Protocol of the Session on June 9, 2016

Zweitens. Im Einzelplan 07 hatten Sie im Jahr 2002 Weiterbildungsmittel von 18 Millionen € eingestellt. Heute haben Sie Weiterbildungsmittel von 16,1 Millionen €. Das sind immerhin 1,9 Millionen € weniger. Jetzt haben Sie einen Nachtragshaushalt gemacht. Das löst die Finanzierungslücke real aber von 10 Millionen überhaupt nicht.

(Beifall von der CDU)

Dritte Anmerkung. Ihren Konsolidierungsbeitrag aus dem Jahr 2002 haben Sie nicht zurückgenommen. Sie haben ihn noch verfestigt. Sie schreiben im Nachtragshaushalt: Die Weiterbildung hat einen Konsolidierungsbeitrag von 10 % zu leisten. Nicht die Schule – nein, nein –, die Weiterbildung muss den Konsolidierungsbeitrag leisten.

(Beifall von der CDU)

Warum, wenn das so eine wichtige Aufgabe ist? Das passt alles nicht zusammen, meine Damen und Herren.

Herr Kollege. Jetzt ist die Redezeit deutlich überschritten.

Herr Präsident, letzter Satz. Daher, finde ich, dass das, was Sie hier sagen, überhaupt nicht zusammenpasst, wie so vieles hier nicht.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Tenhumberg. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/12124 an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – federführend – sowie an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen.

Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

8 Gleichstellung von Frauen und Männern in der

Gesundheitsprävention und -förderung voranbringen – Benachteiligung von Jungen und Männern abbauen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/12112

Ich eröffne die Aussprache und erteile zu diesem Thema Frau Kollegin Schneider das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Männer betreiben Reparaturmedizin, Frauen Vorsorgemedizin: So resümierte Prof. Frank Sommer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Deutschlands erster Professor für Männergesundheit. Damit hat er recht, und darüber müssen wir heute sprechen.

Vor fünf Jahren hat sich dieser Landtag auf Initiative der FDP schon einmal mit dem Thema „Männergesundheit“ auseinandergesetzt. Fünf Jahre: Diese Zahl beschreibt gleichzeitig die unterschiedliche Lebenserwartung von Frauen und Männern. Von diesen fünf Jahren lässt sich aber nur ein Jahr biologisch erklären. Die restlichen vier Jahre sind auf die unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen zurückzuführen.

Wie Sie wissen, unterscheiden sich Männer und Frauen in Bezug auf Gesundheit und Krankheit deutlich. Geschlechterspezifische Unterschiede beeinflussen dabei die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten; denn es gibt Unterschiede beim Umgang mit dem eigenen Körper, beispielsweise bei der Körperpflege oder der Psychohygiene. Männer leben beruflich und privat riskanter. Zu den Vorsorgeuntersuchungen gehen 35 % der Frauen, aber leider nur 15 % der Männer, die oft aus Angst vor einer schlimmen Diagnose gar nicht zum Arzt gehen oder erst dann, wenn es bereits zu spät ist.

Männer betreiben Reparaturmedizin und betrachten dabei auch den eigenen Körper gerne als Werkzeug. Diese Erkenntnis ist inzwischen durch weitere Untersuchungen vertieft worden. Anders als vor fünf Jahren wird heute also auf ein breites Spektrum an Forschungsarbeiten zum Thema „Gesundheit von Jungen und Männern“ zurückgegriffen. So tagte erst kürzlich der 5. Jahreskongress Männergesundheit, veranstaltet durch die Deutsche Gesellschaft für

Mann und Gesundheit e. V. Themen dort waren unter anderem Ernährung, Sport und Bewegung.

Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass eine unflexible, geschlechtsneutrale medizinische Versorgung überholt ist. Der neue DAK-Gesundheitsreport „Warum Frauen und Männer anders krank sind“ verdeutlicht ebenfalls noch einmal die Notwendigkeit einer geschlechterbezogenen Gesundheitsversorgung. Auch der Zweite Deutsche Männergesundheitsbericht der Stiftung Männergesundheit und der Bericht „Gesundheit von Jungen und Männern“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung liegen inzwischen vor.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb ist es unglaublich, wie wenig sich diese Landesregierung mit diesem Themenbereich auseinandergesetzt hat. Sie hatte fünf Jahre Zeit – fünf Jahre! –, ihre Verweigerungshaltung aufzugeben und sich über die erwähnten Veröffentlichungen zu informieren – und vor allem zu handeln.

Die Gesundheitsministerin ist trotzdem der Ansicht, dass alles Nötige bereits getan wird. So ähnlich hat sie auch auf meine Kleine Anfrage „Situation der Jungen- und Männergesundheit in NRW – Status quo und Perspektiven“ geantwortet.

Der von der Ministerin dort angeführte Landesgesundheitsbericht eignet sich leider kaum, um ein realistisches Lagebild über die gesundheitliche Situation von Jungen und Männern abzubilden. Es fehlen valide Kriterien für Aussagen zur Männergesundheit. Dieser Landesgesundheitsbericht soll nur kaschieren, dass die Aktivitäten dieser Landesregierung im Bereich Männergesundheit so niedrig sind.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Zeit, in der der Mann das unbekannte Wesen der Gesundheitspolitik ist, sollte auch bei Rot-Grün inzwischen vorbei sein.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Wann war denn diese Zeit?)

Lassen Sie mich ganz einfach formulieren: Männer dürfen sich bei Ihnen gerne mit Steuern an den Landeseinnahmen beteiligen, profitieren aber im persönlichen Bereich – und hierzu zählen die Gesundheitsprävention und die Gesundheitsförderung – an den Landesausgaben gar nicht oder nur marginal.

(Vereinzelt Beifall von der FDP – Josefine Paul [GRÜNE]: Das ist völliger Unsinn!)

Diese Ungerechtigkeit schadet nicht nur den Einzelnen, sondern auch unserer gesamten nordrheinwestfälischen Volkswirtschaft. Ohne eine angemessene Präventionsarbeit und ohne Gesundheitsförderung für beide Geschlechter handeln wir nicht zum Wohle eines jeden Bürgers in unserem Land und auch nicht zum Wohle unseres Landes.

Nehmen Sie endlich Ihre nur auf Frauen und Mädchen reduzierte Genderbrille ab! Männer und Frauen müssen in der Gesundheitsförderung und -prävention gleichberechtigt angesprochen werden.

(Beifall von der FDP)

Die FDP-Fraktion möchte die Geschlechter nicht gegeneinander ausspielen. Uns ist die Gesundheit von Mädchen und Frauen genauso wichtig wie die von Jungen und Männern.

Deshalb wollen wir in einem ersten Schritt den Aufgabenbereich des Kompetenzzentrums Frauen und Gesundheit NRW um einen ganzheitlichen Genderaspekt ausweiten. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, ein Konzept mit verbindlich auf den Gesundheitsbereich ausgerichteten Gleichstellungsstrategien zu erarbeiten. Bis es so weit ist, können Modellprojekte durch die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit mit männergerechten Angeboten einschließlich einer entsprechenden Ansprache erprobt werden.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, die FDP-Landtagsfraktion will keine Reparaturmedizin. Wir wollen eine gute, eine nachhaltige Gesundheitspolitik für alle Menschen in diesem Land. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Warden.

Herr Präsident! Liebe Kollegin Susanne Schneider! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wenn ich jetzt gleich ausführe, wird es Sie nicht wundern, dass ich teilweise die Ausführungen der FDPFraktion natürlich nicht teile. Das liegt in der Natur der Sache; denn ich vertrete hier die SPD-Landtagsfraktion. Wir sind zwar ungeteilt der Meinung, dass die FDP mit dem vorliegenden Antrag ein wichtiges Thema anspricht. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir bezüglich des Umgangs mit diesem Thema der gleichen Auffassung sind.

Mit der Forderung „Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesundheitsprävention und -förderung voranbringen“ greifen Sie ein sehr wichtiges Thema auf, nämlich die Notwendigkeit zur geschlechterdifferenzierten Gesundheitsprävention und zur Gesundheitsförderung. Die Unterschiede im Bereich der Gesundheit zwischen den Geschlechtern sind bekannt. Sie sind auch nicht unerheblich. Das führen Sie in Ihrem Antrag richtigerweise aus.

Wichtig ist an dieser Stelle auch die Zahl fünf; denn so hoch ist die Differenz in der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen in Jahren. Vor einigen

Jahren lag sie noch bei sieben Jahren. Ich will das jetzt nicht mit Berechnungsbeispielen hochrechen. Man erkennt aber schon, dass sich auf diesem Gebiet etwas bewegt. Fünf Jahre sind allerdings viel zu lang. Außerdem handelt es sich dabei um einen Durchschnittswert, der sich durchaus nach oben und nach unten verändern kann.

Viele Studien in den letzten 15 Jahren befassen sich bundesweit mit diesem Thema – so auch der Bericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Jahr 2014 und die Männergesundheitsberichte der Stiftung Männergesundheit, die Sie hier gerade schon genannt haben. Die Berichte zeigen, dass das Thema „Männergesundheit“ zunehmend in das Blickfeld der öffentlichen Diskussion gelangt ist.

Das ist wichtig, und das ist richtig; denn die Ursachen zum Beispiel für die reduzierte Lebenserwartung oder die Einflussgrößen bei der Beschreibung der gesundheitlichen Situation sind sehr vielfältig. Sie liegen nicht nur im biologischen und somatischen Bereich; wesentlich sind auch psychische, soziale und gesellschaftliche Faktoren und Prozesse.

So sprechen wir von einer höheren Säuglingssterblichkeit bei Jungen, über einen höheren Anteil an Übergewicht, Zigaretten- und Alkoholkonsum sowie leider auch von einem höheren Risiko, an Krebs zu erkranken, und von vielen anderen Dingen mehr.

Berufliche Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Hinzu kommt – sie nennen es den „Reparaturbetrieb“ –, dass Männer vergleichsweise seltener zum Arzt gehen und weniger Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen, als es wir Frauen tun. Ich finde es ganz bezeichnend, dass heute von fünf Redenden zu diesem Thema drei Frauen zum Thema „Männergesundheit“ sprechen. Man erkennt, dass Gesundheit ein Thema ist, das Frauen sehr in den Vordergrund rücken.

Wir müssen auch das Bild von Männlichkeit bzw. männlichem und weiblichem Rollenverhalten in unserer Gesellschaft in die weiteren Beratungen einbeziehen. Das muss Beachtung finden.

Jetzt komme ich zu dem Unterschied zwischen Ihren Aussagen und unserer Haltung. Wir als Koalitionsfraktionen und die Landesregierung NRW – das erkennen Sie vielleicht auch an meinen differenzierten Ausführungen – sind uns dieser Herausforderungen sehr bewusst. Wir wissen um die Bedeutung einer geschlechtergerechten Gesundheitspolitik. Dabei beschränken wir uns nicht nur auf Prävention, sondern wir beziehen ausdrücklich alle gesundheitspolitischen Bereiche ein.

Bereits im Jahr 2000 ist NRW mit dem ersten geschlechterdifferenzierten Landesgesundheitsbericht gestartet. Alle weiteren Berichte in den vergangenen Jahren sind ebenfalls geschlechterdifferenziert ausformuliert worden.

Zahlreiche Präventionsmaßnahmen richten sich ausschließlich an Männer oder an Frauen. Wieder andere haben unterschiedliche Ansätze sowohl für das weibliche als auch für das männliche Geschlecht. Die Landesregierung hat dazu auf Ihre Anfrage aus April 2016, also vor wenigen Wochen, sehr ausführlich geantwortet. Auch die CDU-Fraktion hat im vergangen Jahr eine Große Anfrage zu dem Thema gestartet. Deshalb möchte ich an dieser Stelle die Aufzählung der einzelnen Maßnahmen nicht wiederholen.

Wir werden heute natürlich der Überweisung Ihres Antrags an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zustimmen. Dort werden wir ihn vertieft inhaltlich beraten. Vorweg möchte ich aber daran erinnern, dass wir in Nordrhein-Westfalen bereits seit Anfang der 90er-Jahre eine kontinuierliche Gesundheitsberichterstattung haben, zu deren wichtigstem Merkmal die geschlechtsspezifische Aufbereitung und Auswertung der maßgeblichen Datenquellen im Gesundheitsbereich gehört.