Protocol of the Session on December 15, 2016

Verfasser des Resolutionsentwurfs waren der CDUBürgermeister und der FDP-Wirtschaftsausschussvorsitzende.

(Christof Rasche [FDP]: Kommunalpolitik ma- chen wir! – Gegenruf Jochen Ott [SPD])

So viel zum Thema „Doppelmoral“ – hier die Reden schwingen und vor Ort selbst dazu beitragen, dass die Sache nicht nach vorne kommt! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke, Herr Kollege Becker. – Meine Kolleginnen und Kollegen! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende FDP-Fraktion hat direkte Abstimmung über den Inhalt ihres Antrags Drucksache 16/13692 beantragt.

Wer stimmt für den Antrag der FDP-Fraktion? – Das sind CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Piratenfraktion und der fraktionslose Kollege Stüttgen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der FDP-Fraktion Drucksache 16/13692 abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3.

Nunmehr rufe ich auf:

4 Entwurf zum ersten Kulturförderplan gem.

§§ 22, 23, 33 des Gesetzes zur Förderung und Entwicklung der Kultur, der Kunst und der kulturellen Bildung in Nordrhein-Westfalen (Kul- turfördergesetz NRW – KFG)

Vorlage 16/4107

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien Drucksache 16/13712

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/13788

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Bialas das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier ein Kulturgesetz vorgelegt. Darin haben wir genau gesagt, was wir tun wollen, sowohl inhaltlich als auch formal.

In § 3 des Gesetzentwurfs haben wir unsere Schwerpunkte benannt: Teilhabemöglichkeit und Teilhabegerechtigkeit, die Möglichkeit der freien künstlerischen Entfaltung für jeden, selbstverständlich auch für die Künstler.

Wir haben dabei rekurriert auf die gesellschaftliche Dimension der Kultur und der Kulturpolitik im Hinblick auf eine offene Gesellschaft, in der Vielfalt gelebt wird, in der man damit in Kontakt kommt, in der eine kritische Auseinandersetzung der Menschen mit ihrem Staat stattfindet – ebenso der Menschen untereinander –, aber auch eine wertschätzende, anders als wir es zum Teil in unseren tagesaktuellen Bezügen erleben müssen.

Ein wesentliches Ziel ist auch die Förderung des Zusammenhalts in unserer Gesellschaft, wie immer sie sich auch neu zusammensetzt oder neu darstellt. Kulturpolitisch aktueller, aber auch aktueller im Tagesalltag können die Schwerpunkte kaum sein.

Der Kulturförderplan bedeutet jetzt die Konkretisierung dieser wichtigen Ziele. Er ist auf den Weg gebracht worden in einem breiten Dialog mit den Interessenvertretern, auch mit den Künstlern und mit der Politik. Das ist die Rückkehr der Kulturpolitik auf die große Bühne. Dafür darf ich mich sehr herzlich beim Ministerium bedanken.

Der Kulturförderplan ist stark im Dialog, verlässlich und transparent in seinen inhaltlichen Aussagen. Darin werden Schwerpunkte benannt. Sie sind im Plan zunächst einmal für zwei Jahre angelegt, danach auf fünf Jahre. Das heißt, wir besprechen und verabschieden hier und heute den Prototypen, den wir uns im Verlauf der weiteren Debatten natürlich noch genauer anschauen müssen, um dann den nächsten Kulturförderplan, der für fünf Jahre gilt, aufstellen zu können.

Wie sieht es jetzt schwerpunktmäßig mit der Umsetzung der Ziele nach § 3 aus? Es geht weiter um kulturelle Bildung, weil sie ganz viel damit zu tun hat, wie Teilnahme und Teilnahmegerechtigkeit hergestellt werden können. Weiterhin geht es im Schwerpunkt um Künstlerförderung, weil das ganz viel damit zu tun hat, in welcher Form gute Arbeit angeboten wird, aber auch damit, wie die Sicherung der künstlerischen Entfaltung stattfindet.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Digitalisierung. Wir müssen schauen, wie wir den Weg hin zur neuen Situation der künstlerischen Darstellung schaffen. Das ist auch sehr wichtig für die Frage, wie Digitalisierung zur Sicherung, Bewahrung und breiten Bereitstellung des kulturellen Erbes beitragen kann.

Es gab eine umfangreiche Anhörung mit sehr positiven Rückmeldungen zu den Anregungen, die im Laufe der Anhörung gegeben wurden. Auch dort wurde immer wieder gesagt: Inhaltlich ist das gut. Ihr seid auf dem richtigen Weg. Der Plan ist gut, und die

Inhalte sind gut – aber ihr müsst stärker in den Fokus nehmen, wie es dann mit der formalen Umsetzung aussieht, also mit der Bürokratie, aber auch mit den finanziellen Potenzen.

Dazu ist von uns ein Entschließungsantrag vorgelegt worden, der auf diese beiden Bereiche eingeht und vorsieht, parallel zum Förderplan die Instrumentarien sehr genau zu evaluieren und zu schauen, ob die Absichten, die wir dem Plan untergelegt haben, im Verwaltungshandeln tatsächlich erfüllt werden.

Darüber hinaus haben wir sehr deutlich gemacht, dass die Zahlen, die jetzt im Kulturförderplan stehen, die Zahlen eines Haushaltsjahres sind. Sie sind jedoch nicht der Dynamik und der Dynamisierung unterworfen, die notwendig wäre, um die Ziele in Gänze umsetzen zu können; denn wir sind hier an die Jährlichkeit des Haushaltsprinzips gebunden. So weit zum Kulturförderplan und zum Entschließungsantrag, den wir heute verabschieden werden.

Da es die letzte Sitzung in diesem Jahr ist, darf ich Ihnen allen und vor allem den Kulturpolitikern herzlich für das sehr interessante, dialogische und teilweise streitbare Jahr – aber immer auf hohem Niveau – danken.

Außerdem darf ich Ihnen frohe Weihnachten wünschen. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass die Diskussionen im nächsten Jahr in gleicher Qualität und inhaltlicher Strenge fortgeführt werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bialas. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Prof. Dr. Sternberg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nun liegt der erste Kulturförderbericht vor. Dieser behauptet stolz auf der ersten Seite – Zitat –:

„[Er] zeigt Entwicklungsperspektiven auf, benennt die Bereiche, in denen besondere Schwerpunkte gesetzt werden sollen, und macht nähere Angaben zu den Handlungsfeldern.“

Lieber Kollege Bialas, ganz so grundsätzlich müssen wir deshalb jetzt gar nicht werden. Blicken wir einmal auf diesen Bericht von immerhin stattlichen 62 Seiten. Eigentlich ist er für eine Legislaturperiode gedacht. Jetzt steht hier auf dem Deckblatt, er sei für die Zeit von 2016 bis 2018. Nun schreiben wir heute, wenn ich mich richtig erinnere, den 15. Dezember 2016. Mit 2016 hat es sich also ziemlich bald.

Gut, dann blieben also noch zwei Drittel des genannten Zeitraums. Aber wen bindet eigentlich das, was

da steht, über den Mai 2017 hinaus? Und falls es doch bis 2018 binden sollte – wird dann der nächste Kulturförderplan wieder nicht für eine ganze Legislaturperiode erstellt, sondern nur für drei oder fünf Jahre und wieder über die Legislaturperiode hinaus? Ich habe den Eindruck, dass das nicht ganz geklärt ist.

Dieser Plan hat zudem ein Problem. Er muss sich mit einem Überrollhaushalt beschäftigen, der skandalöserweise über Jahre hinweg nicht erhöht worden ist. Wenn man bei gleichzeitigem Einfrieren der Mittel eine Schwerpunktsetzung machen will, ist das ein Problem für sich. Deshalb ist der Plan als solcher im Grunde gar nicht möglich.

Jetzt ist der Kulturetat in einigen Punkten durch parlamentarische Initiativen verändert worden; da ist Geld draufgelegt worden. Ist dieser Plan jetzt obsolet geworden, weil die Mittel eine andere Regelung schaffen und andere Richtungen geben? – Aber da gibt es ja einen Entschließungsantrag. Ich weiß gar nicht, warum das ein Entschließungsantrag ist; eigentlich wäre das ein Ergänzungsantrag. Wenn ich den ganzen ersten Teil daraus lese, die erste Seite, dann vermute ich mal, dass das die Rede ist, die die Ministerin hier gleich halten wird. Auf der zweiten Seite steht die Aufforderung, man solle prüfen, ob eine Evaluation kommt. Eine solche Prüfung kann man natürlich fordern. Das ist gar nichts.

Die Vereinfachung des Antragsverfahrens – das ist ein uraltes Thema, an dem wir seit Jahren dran sind. Landeskulturbericht: steht im Gesetz. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit: auch ein altes Thema der Kulturpolitik. Ich habe den Eindruck, es geht eigentlich nur um einen Satz in diesem Antrag, nämlich dass der Aufwuchs im Kulturetat zu begrüßen ist. Dafür einen Ergänzungsantrag oder einen Entschließungsantrag zu machen, finde ich etwas zu aufwendig und halte ich eigentlich für überflüssig.

Die wichtigsten Wörter in diesem ganzen Kulturförderplan sind „weiterhin“ und „soll fortgesetzt werden“. Es handelt sich bei dem wortreichen und seitenschindenden Projekt um einen Text, der sich großenteils wie der jährliche Haushaltskommentar oder wie ein Tätigkeitsbericht liest. – Das ist im Grunde auch gut so; denn Kulturpolitik muss in diesem Land nicht erfunden werden. Die starken Impulse aus den Jahren 2005 bis 2010 wirken zudem noch nach.

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Heiterkeit von Hendrik Schmitz [CDU])

Wir Kulturpolitiker lesen immer gern mal nach, was Selbstverständlichkeiten der Kulturförderung sind oder sein sollten. Eine gewisse Fortbildung ist angesichts dieses Sammelsurium-Ministeriums vielleicht ganz angebracht. Aber rechtfertigt das wirklich einen parlamentarischen Prozess? Völlig unangemessen ist der Abschnitt über die Aufgaben des Landes im föderalen Bundesstaat geraten. Wenn ich das lese,

finde ich keinen einzigen Hinweis darauf, dass Kultur ureigentlich Landesaufgabe ist. Wenn ich dann sehe, wie der Landesetat mittlerweile zum Bundesetat steht, dann kann ich nur sagen: Das ist wirklich deutlich zu wenig, vor allem im Bereich der Denkmalpflege.

Ich will auch gar nicht zu sehr herummäkeln. Auf eine Sache möchte ich jedoch hinweisen, auf einen groben Fehler. Im Bericht steht tatsächlich allen Ernstes: Viele – vor allem kleinere – Verlage haben in Nordrhein-Westfalen ihren Sitz. – Und das angesichts solcher Verlage wie DuMont Schauberg in Köln, dem Landwirtschaftsverlag und dem Coppenrath Verlag in Münster und vor allen Dingen dem offenbar „kleinen“ Verlag Bertelsmann Group in Gütersloh!

Kleinere Verlage! Damit komme ich auch zu einem anderen Thema. Gütersloh liegt im Osten des Landes. Blicken wir doch mal unter diesem Gesichtspunkt auf den Plan. Das Landesvermessungsamt hat den Mittelpunkt Nordrhein-Westfalens ermittelt; er liegt im Osten von Dortmund, in Applerbeck. Das ist die Mitte von Nordrhein-Westfalen. Viele halten diese Gegend jedoch für den Ostrand Nordrhein-Westfalens, und der Landeskulturförderplan offensichtlich auch. Denn in diesem Plan ist unentwegt die Rede von Unterstützungen im Ruhrgebiet, von Kreativquartieren, dem Ruhr Museum, der ecce GmbH, Urbane Künste Ruhr usw. Auch viele Einrichtungen im Rheinland sind hier genannt.

Was aber kaum vorkommt, sind kulturelle Aktivitäten in Westfalen. Warum eigentlich? – In Westfalen lebt die Hälfte der Einwohner unseres Landes, und auch dort gibt es kulturelle Aktivitäten, die aber offenbar von Düsseldorf aus nicht so gut gesehen werden.

(Beifall von der CDU)

Wo findet sich „Wege durch das Land“? Wo finden sich die Kulturarbeit der Kunsteinrichtungen und Kunstvereine Westfalens? Wo ist das Jazzfestival Münster? Wo sind die Spezialmuseen in Siegen und Herford, das Picasso-Museum in Münster und anderes?

Immerhin findet sich die weltweit bedeutendste Ausstellung für skulpturale Projekte – die Skulptur Projekte Münster, die alle zehn Jahre stattfindet – merkwürdig isoliert und steif als „Format Skulptur Projekte Münster“ im Plan wieder. Offensichtlich ist die Ministerin aus Ostwestfalen auf dem westfälischen Auge blind.

Die Redezeit.

Dabei gäbe es da Ansätze für wirkliche Konzeptionen. – Herr Präsident, ich komme sofort zum Ende.

Ein Kulturförderplan für 2016 bis 2018? – Nein; denn ab 2017 wird die Kultur in einer CDU-geführten Regierung wieder eine andere Rolle spielen. Es ist gut, dass dieser Bericht nur das Vorhandene beschreibt und außer vagen Andeutungen nichts Weiteres bietet. Wir werden ab 2017 zeigen, wie man Kulturpolitik macht. – Vielen Dank und frohe Weihnachten.