Protocol of the Session on October 5, 2016

(Beifall von der FDP)

Für uns Liberale, meine Damen und Herren, stehen im Zentrum aller Überlegungen – Frau Beer hat das auch angesprochen – die Qualität der gymnasialen Bildung und die individuelle Förderung. Wir wollen die gezielte Benachteiligung aller Gymnasien in Nordrhein-Westfalen durch Rot-Grün endlich beenden. Wir wollen mehr Schulautonomie und den Gymnasien eine Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9 eröffnen.

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Wann und wo?)

Wir wollen nicht, Frau Pieper, dass sich alle Gymnasien umstellen müssen. Wir wollen auch keinen Zwang zu G9 gegen der erklärten Willen der Schulen. Wir wollen diese in Ruhe arbeiten lassen. Deswegen werden wir Ihrem Antrag heute nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Gebauer. – Nun spricht für die Landesregierung Frau Ministerin Löhrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte dem Weltlehrertag gerne gerecht werden und den Kolleginnen und Kollegen an den Schulen für ihre Arbeit danken. Es ist eine sehr verantwortliche Arbeit. Es ist auch eine sehr schöne Arbeit. Es ist vor allem eine Arbeit, die sich auf die Zukunft richtet, weil es um die Kinder und Jugendlichen geht, und sie sind nun einmal die Zukunft unseres Landes. Deswegen auch von mir ein

herzliches Dankeschön an die Lehrerinnen und Lehrer!

(Beifall von den GRÜNEN – Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Ich kann bei der Gelegenheit auch auf eine Meldung von IT.NRW verweisen. Offensichtlich ist NordrheinWestfalen ein guter Ort für Menschen, die Lehrerinnen und Lehrer werden wollen; denn die Zahl derer, die ein Lehramtsstudium aufgenommen haben, ist in Nordrhein-Westfalen um 7,7 % gestiegen. Das ist eine sehr gute Nachricht.

(Beifall von den GRÜNEN – Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Sie ist vor allem – daran sieht man, wie langfristig manchmal das Werben ist – für die Lehrämter an Berufskollegs gestiegen. Das ist noch einmal eine gute Nachricht, weil wir wissen, dass das auch eine Schulform der Zukunft ist, an der man im Übrigen – das sei bei der Gelegenheit auch gesagt – nach neun Jahren das Abitur erwerben kann, also nicht nur an Gesamtschulen. Das zeigt, dass die Maßnahmen der Landesregierung mittel- und langfristig wirken.

Meine Damen und Herren, zu der Frage der Schulzeit im gymnasialen Bildungsgang möchte ich das aufgreifen, was Herr Lammert heute gesagt hat. Er hat sinngemäß gesagt, in der Sache fair um den richtigen Weg streiten, Populismus nicht das Wort reden und gute Kompromisse finden. Das wäre für mich der Maßstab, wie wir vielleicht die weitere Diskussion führen sollten.

Ich habe mich bei der Berichterstattung über die Diskussion innerhalb der CDU-Fraktion sehr gefreut, dass Herr Laschet noch einmal sehr deutlich gemacht hat, dass die Art der Einführung des G8 durch die Vorgängerregierung wirklich fehlerhaft war und dass damit auch Problemlagen verursacht worden sind, über die wir immer noch zu diskutieren haben.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Seit sechs Jah- ren!)

Ja, genau, lieber Herr Stamp, daran sehen Sie, wie langfristig das wirkt. Wenn es nach Ihnen geht, bin ich wahrscheinlich noch an der mangelnden Akzeptanz des G8 in Bayern Schuld. So argumentieren Sie. Das zeigt doch, wie platt Sie hier argumentieren, lieber Herr Stamp.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Sie sind hier in Nordrhein-Westfalen und nicht in Bayern!)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, weil Sie sich ja offenbar als Hauptthema ausgesucht haben, sich an den Grünen abzuarbeiten, statt für eine gute Schulentwicklung zu sorgen.

Die Hauptkapriole, liebe Frau Gebauer, hat doch wohl die FDP vollzogen. Die Hauptkapriole in der

Diskussion um G8 und G9 hat die FDP vollzogen, die früher glühendster Befürworter war, dies auch immer gesagt hat und jetzt im Lichte des Wahlkampfes und der Bürgerinitiativen auf einmal sagt, nein, jetzt müssen wir das Ganze noch einmal neu überdenken. Das möchte ich bei dieser Gelegenheit doch einmal feststellen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt zum Antrag. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten – da bin ich Frau Voigt-Küppers, Herrn Kaiser und Frau Beer dankbar –, man sollte aus Fehlern Konsequenzen ziehen und nicht den gleichen Fehler zweimal machen. Das ist auch etwas, was ich aus Fehleranalysen gelernt habe.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie schlagen hier jedoch vor, den gleichen Fehler ein zweites Mal zu machen, und das wäre falsch. Das würde einen ungeheuren Druck auf die Schulen ausüben. Meine Hauptbotschaft ist, dass die Schulen wissen, in diesem Jahr können sie in Ruhe ihre Arbeit machen. Es wird nichts übers Knie gebrochen. Es gibt keine Schnellschüsse. Es werden die Betroffenen, die Verbände und alle, die dazu etwas beizutragen haben, beteiligt.

Eine Veränderung, welcher Art auch immer, braucht Zeit, und sie braucht eine gute Vorbereitung. Sie darf nicht übers Knie gebrochen werden. Trotz Wahlkampfzeiten sollten wir uns vornehmen, das zu tun. Deswegen freue ich mich auf hoffentlich konstruktive Beratungen am runden Tisch, meine Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN und Eva Voigt-Küp- pers [SPD])

Lassen Sie mich ein Letztes anmerken: Es zeichnet sich in den vorhandenen Vorschlägen ab, dass offensichtlich viele Sympathie für folgenden Ansatz hegen: Wir brauchen keine Standardantwort für alle, sondern wir brauchen eine differenzierte Vorgehensweise, die sich daran orientiert, dass die Kinder für bestimmte Bildungsabschlüsse unterschiedlich

lange lernen. – Das kann man in guten Schulen sehen. Deswegen ist das eine Richtschnur für die weitere Diskussion: Flexibilisierung der Lernzeit, systemisch angelegt im System.

Auch ein anderer Punkt muss bedacht sein: die Vergleichbarkeit der äußeren Struktur an den Gymnasien in ganz Nordrhein-Westfalen, damit Kinder auch in Städten, in denen es zum Beispiel nur ein Gymnasium gibt, umziehen können.

Das Manko des FDP-Vorschlags ist: Bei Ihnen wären die Mobilität und die Vergleichbarkeit nicht mehr gesichert.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE], Stefan Engstfeld [GRÜNE] und Ingrid Hack [SPD])

Eine Familie könnte nicht mehr aus der einen Stadt, in der es G9 gibt, in eine andere Stadt, in der es G8 gibt, umziehen. Es ist wichtig, dass das in NordrheinWestfalen nicht eintritt. – Danke schön.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Löhrmann. – Alle guten Dinge sind drei. Es gibt eine dritte Kurzintervention, von der Piratenfraktion beantragt. Frau Pieper, bitte.

Vielen Dank. – Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, dass Sie die Unruhe nicht in die Schulen tragen wollen, indem Sie zum nächsten Schuljahr wieder G9 einführen. Wie bewerten Sie es, dass einige Schulen genau diesen Antrag gestellt haben? Zum Beispiel würde das Gymnasium in Eschweiler nichts lieber tun, als zum nächsten Sommer wieder G9 anzubieten. Diese Anträge lehnen Sie aber ab.

Wie sehen Sie es denn, wenn diese Schulen, die G9 sehr gerne möchten und es überhaupt nicht als Problem betrachten, das jetzt an ihrer Schule umzusetzen, jetzt nicht damit starten können?

Liebe Frau Pieper, unser Schulgesetz und unser Rechtsrahmen für den stattfindenden Schulversuch sind eindeutig. Alle Gymnasien hatten die Möglichkeit, sich an diesem Schulversuch zu beteiligen. Das haben die genannten Schulen getan. Das ist der Rechtsrahmen, und an diesen Rechtsrahmen habe ich mich gehalten und daran will ich mich als Ministerin halten, weil das vernünftig und richtig ist. Das ist die einfache Antwort auf Ihre Frage.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Löhrmann. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der Piraten hat eine direkte Abstimmung beantragt. Wer also stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, CDU und FDP. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung des fraktionslosen Abgeordneten Schulz ist damit der Antrag Drucksache 16/13031 mit breiter Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe auf:

5 Partizipationsmöglichkeiten der Elternvertre

tungen stärken

Antrag der Fraktion der SPD,

der Fraktion der CDU, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der FDP und der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/13027

Ich eröffne für die SPD sozusagen das Pult. Frau Hendricks hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn dieser Legislaturperiode hatten sich SPD und Grüne vorgenommen, die Struktur der Elternbeteiligung zu verbessern. Zu dieser Verbesserung haben wir im Vorfeld viele Gespräche mit Elternverbänden und Stadtschulpflegschaften geführt. Es gab dann einen Antrag der FDP, Elternpartizipation vor Ort zu stärken. Dazu hat es eine umfängliche Anhörung gegeben. Aus dieser Anhörung haben wir eine ganze Reihe an Informationen und Impulsen für diesen Antrag mitgenommen.

Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, einen interfraktionellen Antrag im Landtag auf den Weg zu bringen, mit dem wir die Stärkung der Mitwirkung von Eltern in Nordrhein-Westfalen voranbringen wollen.

Mit diesem Antrag versuchen wir durch einen Vermittlungsprozess, Elternrechte aus sich selbst heraus weiterzuentwickeln. Deshalb wollen wir auch zu einer Konferenz einladen, in der landespolitische Bildungsfragen mit den Eltern diskutiert werden.

Wir machen aber auch deutlich, dass die Stärkung der Elternrechte eine Aufgabe des zukünftigen Parlaments sein könnte, denn wir wissen nicht, ob die Initiativen, die wir jetzt auf den Weg bringen, am Ende in Gesetzesinitiativen münden werden.

Das wachsende Interesse der Eltern, sich vor allem auf der kommunalen Ebene zu organisieren, sich an Entscheidungsprozessen in den Kommunen zu beteiligen und sich untereinander auszutauschen, verdient unsere Anerkennung und auch die Unterstützung des Landes. Ich möchte übrigens an dieser Stelle den vielen Eltern danken, die sich ehrenamtlich in Nordrhein-Westfalen in die Elternmitwirkung einbringen.