und ohne ein Hin- und Herschieben der politischen Verantwortung geben.

Der Chef des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen Uwe Jakob sagte bei uns im Ausschuss – ich zitiere hier aus der Presseberichterstattung – über die Reaktion seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: „Hoffentlich war’s nicht der Amri.“

Sie sehen also, die Frage nach dem Warum oder nach den Konsequenzen stellen sich auch die Polizisten, Staatsanwälte, Verfassungsschützer oder politisch Verantwortlichen, die mit dem Fall Amri befasst waren. Deren gute Arbeit, die in vielen Fällen zur Verhinderung von Anschlägen beigetragen hat, darf durch die Arbeit des Ausschusses nicht insgesamt schlechtgeredet werden.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sicherheitsbehörden haben daher eine besonders schwere Aufgabe. Sie müssen einen Menschen bewerten und eine Prognose treffen, wie er sich künftig verhalten wird. Das fällt uns persönlich schon bei uns nahestehenden Personen sehr schwer. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden müssen Personen einschätzen, die sie teilweise kaum kennen.

Hier ist die Politik gefragt. Hier muss sie gesetzliche Regelungen, technische Ausstattungen und eine behördliche Infrastruktur bereitstellen, um diese Arbeit zu unterstützen. Es gilt, im Ausschuss gemeinsam zu erarbeiten, an welchen Stellen entsprechender Handlungsbedarf besteht.

Es gibt, so finde ich, aber auch Fragen, die wir nicht stellen sollten: Wie können wir den Anschlag im Wahlkampf einem politischen Lager zuschieben? Oder die Gegenfrage: Wie können wir im Wahlkampf Antworten von einem politischen Lager fernhalten? Das wäre pietätlos und unanständig. Als Vorsitzender des Ausschusses werde ich das nicht zulassen!

(Beifall von der SPD)

Denn so verstehe ich meine überparteiliche Rolle als Vorsitzender dieses Ausschusses.

In einer Hinsicht habe ich an die Mitglieder des Ausschusses appelliert: Wir werden uns nach der Wahl wiedersehen. Manche von uns werden dann auch weiterhin miteinander arbeiten. Deshalb habe ich, was die Arbeit des Ausschusses anbelangt, jetzt ein bisschen Sorgen, dass wir uns so tiefe persönliche Verletzungen zufügen, dass dann eine Zusammenarbeit zwar nicht gänzlich unmöglich, aber doch erschwert wird. Ich habe für eine gemeinsame Aufklärungsarbeit geworben, und ich werde das auch weiterhin tun. Des Weiteren möchte ich dem großen Interesse der Öffentlichkeit an der Arbeit des Ausschusses und seinen Ergebnissen gerecht werden.

Eines vorab: Bei all den sehr unterschiedlichen Positionen, die es im Ausschuss gab, waren wir uns in einem einig: Die Ermittlungen dauern an. Wir stehen erst am Anfang unserer Arbeit, und eine Beweiswürdigung vonseiten des Ausschusses wird es daher heute nicht geben. Ich gebe Ihnen daher folgenden kurzen Überblick über die bisherige Arbeit unseres Ausschusses:

Am 15. Februar dieses Jahres haben Sie uns beauftragt.

Am 17. Februar haben wir dann unsere 1. Sitzung durchgeführt. Dabei haben wir Beweisbeschlüsse zu Akten gefasst. Am gleichen Tag haben wir die Akten angefordert.

Am 3. März sind die ersten Akten bei uns im Ausschusssekretariat eingetroffen.

Am 7. März haben wir in unserer 2. Sitzung Beweisbeschlüsse zur Vernehmung von acht Zeugen gefasst.

Am 13. März haben wir in unserer 3. Sitzung mit der Vernehmung von zwei Zeugen begonnen, und wir haben Beweisbeschlüsse zu 15 weiteren Zeugen gefasst.

Am 14. März haben wir in unserer 4. Sitzung die Vernehmung eines Zeugen durchgeführt.

Am 16. März haben wir in der 5. Sitzung vier Beweisbeschlüsse zu neun Zeugen gefasst.

Am 21. März haben wir in unserer 6. Sitzung die Vernehmung von zwei Zeugen durchgeführt und vier Beweisbeschlüsse gefasst.

Am 24. März haben wir in der 7. Sitzung die Vernehmung von drei Zeugen vorgenommen und Beschlüsse zu weiteren Zeugen gefasst.

Am 27. März gab es bereits die 8. Sitzung mit der Vernehmung von fünf Zeugen.

Am Tag darauf, am 28. März, folgte die 9. Sitzung mit der Vernehmung eines Zeugen.

Am 29. März, einen Tag darauf, gab es in der 10. Sitzung die Vernehmung von drei Zeugen.