Ich habe es eben schon gesagt. Vielleicht hast du es überhört oder schon vorher deine Kurzintervention angemeldet. Eine Enquetekommission spricht Handlungsempfehlungen an das Parlament aus. Entscheidungsgremium ist nicht die Enquetekommission – sie spricht nur Empfehlungen aus –, sondern das Parlament. Das Parlament hat in aller Regel dann über Anhörungen noch einmal Fachlichkeit hinzuzuziehen. Das ist meine Antwort darauf.
Vielen Dank, Herr Kollege Kern. – Als Nächstes spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Asch.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen, dass ich es sehr bedaure, dass die CDU-Fraktion zum wiederholten Male statt mit uns gemeinsam über gute Konzepte für Kinder zu diskutieren und darum zu ringen, hier wieder ihr eigenes parteipolitisches Süppchen kocht und nur im eigenen Interesse Wahlkampfgetöse veranstaltet. Das ist wirklich bedauerlich. Das liegt nicht im Interesse von benachteiligten Kindern in Nordrhein-Westfalen. So viel ist klar.
Das ist besonders bedauerlich, weil Kinder, liebe Kolleginnen und Kollegen, das wertvollste sind, was wir haben. Deshalb dürfen wir es nicht hinnehmen, wenn ein Teil von ihnen in den Hinterhöfen unserer reichen Gesellschaft aufwachsen muss.
Die Folgen der materiellen Armut sind hinlänglich bekannt: mangelnde Teilhabe, mangelnde Chancengleichheit. Kinder erleben es schmerzlich, wenn sie wegen fehlenden Geldes nicht an einer Klassenfahrt teilnehmen können, wenn sie beim Kinoabend mit der Clique außen vor bleiben, wenn Eltern bei der Abiturfeier zu Hause bleiben müssen, weil sie nicht in der Lage sind, das Geld für die teuren Karten aufzubringen.
Diese damit verbundene Erfahrung der Ausgrenzung, der scheinbaren Minderwertigkeit prägt sich oftmals tief ins Selbstbild ein. Zu oft bestimmt sie den weiteren Lebensweg; nicht selten wird eine Spirale von vererbter Armut in Gang gesetzt. Genau das müssen wir ändern; das muss Ziel unserer gemeinsamen Politik sein.
Wir in NRW machen unsere Hausaufgaben, soweit es in unserer Länderkompetenz steht, nämlich unsere Hausaufgaben in Sachen Armutsprävention und Armutsfolgevermeidung.
Das sei auch noch mal in Richtung von Herrn Düngel gesagt, hier deutlich zu unterscheiden. Armutsprävention, Armutsfolgevermeidung, das ist unser Job als Landesebene. Die materielle Seite, die materielle Absicherung ist die Kompetenz der Bundesebene. – Das muss man doch langsam mal verstehen, wenn man fünf Jahre hier im Landtag gesessen hat.
Das tun wir in Nordrhein-Westfalen. Wir machen unsere Hausaufgaben mit dem Programm „Kein Kind zurücklassen“. Das ist erwähnt worden. Das ist mittlerweile ein Best-Practice-Modell. Auch im Ausland stößt es auf Interesse und auf Nachahmung. Wir tun es mit guter Elementarbetreuung und hier vor allen Dingen mit den plusKITAs, die übrigens von der Opposition immer abgelehnt wurden. Wir tun es mit 50 Millionen € für die Schulsozialarbeit. Und wir tun es mit dem Programm „NRW hält zusammen“ und mit Vielem mehr.
Aber – ich habe es schon gesagt – bei der materiellen Stärkung der Familie liegt der Ball im Feld der Bundesebene.
Wir wissen, 150 Milliarden an Familienleistung pro Jahr werden fehlgesteuert, weil sie nichts dazu beitragen, die skandalöse Kinderarmut zu verhindern – fehlgesteuert, weil sie nach dem Prinzip „Wer hat, dem wird gegeben, wer arm ist, muss in die Röhre gucken“ funktionieren.
Meine Damen und Herren, das ist eine schreiende Ungerechtigkeit; das ist absurd. Aber warum hat sich die Situation in den letzten Jahren eigentlich noch mal so verschärft? Da müssen wir alle miteinander selbstkritisch feststellen: Es war natürlich die Einführung der Hartz-IV-Gesetze, und es war insbesondere der Tatbestand, dass damit den armen Familien – übrigens damals auf Initiative der CDU im Bundesrat – das Kindergeld gestrichen wurde.
Und ein Weiteres kam hinzu, über das viel zu wenig gesprochen wird: Bis 2007 stand den Familien im Sozialleistungsbezug das Erziehungsgeld zu. Dann wurde dieser Grundbetrag mit der Umwandlung zum Elterngeld – übrigens unter Schwarz-Gelb – gestrichen. Auch dieses Geld – es waren 300 DM Erziehungsgeld – fehlt natürlich heute im Portemonnaie der benachteiligten Familien.
Es geht jetzt darum, den Familienleistungsausgleich einem Systemwechsel zu unterziehen und ihn vom Kopf auf die Füße zu stellen. Es geht darum, das
Deshalb brauchen wir die Kindergrundsicherung. Dann reicht es aber auch nicht, liebe Piratenfraktion, einfach diese Forderung platt in den Raum zu stellen, sondern wir brauchen ein konkretes, differenziertes Konzept.
Und genau das legen wir mit unserem Entschließungsantrag vor. Wir orientieren uns an dem Bündnis Kindergrundsicherung mit dem Vorschlag der Zusammenführung von Kindergeld, Kinderfreibeträgen, SGB-II-Leistungen und Kinderzuschlag, kombiniert mit einer Abschmelzung des Ehegattensplittings. Damit wird ein am Kind orientiertes System geschaffen, das Kinder unabhängig von der Lebens- und Einkommenssituation der Eltern fördert.
Meine Damen und Herren, so ein Systemwechsel geht natürlich nicht von heute auf morgen. Bis dahin wird es noch ein Stück Weg sein. Deswegen brauchen wir zwingend Zwischenschritte. Zwischenschritt eins bedeutet, auf Bundesebene endlich einen eigenständigen, bedarfsgerechten Kinderregelsatz und zweitens ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren im SGB II einzuführen, das die Eltern vor entwürdigenden und zeitaufwändigen Gängen zum Amt bewahrt. Das ist notwendig.
Ich freue mich, dass die Enquete „Chancen für Kinder“ sich zumindest mehrheitlich für eine Kindergrundsicherung ausgesprochen hat. Ich würde mich sehr freuen – das darf ich sagen, weil Sie alle wissen, dass meine Zeit hier im Landtag mit dieser Legislaturperiode endet –, wenn es in einer neuen Legislaturperiode gelingen würde, über Parteigrenzen hinweg tatsächlich Konzepte für Familien, für Kinder gemeinsam zu entwickeln und dieses Thema nicht immer wieder im Parteienstreit aufgehen zu lassen – im Interesse der Zukunft unserer Kinder und damit auch der Zukunft des Landes NRW. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute reden wir noch einmal über Kinderarmut, und das ist auch gut so. Zum Ende der Regierungszeit dieser rot-grünen Landesregierung können wir nicht oft genug Bilanz ziehen. Die Bilanz ist in diesem Fachbereich leider verheerend.
Wir wissen, dass Kinderarmut ein komplexes Themenfeld ist, und wir wissen auch, dass man Kinderarmut nicht von heute auf morgen besiegen kann. Aber Sie hatten nun sieben Jahre Zeit, um Akzente zu setzen. Wenn wir nach sieben Jahren Bilanz ziehen, stellen wir fest, lieber Dennis Maelzer, liebe Andrea Asch, dass wir in Nordrhein-Westfalen eine verheerende Situation haben. Die Kinderarmutszahlen in Nordrhein-Westfalen sind in den letzten sieben Jahren gestiegen. Da können Sie sich nicht abfeiern lassen, was Sie alles gemacht haben. Offensichtlich sind die Programme, die Sie auf den Weg gebracht haben, gescheitert. Das muss man auch einfach anerkennen.
Da muss man sich, liebe Kollegin Andrea Asch, auch mal ehrlich machen. Wenn hier davon gesprochen wird, das Programm „Kein Kind zurücklassen“ sei so ein großes Erfolgsprojekt, kann man darüber mittlerweile nur noch lachen. Das ist eine reine PRNummer, die die Ministerpräsidentin gestartet hat.
Rechnen Sie mal um, was Sie dort an finanziellen Mitteln pro Kind ausgeben! In den neuen Kommunen, die in Nordrhein-Westfalen hinzugekommen sind, geben Sie pro Kind 60 Cent aus. Das ist eine Lachnummer, und es ist der Problematik, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, überhaupt nicht angemessen. Deswegen brauchen wir eine vernünftige Politik, um Kinderarmut zu bekämpfen.
Ein zentrales Element, um Kinderarmut zu bekämpfen, kann und muss sein, die Kindergartenpolitik in den Griff zu bekommen und eine vernünftige Situation im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen. Vor sieben Jahren haben Sie versprochen, eine neue Kita-Finanzierung zu organisieren. Auch damit sind Sie hier in den sieben Jahren gescheitert. Im Ergebnis ist nichts passiert. An einigen Stellschrauben haben Sie nachgedreht, aber die finanzielle Situation bei den Kitas ist so verheerend, …
(Stefan Zimkeit [SPD]: Wozu haben Sie ei- gentlich fünf Jahre im Ausschuss gesessen, wenn Sie nichts mitgekriegt haben?)
Herr Zimkeit, es ist immer das Gleiche: Sie schreien dazwischen, obwohl Sie gar keine Ahnung davon haben.
Die Finanzierung bei den Kitas ist eine Katastrophe. Sie haben in Ihre Koalitionsverträge 2010 und 2012 hineingeschrieben, dass Sie die Kita-Finanzierung
Vor mehreren Jahren haben Sie gesagt, dass Sie es schaffen werden. Ministerin Schäfer und Ministerin Kampmann – sie ist heute leider nicht da – haben angekündigt, sie wollten Eckpunkte für ein neues KitaGesetz vorlegen. Mittlerweile ist selbst das nicht erfolgt. Ministerpräsidentin Kraft hat es angekündigt. Die Landesregierung hat es selbst in sieben Jahren nicht geschafft, Eckpunkte vorzulegen. Dazu kann ich nur sagen: Was für ein Armutszeugnis!
Dann kommt – das ist eigentlich der Gipfel der Unverschämtheit – noch obendrauf, dass Sie sagen, es sei intern in der Landesregierung gerechnet worden, was eine neue Kita-Finanzierung kosten würde. Sie sind aber nicht in der Lage, dem Parlament zu sagen, was die Regierung sich überlegt hat. Offensichtlich rechnet der Finanzminister das SPD-Wahlprogramm im eigenen Ministerium durch, ohne die Öffentlichkeit zu informieren. Dass in Ihrem Ministerium Parteipolitik gemacht wird, gehört sich überhaupt nicht, Frau Kollegin!
Meine Damen und Herren von den regierungstragenden Fraktionen, ich empfehle Ihnen: Sie haben dieses Thema