Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute wieder mit einer in den düsternsten Farben geschilderten Zustandsbeschreibung der Opposition zu tun. Sie überbieten sich ja förmlich in extremen Formulierungen. Man hat den Eindruck, hier sei in den letzten Jahren in der Kitalandschaft nichts passiert. Sie wissen sehr genau, dass das nicht so ist.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz erfüllt. – Wir haben 770 mehr Kitas in Nordrhein-Westfalen als bei der Regierungsübernahme im Jahre 2010.
Wir haben die Anzahl der U3-Plätze verdoppelt. – Dabei ist vielleicht zu bemerken: Wenn wir in dem Ausbautempo geblieben wären, wie Sie es geplant haben, wären wir – die Kommunen – nicht ansatzweise da, wo wir heute sind.
Immerhin stehen für das Gros der Eltern U3-Plätze für ihre Kinder zur Verfügung, und in weiten Teilen des Landes bzw. überall im Land können die angemeldeten Bedarfe auch tatsächlich beantwortet werden.
Wir haben endlich aus dem sogenannten Kinderbildungsgesetz ein Gesetz gemacht – mit vereinbarten Regularien für die frühkindliche Bildung.
Wir haben die Sprachförderung, ein wichtiges Thema, endlich vom Kopf auf die Füße gestellt und endlich kindgerecht gestaltet.
Wir haben die Herdprämie in die Kitas fließen lassen, und wir haben gemeinsam mit den Kommunen die Dynamisierung, die jährliche Anpassung, von 1,5 % auf 3 % verdoppelt.
Wir haben das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt und damit die Familien in Nordrhein-Westfalen mit 170 Millionen € pro Jahr entlastet.
Und wir haben rund 2,5 Milliarden € in die frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen gesteckt und damit die Mittel mehr als verdoppelt, die Sie uns übergeben haben.
Klar ist, niemand wird sagen, die Kitalandschaft ist wunderbar. Das wissen wir alle. Das, was wir brauchen, sind eben mehr Chancen und Teilhabe für alle Kinder.
Lieber Kollege Bernhard Tenhumberg, du hast dir ja noch ein bisschen Zeit gelassen und wirst wahrscheinlich gleich ohne Ende Gummi geben, und wir werden vielleicht die Vorschläge der CDU erfahren. Obwohl ich mir die Mühe gemacht habe, das Programm nachzulesen, habe ich sie dort ein wenig vermisst.
Zu den Punkten, die notwendig sind, um tatsächlich allen Kindern Chancen und Teilhabe zu bieten – gerade in der frühkindlichen Bildung –, haben wir bei Ihnen nichts gefunden. Auch heute haben wir wieder keine Ansätze gehört.
Ich sage Ihnen ganz offen, das kann mit diesem Gesetz, so wie es jetzt ist, nicht gelingen. Das, was wir wollen, ist eine grundständig andere Finanzierung, um vor allen Dingen einen besseren Personal-KindSchlüssel und mehr Qualität in der Kita sicherzustellen und
vor allen Dingen zwei Dinge zu verändern, die Sie mit verursacht haben: erstens Ihre Lüge, die sogenannte KiBiz-Lüge, und zweitens die KiBiz-Lücke, die dazu geführt hat, dass es in Nordrhein-Westfalen beinahe keinen anderen Bereich gibt, in dem die Beschäftigungsverhältnisse so unsicher sind wie im Erziehungsbereich. Das hat etwas damit zu tun, das Sie unterfinanziert in dieses Gesetz gegangen sind.
Ich will Ihnen auch noch mal sagen, was wir dafür tun werden. Wir werden ein völlig anderes Finanzierungssystem aufstellen. Das werden wir machen, und das wird auch notwendig sein.
(Christof Rasche [FDP]: Viele Jahre nichts ge- macht! Unglaublich! – Gegenruf von Stefan Zimkeit [SPD])
Denn mit einer Anhebung der Kindpauschale, wie Kollege Tenhumberg zur Verbesserung das gerne vorschlägt, passiert überhaupt nichts.
Jetzt will ich Ihnen noch etwas sagen: Ja, Beitragsfreiheit ist für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ein wichtiges Anliegen. Ich will Ihnen auch sagen warum.
Es geht nämlich nicht um Gleichmacherei, sondern darum, dass Familien hier in Nordrhein-Westfalen, die wenig Steuern zahlen, aber eine ganz hohe Abgabenlast haben. Das hat übrigens auch etwas mit Ihrer Politik auf Bundesebene zu tun hat.
Das, was wir daran ändern werden, ist: Wir werden die Eltern in Kernzeiten beitragsfrei stellen. Wissen Sie auch warum? – Das verbessert die Chancengerechtigkeit und die Zugänge für Kinder zur Bildung im Land.
Diese Eltern, die gar nicht so viel Steuern zahlen, aber möglicherweise eine hohe Abgabenlast haben, zahlen im Moment in Nordrhein-Westfalen in manchen Kommunen 7.000 bis 8.000 € Jahresbeitrag.
Herr Präsident, ich habe es schon angekündigt: Da ich die Kolleginnen und Kollegen in der Debatte das letzte Mal erleben werden, will ich mich von zwei Kollegen verabschieden – trotz aller Härte, die wir der Debatte immer hatten:
Zum einen von Bernhard Tenhumberg. Mensch Bernhard, was haben wir uns die letzten zehn Jahre gekloppt, mein lieber Scholli! Hat aber Spaß gemacht, muss ich ganz ehrlich sagen. Du bist ein Zanklappen, ich bin es auch. Wir beide können nicht nachgeben. Obwohl ich finde, in deiner späten Phase bis du manchmal ein bisschen kleinkrämerisch geworden –
trotzdem macht es Spaß, sich mit dir auseinanderzusetzen. Deshalb, Bernhard, für das, was du vorhast: Ich weiß, dass du so bestimmt und westfälisch hart, wie du hier manchmal auftrittst, gar nicht bist. Du hast einen sehr, sehr weichen Kern und das Herz am
rechten Fleck. Ich weiß, dass das, was du dir in der Zukunft vornimmst, auch wieder ganz viel mit Gefühl zu tun hat. Deshalb wünsche ich dir für deine Zukunft und für dein halbes Privatier-Dasein, was sowieso nicht passieren wird, alles Gute!
Dann will ich mich – damit die Bürgerinnen und Bürger nicht das Gefühl haben, dass wir uns hier nur anschreien und ansonsten nichts passiert – auch von der Kollegin Andrea Asch verabschieden. Andrea, wir beide sind unfreiwillig zu Expertinnen eines Gesetzes geworden, das wir vom ersten Tag an, als es überhaupt in die Welt gebracht worden ist, abgelehnt haben.
Wir haben mit mehreren Revisionsschritten versucht, es zu heilen. Dass es dir und mir in dieser Legislaturperiode nicht gelungen ist, den wirklich großen Schritt zu machen, ein neues Gesetz zu machen, das bedaure ich. Ich weiß, dass du es auch bedauerst. Wir haben viel dafür getan, dass die Situation für die Kitas in Nordrhein-Westfalen trotzdem in der Überbrückungsphase, in der wir jetzt stecken, erträglich ist. Andrea, ich habe heute Grün angezogen, extra für dich, ganz ehrlich.
Ich bedauere es sehr, dass du dem nächsten Landtag nicht mehr angehören wirst. Ich weiß, wir beiden Kita-Tanten haben in der Opposition wie in der Regierungsphase trotz allem viel erreicht, wenn wir manchmal auch ein bisschen hart in der Auseinandersetzung waren. Es ist am Ende, glaube ich, so, dass man auch bei dir sagen kann: In der Achtung und in der Beachtung der Belange von Kindern gibt es kaum jemanden, der dich übertreffen kann. Du bist immer in der Sache sehr engagiert – ich weiß –, manchmal dann auch hart in der Auseinandersetzung. Du hast es auch manchmal richtig abgekriegt an einer Stelle, wo ich es vielleicht verdient hätte. Deshalb, Andrea, für deinen Lebensweg alles Gute. Ich hoffe – nein, ich weiß –, du bleibst dem Bereich verbunden. Das lässt man nicht einfach in den Kleidern. Alles Gute für dich!