Es würde jetzt naheliegen, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Bemerkung über die Länge der Beine von Herrn Lohn zu machen, aber das wäre dann wahrscheinlich unparlamentarisch. Deswegen verkneife ich es mir.
Gibt es jetzt auch Zwischenrufe vom Präsidenten? – Das ist neu. Aber auch gerne gleich in der Kaffeeklappe.
Klar ist auf jeden Fall, dass hier bewusst falsche Behauptungen aufgestellt wurden und dass es wieder an klaren Positionierungen gemangelt hat. Eines ist
vollkommen klar: Die 50 Stellen, die hier in Rede stehen, sind nicht sachgrundlos befristet. Es handelt sich um eine Befristung von einem Jahr wegen einer halbjährigen Ausbildungsphase und einer sich anschließenden halbjährigen normalen Probephase. Das ist mit Betriebsräten, mit Gewerkschaften – also mit den Arbeitnehmervertretern – vereinbart, um die Finanzverwaltung zu stärken. Dass Sie daraus entgegen der Aussagen der Gewerkschaften diesen Popanz aufbauen, zeigt eigentlich nur Ihre politische Panik aufgrund von aktuellen Umfragen.
Sie sollten einmal hingehen und glaubwürdig versuchen, bei dem zu bleiben, was Sie sagen. Herr Optendrenk ist leider nicht da. Wir haben sehr viel gemeinsam auf den Weg gebracht, um die Finanzverwaltung in NRW im Kampf gegen Steuerhinterziehung zu stärken. Ein Punkt dabei war die zusätzliche Schaffung von Angestelltenstellen zur Umsetzung dieses Vorhabens. Sie fallen jetzt aus parteitaktischen Gründen diesem gemeinsamen Vorgehen der Finanzpolitiker im HFA in den Rücken. Aber das wird Ihnen nicht gelingen.
Sie haben auch mit falschen Zahlen gearbeitet. Seitdem wir in der Regierung sind, haben wir die Zahl der befristeten Stellen um 14 % abgebaut. Das nennen Sie „keinen nennenswerten Abbau“? – Ich kann mir das nur so erklären, dass Sie sich schon mal auf die Statements am Wahlabend vorbereiten, in denen Sie sich selbst erklären wollen, dass Verluste in dieser Höhe nicht nennenswert seien. – Wir haben jedenfalls klar gehandelt und Befristungen abgebaut.
Wir haben das zumindest Seite an Seite mit den Gewerkschaften getan. Es gibt Pressemeldungen gemeinsam mit ver.di zum Abbau befristeter Stellen beim BLB. Hier haben Sie zu Ihren Regierungszeiten die Zahl der befristeten Stellen massiv ausgeweitet und auf diese Weise so getan, als würden Sie Personal abbauen. Wir haben das beendet und erhalten dafür das Lob der Gewerkschaften.
700 befristete Stellen haben Sie alleine im Justizbereich hinterlassen, die Herr Kutschaty auch im engen Dialog mit den Gewerkschaften abgebaut hat. Auch hierzu gab es das Lob von ver.di. Wir sind gegen diese befristeten Stellen, und wir handeln hier gemeinsam mit den Gewerkschaften – ganz im Gegensatz zu Ihnen, die Sie nur geredet und die Befristung massiv ausgebaut haben. Dass Sie nun hingehen und sich plötzlich zum Beschützer der Arbeitnehmerinteressen machen, ist schon mehr als merkwürdig. Sie wollen das Tariftreue- und Vergabegesetz abschaffen und damit Lohndumping Tür und Tor öffnen.
Sie haben das Landespersonalvertretungsgesetz geschliffen und die Mitbestimmung bei den Gewerkschaften eingeschränkt. Auch das mussten wir wieder beenden. Wenn Sie sich dann hierhinstellen und
sich plötzlich zum Schutzpatron der Arbeitnehmer erklären, wird Ihnen keiner glauben, insbesondere die Gewerkschaften nicht. Aber Sie haben sich zumindest kurz positioniert und gesagt, die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung wäre gar keine schlechte Idee. – Ja, dann handeln Sie doch!
Wir sind sofort bereit, auf Bundesebene mit Ihnen ein Gesetz zu machen, womit die sachgrundlose Befristung abgeschafft wird. Die CDU in Berlin steht doch auf der Bremse und verhindert diese Maßnahme zugunsten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Sie wollen in Berlin die sachgrundlose Befristung beibehalten. Das ist das Übel an der Geschichte. Wir werden erstens dafür sorgen, dass das abgeschafft wird, sobald es andere Mehrheiten in Berlin gibt, und wir werden zweitens hier in Nordrhein-Westfalen konsequent den Weg weitergehen, die befristete Beschäftigung zurückzufahren.
Eine kurze Antwort, Herr Lohn, auf Ihre Falschbehauptung, die Sie vorhin aufgestellt haben: Natürlich sind Beamte nicht befristet beschäftigt. Aber jeder, der sich ein bisschen auskennt – und Sie wissen es ja auch besser –, weiß, dass zum Beispiel im Lehrerbereich Beamte durchaus durch Angestellte vertreten werden können, und dass das der Grund dafür eine Befristung gewesen sein kann. Insofern behaupten Sie hier wider besseren Wissens die Unwahrheit, womit wir wieder bei der Länge Ihrer Beine wären. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, Sie könnten einmal einen sinnvollen Beitrag zur Reduzierung von Befristungen leisten. Wir haben einen Bereich im Land, in dem 90 % der Beschäftigungsverhältnisse befristet sind. Das ist der Hochschulbereich. Man muss natürlich genau hinschauen, weil das unter anderem auch Qualifizierungsphasen, zum Beispiel bei Doktorandinnen und Doktoranden, betrifft. Wir haben aber auch viele dauerhaft dort Angestellte, beispielsweise in der Verwaltung der Hochschulen, die seit Jahren auch in diesem Bundesland darauf warten, dass unsere Bundesratsinitiative zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz nicht länger von der CDU im Deutschen Bundestag blockiert wird. Fangen wir doch einmal da an, wenn es Ihnen mit der Reduktion von Befristungen ernst ist!
Zu diesen 50 zusätzlichen Stellen bei der Finanzverwaltung offenbaren Ihre Leute in Berlin auch noch vor
einem zahlenmäßig nicht geringen Fernsehpublikum, dass sie von dem öffentlichen Dienst und dem Zugang zum öffentlichen Dienst überhaupt keine Ahnung haben. Die Ministerpräsidentin hat das völlig zu Recht in dieser erwähnten Sendung gesagt. Das ist nun wirklich der Wahnsinn in Tüten, was Sie hier um die 50 Angestellten aufführen, die unsere Finanzbeamtinnen und -beamten entlasten sollen, meine Damen und Herren.
Wir hatten hier vor ziemlich genau einem Jahr eine Debatte zu dem Antrag der Piraten auf zusätzliche Betriebsprüferinnen und -prüfer. Wir haben in der Finanzverwaltung inzwischen 1.100 zusätzliche Stellen. Wir haben auch die Anzahl der Betriebsprüferinnen und -prüfer deutlich angehoben. Wir wissen aber auch, dass wir es bei der Finanzverwaltung mit sehr stark steigenden Pensionierungszahlen zu tun haben. Während wir 2010 noch 7.000 Pensionierungen im Jahr hatten, wird die Zahl bis zum Jahr 2020 auf fast 10.000 Pensionierungen im Jahr ansteigen. Vor diesem Hintergrund halten wir als Grüne unsere Forderung nach 2.000 zusätzlichen Stellen bei der Finanzverwaltung nach wie vor aufrecht.
Wir haben damals hier am Pult gesagt und dies auch im Dialog mit den Gewerkschaften durchgesetzt, dass auch Tarifbeschäftigte unsere Finanzbeamtinnen und -beamten entlasten. Jetzt sind die 50 Stellen inzwischen zu 100 % besetzt, glaube ich. Das kann der Finanzminister gleich sagen. Das Thema hatten wir hier heute auch schon. Jetzt sind die 50 Stellen da. Das wird von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft und auch von ver.di begrüßt.
Wie bekommen wir die Personen, die wir jetzt gefunden haben, in die Laufbahn? Das gelingt, indem sie eine halbjährige Probezeit haben und, wenn sie sich bewähren, eine halbjährige Qualifizierungsphase erhalten, um dann, wenn sie aus verwandten Berufsfeldern kommen, die Steuerverwaltung zu entlasten und in den öffentlichen Dienst bei der Finanzverwaltung eintreten.
Sie wollen ernsthaft behaupten, das sei ein Beleg dafür, dass wir es mit Befristungen nicht ernst meinten? Fordern Sie denn jetzt, dass wir diese 50 Stellen nicht schaffen? Oder was wollen Sie jetzt? Das müssen Sie hier einmal klar sagen. Denn ich verstehe nicht, was für einen Popanz Sie aufführen. Eigentlich sollten Sie mit uns gemeinsam die Verbesserung bei der Finanzverwaltung begrüßen, wie es eigentlich auch im Ausschuss diskutiert wurde.
Ich bin dafür, dass wir – egal, wie sich der neue Landtag nach dem 14. Mai 2017 zusammensetzt – dafür eintreten, solche Wege in den öffentlichen Dienst
und auch das Dienstrecht flexibler zu gestalten, um gut qualifizierten Leuten, die entweder schon einmal im Landesdienst waren und dorthin zurückwollen oder aber mit anderen Qualifikationen in den Landesdienst eintreten möchten, den Weg zu öffnen. Da müssen wir flexibler werden und auch über das Eintrittsalter und über Verbeamtung reden. Das wird sicherlich ein großer Prozess.
Hören Sie aber auf, hier sinnvolle Maßnahmen zu diskreditieren – das zeigt ja auch Ihre Verzweiflung –, von denen die Gewerkschaften und die Finanzverwaltung selbst sagen: Es ist gut, wie ihr das macht. – Wie gesagt, zeigt das, wie verzweifelt Sie sind. Wir sollten uns hier wirklich den wichtigen Sachthemen widmen.
In einem solchen Landesbereich mit 90 % Befristungen sind wir auf Bundesregelungen angewiesen. Dort blockieren Sie dann, wenn es darauf ankommt. Das zu ändern, wäre hier ein wichtiger Beitrag zur Debatte. Wenn Sie das machten, würden wir das begrüßen. Sie haben noch Zeit bis September. Der Antrag dieses Bundeslandes ist im Bundesrat gestellt. Die grüne Bundestagsfraktion hat das ebenfalls mehrfach beantragt. Lassen Sie uns das jetzt endlich machen. Geben Sie Ihre Blockadehaltung auf. Sorgen wir für bessere Arbeitsbedingungen und für eine Attraktivierung unserer Hochschulen, meine Damen und Herren! – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema des heute hier vorliegenden Antrags bedarf einer differenzierten Betrachtung. Man kann nicht jeden Sachverhalt über ein und denselben Kamm scheren. Der Grundsatz ist sicherlich für uns alle – das ist auch bei allen Vorrednern hier deutlich geworden – die unbefristete Anstellung, insbesondere im öffentlichen Dienst. Sicherlich ist es aber auch die Idealvorstellung für die sonstige private Wirtschaft.
Zugleich gilt: Es gibt im Einzelfall gute Gründe für Befristungen. Das ist auch der Grund, warum wir uns im Haushalts- und Finanzausschuss in der letzten Woche näher von den Ressorts haben darlegen lassen, in welchen Konstellationen es zu Befristungen kommt. Das können Fälle sein, in denen das zum Beispiel schwangerschaftsbedingt ist, in denen Probezeiten angesprochen sind, in denen Ausbildungsabschnitte betroffen sind oder in denen es um eine Abdeckung von vorübergehenden Personalengpässen geht. Es geht bis hin zu Fragen der Anwärterübernahme, wenn man das Ziel hat, sich in bestimmten Bereichen personell verstärken zu wollen,
eine anwärtergestützte Ausbildung aber einen zeitlichen Vorlauf hat und in der Zwischenphase Lösungen benötigt werden, um direkt etwas für den entsprechenden Bereich in dem Ressort zu tun.
Das gilt zum Beispiel auf dem Feld der inneren Sicherheit bei der Polizei. Dort ist es, auch wenn das vielleicht nicht der Idealfall der Ausbildung und der Rekrutierung ist, trotzdem hilfreich, für die Überbrückungszeit andere, flexible Instrumente zu wählen, bis eine steigende Anzahl von Polizeikommissarsanwärtern nach abgeschlossener Ausbildung im Dienst angekommen ist, damit eine Entlastung in akuten Arbeitssituationen gegeben ist. Deshalb bietet sich hier eine differenzierte Betrachtung an.
Klar von den nachvollziehbaren Befristungen zu unterscheiden sind aber ausdrücklich Konstellationen, die von der Sache her nicht geboten sind und die es, wie man zugeben muss, wenn man ehrlich ist, die letzten Jahre natürlich im öffentlichen Dienst auch gegeben hat. Wie so häufig, wurden hier auch historische Beispiele genannt. Das ist ein Sachverhalt gewesen, den wir, von Rot-Grün hinterlassen, 2005 auch in schwarz-gelber Regierungszeit vorgefunden haben.
Dabei handelt es sich beispielsweise um das damals sehr intensiv diskutierte Phänomen von immer neuen Kettenverträgen im Schulbereich. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat bewusst gesagt: Wenn man sich die Demografie im Lehrerbereich und die Prognose der Schülerzahlen für die nächsten Jahre anschaut, ist es doch nur sachgerecht, mindestens in dem Umfang, in dem man in jedem Fall neue Lehrkräfte im System benötigt, aus immer wieder neu und teilweise nur auf Schulhalbjahre befristeten Kettenverträgen auszusteigen und daraus reguläre Planstellen zu machen. Das hat die schwarz-gelbe Landesregierung in der 14. Legislaturperiode auch getan und für mehrere Tausend Stellen reguläre Planstellen eingerichtet.
Da kann es auch kein Grund sein – so wie das damals begründet worden ist –, über die Sommerpause die Lehrkräfte einzusparen. Sie mussten dann zur Arbeitsagentur gehen, um im neuen Schuljahr auf Basis eines neuen befristeten Vertrags wieder angestellt zu werden.
Mit den Bediensteten auf Dauer und über Jahre solche Lösungen zu praktizieren, ist würdelos. Deshalb muss das in den Bereichen, in denen es von der Sache her nicht erforderlich ist, unterbleiben. Wir haben an den Stellen, an denen wir das konnten, unseren Beitrag dazu geleistet.
Das gilt für die studentischen Beschäftigungen und für Tätigkeiten im Hochschulbereich an sich, die auch schon Thema dieser Debatte gewesen sind.
In der Praxis bekommen die Betroffenen laut ihren eigenen Beschreibungen von ihren Professoren oftmals wenige Wochen vor Ablauf einer Beschäftigung auf Zuruf noch einmal für ein Semester eine Vertragsverlängerung, weil dann gerade noch Mittel da sind. Dann setzt das große Windhundrennen der Lehrstühle ein, und es muss möglichst schnell die Tinte unter die Verträge, um diese bei den jeweiligen Verwaltungsstellen einzureichen und nach Düsseldorf zu schicken, weil man gerade noch rechtzeitig an bestimmten Sonderprogrammen partizipieren möchte. Wer dabei zwei Tage zu spät ist, der hat das Nachsehen.
Das darf keine Generalkritik daran sein, sich im Einzelfall flexible Möglichkeiten zur Eröffnung befristeter Verträge offenzuhalten. Das, was wir für den öffentlichen Dienst in Anspruch nehmen, müssen wir natürlich auch umso mehr der privaten Wirtschaft zugestehen, die nicht auf einer solchen Absicherungsbasis operieren kann, wie es dem Staat möglich ist.
Deshalb ist völlig klar: Wenn dieses Instrument im öffentlichen Dienst in Anspruch genommen wird, darf man gegen den einen oder anderen privaten Unternehmer, der sich ebenfalls für dieses Modell entscheidet, auch nicht den Zeigefinger heben, wenn diese Entscheidung im Einzelfall nachvollziehbar ist.
In diesem Sinne sollten wir an der Fragestellung auch in Bezug auf den öffentlichen Dienst weiter arbeiten. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Es geht um sachgrundlose Befristungen im Landesdienst. Aktuell zeigen die 50 neu ausgeschriebenen Stellen in der Finanzverwaltung mal wieder exemplarisch, dass es mit der Vorbildfunktion der Politik für die Privatwirtschaft nicht weit her ist.