Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion der Piraten „Ein Ad-Blocker-Verbot ist keine Lösung – Ausgediente Geschäftsmodelle nicht
künstlich am Leben erhalten“ bietet zu einem sehr komplexen Sachverhalt eine scheinbar einfache Lösung an. So etwas macht mich in der Regel stutzig.
Worum geht es im Kern? Verlage bzw. Medienhäuser platzieren in ihren Onlineauftritten Werbung in sehr unterschiedlicher Form. Der Nutzer kann dann diese Angebote kostenlos nutzen, sie sich ansehen. Das Erdulden der Werbung ist quasi der Kaufpreis. Mit Ad-Blockern umgeht eine immer größer werdende Gruppe – in bestimmten Nutzergruppen sind das rund 50 % – von Konsumenten diese Werbeeinblendungen. Ad-Blocker blenden diese Werbung aus. Das ist der Sachverhalt.
Ich komme jetzt zu dem gesellschaftlichen Problem, das aus meiner Sicht dahintersteckt. Wenn wir im Landtag über Qualitätsmedien sprechen, dann fordern gerade im Augenblick, wo es politisch hin- und hergeht, alle Fraktionen unisono qualitative Angebote in noch größerem Maße. Verlage müssen diese Qualitätsangebote aber entsprechend finanzieren können, und dabei kommen dann Werbeeinnahmen ins Spiel. Ich denke, deswegen ist es auch nicht so einfach, ein Ad-Blocker-Verbot in den Raum zu stellen, sondern es ist wichtig, dass wir hier genau analysieren.
Ad-Blocker sind rechtlich umstritten; die vorliegenden Urteile sind nicht eindeutig. Jetzt so zu tun, als seien Ad-Blocker einzig darin begründet, dass Onlinewerbung auf Kritik stößt, ist meiner Meinung nach nicht richtig. Die Wahrheit ist doch, dass die meisten Nutzer Werbung in jedem Fall vermeiden möchten, und aus Sicht der Konsumentensicht ist das vollkommen verständlich.
Vielen Dank. – Herr Kollege Schick, ich bin kurzzeitig ein wenig irritiert, weil ich mir nicht sicher bin, ob wir von der gleichen Sache sprechen. Sie sprechen die ganze Zeit von Ad-“Bloggern“. Wir meinen in unserem Antrag Ad-Blocker.
Ja, mir ist durchaus klar, dass ein Blogger jemand ist, der etwas schreibt und dann online stellt, und jemand, der blockt, einen Sachverhalt zurückstellt bzw. sperrt. Es mag sein, dass meine etwas angegriffene Stimme für diese kleine Dissonanz gesorgt hat. Ich meine aber, in der Sache sprechen wir über das Gleiche, und wenn so
gar Herr Groschek verstanden hat, worüber ich geredet habe, dann war das auch so eindeutig, und wir haben sicherlich keinen unterschiedlichen Wissensstand.
Worum geht es? Mir ist wichtig, dass wir auch in Zukunft Qualitätsangebote haben. Wenn Ad-Blocker – ich betone es jetzt noch einmal – immer weiter Raum greifen, dann haben wir zwei Phänomene, die meiner Meinung nach irgendwann realisiert werden: Entweder verschwinden Qualitätsangebote oder sie werden mit Bezahlschranken belegt. Gerade das ist aber etwas, was aus meiner Sicht soziale Ungleichheit fördert. Derjenige, der sich die Qualitätsangebote finanziell erlauben kann, hat Zugang, während derjenige mit dem kleineren Geldbeutel dann auf diese Qualitätsangebote verzichten muss.
Die gesamte Diskussion ist deshalb etwas komplexer, als Sie es in Ihrem doch recht dünnen Antrag darstellen. Wir haben aber eine Diskussion im Ausschuss, auf die ich mich freue. Vielleicht gelangen wir dann auch zu etwas besseren Lösungen.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe zwei interessante Artikel gelesen. Mit dem einen beginne ich, und mit dem anderen schließe ich die kleine Rede, die ich dazu halte. Der erste Artikel war deshalb interessant, weil auf einen Bericht von Frank Rieger und Thorsten Schröder auf der diesjährigen re:publica-Konferenz verwiesen wurde. Die beiden vom Chaos Computer Club haben darin deutlich gemacht, was hinter einem solchen Angebot steht, das sozusagen unfreiwillig mit dem jeweiligen Aufruf einer Seite ins Haus steht. Sie haben das am Beispiel der Seite „bild.de“ demonstriert:
„Ein zweiminütiger Aufenthalt auf der Webseite führt insgesamt zu 2.339 Anfragen. Von den 195 kontaktierten Servern unterliegen lediglich 13 der Kontrolle der Bild-Redaktion. Weist einer der rund 180 anderen Server eine Sicherheitslücke auf, so kann dadurch schädlicher Content ausgeliefert werden.“
Mit anderen Worten heißt das, wenn man einen AdBlocker einsetzt, der womöglich dazu führt – der Kollege Lamla hat es bereits angesprochen –, dass man sich auch diese Schadstoffgefahren – Entschuldigung –, Schadprogramme vom Hals halten kann
ja, Schadstoff ist in gewisser Weise richtig: Softwareschadstoff –, dann liegt man womöglich mit einem Ad-Blocker an der Stelle gar nicht so schlecht. Insofern ist der Antrag, den die Piraten hier eingebracht haben, aus grüner Sicht zumindest diskussionswürdig, und wir freuen uns auf die weitere Debatte dazu im Fachausschuss.
Das ist ein Thema, dem man sich intensiv widmen muss; denn mit einem einfachen Verbieten ist es im Internet eh immer so eine Sache. Das wissen alle, die sich mit dem Netz schon länger beschäftigen; dazu gehöre ich, wie man mir ansieht, auch.
Es ist auch eine Frage, ob unser Freiheitsempfinden wirklich so ist, dass wir den Eindruck haben, wir müssten diesen Dingen, weil sie aus geschäftlichen Gründen einer Steuerung bedürfen, auf diese Weise mit einem Verbot begegnen.
Das Verbot sehen wir sehr kritisch. Ich bin prinzipiell sehr offen sowohl für Werbeangebote als auch für die Menschen, die sich das nicht ansehen wollen. Ich glaube, so sind die Menschen auch. Sie sind unterschiedlich. Der eine reagiert auf Werbung eher aggressiv und sagt: Um Gottes Willen. Damit will ich nichts zu tun haben. – Die andere sagt: Finde ich interessant, wollte ich immer schon einmal genauer sehen.
Insofern ist das mit Sicherheit nicht so zu entscheiden, dass wir von Staats wegen beginnen, kleine Hilfsprogramme zu verbieten, die im Internet das eine oder andere ermöglichen oder nicht ermöglichen – „verunmöglichen“.
Das ist sicherlich eine sehr spannende Debatte, die von vielen Seiten aus genauer zu führen ist. Ich ende mit einem Zitat aus dem „Tagesspiegel“ vom 18.06.2016. Da heißt es am Schluss eines Artikels:
„Die Frage also lautet: Wie wirkt Reklame auf Menschen, die sie gegen ihren erklärten Willen sehen müssen? Vermutlich ist es so, dass sich diese Menschen einfach erzürnt in ihre Sitzlehnen krallen und einen heiligen Eid leisten, nie, nie dieses Zeug zu kaufen, was ihnen da … [vorgesetzt] werden soll. Oder sie gehen solange aufs Klo, womit die Werbung auch keine Gelegenheit mehr hat, heimlich aufs Unbewusste einzuwirken.“
In diesem Sinne: Ich halte ein Verbot in der Form nicht für einen zielführenden Vorschlag. Ich halte aber auch die Dämonisierung von Werbeangeboten im Internet überhaupt nicht für zielführend.
Wir wissen, ohne Werbung funktionieren viele Angebote nicht. Qualitätsjournalismus, lieber Herr Kollege
Schick, könnte man sich natürlich auch leisten, indem man diese Angebote – den Inhalt sozusagen – käuflich im Internet erwirbt. Es gibt die entsprechenden Angebote. Das hat dann nichts mit Werbung zu tun, sondern damit, dass Menschen sagen: Mich interessiert dieser oder jeder Inhalt. Dafür bin ich bereit, etwas zu bezahlen so, wie ich in der Regel auch für die Hefte und Zeitungen, die ich in einem Zeitschriftenladen kaufe, Geld ausgebe.
Das ist meines Erachtens das Programm, das im Internet zu fahren wäre. Aber einfach nur zu sagen: „Wir finanzieren uns über Werbung, und wenn Leute die unterdrücken, dann unterdrücken wir diese Möglichkeit“, das halte ich politisch für keinen klugen Weg. Aber wir werden das diskutieren. Ich darf das für meine Fraktion so sagen. Wir stimmen der Überweisung zu. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werbung ist – ob man es jetzt gut findet oder nicht – nach wie vor die zentrale Refinanzierungsquelle für freie und private Presse- und Medienangebote. Diese Quelle wird in der Tat zunehmend ausgetrocknet.
Das liegt, glaube ich, hauptsächlich daran, dass ein altes Gesetz – Grundgesetz, eine physikalische Regel, ich weiß nicht, wie man es nennen will – nicht mehr gilt, wonach Nachricht und Werbung zusammengehören, immer den gleichen Vertriebsweg genutzt haben.
Das ist nicht mehr so. Deswegen liegt der Grund dafür, dass die Quelle zunehmend ausgetrocknet wird, nicht vorrangig daran, dass irgendwelche kleinen Softwareprogramme – sogenannte Ad-Blocker – sozusagen hauptverantwortlich sind.
Eine gewisse Verantwortung liegt eben auch beim Staat; denn Bürokratie, Bevormundung und Verbote im Werbebereich sind allgegenwärtig. Wenn Pflichtangaben und Warnhinweise bald mehr Platz einnehmen als die Werbebotschaft selbst, dann mögen sich zwar einige Kräfte in ihrem „Bevormundungsfeldzug“ als Gewinner fühlen. Sie dürfen sich dann aber nicht über geschlossene Redaktionen, eingestellte Medienangebote und eine schrumpfende Medienvielfalt wundern.
Dennoch sind natürlich Ad-Blocker ein Thema in der Werbe- und Medienbranche. Insofern ist es durchaus auch ein Stück berechtigt, dass wir über den vorliegenden Antrag sprechen.
Wir müssen vielleicht gar nicht so lange darüber sprechen; denn es liegen noch keine konkreten Initiativen vor, über die man aktuell befinden könnte. Dafür ist das Thema erstens höchstwahrscheinlich zu komplex. Zweitens – da liege ich auf der Linie der Antragsteller – ist ein Ad-Blocker-Verbot selbstverständlich schon eine Schnapsidee. Dass es innerhalb einiger Landesregierungen überhaupt Überlegungen, Unterstützer gibt, lässt vermuten: Da ist bei dem Thema Medienkompetenz vielleicht ein bisschen was nachzuholen.
Sehen wir einmal davon ab, dass wir den Menschen nicht vorschreiben können und sollten, wie und welche Plug-ins sie in ihren Browsern installieren. Aus meiner Sicht wiegt vielmehr noch schwerer: Ein AdBlocker-Verbot würde ungefähr genauso gut funktionieren wie ein Verbot für Fernsehzuschauer, sich während der Werbepause ein Bier zu holen oder auf die Toilette zu gehen.
Auch die Forderung, dass als Alternative zu Ad-Blockern nun ausgerechnet ein Subventionsprogramm für die Werbewirtschaft aufgelegt werden soll, erschließt sich mir nicht so ganz. Ich hoffe, dass wir in der anstehenden Diskussion im Ausschuss vielleicht ein bisschen Licht ins Dunkle bringen.
Dass die Antragsteller ihre – wie gesagt – grundsätzlich berechtigte Initiative mit ihrer Story von den ausgedienten Geschäftsmodellen kombinieren, macht allerdings den Antrag nicht besser. Denn es ist nicht die Entscheidung der Politik zu beurteilen, welche Geschäftsmodelle funktionieren und wie und wo sie funktionieren. Gerade im Fall der Piraten wäre ich beim Thema „Ausgediente Geschäftsmodelle“ vielleicht etwas vorsichtiger. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Für die Landesregierung spricht in Vertretung von Herrn Lersch-Mense Herr Minister Groschek.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Landesregierung hat ihre Position schon in der Kleinen Anfrage Drucksache 16/5309 des Abgeordneten Schwerd beschrieben. Von daher befinden wir uns jetzt in der Kontinuität der Betrachtung.
Wir sehen das Anliegen der Piraten differenziert. Es ist im Grunde genommen in der Diskussion schon deutlich geworden – die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und die Frau Bundeskanzlerin haben mit ihrem Beschluss in 2015 die Medienkonvergenzkommission gebeten, einen umfänglichen Prüfvorgang daraus zu machen –: Das Problem der