Protocol of the Session on July 6, 2016

Er wurde mit einer Investition von fast 100 Millionen € von UPS in Herne belohnt. Herne hat jetzt als ehemaliger reiner Speditionsstandort alle Chancen, mitten im Ruhrgebiet viele Tausend Arbeitsplätze an einem Standort mitten in der Stadt zu entwickeln und so Strukturwandel ganz praktisch durch kluge Kommunalpolitik zu begleiten und zu forcieren.

Wir brauchen in dieser Beziehung viele Hernes. Wir können gar nicht genug bekommen von den Hernes in dieser Welt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dieser Oberbürgermeister sollte Schule machen.

(Beifall von der SPD)

Der dritte Bereich ist die Infrastruktur. Der Bundesverkehrswegeplan gibt wichtige Hinweise darauf, wo dieses Land im Infrastrukturausbau gestärkt wird. Fast 40 % aller Sofortmaßnahmen zur Beseitigung der Engpassstellen und zur Staubeseitigung auf der Straße sowie wichtige Schienenprojekte werden bei uns umgesetzt.

An einigen Stellen müssen wir noch nacharbeiten – Stichwort „Eiserner Rhein und seine Bypässe“; Stichwort „Überprüfbarkeit der Belastbarkeit der verkürzten Münster-Lünen-Ertüchtigung“.

Historisch sind aber auch zum ersten Mal Abschnitte vom Ausbau betroffen, die wichtig für die Logistik sind. Das betrifft zum Beispiel die Rhein-Sieg-Strecke sowie die Ruhr-Sieg-Strecke.

Auch da müssen wir gemeinsam für Akzeptanz sorgen. Es kann nämlich nicht sein, dass die Vorgartenperspektive und das Schwarze-Peter-Spiel verhindern, dass Infrastrukturentwicklungen dieses Land weiter stärken. Das geht nur gemeinsam, wenn sich Regierungskoalitionen und Oppositionskoalitionen nicht ins Bockshorn jagen und vor jede Initiative spannen lassen, die meint, Lärm sei der Mittelpunkt der politischen Bewertung. Es gibt neben dem Lärm auch andere Kriterien, die überlegt sein wollen.

(Beifall von Christof Rasche [FDP])

Der Bundesverkehrswegeplan alleine wird trotz eines verbesserten Kanalausbauprogramms aber nicht ausreichen. Deshalb bin ich Herrn Pofalla sehr dankbar dafür, dass wir mit der Deutschen Bahn, mit der verladenden Wirtschaft und den großen Handelskonzernen in unserem Land gemeinsam eine Güterschienenverkehrsperspektive entwickeln können, die weit über das Sparkonzept der DB hinausgeht.

Wir müssen die Schiene für Güterverkehre ertüchtigen, weil der Modal Split wie zementiert ist. Wenn wir uns den Anteil anschauen, der auf der Schiene landet, müssen wir uns eingestehen, dass der Spruch „Wir bringen die Güter von der Straße auf die Schiene“ die größte verkehrspolitische Lebenslüge dieser Republik ist. Generationen von Verkehrspolitikern haben genau das Gegenteil getan.

Deshalb brauchen wir einen Neuanfang. Hier brauchen wir einen Aufbruch. Wir brauchen mehr Güter auf der Schiene und mehr Güter auf der Wasserstraße, weil das die Umwelt entlastet und das Klima schützt und so die Akzeptanz für die Logistik stärkt.

Deshalb ist es wichtig, den Modal Split zu verändern. Das wird uns in Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit Wirtschaft und DB stellvertretend für die Republik auch gelingen. Das freut mich sehr.

(Beifall von der SPD)

Bevor gleich wieder der Hinweis „Aber das Flughafenkonzept, aber das Flughafenkonzept“ kommt: Seien Sie gewiss, dass sich diese Landesregierung mit den sie tragenden Koalitionsfraktionen auch dieser Pflicht stellen wird.

Wir haben zu Beginn dieser Wahlperiode in unserem Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir nach Veröffentlichung des nationalen Luftverkehrskonzeptes unser eigenes fortentwickeln werden.

Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene sind ja Qualitätskriterien festgehalten, die ein nationales Luftverkehrskonzept erfüllen muss. Dann kann es nicht sein, dass man nur hinnimmt, dass sich die Großflughäfen jenseits von Sachsen und Nordrhein-Westfalen aus ihrer Mitverantwortung verabschieden. Es ist und bleibt falsch, dass wir wissen, wann tageszeitlich auf dem Berliner Flughafen geflogen werden darf und wann nicht, dass wir aber nicht wissen, wann

diese Betriebslaufzeiten überhaupt in Kraft treten können, weil niemand weiß, wann er eröffnet wird.

Es bedarf also ein wenig mehr Mitverantwortung, was die Luftverkehrspflichten angeht. Das Ganze sollte weniger auf die Randbereiche abgeschoben werden, die heute als einzige 24 Stunden und sieben Tage in der Woche luftoffen sind.

All das wird nur gelingen, wenn wir unsere Zusammenarbeit stärken und wenn Nordrhein-Westfalen begreift, dass über Kooperationen und das Entwickeln einer gemeinsamen Dachmarke mehr erreicht werden kann. Die Qualitäten, die wir in Köln, in Duisburg und in Dortmund haben, müssen zusammen Wirkung entfalten. Dann werden wir noch weit stärker.

Wir erleben gerade, meine sehr geehrten Damen und Herren, so etwas wie eine Zeitenwende und einen globalen Strukturwandel. Wir werden ein Güterwachstum haben, wenn die Krise und auch die Absatzkrise in China vorbei sind. Aber dieses Wachstum wird sich nicht mehr allein im Containerschiffbereich abspielen, sondern wird sich zunehmend auf der Schiene ereignen, weil China beschlossen hat, die Schiene zu ertüchtigen und ein Netz von transkontinentalen Schienenverbindungen neu aufzubauen. Darüber hinaus hat es eine eigene Bank zur Finanzierung gegründet.

Wir erleben, dass gerade eine neue Seidenstraße mit einem nördlichen und mit einem südlichen Bypass erschlossen wird, um Chinas Nordosten und Süden mit dem europäischen Kontinent zu verbinden. Wir müssen dafür sorgen, dass Start und Ziel dieser neuen Seidenstraße Nordrhein-Westfalen ist.

Es geht darum, dass der Wettbewerb mit den Seehäfen völlig neu definiert wird und wir begreifen, dass die Benchmark für die logistische Qualität unseres Landes nicht mehr Rotterdam, Amsterdam oder Hamburg ist, sondern dass die Benchmark nur Istanbul sein kann. Denn Istanbul ist sowohl zu Lande als auch zu Wasser das Tor zu den neuen Chinaverkehren, die Iran, Kasachstan, Russland und Belarus einschließen und zu einer neuen Verteilung der Güterströme führen.

Weil das so ist, ist es wichtig, dass wir als NordrheinWestfalen mit eigenen und Partnerunternehmen entlang dieser Seidenstraßen präsent sind. Wir errichten zusammen mit türkischen Partnern in Istanbul einen Trockenhafen. Istanbul ist auch deshalb Benchmark, weil nicht nur ein dritter Flughafen gebaut wird, sondern auch 24 Häfen rund um Istanbul neu entstehen – zu Wasser und an Land.

Damit wird deutlich, wo künftig vor den Toren Europas Gütermengen neu verteilt werden. Das wird nicht mehr prioritär im Nordatlantik sein, sondern das wird auf ganz andere Routen verteilt. Da werden die Schiene, der Lkw- und der Short-Sea-Verkehr auf

dem Mittelmeer eine wesentliche größere Rolle spielen.

Viele beraten uns klug und öffnen uns Türen und Tore. Aber es gibt einen, der quasi wie einst Marco Polo für uns neue Absatzmärkte und Kooperationspartner findet, nämlich Erich Staake. An dieser Stelle will ich ihm stellvertretend für viele Akteure für die geleistete Arbeit danken; denn ohne seine Arbeit und die Arbeit anderer Leute wäre nicht vollstellbar, dass wir inzwischen die europäische Drehscheibe Nummer eins sind, dass wir nicht mehr Hafenhinterland sind, sondern Häfen eher logistisches Hinterland unseres Landes geworden sind. Deshalb ein herzliches Glückauf an Erich Staake und diejenigen, die mit ihm gewirkt haben!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das alles fällt nicht vom Himmel und uns nicht ohne harte Arbeit in den Schoß. Partnerschaften müssen gepflegt werden. Deshalb müssen wir auf den Logistikmessen in der Türkei präsent sein, namentlich auf der logitrans in Istanbul. Wir werden präsent sein – wie im letzten Jahr auch in diesem Jahr im November.

Wir müssen Präsenz zeigen in Louisville, Kentucky, und in Memphis, Tennessee, weil die größten Partner unserer Luftlogistik da zu Hause sind und weil wir mit ihnen eine Partnerschaft zu einer Freundschaft entwickeln müssen; denn sie prägen die Standortqualität in unserem Land maßgeblich mit.

Wir werden noch in diesem Jahr in den Iran reisen, um ganz konkrete Kooperationsvereinbarungen zu treffen, um die Logistik entlang der Seidenstraße von Istanbul aus gesehen weiter in Richtung Osten zu treiben, damit wir nicht nur Beiwerk, sondern Akteur sind.

Es gilt, unsere Stärken zu stärken. Deshalb gilt es, die Partnerschaft mit den Westhäfen weiter zu pflegen, die Vereinigten Staaten in den Blick zu nehmen, Istanbul als unseren Brückenkopf nach Asien zu begreifen und die Beziehungen da zu vertiefen.

Das wird dazu führen, dass wir mit Mut und Kraft Nordrhein-Westfalen zum Europameister der Logistik machen können. Das ist ein schönes Ziel, dem wir uns gemeinsam stellen sollten. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister, für die Unterrichtung. – Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Voussem das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Gro

schek, das war mal wieder eine wunderbare Weltreise heute Morgen. Wir hatten schon den Eindruck, dass Sie sich mit etwas Konzeptionellen in die Sommerpause verabschieden wollen. Das ist schön.

Bei anderen Verkehrsträgern – bei der Schiene, bei der Straße und bei der Luft – sind Sie eher etwas planlos und auf der Basis veralteter Konzepte unterwegs. Deshalb haben Sie sich heute die Häfen vorgenommen.

Ich wünschte mir nur, dass Sie von all dem, was Sie uns heute erzählt haben, in den letzten sechs Jahren deutlich mehr umgesetzt hätten.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Sprichwort sagt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. – Das gilt nicht nur an Land. Das gilt auch auf die Binnenschifffahrt bezogen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Wasserweg.

Das wussten bereits unsere Vorfahren; denn seit über 2.000 Jahren hat der Rhein eine große Bedeutung für die Logistik und die Wirtschaft in unseren Regionen. Bereits seit der Römerzeit ist der Rhein eine bedeutende Wasser- und Handelsstraße. Er ist eine der verkehrsreichsten Wasserstraßen der Welt. 226 km des Rheins fließen durch Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen liegt darüber hinaus an der Schnittstelle wichtiger europäischer Wasserstraßen.

Nordrhein-Westfalen hat ein so dichtes Netz an Flüssen und Kanälen wie kein anderes Bundesland. Aus diesem Grund ist bei uns der Anteil der Binnenschifffahrt am Güterverkehr bereits heute besonders hoch. Ohne die Binnenschifffahrt wäre Nordrhein-Westfalen nicht das, was es heute ist.

Obwohl dieses Land keine Küsten hat, sind die Verbindungen zu wichtigen europäischen Seehäfen gewährleistet. Nordrhein-Westfalen hat darüber hinaus den mit Abstand größten Binnenhafenstandort. Zudem liegt hier der größte Binnenhafen der Welt, der Duisburger Hafen.

Über den Rhein und das europäische Kanalsystem sind wir mit der Nordsee, mit der Ostsee, mit dem Atlantik, mit dem Mittelmeer und mit dem Schwarzen Meer verbunden.

Bis 2030 sollen die per Schiff transportierten Güter in Nordrhein-Westfalen auf 150 Millionen t pro Jahr anwachsen und damit dann auf dem Niveau der per Güterbahn transportierten Güter liegen. Die wichtigsten Güter sind hierbei Kohle, Erze, Erzeugnisse der Chemie- und Metallindustrie sowie Containerladungen.

Dafür ist auch eine Ertüchtigung unserer Binnenhäfen und Wasserwege zwingend erforderlich. Die Bundesregierung hat dies erkannt und wird auch die Mittel für diese Ertüchtigung zur Verfügung stellen.

Deshalb wird die Bundesregierung trotz guter Haushaltsdisziplin in den Erhalt und in die Weiterentwicklung der Infrastruktur überproportional investieren.

In dieser Legislaturperiode werden es fast 10 Milliarden € mehr für Straßen, Schienen und Wasserwege sein. Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung an den Koalitionsvertrag gehalten und das nationale Hafenkonzept für die See- und Binnenhäfen weiterentwickelt. Das nationale Hafenkonzept wurde im Januar 2016 im Kabinett beschlossen.

Der auf zehn Jahre angelegte strategische Leitfaden für die Hafenpolitik wurde vom Bundesverkehrsministerium in enger Zusammenarbeit mit den Ländern und Verbänden entwickelt. Das nationale Hafenkonzept enthält eine Bestandsaufnahme zur gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der See- und Binnenhäfen und legt Ziele und Handlungserfordernisse für die beteiligten Akteure fest.

Die rot-grüne Landesregierung hat in diesem Jahr endlich auch ihr Wasserstraßen-, Hafen- und Logistikkonzept vorgelegt. Damit möchte sie eine an den Prinzipien der Nachhaltigkeit ausgerichtete Weiterentwicklung des Logistikstandorts NordrheinWestfalen anstreben.

Meine Damen und Herren, wir bestreiten nicht, dass die rot-grüne Landesregierung damit die Wichtigkeit der Wasserstraßen und Häfen unseres Landes erkannt hat. Die Landesregierung ist sich der herausragenden Bedeutung der nordrhein-westfälischen Wasserstraßen, Häfen, Schifffahrt und Logistik für die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Landes durchaus bewusst. Diese Haltung teilen wir.