Das war in den letzten Jahren auch immer dem angesprochenen Medienkonzentrationsbericht der LfM zu entnehmen. Insofern musste man sich jetzt bei
der Beantwortung vielleicht nicht ganz so viel Zeit nehmen, und gerade deshalb finde ich es bedauerlich, dass manche Antwort nicht sehr genau oder vielleicht auch schludrig ist.
Ich will feststellen: Die „Rheinische Post“ bezahlt Journalisten nach Tarif. Die Antwort der Landesregierung auf Seite 47 gibt einen anderen Eindruck wieder. Ich halte das für eine unverzeihliche Ungenauigkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Verlage, Redaktionen und Medienangebote stehen nach wie vor unter Druck. Das bleibt ein wichtiges Thema, das wird uns erhalten bleiben. Der Erhalt und die Stärkung von Pressefreiheit und -vielfalt müssen uns allen ein zentrales Anliegen sein.
Aber ich denke, es gibt auch Anlass zu Optimismus. Die Ausgangslage ist nach schwierigen Jahren des Umbruchs durchaus gut. Die Zeitungsverlage können selbstbewusst auftreten, denn sie haben die Herausforderung der Digitalisierung ganz überwiegend angenommen.
Drei Beispiele für diesen Optimismus: So hat die Zahl der Online-Angebote von Zeitungen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Aber auch die Zahl der Menschen, die kostenpflichtige Online-Angebote von Zeitungen und Zeitschriften nutzen, steigt kontinuierlich – vielleicht noch zu langsam, aber das gibt sich möglicherweise. Dass es dort vorangeht, belegt auch die einschlägige ACTA-Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach.
Ein Umstand jedoch muss uns klar sein: Eine qualitativ hochwertige und vielfältige Presse muss sich marktwirtschaftlich refinanzieren können.
Für die FDP-Fraktion steht deshalb außer Frage, dass eine vielfältige Presselandschaft langfristig nur bestehen kann, wenn die Refinanzierungsmöglichkeiten privater Angebote auch gestärkt werden. Da gäbe es drei Maßnahmen, die ich als vordringlich ansehe:
Wir müssen erstens die ideologischen Feldzüge gegen Werbung beenden. Die Werbung ist nach wie vor die zentrale Refinanzierungsquelle für Presseangebote. Aber schon jetzt sind Bürokratie, Bevormundung und Verbote allgegenwärtig. Wenn Pflichtangaben und Warnhinweise bald mehr Platz einnehmen als die Werbebotschaft selbst, wenn auch Werbung für immer mehr Produkte verboten wird, werden geschlossene Redaktionen die unvermeidbare Konsequenz sein.
Zweitens müssen wir zu fairen Bedingungen auf dem deutschen Medienmarkt zurückkehren. Schon heute bringen das staatlich garantierte Beitragsprivileg und
die Expansion der öffentlich-rechtlichen Sender in den Onlinebereich Wettbewerbsverzerrungen mit sich, die es kleinen Verlagen besonders schwer machen.
Die beitragsgenährte Arroganz führte gestern ganz aktuell zum Platzen der Online-Einigung der ARD mit den Verlegern. Die ARD ritualisiert diesen Konflikt schon, um die Grenzen in ihrem Sinne zu verschieben. Dass es auch anders geht, zeigt das ZDF: Es lässt diesen Konflikt nicht aufkommen, es ist online weitgehend bewegtbildorientiert, und das ist auch okay.
Nun ist leider ein Kompromiss gescheitert, der Verlagen die Chance gegeben hätte, mit ihren Angeboten über digitale Abos wettbewerbsfähig zu bleiben. Stattdessen ahmen die ARD-Sender die Textpalette der Presse nach und verzerren somit – die Rundfunkgebühr im Rücken – den Wettbewerb.
Drittens. Die FDP-Fraktion hat in dieser Legislaturperiode – das war schon 2014 – vorgeschlagen, die Anerkennung von Journalismus als gemeinnützig zu ermöglichen. Auch das wäre ein Beitrag zur Eröffnung neuer Finanzierungsquellen für Presseangebote.
Es gibt positive Signale aus allen politischen Lagern; das will ich gern unterstreichen. Aber leider verirren wir uns, glaube ich, gerade aufgrund einer gewissen Strategie von SPD und Grünen mutlos in Prüfungsexzessen. Aber ich bin sehr hoffnungsvoll, dass wir da in den kommenden Monaten doch noch weiterkommen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause! Wo liegt das Problem? Dass der Zeitungsmarkt rückläufig ist, dass die Auflagen von auf Totholz gedruckten Tageszeitungen immer weiter abnehmen, dass die geknechteten Verlagshäuser verzweifelt versuchen, im bösen neuen Internet zu überleben? Die aktuelle Große Anfrage gipfelt auf Seite 181 in garstigen Adblockern, die scheinbar jede – letzte – Gewinnmöglichkeit zunichtemachen. Liegt hier das Problem?
Ist die galoppierende und unaufhaltsame Digitale Revolution die Ursache? Müssen wir da irgendwelche wildgewordenen Adblocker-Nutzer in Ketten legen? Wir Piraten sagen da ganz klar Nein, denn wir glauben, die Veränderung selbst wird nur zum Problem,
wenn man sich ihr nicht rechtzeitig stellt, wenn sich vor allem Politik Veränderungen nicht rechtzeitig stellt und Rahmenbedingungen zeitgemäß anpasst. Genau hier liegt das Problem.
Regelmäßig – in jeder Legislaturperiode – stellt die SPD die sinngemäß gleiche Große Anfrage: Situation des Zeitungsmarktes in NRW. – Erstmals trägt sie den Zusatz: und seine digitale Entwicklung. – Um die digitale Entwicklung ging es darin auch schon vor mehreren Legislaturperioden. Chancen aber, die die Digitalisierung mit sich gebracht hätte, werden in diesen Antworten ein bisschen zum Running Gag.
Warum beschäftigen sich Unternehmen nicht rascher mit Veränderungen? Weil sie vielleicht glauben oder hoffen, die Politik könne die Veränderungen aufhalten? Ich weiß es nicht.
In zehn Jahren ist Google tot – das versprach der Verleger Christian DuMont Schütte vor gut zehn Jahren in einem Interview mit der FAZ. Sein Haus verzeichnet seitdem deutliche Umsatzrückgänge. Heute ist er Vorsitzender des Zeitungsverlegerverbandes NRW. Der wiederum wettert gegen Adblocker, und die Landesregierung übernimmt diese Aussagen in der Antwort auf die Große Anfrage unhinterfragt, rechnet nicht einmal nach, sondern trifft auch noch technisch falsche Aussagen. Übrigens: Google geht es heute – zehn Jahre nach dieser Aussage – besser denn je.
Man fragt sich: Warum beschäftigt sich die Politik nicht rascher und gewissenhafter mit den Chancen, die in Veränderung liegen können? Weil es vielleicht Interessenskonflikte gibt? Gibt es einen Interessenskonflikt, wenn der Geschäftsführer des Zeitungsverlegerverbandes NRW Hendrik Wüst hier für die CDU im Parlament sitzt?
Oder gibt es einen Interessenskonflikt, wenn die SPD im großen Stil an Druck- und Verlagshäusern beteiligt ist? Viele der jüngeren Menschen wissen vielleicht gar nicht, dass die SPD ganze Zeitungsverlage über eine Holding besitzt, so zum Beispiel 100 % vom Zeitungsverlag „Neue Westfälische“.
Und dann lässt die SPD das Land eine knapp zweihundertseitige Branchenstudie unter dem Deckmantel der Großen Anfrage erstellen. Hier steht dann, dass der Zeitungsverlag „Neue Westfälische“ vor zehn Jahren zehn Millionen € Jahresüberschuss hatte und es heute nur 1 Million € oder 2 Millionen € sind. Da kann dem Eigentümer schon mal bange werden. Vor allem sollte es den Bürgerinnen und
Bürgern bange werden, wenn der Eigentümer gleichzeitig den Großteil der Landesregierung stellt, der diese Große Anfrage beantwortet.
Meine Damen und Herren, Ziel muss es sein, Interessenkonflikte aufzulösen und abzuschaffen, damit die Politik neutral und handlungsfähig im Sinne aller Menschen bleibt.
Die Große Anfrage deckt auch auf, dass es Unternehmen gibt, die sich hervorragend an Veränderungen anpassen. So liest knapp ein Drittel der Käufer das „Handelsblatt“ als E-Paper, bei der „Neuen Westfälischen“ sind es nur geringe 2 %.
Die Antworten zeigen: Es gibt keine generelle Unterversorgung mit Nachrichten, und die Mediendiversität ist nicht gefährdet. Vielleicht werden gedruckte Papierzeitungen immer weniger angefragt, aber an anderer Stelle entstehen neue Nachrichtenangebote. Geschickte Medienunternehmen haben das längst erkannt und erfolgreiche Bloggerinnen und Blogger an sich gebunden.
Ziel muss es sein, den Menschen und auch der Wirtschaft im schnellen digitalen Wandel die richtigen Rahmenbedingungen zu bieten. Schaffen Sie Rahmenbedingungen, die junge Menschen begeistern, indem sie gefördert werden, zum Beispiel in mehr Schülerzeitungsprojekten. Begeistern Sie junge Menschen auch in Projekten für Medienkompetenz und für das Interesse am Lesen journalistischer Texte. Schaffen Sie niederschwellige Weiterbildungsmöglichkeiten für journalistische Bloggerinnen und Blogger.
So schaffen Sie Rahmenbedingungen für junge Journalistinnen und Journalisten, sodass diese eigene Formate entwickeln und auch den Schritt in die Selbstständigkeit wagen können, ohne befürchten zu müssen, prekären Beschäftigungsverhältnissen bei Verlagen ausgesetzt zu werden, deren Gewinne dann womöglich ausgerechnet zurück in die Tasche der SPD fließen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Lersch-Mense.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wir alle wissen: Eine funktionierende Demokratie braucht unabhängige Medien. Die Zeitungen, um die es in der Großen Anfrage geht, sind ein wichtiger Teil unserer Medienlandschaft. Sie leisten einen wertvollen Beitrag für die freie Meinungsbildung.
Als Zeitungsleserinnen und -leser und als Nutzerinnen und Nutzer von Medien erleben wir alle sehr direkt den tiefgreifenden Wandel des Medienangebotes und der Mediennutzung. Digital verbreitete Medien gewinnen immer mehr an Bedeutung. Neue Akteure wie die sozialen Netzwerke verändern den demokratischen Diskurs.
Die Geschäftsmodelle der Anbieter von klassischen Medien stehen überall auf der Welt unter Druck. Uns alle beschäftigt natürlich die Frage, wie wir auch in Nordrhein-Westfalen für die Zukunft eine vielfältige, eine starke und unabhängige Medienlandschaft für einen offenen demokratischen Diskurs auf der lokalen, der regionalen und natürlich auch der überregionalen Ebene sichern können.
Die Landesregierung liefert mit der vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage ein umfassendes Bild zur Situation des Zeitungsmarktes und seiner Entwicklung in Nordrhein-Westfalen. Die Antwort schreibt die Ergebnisse der vergangenen Großen Anfragen zum Zeitungsmarkt fort und legt einen neuen Schwerpunkt auf die Entwicklungen im Onlinebereich. Damit ergänzt und aktualisiert sie auch den aktuellen Medienkonzentrationsbericht der Landesanstalt für Medien, der im April 2016 veröffentlicht wurde.
Meine Damen und Herren, ich will ausdrücklich den beiden die Große Anfrage stellenden Fraktionen dafür danken, dass sie es damit ermöglicht haben, über mehr als ein Jahrzehnt einen sehr faktenreichen Überblick über die Entwicklung der Medienlandschaft und des Zeitungsmarktes zu liefern. Das ist – darauf ist zu Recht hingewiesen worden – bundesweit einmalig.
Die Antwort zeigt uns auch, dass die Digitalisierung die Zeitungshäuser in Nordrhein-Westfalen und bundesweit vor große Herausforderungen stellt. Die zentrale Frage für sie lautet seit Jahren, wie sie zukunftsfähige Erlösmodelle finden können, um die Zeitung in der digitalen Welt zu positionieren.
Ein wichtiges Ergebnis der Großen Anfrage ist, dass die Zeitungsunternehmen weiterhin die wichtigsten Anbieter von lokalen Informationen sind: gedruckt, als E-Paper oder auch auf Onlineportalen. Mit ihren Lokalredaktionen sind sie die Basis für den lokalen Journalismus. Zu den Ergebnissen zählt aber leider auch, dass die Nachfrage nach regionalen Abonnementzeitungen unverändert zurückgeht. Die Gesamtauflage ist von 2012 bis 2016 um 13 % gesunken.
Auch die Zeitungsvielfalt nimmt leider weiter ab. Als Folge rückläufiger Verkaufsauflagen und Werbeumsätze wurden auch in Nordrhein-Westfalen viele Lokalredaktionen geschlossen. 2015 konnten schon 46,1 %, rund 8 Millionen Menschen in NordrheinWestfalen nicht mehr zwischen Zeitungen mit unterschiedlicher Lokalberichterstattung wählen. Im Jahre
Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Die Zeitungsverlage haben ihr redaktionelles Angebot auch im Lokalteil im Vergleich zu den Vorjahren sogar, wenn auch nur leicht, ausgebaut.