Protocol of the Session on February 16, 2017

Herr Kollege Zimkeit und auch Herr Kollege Abel, Sie haben hier das Hohelied der Bedeutung der Sparkassen für das Land Nordrhein-Westfalen und insbesondere für die Kommunen gesungen. Das ist absolut legitim, hat aber mit dem Thema selbst nur bedingt etwas zu tun. Ich unterstreiche alles, was Sie zur Bedeutung der Sparkassen gesagt haben.

Jede Sparkasse ist ein eigenes Haus, dessen Zustand und insbesondere wirtschaftlicher Zustand sehr von den regionalen Gegebenheiten des Geschäftsgebiets abhängt. So wird man eben auch zwischen den Vorstandsgehältern differenzieren müssen. Deswegen finde ich den Antrag der Piraten mit Blick auf die Forderungen, ehrlich gesagt, etwas zu starr und zu unflexibel. Das sollte im Rahmen der Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses einer genaueren Prüfung unterzogen werden.

Allerdings: Im Zusammenhang mit der im letzten Jahr erhobenen Forderung nach der Deckelung der Vorstandsgehälter durch Rot-Grün haben

CORRECTIV und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ die Vorstandsgehälter ausgewertet. Sie kommen zu einem gemeinsamen Ergebnis: Die Richtlinien für Gehälter sind nicht transparent. Wie diese im Einzelfall zustande kommen, ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Es gibt teilweise auch keine Anhaltspunkte dafür, wie man sie gegebenenfalls begründen könnte.

Daher ist natürlich begrüßenswert, wenn in der Zwischenzeit eine Empfehlung der Sparkassenverbände angekündigt ist oder vielleicht zumindest im

Entwurf vorliegt. Den würde ich in der Tat gern sehen; darüber muss man sicherlich sprechen. Auch Finanzminister Norbert Walter-Borjans wird dies sicherlich prüfen und dazu etwas sagen. Ich hoffe, wir erhalten die Gelegenheit, dies ebenfalls zu tun – vielleicht schon im Rahmen der Beratung über den Antrag im Haushalts- und Finanzausschuss.

Aber eines muss man zum Schluss festhalten: Das Ergebnis vieler Meinungsdarstellungen – auch der von Rot-Grün und auch der vom Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen – lautete: Im Prinzip wird bei den Sparkassen in Nordrhein-Westfalen so wie bei Managern in der Privatwirtschaft verdient. Abgesichert sind die Manager der Sparkassen wie Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Der Kollege Olejak sagte eben, das sei ähnlich wie bei Beamten. Da muss in der Tat regulierend eingegriffen werden. Das wäre keine Überregulierung, die gegen das grundsätzliche, bedeutungsvolle System der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen spräche.

Daher freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Walter-Borjans.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass dieses Thema überhaupt auf die Tagesordnung kommen konnte – darauf möchte ich hinweisen –, liegt daran, dass Nordrhein-Westfalen das Land ist, das als erstes sichergestellt hat, dass Sparkassen die Gehälter ihrer Vorstände transparent und öffentlich machen. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger erster Schritt gewesen, um überhaupt in eine solche Diskussion eintreten zu können.

Zweitens. Für mich ist unbestritten, dass unsere Sparkassen in der Kreditversorgung für den Mittelstand, aber auch darüber hinaus, immer noch – auch wenn das schwieriger wird – in der flächendeckenden Versorgung der Normalkunden und in der Vertrauenswürdigkeit des Finanzsektors eine ganz große Rolle spielen.

Ich meine, wenn wir die Sparkassen nicht gehabt hätten, wenn wir insgesamt unser Drei-Säulen-Modell nicht hätten, dann hätten wir einen großen Nachteil für die Wirtschaft, nicht nur unseres Landes, sondern in der Bundesrepublik.

(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Wenn Sie, Herr Schulz, sagen, bei den Sparkassen verdienen die Chefs wie in der Privatwirtschaft und sind abgesichert wie die Beamten oder wie im öffentlichen Dienst, dann ist Ihnen eines vielleicht entgan

gen: nämlich, dass Top-Manager in der Privatwirtschaft auch abgesichert sind wie im öffentlichen Dienst.

Ich freue mich jedes Mal auf Podiumsdiskussionen mit denen, die in den Top-Etagen der Wirtschaft sitzen und sich über das Sicherheitsbedürfnis von Beamten auslassen. Da habe ich es mit Menschen zu tun, die bei Gehaltsverhandlungen an nichts anderes denken als das: Wie bekomme ich mein Gehalt unter Dach und Fach, und wie kriege ich es sichergestellt, dass ich zu einem höchstmöglichen Betrag, egal was ich aus meinem Unternehmen mache, anschließend über Jahrzehnte versorgt bin? – Das ist kein Phänomen des öffentlichen Dienstes. Das ist in den TopEtagen unserer Wirtschaft leider ein ganz normales Phänomen.

Wenn ich mir jetzt bei all der Wertschätzung, die ich unseren Sparkassen entgegenbringe, ansehe, auf welchem Gehaltsniveau die Vorstände bezahlt werden, dann muss ich ganz klar sagen: Dann ist das, gelinde gesagt, exorbitant. Und es ist in vielen Bereichen so, dass es jedenfalls für meinen Geschmack mit dem Begriff „Verdienen“ nicht mehr viel zu tun hat.

Das ist nicht bloß wieder eine Frage der öffentlichrechtlichen Wirtschaft, das ist auch darüber hinaus eine Frage – das ist oft genug in den letzten Monaten diskutiert worden –: Wenn es Unternehmen gibt, in denen der Vorstand das 141-Fache des Durchschnittsverdieners verdient – im Mittel der DAXUnternehmen ist es das 57-Fache –, dann muss man diese Frage viel stärker auf die Tagesordnung bringen.

Das haben wir bei den Sparkassen gemacht. Über die Verbändeempfehlung ist gesprochen worden. Ich bleibe dabei, dass ich es nicht für richtig hielte, einen bestimmten Betrag festzulegen, den man verdienen darf. Das ist wirklich nicht nur nicht marktgerecht, sondern auch nicht zeitgemäß. Was aber auch nicht geht, ist, so zu tun, als sei das, was wir im Moment an Gehältern erleben, ein Marktergebnis. Es ist in vielen Bereichen das Ergebnis mutloser Aufsichtsgremien. Das muss ich auch einmal an diejenigen sagen, die hier vielleicht selbst in Aufsichtsgremien sitzen. Ich sitze auch in Aufsichtsgremien. So kommen da Gehaltsforderungen zustande, die fast ein bisschen den Eindruck des Transfermarktes im Fußball erwecken.

(Beifall von den GRÜNEN und Ralf Witzel [FDP])

Es gibt ja auch andere Beispiele in der Wirtschaft. Wir haben das gelesen. Der Vorstand von Beiersdorf hat nur das 17-Fache des Durchschnittsverdieners als Gehalt. Dieses Unternehmen ist nicht ausgeblutet, sondern erfolgreich.

Herr Minister, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Optendrenk zulassen?

Ja, die lasse ich zu.

Herzlichen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich habe in unserer gesamten Debatte bisher verstanden, dass der Kollege Zimkeit der Einzige war, der das gesagt hat, was Sie gerade kritisiert haben. Haben Sie damit den Kollegen Zimkeit kritisieren wollen?

Nein. Ich bleibe dabei, dass ich die Aufsicht und die Entscheidungsbefugnis auch in den Verwaltungsräten halten will. Ich denke nur, dass wir insgesamt darüber nachdenken müssen, wie man den Mut stärken kann, darin auch einmal eine abweichende Äußerung zu machen. Ich kenne das. Ich finde es immer interessant, wenn gesagt wird: Da sitzen Politiker in den Aufsichtsräten. – Wenn wir nicht in manchen Aufsichtsräten Politiker sitzen hätten, dann wäre diese Selbstkontrolle noch viel geringer, um das einmal ganz deutlich zu sagen.

(Beifall von der SPD und Martin-Sebastian A- bel [GRÜNE])

Das sind nämlich diejenigen, die bei diesen Themen als Erste nachfragen, ob die Vergütungshöhe eigentlich gerechtfertigt ist. Ich weiß, wovon ich rede. Ich weiß auch, dass wir in den Gremien, in denen ich sitze, Vorständen, über die wir entscheiden, bei einem Wechsel im Vorstand zugemutet haben, für ein deutlich reduziertes Gehalt zu arbeiten. Und das hat nicht zu Qualitätsverlusten geführt.

An diesen Punkt müssen wir anknüpfen. Vor diesem Hintergrund finde ich den Ausgangspunkt, die Problematisierung durch die Piratenfraktion, absolut nachvollziehbar und richtig. Die Lösung ist nicht die richtige. Da müssen wir an anderen Stellen weitermachen. Aber es gibt genügend Punkte, an denen wir nicht nur diskutieren, sondern auch nachjustieren müssen. Das fängt bei der steuerlichen Absetzbarkeit an. Da muss man auch über Spitzensteuersätze reden dürfen.

Aber man muss vor allen Dingen darüber diskutieren dürfen, wie Aufsichtsgremien zu mehr Transparenz und mehr Mut kommen, auch einmal offen darüber zu reden, ob das wirklich ein Marktergebnis ist oder ob man sich hier nur irgendwie verständigt und gesagt hat, da kommt jetzt etwas drauf, und man ist noch in der Pose dessen, der jemandem etwas gegönnt hat. Da müssen wir meines Erachtens alle ein Stück umdenken. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die Piratenfraktion hat sich noch einmal Herr Olejak gemeldet.

Vielen Dank, Herr Minister, für Ihren Hinweis. Ich gehe davon aus, dass sich nichtsdestotrotz an Ihrer Aussage, dass hier eventuell Besitzstände weiterhin festgeschrieben werden sollen, seit letztem Jahr nicht so viel geändert hat.

Was mich persönlich sehr irritierte, waren gerade die Aussagen der Herren Kollegen Abel und Zimkeit in dieser Sache, die mich an das Motto „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ ganz schwer erinnern. Es hieß ständig: Die SPD fordert, die SPD fordert, die Grünen befinden sich im Dialog und fordern. – Merken Sie was? Wer hat denn in diesem Haus die Mehrheit und kann Dinge beschließen?

(Beifall von den PIRATEN)

Ich sage: Machen Sie sich ehrlich. Wir haben es hier auf die Tagesordnung gebracht, und ich finde sogar, in seiner stärksten Form. Von daher bitte ich um ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Herr Kollege Abel, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin persönlich angesprochen worden. Das, was die Piraten hier in den letzten zwei Tagen abziehen, geht mir ziemlich auf den Keks.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU)

Jetzt haben wir genau das, was Sie in Ihrem Antrag zu einem Großteil fordern, im Dialog mit den Verbänden durchgesetzt. Die Verbände haben die Verantwortung erkannt,

(Marc Olejak [PIRATEN]: Die Verbandsemp- fehlungen sind nicht verpflichtend, das ist frei- willig!)

dass sie eine neue Kultur in die Verbandsempfehlungen einfließen lassen.

(Marc Olejak [PIRATEN]: Das ist feige!)

Das ist auch nicht feige, Herr Kollege. Das ist unser Job. Es ist unser Job, mit Leuten zu reden und sie zu überzeugen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU)

Wenn die Verbände das selbst machen, wir einen Dialogprozess haben und diese Verbände im März kommen, dann können Sie sich nicht hier hinstellen und so tun, als ob wir nichts gemacht hätten, und alles, was wir hier machen, Blabla sei. Wir haben das angekündigt. Wir haben das jetzt im Dialog durchgesetzt. Das ziehen wir einer gesetzlichen Regelung vor,

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

weil wir glauben, dass es besser ist, wenn die Verbände das selbst machen und wenn eine Verbindlichkeit dahintersteht. Hören Sie auf, hier alles kleinzureden und die Rolle des Parlaments und die Rolle der Parlamentarier in den Dreck zu ziehen,

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ver- einzelt Beifall von der CDU und der FDP)

nur weil Sie in 90 Tagen nicht mehr dabei sind!

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP – Zuruf: Bravo!)