Protocol of the Session on October 5, 2016

Wenn der Präsident der Meinung ist, dass man das als eine Frage beantworten kann, dann will ich sie gerne beantworten.

Herr Kollege Zimkeit, Sie haben damit nur Ihr Weltbild deutlich gemacht. Sie haben nämlich deutlich gemacht, dass das, was da jetzt an monatelangen Blockaden und an Nachtsitzungen entstanden ist, eigentlich nur ein Signal gegeben hat – und da gebe ich dem Kollegen Witzel recht –, welches Rechtsunsicherheit im nordrhein-westfälischen Mittelstand geschaffen hat und das Vertrauen in Ihre Landesregierung weiter erschüttert hat. Und ob dann CDU- oder CSU-Abgeordnete in Berlin dafür oder dagegen stimmen – das ist ein Ablenkungsmanöver, was Sie hier machen. Das tut mir leid.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Mit dem Ablenkungs- manöver haben Sie doch angefangen!)

Sie wissen ganz genau, dass hier im Landtag Ihre Koalition den Mittelständlern und Familienunternehmern an ganz vielen Stellen das Leben schwer macht – und zwar völlig ohne Not, nur aus ideologischen Gründen.

(Beifall von der CDU – Stefan Zimkeit [SPD]: Frei erfunden, Herr Optendrenk!)

Ich stelle mir mal vor, das Bundesverfassungsgericht hätte nicht zwischenzeitlich gesagt, dass es sich nach der Sommerpause mit der Sache beschäftigen wolle für den Fall, dass man im Vermittlungsausschuss nicht zwischenzeitlich zu einer Lösung gekommen wäre – dann wäre dieses Gehampel weitergegangen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Wie lange hat Herr Schäuble denn für den Gesetzentwurf ge- braucht?)

Wenn man sich anschließend anschaut, wie der Berg kreißte und was für eine Maus der Vermittlungsausschuss dann geboren hat, dann kann man nur sagen: Diese drei Monate waren einmal mehr vertane Zeit. Das war kein Beitrag zur Standortqualität in Deutschland, zur Förderung von Mittelstand, zur Förderung von Familienunternehmen in Nordrhein-Westfalen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Wie lange hat Herr Schäuble denn für den Gesetzentwurf ge- braucht? Fast ein Jahr!)

Das war eine der schlechtesten Aktionen, die die Landesregierung in diesem Jahr für Wirtschaft, Mittelstand und Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen gemacht hat.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Herr Kollege Optendrenk, Ihre Ausführungen haben bei Herrn Kollegen Abel, wenn ich das richtig sehe, den Wunsch nach einer Frage provoziert. Lassen Sie die zu?

Natürlich.

Bitte schön.

Vielen Dank, lieber Kollege Dr. Optendrenk, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. Bei Ihren Ausführungen drängte sich mir die Frage auf: Wer ist eigentlich zuständiger Gesetzgeber? Sie tun die ganze Zeit so, als hätten wir das Ganze hier im Landtag blockiert. Wer ist denn zuständiger Gesetzgeber, und wer ist vom Bundesverfassungsgericht zweimal aufgefordert worden, nachzubessern?

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege, wir können jetzt gerne ein staatsrechtliches Seminar hier abhalten.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Beantworte doch die Frage! – Heiterkeit bei der SPD)

Ja, für Sie hilft das nicht mehr. – Sie wissen, dass Bundestag und Bundesrat gemeinsam entscheiden müssen

(Zuruf von Oliver Keymis [GRÜNE])

und dass diese Landesregierung über den Bundesrat mit fünf Stimmen im Bundesrat präsent ist. Der Finanzminister hat als der Vorsitzende der Finanzministerkonferenz dabei ein wesentliches Wort mitzureden.

(Oliver Keymis [GRÜNE]: Das ist falsch! – Ste- fan Zimkeit [SPD]: Bei Staatsrecht wärst du durchgefallen!)

Das ist doch der Punkt! Die Erbschaftsteuerreform ist eine Bundessteuerangelegenheit; das ist eine Bundesgesetzgebungsangelegenheit. Wenn es Ihnen nicht deutlich ist, dass der Bundesrat entsprechend mitzuwirken hat, dann empfehle ich, noch einmal Staatsrecht I zu lesen. Gibt es auch im Internet.

(Beifall von der CDU)

Viele mittelständische Unternehmen bezahlen nur deshalb keine Erbschaftsteuer, weil sie Arbeitsplätze und damit das Einkommen vieler Familien in Nordrhein-Westfalen erhalten. Allerdings würde der Vorschlag einer Pauschalbesteuerung mit 10 % diese mittelständischen Unternehmen ebenfalls belasten;

denn unabhängig davon, ob sie die Arbeitsplätze auf Dauer erhalten oder nicht, sind Steuerzahlungen fällig, Herr Kollege Witzel. Den Unternehmen also auch an dieser Stelle Geld entzogen. Damit stellt sich die Notwendigkeit, die Frage zu beantworten, woher dann wichtige Zukunftsinvestitionen kommen sollen.

(Michael Hübner [SPD]: Durch die Erbschafts- teuer!)

Insofern bleibt nur die Schlussfolgerung, dass auch Ihr Antrag dieses Problem überspielt. Wir werden deshalb gegen Ihren Antrag stimmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Optendrenk. – Für die Fraktion Die Grünen spricht Herr Kollege Abel.

(Oliver Keymis [GRÜNE]: Die wollen gar nicht regieren! – Stefan Zimkeit [SPD]: Wir wussten ja, dass sie nicht können!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der letzten Dekade hat das Bundesverfassungsgericht zweimal – zweimal, lieber Kollege Dr. Optendrenk – den Gesetzgeber, den Bund, aufgefordert, die Erbschaftsteuer gerechter zu machen, und es hat zweimal die pauschalen Ausnahmeregelungen für grundgesetzwidrig erklärt.

Die Große Koalition hat nach dem letzten Urteil fast anderthalb Jahre gebraucht, um einen Gesetzentwurf vorzulegen.

Deswegen ist es völlig unverständlich, wie Sie sich hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen ans Pult stellen und der Landesregierung vorwerfen können, sie habe über Wochen und Monate geschwiegen, wenn die Große Koalition wegen der Alpen-Ayatollahs, die alles Mögliche ins Getriebe geworfen haben, um die Erbschaftsteuer zu kassieren, sich nicht einigen konnte. Wenn Sie sich in der CDU gegen die nicht durchsetzen können, ist das der Treppenwitz der Geschichte, lieber Kollege Marcus Optendrenk.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das, was die Große Koalition uns da vorgelegt hat, war meilenweit von dem entfernt, was das Bundesverfassungsgericht an Ansprüchen festgelegt hat. Die Regelungen wurden noch komplizierter. Die pauschalen Begünstigungen bei Erben von Betriebsvermögen wurden beibehalten, und Betriebsvermögen im Millionenumfang wurden pauschal ohne Bedürfnisprüfung weiter geschont.

Da geht es auch nicht um die kleinen und mittleren Unternehmen; da geht es auch nicht um Arbeits

plätze. Wer der Meinung ist, dass wir Betriebsvermögen bis zu 90 Millionen € ohne Bedürftigkeitsprüfung generell verschonen sollten, der hat nicht den mittleren Handwerksbetrieb in Nordrhein-Westfalen im Sinn. Es ging darum, dass die CSU die Ausländermaut für das Bierzelt bekommt und Seehofer für die Schickeria in München die Erbschaftsteuer kassiert. Darum ging es, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die CDU hat hier vor der Sommerpause noch versucht, uns zu drängen, diesen Murks mitzutragen, weil sie nicht allein in diesem Boot sitzen wollte. Sie wollte nicht alleine der Handlanger der CSU zu sein. Das aber können Sie ohne uns machen!

Nach den Ausführungen von Herrn Dr. Optendrenk und von Herrn Witzel fällt es mir schwer, das zu sagen, aber ich bin näher bei Herrn Witzel.

(Minister Johannes Remmel: Oh! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD] – Zuruf von Oliver Key- mis [GRÜNE])

Ja, das ist in der Tat bemerkenswert. Deswegen sage ich das hier noch einmal.

Herr Kollege, würden Sie eine …

Lieber Kollege Marcus Optendrenk, so, mit der Leichtigkeit, mit der Sie über die beiden grundsätzlichen Urteile des Bundesverfassungsgerichts hinweggegangen sind und das auch noch verteidigt haben, machen Sie sich unglaubwürdig, wenn Sie an anderer Stelle hier im Hause, wie vorhin in der Fragestunde, immer auf Gerichte und Urteile verweisen. Das ist unglaubwürdig.

Herr Kollege Abel, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Dr. Optendrenk zulassen?

Ja, immer sehr gern.

Bitte schön.

Herzlichen Dank, dass ich nachfragen darf. – Ist Ihnen bewusst, dass es bei den 90 Millionen € nicht um den Firmenumsatz in einem Jahr geht – so wie das immer als Gegenargument erzeugt wird –, sondern um eine Bewertung, die aufgrund der sehr niedrigen Zinslage eine steuerliche Festsetzung ist, die bei Weitem nicht

nur riesige Unternehmen und Konzerne betrifft, sondern aufgrund des Bewertungsfaktors auch schon mittlere und größere Mittelständler umfasst?

(Vereinzelt Beifall von der CDU)