Protocol of the Session on April 5, 2017

Es gab das Vorgehen meinerseits im Aufsichtsrat. Das war bereits 2014 und dann noch einmal im Juli 2015 und im November 2015.

Es gab dann das Vorgehen – das brauche ich jetzt aber nicht noch einmal zu wiederholen – in der Folge des Ankaufs von Steuer-CDs.

Was ich überhaupt nicht bestreite, ist, dass gerade von Ihrer Seite das Thema ja immer wieder auf die Tagesordnung des Parlaments und des Ausschusses gebracht worden ist. Nur, es ist nicht so, dass damit irgendetwas erst angestoßen worden ist, was wir nicht vorher schon immer haben prüfen lassen.

Beispielsweise hat sich die Bank darum bemüht, in ihren Unterlagen, soweit verfügbar und soweit auch einem in der Verantwortung für das Unternehmen stehenden Vorstand zumutbar, wirklich nachzuprüfen: Was ist im Einzelnen in diesem Unternehmen vorgenommen worden? Das hat ja schon etwas zu Tage gebracht. Mit dem Wissen von damals allerdings – das wissen Sie, und ich stehe heute noch dazu – waren das Anhaltspunkte, die mich veranlasst haben, zu sagen: Von der Seite erfahre ich von der Bank nicht mehr, als dass es ganz offenkundig jedenfalls keine strafbewehrten Vorgehensweisen gegeben hat.

Heute kann ich nur sagen: Mit dem, was ich jetzt von der Staatsanwaltschaft weiß, ziehe ich das in Zweifel. Aber nach den Unterlagen von damals würde ich jederzeit wieder sagen: Das, was da auf dem Tisch lag, hat keinerlei Anhaltspunkte dafür geboten, dass in großem Stil Cum-Ex-Geschäfte betrieben worden sind.

Jetzt müssen wir uns eben anschauen: Inwiefern steht das in Übereinstimmung mit dem, was uns die Staatsanwaltschaft mitteilt?

Danke schön, Herr Minister. – Eine weitere Frage kommt von dem Fragesteller, dem Kollegen Witzel.

Vielen Dank, Herr Präsident, für die Gelegenheit zu einer ersten Nachfrage. – Herr Finanzminister, Sie haben eben gesagt, Sie hätten zu dem Thema schon häufig berichtet. Das ist formal richtig. Mir wäre es lieber gewesen, Sie hätten weniger häufig berichtet, aber bei den Berichterstattungen jeweils mehr gesagt, was dann weniger Nachfragebedarf veranlasst hätte.

Ich darf darauf hinweisen: Vieles ist heute bekannt, weil die Opposition regelmäßig nachgefragt hat und nicht, weil immer proaktiv über die Entwicklung informiert worden ist. Deshalb sind bis heute verschiedenste Fragen nicht beantwortet. Darauf zielt auch mein erster Fragenkomplex ab.

Wir haben in der Mündlichen Anfrage ausdrücklich darum gebeten, darzulegen, wann Sie persönlich erstmals tätig geworden sind. Sie haben gerade gesagt, Sie müssten hier ja nicht die Chronologie vortragen. Weil es aber eine Entwicklung gibt, dass regelmäßig, ständig Neuigkeiten bekannt werden, wäre das schon meine Bitte und auch die Frage: An welchen Stellen und zu welchen Zeitpunkten haben Sie jeweils persönlich die Aufklärung in welchen Gremien und mit welchen Mitteln vorangetrieben?

Erst einmal, Herr Witzel, ist die Frage, ob ermittelt wird, sei es durch die Steuerfahndung oder sei es durch die interne Tätigkeit der Portigon, nicht nur daran abzulesen, wie viele öffentliche Berichte daraus entstehen.

Sie wissen selbst ganz genau, dass Sie hier auch mit einem Instrument spielen. Sie stellen ständig Fragen, die ein Unternehmen von sich aus in der Öffentlichkeit zum Teil gar nicht beantworten darf, schon gar nicht ein Aufsichtsratsmitglied. Daraus können Sie nicht ableiten, dass eine Bank jedes Detail in der Öffentlichkeit darstellen muss. Das machen auch die großen privaten Banken. Als Aufsichtsrat haben Sie sogar eine Verpflichtung, die Interessen des Unternehmens zu sehen. Das ist die eine Seite, der ich gerecht geworden bin – das muss ich sagen – und der ich auch gerecht werde.

Das entbindet mich aber nicht von meinem Interesse, dass ich als Vertreter des Eigentümers oder erst recht als Chef der Steuerfahndung auch von dieser Bank gerne wüsste, worum es geht. Nur, Sie fragen immer nach Details, die die Bank, wenn es sich um

Betriebsgeheimnisse und andere Informationen handelt, notfalls in ihrer wirtschaftlichen Lage zumindest erschüttern würden. Wenn die Bank die nicht liefert, haben Sie wieder einen Vorwand, zu sagen: Das ist alles intransparent.

Das ist eine völlig andere Geschichte als die tatsächlich gemachten Ermittlungen. Ich sage noch einmal: Die Bank ist so vorgegangen, dass sie auch die Wirtschaftlichkeit beachtet hat. Wenn eine Bank den Auftrag bekommt, im internen Bereich nachzuprüfen, ob solche Geschäfte gemacht worden sind, und sie dann unter Abwägung von Kosten und Erkenntnisgewinn eine Wirtschaftsprüfung beauftragt, die ihr mitteilt: „Soweit wir das überblicken können, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass weiter nachgefragt werden muss“ – wir wissen aber, dass über eine CD und über die Steuerfahndung ermittelt wird –, dann ist es doch völlig normal, dass die Bank erst einmal nicht weitermacht, sondern sagt: Lasst uns erst einmal gucken, ob die Steuerfahndung und die Staatsanwaltschaft mehr zutage bringen. Dann müssen wir uns darum kümmern.

Dieses Schritt-für-Schritt-Vorgehen ist reibungslos gelaufen. Die Bank hat auch immer kooperiert. Ich kann nur Ihren Wunsch nicht erfüllen, zu jeder Frage jedes Detail, das im Zweifel der Bank in der heutigen Abwicklungsphase schaden würde, zum Besten zu geben. Das hat auch nichts mit dem parlamentarischen Informationsrecht zu tun. Das ist schlicht und ergreifend etwas, das ich in der Verantwortung als Eigentümer abwägen muss.

Danke schön, Herr Minister. – Herr Nückel hat eine Frage. Bitte schön, Herr Nückel.

Vielen Dank. – Herr Minister, die Landesregierung hat bislang den Analysebericht von Ernst & Young als Beleg dafür herangezogen, dass es angeblich keine Cum-Ex-Geschäfte bei der WestLB gibt. Die FDP-Landtagsfraktion hatte die Methodik dieser kleinen Stichprobenuntersuchung frühzeitig kritisiert.

Teilen Sie, Herr Finanzminister, heute die Kritik der FDP, dass der kurze Bericht des Wirtschaftsprüfers Ernst & Young methodisch völlig unzureichend für eine zuverlässige Untersuchung der tatsächlichen Geschehnisse bei der WestLB ist?

Erst einmal finde ich es wichtig, dass Sie von der wiederholten Behauptung Abstand nehmen, die Mitglieder des Landtags hätten keinen Einblick in das Gutachten nehmen können. Das ist als Verschlusssache zur Kenntnis gegeben worden. – Das ist der eine Punkt.

Zum zweiten Punkt – das habe ich eben schon gesagt –: Ich kann jetzt erklären, was ich gerne alles hätte. Aber es ist nicht zu bemängeln, dass sich die Bank in Bezug auf ein solches Gutachten anschauen muss, wie viele Kosten es verursacht und was man macht, wenn der erste Teil, die erste Draufsicht die Anhaltspunkte nicht bestätigt, man aber weiß, dass es von der anderen Seite auch noch Untersuchungen gibt.

Heute Morgen haben wir auch schon einmal über ex ante und ex post gesprochen. Wenn ich im Nachhinein weiß, dass die Steuerfahndung und die Staatsanwaltschaft zu tiefergehenden Ergebnissen kommen, kann ich natürlich feststellen, dass dann möglicherweise auch schon eine tiefergehende Untersuchung von Ernst & Young dazugekommen wäre.

Aber noch einmal: Dass einfach nur, weil Herr Witzel – nicht die FDP – sich in ein Thema verbeißt, nämlich die WestLB, dann die Potigon und die WestLB keine Kosten und Mühen scheuen – egal, was es kostet –, all das zu machen, was von der Staatsanwaltschaft aufgrund von Hinweisen auf einer CD ausgelöst worden ist, wäre zu dem damaligen Zeitpunkt wirtschaftlich ziemlich schwer zu erklären gewesen.

Wenn wir damals gesagt hätten: „Wir möchten jetzt, nur weil Herr Witzel der festen Überzeugung ist, dass bei der WestLB immer etwas schiefgelaufen sein muss, sämtliche Telefonprotokolle der Jahre

2006/2007 und folgende sowie sämtliche Vermerke Zeile für Zeile durchprüfen lassen“, hätte das niemand zahlen können und es vor allen Dingen auch nicht zahlen dürfen, wenn am Ende herausgekommen wäre, dass das schlicht und ergreifend irgendeinem dahingesagten Verdacht entsprungen ist.

Das wissen wir jetzt auf der Grundlage von Information auf einem Datenträger besser. Deswegen sind die tiefergehenden Untersuchungen vorgenommen worden und noch nicht abgeschlossen. Aber sie geben jedenfalls Anlass zu der Annahme, dass durchaus irgendetwas daran ist.

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Ja, gerne. Es gibt eine Menge Menschen, die jahrzehntelang etwas sagen, und am Ende stellt sich heraus, dass es richtig gewesen ist. Aber es ist noch lange nicht so gewesen, dass man deswegen schon vor Jahrzehnten all die Schritte hätte machen müssen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Ja, das hat er doch gesagt!)

Bitte schön, wenn Sie sich diese Lorbeeren anheften wollen …

Ich muss aber sagen: Dazu gibt es auch eine ganze Reihe von Gegenbelegen, dass Verdachtsmomente

aufgekommen sind, die sich nicht bestätigen werden. Mit irgendetwas werden Sie immer recht haben. Wenn ich lange genug behaupte, dass die Sonne scheint, habe ich irgendwann recht.

(Angela Freimuth [FDP]: Herr Minister, das klappt bei Ihnen durchaus!)

Danke schön, Herr Minister. Das mit der Sonne hat mir gefallen. – Herr Ellerbrock hat sich als Nächster zu Wort gemeldet und hat eine Frage. Bitte, Herr Ellerbrock.

Herr Minister, ich habe Ihren Ausführungen sorgfältig zugehört. In Ihren Eingangsausführungen haben Sie gesagt, Sie hätten einmal mit Kriminellen gehandelt und die Steuer-CDs gekauft. Dann hätten Sie Erkenntnisse gewonnen und sich diese zu eigen gemacht, um größtmöglich aufklären zu können.

Dann haben Sie subkutan versucht, mehrfach den Zeitraum 2006 bis 2010 anzusprechen. Der Vorgänger in Ihrem Amt habe das und das nicht gemacht.

(Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Nicht 2006, sondern 2007!)

Das habe ich nicht verstanden. Kann ich weiter fragen?

(Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Ja!)

Der Vorgänger in Ihrem Amt hätte das laut Ihnen schon machen können, und auch hier im Hause hätte man schon etwas vermuten können. Sie hätten dann aber kräftig zugegriffen und das aufgeklärt.

Jetzt verstehe ich eines nicht: Sie haben die SteuerCDs doch 2010 gekauft. Dann geschah das in der Zeit von 2006 bis 2010 auf einer ganz anderen Beurteilungsgrundlage. Sie müssen mir erklären, wie Ihre Vorgänger, die nicht diesen Kauf kriminell beschaffter CDs getätigt haben, hätten wissen können, was Sie aufgrund dieses Kaufs später wussten. Und das formulieren Sie als Vorwurf. Können Sie mir das erklären?

Ja, das kann ich. Und zwar habe ich eben einen deutlichen Unterschied zwischen den Möglichkeiten, die Sie in diesem konkreten Fall als Mitglied des Aufsichtsrats haben, und den Möglichkeiten, die Sie als Verantwortlicher für die Steuerfahndung und als Finanzminister haben, gemacht. Ich habe eben auch schon gesagt: Wenn man mir heute Versäumnisse aus der Tätigkeit als Aufsichtsrat unterstellen möchte, dann würde ich gerne wissen, warum man sie nicht auch Herrn Linssen aus seiner Tätigkeit als

Aufsichtsrat für die Zeit unterstellt, in der das tatsächlich stattgefunden hat.

Es gibt ja zwei Möglichkeiten: Entweder der Aufsichtsrat ist überhaupt nicht informiert worden, was durchaus sein kann. Aber das wird mit Sicherheit auch Teil von Ermittlungen sein. Man wird sich genauso angucken müssen, inwiefern seinerzeit Protokolle oder Aufzeichnungen, die darüber hinausgehen, haben erkennen lassen, ob ein Aufsichtsrat mit Geschäftsmodellen konfrontiert worden ist. Ich unterstelle das nicht und sage: Dann gilt eben für den Aufsichtsrat, dass weder Herr Linssen noch ich in diesem Bereich mehr erfahren konnten, als wir erfahren haben.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Ja, aber die Steuer- CDs!)

Zweitens nehme ich für mich in Anspruch, dass ich seit 2010 das, worüber viele Menschen und auch Unternehmer in diesem Land lange hinweg sind, was Sie immer noch in den Bereich des anrüchig Kriminellen stecken wollen …

(Holger Ellerbrock [FDP]: Das ist kriminell!)

Nein, dazu gibt es ganz klare Gerichtsurteile.

(Ralf Witzel [FDP]: Diebstahl ist nicht krimi- nell?)

Das ist ja in Ordnung. Machen Sie auf dieser Schiene weiter.

Tatsache ist, dass das überhaupt nur durch diese Ermittlungsarbeit zutage getreten ist. Und da habe ich gesagt: Das hätte auch mein Vorgänger machen müssen. – Jetzt war der aber so anständig wie Sie und hätte das wahrscheinlich überhaupt nicht gerne gemacht. Das stimmt ja auch nicht ganz; denn er hat zumindest dem ersten Kauf sogar zugestimmt, ich meine, sogar mit unangenehmen Folgen.