Protocol of the Session on September 14, 2016

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/12833

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDUFraktion dem Kollegen Hovenjürgen das Wort.

(Christof Rasche [FDP]: Den Taten folgen jetzt Worte!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man konnte in den Medien lesen, dass Herr Groschek sich über die mangelnde Möglichkeit erregte, Großprojekte in diesem Land durchzusetzen. Er benannte das mit „durchgrünte Gesellschaft“, die Großprojekte in aller Form bekämpfe. Ich würde der Wortwahl zwar nicht ganz folgen und nicht jede Bürgerinitiative in den Senkel stellen, aber die Ergebnisse der Politik, die er beschrieben hat, sind korrekt.

Das hören wir in ähnlicher Form auch von Herrn Minister Duin, der erklärt hat, dass er sich in die Wirtschaftspolitik dieses Landes leider nicht ausreichend eingebunden fühlte, weil er damals die Koalitionsverhandlungen noch nicht mit führen konnte, und dass sie, wenn er beteiligt gewesen wäre, sicherlich ein Stück weit anders ausgegangen wären.

All diesen Analysen kann man folgen und zustimmen; man muss dabei nur fragen: Wie konnte es dazu kommen, meine Damen und Herren? Dazu

konnte es nur kommen, dass man Herrn Umweltminister Remmel die Möglichkeit gab, Fakten innerhalb von Planungsabläufen und Mitwirkungsmöglichkeiten zu schaffen, die zu Verhinderungsinstrumenten führten. Dabei ist zum Beispiel die Erweiterung des Verbandsklagerechts aus seiner Sicht sicherlich darauf ausgerichtet gewesen, zukünftig im Außenbereich auf Stallbauten über die genehmen Verbände einwirken zu können, die einem nahestehen.

Dass die gleichen Verbände allerdings jetzt auch zum Beispiel massiv gegen Windparks vorgehen, ist sicherlich ein Kollateralschaden, den er so nicht gesehen hat, der aber jetzt Fakt ist, meine Damen und Herren. So kann ich zum Beispiel aus meinem Heimatkreis mitteilen, dass mir die dortige Genehmigungsbehörde, der Kreis Recklinghausen, mitgeteilt hat, dass kein einziges genehmigtes Windrad zurzeit nicht beklagt wird.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Wegen Tierrecht!?)

Das sehen wir dann auch in dieser Situation so, dass es Planungsrechte gibt, bei denen Einspruchsmöglichkeiten gegeben sind, Herr Rüße. Wenn ein Träger öffentlicher Belange, wie zum Beispiel das Umweltbüro, bei Planverfahren beteiligt wird und eine Stellungnahme abgibt, diese Stellungnahme ohne Bedenken ist, aber der BUND hinterher trotzdem gegen das Projekt klagt, dann läuft irgendetwas falsch in diesem Land. Das muss man einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege Hovenjürgen, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Rüße zulassen?

Ja, aber sicher doch.

Bitte schön, Herr Rüße.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Weil Sie gerade den Zusammenhang aufgebaut haben, wüsste ich gern, wo in unserem Bundesland aufgrund der Möglichkeit des Klagerechtes im Tierschutz ein Windpark beklagt worden ist. Ich meine das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände und nicht das bereits im Bundesgesetz verankerte Klagerecht für Naturschutzverbände. Es geht um das verankerte Klagerecht für Tierschutzverbände. Wo ist in Nordrhein-Westfalen ein Windpark deshalb beklagt?

Herr Rüße, insgesamt haben die Verbände einen Einfluss auf Abläufe in unseren Verfahren, die Parlamente nicht mehr haben. Das Naturschutzgesetz, das dieser Minister auf den Weg bringt bzw. auf den Weg gebracht hat, das Sie mit unterstützen, führt im Übrigen dazu, dass es eine Entmachtung der kommunalen Parlamente und eine Aufwertung von Entsendungsgremien gibt, die Ihnen durch Wahllegitimation gar nicht zusteht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Zukünftig haben die Naturschutzverbände durch Entsendung in die jetzt noch zu nennenden Landschaftsbeiräte, die sich demnächst Naturschutzbeiräte nennen sollen, die Möglichkeit, ihren Verfahrensschritt dort zu manifestieren, und die Kreistage und Räte haben keine Möglichkeit mehr, dies zurückzuholen. Das ist eine Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung und bringt eine Stärkung von Abläufen, wie sie so demokratisch nicht gewollt sein kann.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Was Herr Groschek und Herr Duin bemängeln, sind die Zeitabläufe, die wir mittlerweile durch diese Planverfahren haben. Zehn Jahre dauert in NordrheinWestfalen eine schnelle Planung. Wenn Herr Remmel und seine – ja – Helfershelfer beteiligt sind, sind wir schnell bei 20 Jahren, wenn überhaupt, meine Damen und Herren.

Insofern brauchen wir uns am Ende auch nicht zu wundern, wenn wir bei der Wirtschaftsentwicklung in diesem Land auf dem letzten Platz stehen. Es gibt keine Investitionssicherheit, und dieser Mangel an Investitionssicherheit führt dazu, dass Investoren in diesem Land nicht mehr sicher sein können, dass sie trotz Genehmigung ihre Projekte zu Ende bringen können. Das ist Gift für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.

Wir haben über so viele Dinge zu reden, beispielsweise über Flächenmanagement, über Flächenentwicklung.

Darüber hinaus müssen wir über Projekte reden, die wir auf den Weg bringen wollen, damit wir wieder Arbeit anbieten können. Das gilt zum Beispiel für das Ruhrgebiet, der Region, aus der ich komme. Dort stehen zwar 12.000 ha Altflächen zur Verfügung, aber ein Großteil dieser Flächen ist gar nicht nutzbar, weil sie innerstädtisch liegen und somit für industrielle Nutzung, wie sie vorher vorrangig genutzt wurden bei Kohle und Stahl, nicht mehr zur Verfügung stehen.

Gleichzeitig aber sind wir restriktiv im Außenbereich unterwegs und verhindern dort die mögliche Ausweisung. Die Kapriolen des Ministers zum Thema „newPark“ sind uns ja noch bekannt.

Das, was jetzt im Naturschutzgesetz geplant ist, Herr Rüße, dass nämlich die Naturschutzverbände noch vor der öffentlichen Hand und vor der Landwirtschaft ein Vorkaufsrecht eingeräumt bekommen können, ist ein Anschlag auf die kommunale Selbstverwaltung!

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Das ist der Versuch, Projekte zu verhindern, die man parlamentarisch nicht beeinflussen kann. Das ist die miese Art von Politik, wie sie Herr Remmel seit Jahren betreibt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir bekommen Gesetzentwürfe vorgelegt, Herr Rüße, die den Charakter eines Pakets haben. Außen ist die Verpackung, und im Inneren werden dem Minister Rechtsverordnungen an die Hand gegeben, mit denen er politische Schritte durchführt, die das Parlament so gar nicht will. Das ist eine Aushöhlung des Parlamentarismus, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Ich könnte jetzt Projekte auflisten, die in NordrheinWestfalen behindert werden. Wir können über Straßenbauprojekte reden, wir können über Windparks reden. All das führt im Moment zu Problemen in der Umsetzung und in der Wirtschaftssituation dieses Landes, weil diese Regierung in diesem Fall keine rote Linie hat, weil die Landesplanung diesen Minister agieren lässt und weil sie am Ende keinen Beitrag dazu leistet, eine stringente und für die Menschen berechenbare Planungssicherheit in diesem Land zu schaffen. Das hat Nordrhein-Westfalen auf den letzten Platz der Wirtschaftswachstumssituation gebracht.

Das sollte Sie umtreiben, lieber Kollege Rüße, weil wir den Menschen und ihren Existenzen verpflichtet sind. Ja, wir müssen dafür sorgen, dass die Umwelt intakt ist, aber wir müssen auch dafür sorgen, dass die Menschen in unseren Regionen an ihren Wohnorten und in der Nähe ihrer Wohnorte noch Arbeit finden können. Darauf sollten wir uns konzentrieren, meine Damen und Herren!

(Beifall von der CDU und der FDP – Norwich Rüße [GRÜNE]: Das klappt doch in OWL, im Münsterland, das klappt im Sauerland!)

Ich weiß nicht, lieber Herr Rüße, ob Ihnen die Arbeitslosenzahlen im Ruhrgebiet bekannt sind. Wir haben noch zweistellige Arbeitslosenzahlen. Der Kreis Recklinghausen hat über 73.000 Hartz-IVEmpfänger. Das führt dazu, dass wir von den 1,08 Milliarden € über 820 Millionen € in die Sozialstrukturen hineingeben müssen, indirekt und direkt. Das führt dazu, dass in dieser Region kein investitionsspielraum ist. Hinzu kommt, dass die Stadt Recklinghausen keinen Hektar Industriefläche mehr zur Verfügung hat, die sie anbieten kann.

Wenn wir jetzt nicht einmal neue Arbeitsplätze in diese Regionen bringen können und wenn der neue LEP, so wie er aufgestellt ist, dazu führt, dass wir auch noch dort eine Flächenminimierung betreiben, wo wir eigentlich mehr Fläche bräuchten, dann ist das die Konterkarierung des Versuches, dem Ruhrgebiet wieder auf die Beine zu helfen. Und dass dabei Sozialdemokraten attestieren, macht mich fassungslos, meine Damen und Herren!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Klocke zulassen?

Bitte schön.

Danke, Herr Abgeordneter und Herr Präsident! – Meine Frage ist: Was ist denn Ihre Conclusio?

Ich habe mir für den Wortbeitrag eine ganze Reihe von Stellungnahmen von CDU-Kreisverbänden oder -Bundestagskollegen herausgesucht, wo sie sich gegen Infrastrukturprojekte im Bereich Straßenbau, die Sie ja erwähnt haben, aussprechen. Ob Frau Winkelmeier-Becker im Rheinland bei einem Schienenausbauprojekt oder der CDU-Stadtverband Bad Oeynhausen gegen den Ausbau der B 61, es sind durchaus auch CDU-Kollegen auf kommunaler, regionaler und auch Bundesebene, die sich deutlich gegen den Ausbau von Verkehrsprojekten wenden.

Was ist denn das CDU-Angebot? Was muss sich denn im Planungsrecht ändern, damit sich all das, was Sie in Ihrem Redebeitrag beklagen, entsprechend nach vorn positiv auflöst?

Herr Hovenjürgen, bitte schön.

Herr Klocke, wir müssen berechenbar werden in dem, was Politik hier entscheidet, und Abläufe müssen berechenbar werden. Diese Berechenbarkeit gibt es nicht.

Ich nehme ein Ihnen nahe liegendes Thema, die Windkraft: Was vor Ort gerichtlich ausgetragen werden muss, ist der Mangel an Gestaltungswillen, der dem Ministerium in Düsseldorf fehlt. Jede Anlage muss vor Ort von den Gegnern und Befürwortern vor Gerichten durchgekämpft werden, weil es das Ministerium in diesem Fall versäumt, ein klares Regelwerk aufzustellen. Bei allen anderen Dingen, wenn es darum geht, zu verhindern, zu behindern, kann Herr

Remmel sehr kreativ Regelwerke entwickeln. In diesem Fall hat er es nicht getan.

(Beifall von der CDU – Norwich Rüße [GRÜNE]: Was ja gar nicht stimmt!)

Wer Nordrhein-Westfalen nach vorn bringen will, muss Ermöglichungspolitik und nicht Behinderungspolitik betreiben. Wer Nordrhein-Westfalen nach vorn bringen will, muss den Menschen Berechenbarkeit geben und nicht Unsicherheit. Und wer NordrheinWestfalen und das Ruhrgebiet nach vorn bringen will, muss dafür sorgen, dass wir dort Arbeitsplätze schaffen können. Das alles ist mit dieser Landesregierung zurzeit nicht zu machen.

Nehmen Sie die Gesetzesvorhaben, die Sie noch auf dem Weg haben: Den LEP noch einmal zu überarbeiten, wäre der eine sichere und gute Schritt. Das neue Naturschutzgesetz vom Markt zu nehmen, damit es eben nicht zu diesen Eingriffsmöglichkeiten kommt, wäre der zweite Schritt. Ansonsten sind die Krokodilstränen, die Herr Groschek geweint hat, vergebene Liebesmüh.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Norwich Rüße [GRÜNE]: Sie haben es doch gar nicht verstanden!)

Vielen Dank, Herr Hovenjürgen. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Thiel.