Protocol of the Session on October 7, 2016

Aus diesem Grunde möchte ich auch nicht bei einem Plenartheater mitmachen, bei dem die Rollen schon festgelegt sind: hier die Regierungskoalition, die alles über den Klee gelobt, und dort die Opposition, die alles so furchtbar den Bach runtergehen sieht – wir haben es gerade gehört. Insgeheim wissen wir ja, dass die Wahrheit meist irgendwo dazwischen liegt.

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Ach!)

Ich möchte die mir nun verbleibenden rund vier Minuten – das habe ich im Manuskript stehen, drei sind es tatsächlich – nutzen, um die digitale Zukunft in den Blick zu nehmen.

(Zuruf von Hendrik Wüst [CDU])

Ich möchte, im Gegensatz zu Ihnen, den Kopf heben, um nach vorne zu schauen, dabei die direkte Umgebung dennoch im Blick behaltend.

(Christof Rasche [FDP]: Vor allem im Sauer- land!)

Zwei Dinge möchte ich nennen, zunächst zum Stichwort „Breitband-Internet“.

Als Land tun wir unser Bestes, um den Ausbau durch Beratung und Förderung zu beschleunigen. Eine halbe Milliarde Euro stehen dafür bis 2018 zur Verfügung. Nur hilft das alles nichts, wenn nicht auch die Bürgerinnen und Bürger die Bedeutung breitbandiger Internetanschlüsse erkennen.

Jetzt erzähle ich Ihnen mal ein Beispiel aus meinem Wahlkreis. Ich weiß, dass sie Wahlkreise nicht so gut kennen wie wir von der SPD.

(Zurufe von der CDU)

In meinem Wahlkreis liegt die Stadt Xanten. In Xanten liegt die Quote

(Zurufe von der CDU)

hören Sie zu, dann lernen Sie was! – für den Internetanschluss

(Zurufe von der CDU)

Sie können ja nichts hören, wenn Sie dazwischenreden! – bei gerade mal 2,4 %, wenn wir über die Internetanschlüsse mit 50 Mbit/s und mehr reden. 2,4 % – auch das sieht man in der Anlage der Großen Anfrage, die uns vorliegt.

Kein Wunder also, dass es einen Anbieter gibt, der das erkannt hat und seit Monaten trommelt, um die netzschwachen Gebiete Xantens für Internet in Lichtgeschwindigkeit zu bewerben. Eigentlich müssten die Bürgerinnen und Bürger dieser Firma ja die Türen einrennen. Das machen sie jedoch nicht; denn aktuell liegt das Interesse der Bürgerinnen und Bürger bei 7 %.

(Lachen von Marcel Hafke [FDP])

Die Förderangebote, die Sie immer fordern – noch und nöcher, Milliarden um Milliarden –, und auch Ihre Sonntagsreden zur Bedeutung von schnellem Internet werden nicht reichen, wenn nicht auch der Endnutzer erkennt, dass seine Immobilie künftig ohne Breitband nicht mehr vermietbar, geschweige denn verkäuflich ist.

Dieses Verständnis müssen wir bei vielen, so glaube ich, erst noch wecken. Wenn dies nicht gelingt, können Sie noch so viele Milliarden für die Förderung bereitstellen – den Ausbau werden wir dennoch nicht schaffen.

Das wiederum führt mich zum zweiten Punkt. Die Digitalisierung unserer Welt muss bereits in der Kita und in der Schule so thematisiert werden, wie es ihrer Bedeutung in unserem täglichen Leben entspricht. Da ist zum einen die Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit der notwendigen Hardware. Das Thema „Gute Schule 2020“ hatten wir gerade – 2 Milliarden € stehen für die Digitalisierung der Schulen bereit, und das ist gut so.

Für diese Summe werden wir keine Laptops für alle anschaffen können; die brauchen wir jedoch auch gar nicht. Das „Learning Lab“ der Universität Duisburg-Essen beweist vielmehr gerade, dass es vor allem Breitband und WLAN an Schulen braucht, um mit den privaten Smartphones und Tablets der Schülerinnen und Schüler digital zu arbeiten. Das Stichwort hierfür lautet „Bring Your Own Device“. Ein dauerhaftes Wettrüsten der aktuellsten Hardware kann nämlich kein Schulträger auf Dauer gewinnen.

Inhaltlich sind aber wiederum die Lehrerinnen und Lehrer gefordert, denn mit der neuen Hardware alleine verändert sich nicht der Unterricht. Hierfür gibt es bereits tolle Beispiele – etwa LOGINEO NRW als Plattform. Dort werden Unterrichtsinhalte eingestellt, abgerufen, mit Zensuren versehen und auch kommentiert. Es wird kollaborativ gearbeitet und recherchiert, und das alles ist Alltag in Nordrhein-Westfalen, wie Sie auch aus der Antwort der Großen Anfrage 20 erkennen können.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende. Lassen Sie uns weiter mutig Vollgas geben und dabei nur von Zeit zu Zeit in den Rückspiegel schauen. Wir müssen die Hindernisse und Realitäten sehen, um nicht mit Tempo 200 vor die Wand zu fahren.

Die vorliegende Große Anfrage zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ihr eiligst zusammengeschusterter Entschließungsantrag ist nicht sehr viel mehr – es tut mir leid – als eine Seifenkiste, die Sie ins Rennen schicken wollen. Wir lehnen ihn deshalb ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, eine erholsame Herbstpause und selbstverständlich ein herzliches Glückauf!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schneider. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Wüst das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Schneider, wenn man hier ganze fünf Minuten am Stück lebhaft vom Blatt abliest, inklusive der verbleibenden Restredezeit, dann sollte man sich mit Spitzen gegen die Kollegen von kleineren Fraktionen ein bisschen zusammenreißen.

Das mit den Wahlkreisen entscheidet immer noch der Wähler; in acht Monaten auch wieder in Ihrem.

(Beifall von der CDU)

In der Regel kommt es in meinem Wahlkreis jedenfalls nicht so gut an, wenn man auf diese Weise miteinander umgeht.

(Britta Altenkamp [SPD]: Jetzt kommt wieder eine emotionale Rede! Da freue ich mich drauf!)

Zur Sache. Die Ministerpräsidentin hat in ihrer Rede auf dem Landesparteitag der SPD folgenden Satz gesagt. Ich zitiere – mit Erlaubnis des Präsidenten –:

„Weil wir Innovationen brauchen, haben wir eine Digitalstrategie vorgelegt. Die anderen folgen uns jetzt langsam Schritt für Schritt. Wir als Land sind vorangegangen in Nordrhein-Westfalen.“

Ähnliches hat Herr Duin in der gestrigen Unterrichtung zum Landeswirtschaftsbericht ausgeführt:

„Als erstes Land haben wir eine Strategie zur Stärkung der digitalen Wirtschaft vorgelegt, die wir konsequent weiterverfolgen.“

Bei diesen großen Tönen müssen Sie aufpassen, dass nicht irgendwann jemand kommt und Ihnen Walter Ulbrichts Worte „Überholen, ohne einzuholen“ unter die Nase reibt, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Digitale Agenda der Bundesregierung ist aus dem Jahre 2014. Die Regierungserklärung von Herrn Kretschmann in Baden-Württemberg stammt aus dem Oktober 2014. Ob Sie jetzt wie Herr Rossi auf dem Motorrad oder wie Herr Kretschmann in einer Limousine fahren – Sie sind jedenfalls immer schneller als diese Landesregierung, die sich hier besonderer Geschwindigkeit rühmt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das war der erste Punkt zum Thema „Geschwindigkeit“.

Der zweite Punkt betrifft das Thema „erkennbare Strategie“. Jetzt machen wir mit den großen Ankündigungen weiter – die funktionieren bei Ihnen immer gut. Die DWNRW-Hubs bekommen 500.000 €, bis zur Verdreifachung ist möglich über die Zeit. Das ist dann der große Paradigmenwechsel, der bevorstehende große Strukturwandel der Weltwirtschaft. Das ist dann das Engagement, mit dem Sie hier die Zukunftsfähigkeit Ihrer doch reichlich zähen Regierungsarbeit unter Beweis stellen wollen.

Ich kann es nur vorsichtig ausdrücken: Das ist keine ausreichende Finanzierung. Es fehlt an Tempo, und deshalb fehlt es auch an Erfolgen. Darüber hinaus fehlt es in Ihrer Politik auch – um wirklich innovativ zu sein – an den notwendigen Ideen für den digitalen Wandel. Wir haben Vorschläge zum Thema „Lernfabrik 4.0“ und zu einer Strategie für die LTEVersorgung gemacht.

Um es etwas breiter auszurollen: Zum Breitbandausbau haben wir hier Dutzende Debatten geführt, auch zu den „Innovationszentren Mittelstand“. Das alles haben Sie abgelehnt. Wenn man es ablehnt, muss man jedoch etwas Besseres anbieten können. Das kann ich aber selbst in Ihren 54 Antworten nicht erkennen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann komme ich zum Thema „Finanzierung“. Sie listen im Vorwort der Großen Anfrage die Finanzierung noch einmal in Summe auf: 500 Millionen € für das Breitband, 42 Millionen € für die digitale Wirtschaft und 70 Millionen € für HochschulStart-up.NRW, 4,7 Millionen € für CPS.HUB, 320 Millionen € für EFREMittel und 900.000 € für „it’s OWL“.

Mit Blick auf die Zeit greife ich mal nur die beiden größten Posten heraus: die 500 Millionen € für den Breitbandausbau und die 320 Millionen € EFREMittel. Das ist genau das Thema, das ich Ihnen gelegentlich vorhalten muss, dieses aufgeblasene Spiel mit den großen Zahlen, um die Medien zu beeindrucken, das Haus oder wen auch immer.

Bei den 500 Millionen € für Breitband unterstellen Sie 350 Millionen € an Kofinanzierung für Bundesmittel. Das ist die Analogie zum Königsteiner Schlüssel; das

haben wir hier schon mehrfach besprochen. Aktuell haben Sie 44 Millionen € dafür gebraucht. Die 500 Millionen € sind eine reine Luftbuchung, die natürlich in der Aufsummierung mit anderen Buchungen einen guten Eindruck macht. Aber das ist größte Kuchenstück. Mehr als die Hälfte Ihrer 940-MillionenStrategie ist eine Luftbuchung.

320 Millionen € für EFRE, das ist nicht deutlich seriöser, wenn man sich anschaut, um was es bei EFRE geht. Da geht es um die Leitmärkte, um Medien und Kreativwirtschaft, Energie und Umwelt, neue Werkstoffe, Gesundheit, Maschinen-/Anlagenbau, Produktionstechnik, Mobilität und Logistik, Life Sciences und IKT. Da ist bestimmt überall auch Digitalisierung drin. Wo ist nicht Digitalisierung drin? Aber dann zu behaupten, 320 Millionen € würden ausgerollt, um die Wirtschaft fit zu machen, und was da alles für große Worte kommen, ist schon etwas dick aufgetragen.

Dann noch einmal zum Thema „Tempo“. Die Landesregierung hat im Oktober 2015 beschlossen, 65 Millionen € aus der Digitalen Dividende II für die ländlichen Räume zu geben, und hat noch einmal 60 Millionen € GAK-Mittel dazugegeben. Das war im Oktober 2015.

Am 8. Juni 2016 – damit will ich enden – beantworten Sie eine Frage von uns mit den Worten: