Protocol of the Session on April 6, 2017

Wir haben das immer wieder gehört. Zuweilen bringt diese kalte Privat-vor-Staat-Ideologie der Opposition programmatische Stilblüten von verstörender Pracht hervor. So fordert die FDP eine Art soziales Jahr in Unternehmen. Das muss man sich einmal vorstellen.

(Lachen von Dr. Joachim Paul [PIRATEN])

Auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sollen junge Menschen in Betrieben schuften dürfen. Bei dem Gedanken drehen sich doch die Väter des Ordoliberalismus im Grabe um. So absurd ist das, meine Damen und Herren. Das darf man nicht zulassen.

(Beifall von der SPD)

Ich will allerdings eines einräumen. Das muss man der FDP lassen. Sie steht wenigstens noch zu ihrer neoliberalen Ideologie. Bei ihr weiß der Wähler, was er bekommt. Keine Frage! Bei der CDU ist das nicht so. Deren Wahlprogramm ist weniger ein Nachschlagewerk für Wählerinnen und Wähler als eine Examensprüfung für Juristen, für Germanisten und für Theologen. „Was möchten uns die Autoren sagen?“ fragt man sich, wenn man hineinschaut. Keine klaren Ansagen, Ausweichen, es jedem recht machen wollen! Wissen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, an was mich das erinnert? An den Wahlkampf 2012! Röttgen heißt jetzt Laschet. Geändert hat sich bei Ihnen überhaupt nichts.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, im Land hat sich viel geändert. Der schwarz-gelbe Mehltau ist seit Langem weggeblasen. Keine Frage, wir erleben das überall.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Viel Zuversicht ist da.

(Henning Rehbaum [CDU]: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Diese Zuversicht speist sich aus dem Selbstbewusstsein der Menschen in Nordrhein-Westfalen, aus ihrer Leistungsbereitschaft und aus ihrer Leistungskraft; denn die Menschen in Nordrhein-Westfalen wissen, was sie können, und sie tun, was sie können – jede an ihrem oder jeder an seinem Platz, ob im Handwerk oder im Mittelstand, im Handel, im Gewerbe oder in der Industrie, ob als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber, ob als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer.

Diese Menschen strengen sich jeden Tag an. Sie bringen unser Land Schritt für Schritt nach vorn. Wir, meine Damen und Herren, haben Respekt vor ihrer Leistung. Wir reden diese im Gegensatz zu Ihnen nicht klein. Wir loben die Menschen dafür. Und wir bedanken uns dafür. Wir bedanken uns auch heute, weil diese Menschen in Nordrhein-Westfalen Dank, Anerkennung und Respekt für ihre Lebensleistung auch von diesem Hohen Haus erwarten dürfen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gleich wird unser Kollege Reiner Priggen seine vermutlich letzte Rede in diesem Hohen Haus halten. 17 Jahre war er Mitglied im nordrhein-westfälischen Landtag. Weil wir über eine lange Zeit hinweg viel und ganz eng zusammengearbeitet habe, füge ich hinzu:

Erstens. Reiner, ich freue mich jetzt schon auf deine Rede.

Zweitens. Das war eine gute Zeit mit dir. Sie war gut für die Zusammenarbeit in unserer Koalition, gut für die erfolgreiche Arbeit der Landesregierung und vor allem – das ist das Wichtigste – gut für die Menschen im Land.

(Zuruf von der CDU: Na, na, na!)

Um deren Alltagsprobleme haben wir uns genauso gekümmert wie um ihre Zukunftsperspektiven. Das war in unserer Koalition nicht immer reibungslos. Aber wir beide haben erfolgreich – ganz erfolgreich – einen ganz eigenen Konfliktregelungsmechanismus entwickelt. Ja, wir haben gemeinsam viel für das Land und die Menschen erreicht. Reiner, das bleibt. Darauf kannst du stolz sein. Auch dafür spende ich dir Beifall.

(Anhaltender Beifall von der SPD, den GRÜNEN und der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren, das ist eben der Unterschied zu der Regierungszeit von Schwarz-Gelb. Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern: Sie wurden abgewählt,

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Das steht Ihnen bevor!)

weil Sie in nur fünf Jahren ein kommunalpolitisches Trümmerfeld, ein schulpolitisches Chaos,

(Christof Rasche [FDP]: Aber jetzt! – Weitere Zurufe)

eine verzweifelte Kita-Landschaft und eine wirtschaftliche und soziale Perspektivlosigkeit hinterlassen haben, von der die Menschen einfach die Nase voll hatten. Die hatten die Nase voll von Ihnen. Nach fünf Jahren! So war das damals.

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, „Privat vor Staat“ hat ein für alle Mal abgewirtschaftet. Das bleibt.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Haben Sie die Rede aus 2010, oder was haben Sie da? – Henning Rehbaum [CDU]: Reine Floskeln!)

Wir dagegen machen unser Land noch stärker und noch gerechter. Wir bauen auf dem auf, was wir schon erreicht haben. Wir haben viel erreicht. Es ist noch viel zu tun. Auf uns können sich die Menschen in Nordrhein-Westfalen verlassen. – Vielen Dank fürs Zuhören. Glück auf.

(Lang anhaltender Beifall von der SPD, den GRÜNEN und Minister Johannes Remmel)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der FDP spricht Herr Kollege Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Reiner Priggen, da du gleich noch das Wort hast, gehe ich erst im Anschluss daran auf dich und deine Arbeit hier ein.

Meine Damen und Herren, ich möchte auf die Rede des Wirtschaftsministers zu sprechen kommen; denn das war nun wirklich sozusagen ein letztes Aufbäumen nach fünf Jahren. Man hat gemerkt, dass man leider nichts erreicht hat.

(Beifall von der FDP – Zuruf von der SPD)

Herr Minister Duin, Sie haben eben bestätigt, dass Ihr ziemlich bester Freund, Minister Remmel, Sie im Kabinett über fünf Jahre ausgebremst und dafür gesorgt hat, dass es in Nordrhein-Westfalen nicht vorangeht. Während Sie durch das Land getingelt sind und runde Tische und Diskussionsrunden zu Ihren Papierchen veranstaltet haben, hat er mit Gesetzen

dafür gesorgt, dass es in diesem Land nicht vorangeht und es der Wirtschaft schlechter geht als vorher.

(Vereinzelt Beifall von der FDP und der CDU – Michael Hübner [SPD]: Es geht ihr doch nicht schlechter! Was erzählen Sie da?)

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen ist ein starkes Land

(Michael Hübner [SPD]: Es geht wieder bes- ser! So ist es!)

mit tollen Menschen, erfolgreichen Betrieben und innovativen Start-ups. Schwach dagegen ist die Wirtschaftspolitik. Vielen Menschen entgehen zu viele Chancen und Aufstiegsperspektiven. Viele mittelständische Betriebe kämpfen mit übermäßigen Belastungen und Bürokratie. Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern kommt der in Deutschland steigende Wohlstand dadurch nicht an. Nordrhein-Westfalen steht wirtschaftlich nicht gut da.

Da reicht es nicht, Herr Minister, jetzt ein Jahr mit nicht ganz so schlechten Zahlen nach vorne zu stellen. Eine Schwalbe macht noch lange keinen Frühling.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

Denn während Deutschlands Wirtschaftskraft – hören Sie gut zu! – in den vergangenen sieben Jahren, also in Ihrer Regierungszeit, um 10,2 % zugelegt hat, bleibt Nordrhein-Westfalen mit 2,5 Prozentpunkten Abstand deutlich dahinter.

Daran, Herr Kollege Römer und Herr Minister Duin, ändern auch Ihre Falschmeldungen nichts. Wir hatten Nullwachstum. Zu Ihrer Regierungszeit in 2012 hatten wir hier in Nordrhein-Westfalen Nullwachstum.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

Da ist es nicht gut, wenn Sie dann sagen, 2015 haben wir kein Nullwachstum gehabt. Ja, herzlichen Glückwunsch! Wir sind nicht mehr auf dem 16. Platz aller Bundesländer, sondern auf dem 15. Platz. Ich sage: Abstiegsplatz! Abstiegsplatz dank Ihrer Politik!

(Beifall von der FDP und der CDU – Michael Hübner [SPD]: Faktenfrei! – Unruhe)

Auch im letzten Jahr war die Dynamik unterdurchschnittlich. Das zeigen die aktuellen Daten der Wirtschaftsforscher. Meine Damen und Herren, dass es auch anders gehen kann, belegen die dort vorgelegten Zahlen. Denn in den Jahren 2007, 2008, 2009 lag Nordrhein-Westfalens Wachstum jeweils über dem Bundesschnitt. Allein dieser Umstand entlarvt auch Ihre sogenannte vorausschauende Wirtschaftspolitik. Diese Etikettierung ist nichts anderes als die Umschreibung wirtschaftspolitischen Versagens, Herr Minister.

(Unruhe)

Es läuft nichts in der Gegenwart. Aber irgendwann in der Zukunft wird schon alles besser. Das wollen Sie den Menschen einreden; aber sie glauben es Ihnen nicht.

Es ist im Übrigen auch keineswegs angezeigt, angesichts der Wachstumszahlen für 2016 in Jubelarien auszubrechen. Denn 0,1 Prozentpunkt weniger Wachstum bedeuten Folgendes:

Erstens. Das Defizit im Vergleich zum restlichen Deutschland vergrößert sich weiter. – NordrheinWestfalen holt somit nicht auf, Herr Römer. Im Gegenteil, der Abstand wird größer.