Ansonsten wird die Energiewende an mangelnder Akzeptanz scheitern; denn die Rechnung für den geplanten massiven Ausbau der Windindustrie zahlen stets die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden die Bürger im Jahr 2015 mit über 2,2 Milliarden € über die EEGUmlage zur Kasse gebeten. Da hält sich meine Freude ehrlich gesagt in Grenzen, dass 2016 „nur“ 1 Milliarde € investiert wurde.
Viele Menschen sind in großer Sorge, dass ihre hart erarbeiteten Immobilien demnächst an Wert verlieren und dass sie nicht mehr ungestört werden leben können. Dies aber scheint Rot-Grün absolut nicht zu interessieren.
Auch die Verspargelung der Landschaft nimmt massiv zu. Der notwendige Netzausbau hingegen kommt nicht voran. Im Jahr 2020 werden bundesweit so viele Windräder installiert sein, wie nach Netzausbauplanung für das Jahr 2030, also zehn Jahre später, erwartet werden. Das ist ein klares Missverhältnis.
Angesichts nicht ausreichender Transportmöglichkeiten und nicht vorhandener Speichertechnologien immer neue Windkraftanlagen zu bauen, die Strom erzeugen, der nicht abgenommen wird, ist reine Geldverbrennung. Der Ausbau der Windkraft ist ein Geschäft auf dem Rücken der Landbevölkerung sowie der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und er erzeugt Stromspitzen in gigantischem Ausmaß, die nicht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen.
Statt den planlosen Zubau unserer Natur mit neuen Windkraftanlagen zu feiern, müsste der Fokus stärker auf den Transport und die Speicherung von Energie gelegt werden.
Meine Damen und Herren, wir brauchen jetzt einen Kurswechsel, keinen zügellosen Ausbau der erneuerbaren Energien gegen die Interessen der Bevölkerung vor Ort.
Der Ausbau der Windenergie muss sich endlich wieder nach den Menschen richten, und nicht umgekehrt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Sundermann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass ich so ein bisschen lächelnd ans Pult komme, das müssen Sie mir nachsehen. Dass Sie sich, Herr Brockes, jetzt nach all den Diskussionen, die wir hier in den letzten fünf Jahren rund um den LEP geführt haben, zum Gralshüter des Naturschutzes in Nordrhein-Westfalen aufspielen, wer soll das glauben? Kein Mensch glaubt Ihnen das, kein Mensch!
Das ist wirklich grotesk: Sie versuchen hier eine Stimmung gegen Windenergie, die es im Land vielleicht durchaus manchmal berechtigt aus Partikularinteressen gibt, für sich zu instrumentalisieren, um irgendwelchen Wutbürgern hinterherzulaufen, die dann vielleicht ihr Kreuz bei Ihnen machen. Das ist aus meiner Sicht ein Stück weit lächerlich und vielleicht auch peinlich.
Aber lassen Sie mich doch einmal so anfangen: Wir sind ja in diesen drei Tagen viel unterwegs und schauen uns Bilanzen an. Da würde ich gerne einmal mit der Bilanz anfangen, was wir von Ihnen, von Schwarz-Gelb, von 2005 bis 2010 vorgefunden haben: Der Ausbau der Windenergie, einer der Kernpunkte, der wichtigsten Punkte zum Ausbau der erneuerbaren Energien, ist doch von Ihnen unter dem Wittke-Motto „Kaputt machen“ im Prinzip betrieben worden. Wir hatten 2010 nur noch 90 MW, die dazugebaut worden sind. 2016 hatten wir 550 MW, das Sechsfache. Das empfinden wir als Erfolg.
Wir sind – das haben Sie auch gesagt, Herr Brockes, und das finden Sie ja scheinbar sehr unangenehm – die Nr. 1 in der Produktion von Windenergie in den
Binnenländern. Wir persönlich finden das sehr gut, weil wir so die klimapolitischen Ziele, die wir uns an dieser Stelle gesetzt haben, auch erreichen werden. Und wie haben wir das erreicht? Wir haben das erreicht, indem wir 2012 einen Winderlass erlassen haben, nämlich einen Ermöglichungserlass. Wir wollen – das ist eine eindeutige Aussage – mehr Windenergie in Nordrhein-Westfalen. Wir haben diesen Ermöglichungserlass auf den Weg gebracht, haben ihn 2015 vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung und auch vor dem Hintergrund von Rechtsprechungen weiterentwickelt.
Und wichtig ist – das haben Sie ja auch ein Stück negiert an dieser Stelle –: Wir haben das immer dialogisch aufgesetzt, sowohl in der Frage, wie der Inhalt dieser Windenergieerlasse ist, als auch in der, wie das Verfahren strukturiert ist, das wir an dieser Stelle aufsetzen.
Ein Beispiel hier ist der Energiedialog NRW, der stark nachgefragt wird, um im Prozess der Aufstellung dieser entsprechenden Pläne und auch der Anlagen am Ende immer die Bevölkerung mitzunehmen. Wir haben auch im LEP verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen – auch an dieser Stelle wichtig für die Investoren, wichtig auch für die Wirtschaft, wichtig für die Industrie. Das ist das, was Sie immer wollten.
Übrigens finde ich das hochinteressant: Ich habe mir einmal Ihre Beiträge durchgelesen, die Sie zu den Befragungen zum LEP aufgesetzt haben. Sie haben uns immer gesagt, wir wollten im Prinzip die Wirtschaft hemmen, indem wir den Naturschutz ins Schaufenster stellen. Genau dasselbe haben Sie gemacht. Wie gesagt, glaubwürdig ist das an dieser Stelle überhaupt nicht.
Was mich allerdings – wenn Sie mich darauf kommen lassen – ein Stück weit überrascht und vielleicht auch enttäuscht hat, ist: Sie nehmen überhaupt nicht die wirtschaftlichen Aspekte in den Blick, die Windenergie für unser Land aktuell und auch künftig hat. 1 Milliarde € ist in Nordrhein-Westfalen für Windenergie investiert worden, und mittlerweile arbeiten 18 000 Menschen dort. Ich kann als Sozialdemokrat sagen, das sind in der Regel gute Arbeitsplätze – sozialversicherungspflichtig, auch gewerkschaftlich organisiert.
Das ist ein wichtiger Erfolg: 18 000 Menschen arbeiten dort, und wir lassen so die Wertschöpfung im Land. Und wenn wir sagen: Wir sind Energieland Nr. 1 und wollen auch weiter ein wichtiges Energieland bleiben, dann ist es natürlich auch wichtig und logisch, dass wir die erneuerbaren Energien und gerade die Windkraft in diesem Land weiter aufstocken. Das ist elementar, um eben auch Wertschöpfung in diesem Land zu generieren, und es ist eben auch wichtig, dass wir Wertschöpfung in den Regionen und in den Kommunen generieren.
Insofern ist es wichtig, dass wir auch weiterhin ermöglichen, dass Bürger-Windparks gebaut werden. Als Sozialdemokrat sage ich: Wichtig ist an dieser Stelle auch, dass eben nicht nur die Zahnärztin aus München-Bogenhausen davon profitiert, sondern eben alle in der Bevölkerung. Deswegen sind wir auch der Meinung, dass es ein gutes Modell ist, wenn sich Stadtwerke daran beteiligen, weil die Stadtwerke in der Regel den Kommunen gehören. Insofern ist das ein sehr, sehr guter Ansatz.
Herr Brockes, Sie negieren an dieser Stelle diese wirtschaftspolitischen Zusammenhänge ein Stück weit und stellen nur den Naturschutz ins Schaufenster. Ich habe Ihnen Ihre Motivationslage, glaube ich, dargestellt, und die werden Sie an dieser Stelle auch so akzeptieren. Wie gesagt, dass Sie diese wirtschaftlichen Zusammenhänge hier ein Stück weit negieren, zeigt vielleicht, dass Sie aktuell regierungswillig sind. Regierungsfähig sind Sie im Bereich der Energiepolitik damit sicherlich nicht. – Glück auf!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Halbsatz der Antragsüberschrift „Keine Energiewende zu Lasten von Mensch und Natur“ werden, lieber Dietmar, sicher alle zustimmen. Die von Ihnen, verehrte FDPKollegen, beschriebene Ausgangslage ist in weiten Teilen zutreffend und offenbart das gespaltene Verhältnis vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger zur Energiewende.
Warum bilden sich die Bürgerinitiativen? – Ein Mindestabstand von 400 bis 600 Metern zur Wohnbebauung ist in der Regel zu gering und führt zwangsläufig zu Konflikten. H7- oder gar H10-Vorgaben würden allerdings wie ein Baustopp wirken und die preiswerteste Stromerzeugung abwürgen. Für mich sind 1.000 Meter Abstand ein zumutbarer Mittelpunkt, zumal die künftigen Anlagen im Binnenland deutlich über 200, demnächst auch 250 Meter Gesamthöhe hinausgehen werden.
Verehrte Windkraftfreunde, aber auch -kritiker! Die bestehende Privilegierung im Außenbereich erweist sich inzwischen in vielen Fällen als konfliktträchtig und bedarf daher neuer Überlegungen. Hier benötigen unsere Kommunen vor allem Rechtssicherheit und wirkliche Handlungsfreiheit. Derzeit befinden sich etliche Stadträte und Bürgermeister in einer Sandwich-Situation. Leider stellt sich die Lage vor Ort nicht so positiv dar, wie Sie das in Ihrem Entschließungsantrag, liebe Kollegen, darstellen.
Klagen drohen von Bürgerinitiativen auf der einen und von Projektierern auf der anderen Seite. Dass der BUND und der NABU das Verbandsklagerecht inzwischen auch auf Windkraftplanungen anwenden, erleichtert den Ausbau ebenfalls nicht. Die Vorgaben des LEP verschärfen die Situation noch und führen leider nicht zu mehr Akzeptanz und Rechtsfrieden.
Die Landesregierung und der zuständige Fachminister haben einen für alle Beteiligten risikoreichen Weg eingeschlagen. Darüber sollten auch die aktuell guten Zubauraten nicht hinwegtäuschen.
Liebe FDP-Kollegen, lieber Dietmar Brockes, deine Leidenschaft für Windenergieanlagen hält sich trotz der unbestreitbaren Erfolge und Fortschritte dieser Technologie immer noch in Grenzen. – Schade!
Sachlich richtig ist die Tatsache, dass der Netzausbau zu langsam ist und die Strommengen aus dem Norden den Süden und andere Verbrauchszentren nicht erreichen. Diese Sorgen bestehen schon länger, und darin sind wir uns einig. Hieraus den Schluss zu ziehen, schnellstmöglich einen Kurswechsel beim Ausbau der Windenergie einleiten zu müssen, halte ich aber für wenig innovativ und für falsch. Wo sind die Technikfreunde und Innovationskräfte der Liberalen geblieben?
Jetzt, da sich die Stromerzeugung mittels Windkraft durch die stattgefundenen und künftigen technischen Effizienzsteigerungen zur preiswertesten Art der erneuerbaren Energien entwickelt, den Ausbau auszubremsen, kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Haben Sie vergessen, welche Möglichkeiten im Mobilitätsbereich und im Wärmesektor für die elektrische Energie bestehen,
wo wir diese Energieformen dringend benötigen? Statt Beschränkungen zu fordern, sollten wir gemeinsam die Einsatzmöglichkeiten des Stroms im Wärmesektor durch kluge Vorgaben fördern – dazu gehören auch Speicher –, denn hier werden 40 % unserer gesamten Energie verbraucht. Inzwischen arbeiten in Nordrhein-Westfalen mehr Beschäftigte in der sogenannten sauberen Energie als bei den alten Energieträgern.
Ferner generieren die erneuerbaren Energien eine beachtliche lokale Wertschöpfung. In meinem Wahlkreis sind über 8.000 Photovoltaikanlagen. Diese gehören nicht nur Leuten mit sehr viel Geld, es sind auch Normalverdiener und Familien dabei, die sich freuen, über diesen Weg Geld zu generieren.
Um nicht missverstanden zu werden: Die Union fordert nicht den unbegrenzten Ausbau der Windenergie, schon gar nicht dort, wo jetzt schon zu viele Anlagen stehen wie zum Beispiel im Kreis Paderborn. Vielmehr sollte der Leistungszuwachs in erster Linie durch Repowering erfolgen. Das bedeutet zum Beispiel eine Verringerung der Standorte bei gleichzeitiger Verdreifachung oder Vervierfachung der Leistung eines Windparks.
Unser Dreiklang beim Thema Energie hat sich bewährt und lautet nach wie vor „Sicher, sauber, bezahlbar“,
und dies weist der Windkraft eine bedeutende Rolle zu. Wir werden Ihrem Antrag deshalb nicht zustimmen.