Also, ich weiß nicht, lieber Bernhard, wir sollten uns wegen der Zahlen vielleicht noch einmal zusammensetzen. Ihr hattet damals 80 Millionen € im Landesjugendplan. Wir haben mit diesem verabschiedeten Haushalt 109 Millionen €.
(Bernhard Tenhumberg [CDU]: Ihr hattet 80 Millionen € drin, habt aber nur 67 Millionen € ausgegeben!)
Wir haben den Etat – ich habe es vorhin gesagt – von 1,3 auf 3,6 Milliarden € erhöht. Das ist beispielgebend für die gesamte Bundesrepublik. Daran herumzumäkeln, kommt bei den Betroffenen auch nicht mehr an. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich hätte ich die Rede vom letzten Jahr nehmen können, weil sich Rot-Grün vom Gestaltungsanspruch völlig verabschiedet hat.
Sie sind seit über sechs Jahren in der Verantwortung. Die Bilanz in der Kita-Landschaft ist verheerend. Ein Großteil der Kitas ist unterfinanziert. 80 % der Kitas sagen, sie sind defizitär. Sie haben nachgesteuert und die Dynamik angeblich – um 1,5 auf 3 % – angepasst.
Trotzdem sind die Kitas in einer finanziellen Schieflage und so finanziell angespannt wie nie zuvor.
Ich will Ihnen auch sagen, woran das liegt. Sie feiern sich jetzt hier – Wolfgang Jörg hat es gerade eben gemacht, Andrea Asch wird es gleich wieder machen –
Zu Recht? – Ich will das noch einmal sagen: Sie haben in das Belastungsausgleichsgesetz investiert, das Grundlage ist, und die Elternbeitragsfreiheit für das dritte Kindergartenjahr eingeführt. Das sind rund eine halbe Milliarde Euro, die fast am System vorbeifließen.
Davon wird nicht eine Kita besser finanziert. Davon geht kein Kind zusätzlich in den Kindergarten, und keine Erzieherin wird besser finanziert. Das heißt, über 20 % der finanziellen Aufwendungen
Und dann kommt der Vorschlag der Sozialdemokratie – so schön dieses Ziel ja auch ist –: Bei einem Schuldenberg von 145 Milliarden € verspricht Herr Römer, die Kindergartenbeiträge freizustellen.
Wissen Sie eigentlich, was das kostet? Über eine halbe Milliarde Euro wird das zusätzlich kosten, Herr Römer. Und wissen Sie, was das große Problem dabei ist? Die Erzieherinnen werden trotzdem nicht besser bezahlt. Wir haben trotzdem nicht mehr Kindergartenplätze. Und die Tagespflege wird trotzdem schlecht bezahlt.
Das, was Sie damit vornehmen, ist eine Fehlsteuerung. Wenn Sie die Eltern fragen, welches das besser investierte Geld ist, dann sagen Ihnen alle Eltern: Wir wollen, dass zuerst die Kitas vernünftig ausgestattet sind, dass wir ausreichend Plätze haben, und dann erst die Beitragsfreiheit! – Also machen Sie an dieser Stelle bitte Ihre Hausaufgaben!
(Jochen Ott [SPD]: In den Einkommensgrup- pen, mit denen Sie sich unterhalten, ist das so! Ein falsches Weltbild! – Zuruf von der SPD: Mövenpick-Kinder!)
Sie haben über zehn zusätzliche Pauschalen eingeführt. Die Kitas ächzen und stöhnen mittlerweile unter der Last der Bürokratie.
Dann sagen Sie auch, denen würde es jetzt viel besser gehen. Sie haben die plusKITA eingeführt und die Sprachfördergelder anders justiert. Aber nur 40 % der Kitas profitieren davon, die anderen überhaupt nicht. Im ländlichen Raum herrscht eine große strukturelle Benachteiligung.
Bei den Kitas, die – das hat die Landesregierung dankenswerterweise noch beantwortet – plusKITA und Sprachförderpauschalen in Anspruch nehmen, hat sich ein Mitnahmeeffekt eingestellt. Wir haben die Situation, dass fast 30 % der Kitas das Geld nur umgeschichtet, aber kein zusätzliches Personal eingestellt haben. Das hätte man meines Erachtens auch anders machen können, denn das Ergebnis ist, dass es den Kitas vor Ort schlechter geht.
Zu Ihrer Forderung, Ungleiches ungleich zu behandeln, für die Sie sich immer so abfeiern: Mittlerweile kommt es vor, dass zwei strukturell gleiche Kitas unterschiedliche finanzielle Zuwendungen bekommen. Das heißt, Ihr System, Ungleiches ungleich zu behandeln, ist gescheitert.
Die Konsequenz für das Land Nordrhein-Westfalen ist, dass wir bundesweites Schlusslicht bei der U3Betreuung sind, dass wir die Qualitätsdebatte in diesem Land führen müssen, weil die Kitas unter den Auflagen, die Sie gemacht haben, ächzen und stöhnen, dass die Öffnungszeiten und somit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Katastrophe sind und die Tagespflege in diesem Land ungerechtfertigterweise schlecht behandelt wird.
(Andrea Asch [GRÜNE]: In welchem Land le- ben Sie eigentlich, Herr Hafke? Nicht in Nord- rhein-Westfalen!)
Abschließend komme ich auf ein Thema, mit dem Hannelore Kraft in diesem Wahlkampf angetreten ist und das auch Sie immer wie eine Monstranz vor sich hertragen, nämlich: KeKiz, „Kein Kind zurücklassen!“. So schön dieses Präventionsziel auch ist – Wolfgang Jörg hat es im letzten Ausschuss noch einmal gesagt –, KeKiz, „Kein Kind zurücklassen!“ ist kein Programm, um Kinderarmut in diesem Land zu bekämpfen.
(Beifall von der FDP und der CDU – Jochen Ott [SPD]: Das kann doch wohl nicht wahr sein! Sind Sie intellektuell nicht in der Lage, das nachzuvollziehen?)
Wenn das die Erkenntnis von KeKiz ist, wundert mich in diesem Land vieles nicht mehr. Wir habe die größte Kinderarmut in Nordrhein-Westfalen überhaupt. Sie steigt von Jahr zu Jahr an, und Sie setzen die Prioritäten in diesem Land falsch.
Das ist kein grober Unfug. Wenn Sie bei der Anhörung gewesen wären, hätten Ihnen die Experten das bestätigt. Die eigene Landesregierung operiert mit Zahlen, die falsch sind!