Guten Morgen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie alle ganz herzlich zu unserer heutigen, 140. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich bisher 21 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Ich fange mit der Kollegin an. Frau Liesel Koschorreck von der SPD-Fraktion feiert heute einen schönen Geburtstag. Wir gratulieren ganz herzlich
Heute feiern außerdem folgende drei Kollegen ihren Geburtstag: Herr Daniel Düngel von der Piratenfraktion, Herr Jens Kamieth von der CDU-Fraktion und Herr Dirk Schlömer von der SPD-Fraktion. Ihnen dreien auch alles Gute, viel Glück, Gesundheit, Erfolg, Zufriedenheit,
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich noch einmal mitteilen, wie wir bereits am Mittwoch gemeinsam festgestellt haben, dass sich alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen darauf verständigt haben, den ursprünglich für heute vorgesehenen Tagesordnungspunkt 1, „Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen“, in zweiter und dritter Lesung bereits am Mittwoch als Tagesordnungspunkt 2 zu behandeln. Das hatten wir am Mittwoch festgestellt und die Tagesordnung entsprechend verändert und behandelt.
Demzufolge ist der ursprünglich für Mittwoch vorgesehene Tagesordnungspunkt 2, „NRW steht für Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie“, Drucksache 16/14395, ein Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen – das war der andere Teil der Verständigung – heute als Punkt 1 auf der Tagesordnung.
Der Tausch, der diese beiden Teile enthält, führt auch heute nicht zu Widerspruch. Dann haben wir die heutige, so geänderte Tagesordnung festgestellt.
Bevor wir allerdings in die Debatte und damit in den neuen Tagesordnungspunkt 1 einsteigen, möchte ich für das Protokoll noch einmal auf das Ergebnis der am Mittwoch zu Tagesordnungspunkt 15,
„Gesetz zur Änderung des Wohn- und Teilhabegesetzes“, Drucksache 16/14161, ein Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, durchgeführten Abstimmung zurückkommen.
Der Vollständigkeit halber und damit deklaratorisch ist festzustellen: Der Gesetzentwurf Drucksache 16/14161 wurde entsprechend der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales Drucksache 16/14411 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung der Fraktion der Piraten und der fraktionslosen Abgeordneten Schulz und
Mit diesen Vorbemerkungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, treten wir in die Bearbeitung der heutigen Tagesordnung ein.
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/14395 – 2. Neudruck
Ich eröffne die Aussprache, und als erster Redner hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Körfges das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute einen Punkt auf der Tagesordnung, zu dem ich bei allen vorliegenden Anträgen ein hohes Maß an grundsätzlicher Übereinstimmung sehe. Ich will, bevor ich unseren Antrag begründe, allerdings an zwei Stellen einen Hinweis auf unser Abstimmungsverhalten in der Angelegenheit geben.
Ich halte es für schwierig bis nicht nachvollziehbar, wenn die CDU mit ihrem alternativen Vorschlag kommunale Bauordnungsbehörden in die Verantwortung für die Lösung der Probleme, die wir ansprechen wollen, nehmen will. Insoweit halten wir das nicht für eine geeignete Grundlage, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Darüber hinaus hätte ich mich bei den geringen Unterschieden – in einem Punkt gibt es allerdings einen
bedeutsamen Unterschied – darüber gefreut, wenn die FDP-Fraktion sich unserem Antrag angeschlossen hätte;
denn es geht ja hier darum, auch nach innen ein Zeichen zu vermitteln. Viele Menschen in NordrheinWestfalen haben ihre Wurzeln in der Türkei. Das sind Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen, Nachbarn, Geschäftspartner, Unternehmerinnen und Unternehmer – eben Mitbürgerinnen und Mitbürger, die wertvoll für unser Land sind und unsere Gemeinschaft stärken.
Herr Kollege Körfges, Entschuldigung, dass ich Sie jetzt schon unterbreche, aber Herr Kollege Ellerbrock würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Die Türkei war über viele Jahre ein beliebtes Urlaubsziel, bekannt für Gastfreundschaft, Höflichkeit, Kultur und Urlaubsfreude. Wir sind Partner in der NATO, und zwischen der EU und der Türkei bestehen viele vertragliche Beziehungen. Es geht also nicht darum, hier ein Pauschalurteil über die Menschen in der Türkei und über die, die aus der Türkei kommen, abzugeben. Vielmehr geht es darum, die richtige Antworten auf Vorfälle in der Türkei und bei uns zu finden. Und es geht auch darum, angemessen auf die aus meiner Sicht unangemessenen Provokationen des türkischen Staatspräsidenten zu reagieren.
Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass in den Medien deutlich darauf hingewiesen worden ist, dass gerade aus der Gemeinschaft der türkischstämmigen Menschen bei uns erhebliche Kritik an dem geäußert wird, was sich in der Türkei abspielt, an dem, was dieser Staatspräsident so von sich gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Demokratie ohne Meinungs- und Pressefreiheit geht nicht. Gewaltenteilung ist Grundvoraussetzung. Das bedingt eine unabhängige Justiz. Jedes Regierungshandeln ohne parlamentarische Kontrolle ist undemokratisch. All das sieht das von Herrn Erdogan angestrebte neue Regierungssystem in der Türkei nicht vor. Insoweit entlarven sich, glaube ich, Vorwürfe gegenüber demokratischen Regierungen und demokratischen Parteien, insbesondere gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und ihren Politikerinnen und Politikern, von selbst.
Der Umgang des türkischen Staatspräsidenten mit Kritik hat ja offensichtlich auch eine innenpolitische Komponente. Es geht ja eher darum, die Türkei durch verbale Provokation in eine Opferrolle zu bringen und dann dafür zu sorgen und zu werben, dass dieses von mir gerade kritisierte System bei dem angestrebten Referendum eine Mehrheit bekommt. Ich glaube, das können wir uns nicht gefallen lassen.
Wir können auch die Bespitzelung von Menschen in NRW nicht hinnehmen. Wir stehen an der Seite der zu Unrecht verhafteten, drangsalierten und ausspionierten Menschen in der Türkei. Wir wollen keinen Wahlkampf in unserem Bundesland für dieses Referendum in der Türkei, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich will deshalb gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen dafür werben: Wir bitten die Landesregierung, die Bundesregierung dabei zu unterstützen, deutlich zu machen, dass Auftritte von Herrn Erdogan oder Kabinettsmitgliedern aus der Türkei nicht erwünscht sind, wenn es um Wahlwerbung für das Referendum geht. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Das gilt auch deshalb, weil wir unsere Gesellschaft und unsere Gemeinschaft mit den türkischstämmigen Menschen hier nicht durch innenpolitische Interessen eines anderen Landes in Gefahr bringen lassen wollen.
Deutschland hat – ich komme zum Abschluss – völkerrechtlich das Recht, die Einreise ausländischer Regierungsmitglieder zu unterbinden. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das ist eine Möglichkeit, die man ernsthaft in Erwägung ziehen muss.
Ich komme auf den Antrag der FDP zurück. Ich würde mir wünschen, dass das nicht nötig ist. Deshalb können wir die Absolutheit, mit der Sie Ihre Forderung aufstellen, nicht unterschreiben.
Zum Abschluss meiner Rede will ich noch einen kleinen Hinweis in Ihre Richtung loswerden: Wir sollten uns – auch in der Auseinandersetzung zwischen demokratischen Parteien innerhalb der Bundesrepublik – nicht von eigenen politischen Interessen leiten lassen, indem wir versuchen, uns an Schärfe und Härte jeweils zu überbieten.
Ich glaube trotzdem, dass dies die Stunde und die Gelegenheit ist, in dieser Angelegenheit ein eindeutiges Zeichen des Landes Nordrhein-Westfalen zu setzen. – Ich bedanke mich.
Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Der nächste Redner ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Mostofizadeh. – Damit kein falscher Eindruck entsteht: Herr Kollege Ellerbrock wollte sich nicht zu einer Zwischenfrage melden, sondern er ist versehentlich auf den Knopf für die Anmeldung zu einer Frage gekommen.
Frau Präsidentin! Das war wahrscheinlich wieder der übliche Mikrotest; aber das soll ja mal passieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Menschenrechtslage in der Türkei ist dramatisch. Der neueste Bericht von Amnesty International belegt: Es hat im Staatsdienst der Türkei mindestens 90.000 willkürliche Entlassungen und 40.000 willkürliche Verhaftungen gegeben. Laut „SPIEGEL“ stecken Hunderte von Journalistinnen und Journalisten in Gefängnissen, mehr als in China, Russland und im Iran zusammen, unter ihnen der „WeLT“-Korrespondent Deniz Yücel. Das ist die dramatische Situation, die wir im Moment in der Türkei zu beobachten haben.
Aber zur Wahrheit gehört auch, dass es in den Jahren zwischen 2005 und 2010 durchaus Bemühungen der Demokratisierung in der Türkei gab – sicherlich nicht nach den Standards, wie wir sie hier gern hätten. Aber es gab eine Entwicklung. Damals war die Antwort der deutschen Bundesregierung eher, dass man einen privilegierten Rausschmiss oder eine privilegierte Nichtweiterverhandlung mit der Türkei suchte.