Unseren Vorstoß für die steuerliche Gleichbehandlung hält übrigens auch das Hochschulbibliothekszentrum für absolut unterstützenswert. Von den Experten wurde ebenfalls konstatiert, dass von einer Landeslizenz alle Bibliotheken im wissenschaftlichen
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, unser Land darf nicht – wie leider in vielen anderen Bereichen – den Anschluss verlieren. Nordrhein-Westfalen muss im Hochschul- und Bildungssektor konkurrenzfähig bleiben. Ich bin mir sicher, das ist in unser aller Interesse. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Thönnissen. – Als Nächstes spricht für die grüne Fraktion Frau Kollegin Dr. Seidl.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Thönnissen, weil Sie eben so schön ausgeführt haben, Ihr Antrag sei bei den Experten in der Anhörung so gut angekommen, möchte ich ein Zitat an den Anfang setzen. Da sagte Herr Werner Reinhardt, der Leiter der Universitätsbibliothek Siegen – Zitat –:
„Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mich zunächst einmal gefreut, dass im Landtag darüber geredet wird, was da passiert, war dann aber ein bisschen verblüfft, dass 20 Jahre Arbeit, die schon im Land geleistet worden ist, irgendwo nicht auftauchten, nämlich der organisatorische Teil, der angesprochen worden ist, der auch von Baden-Württemberg quasi abgeguckt werden sollte. Der wurde bei uns entwickelt.“
Ich könnte noch eine Reihe ähnlicher Zitate anfügen, was aber zu lange dauern würde, weil der Antrag bei den Expertinnen und Experten in der Anhörung nicht besonders gut angekommen und bewertet worden ist.
Liebe Frau Thönnissen, die CDU und Sie reklamieren in Ihrem Antrag ein erfolgreiches Hochschulfreiheitsgesetz, fordern uns, die Landesregierung, jedoch gleichzeitig auf, dafür zu sorgen, dass die Hochschulen sich koordinieren mögen. – Was denn nun? Wenn Ihrer Meinung nach das HFG so erfolgreich war, warum sollte dann der Staat jetzt die Probleme lösen, die nach Ihrer Logik gemeinsame Aufgabe autonomer Hochschulen sind?
Wir sehen uns tatsächlich in der Verantwortung, dort einzugreifen, wo die Selbststeuerung der Hochschulen an ihre Grenzen kommt. Zunächst aber sollten wir, um es mit Ihren Worten zu sagen, auf die Fähigkeiten der Hochschulen vertrauen und uns vor allem ansehen, was es im Bereich der konsortialen Erwerbung elektronischer Ressourcen bereits gibt.
Erstens. Das Land fördert längst eine Einrichtung, die die Konsortialfunktion ausübt: das Hochschulbiblio
thekszentrum NRW. Dort wird seit 1999 der gemeinschaftliche Erwerb von Datenbanken, von E-Books und Journals für Hochschulen und Bibliotheken organisiert. Für einige elektronische Inhalte ist das HBZ überregionaler und sogar bundesweit exklusiver Konsortialführer.
Darüber hinaus findet eine Kooperation mit Konsortien in Österreich und der Schweiz sowie mit Konsortien aus Staaten von allen Kontinenten statt. Das HBZ übernimmt auch organisatorisch und technisch die Bereitstellung vieler der erworbenen Produkte und bietet Veranstaltungen dazu an.
Zweitens. Während Sie in Ihrem Antrag das Beispiel E-Science aus Baden-Württemberg als vorbildhaft herausgreifen, beschränken Sie sich in Ihren Forderungen auf das Thema „Lizenzierungen“. Zum Baden-Württemberger Konzept gehören aber auch ganz wesentlich die Themen „Digitalisierung von Materialien und Arbeitsprozessen“ sowie „Open Access“ und „Open Data“. Insbesondere zu den letzten beiden Punkten haben Sie sich in der Vergangenheit wiederholt einer fortschrittlichen Lösung verweigert.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, was Dr. Anne Lipp von der DFG bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss gesagt hat – ich zitiere –:
„Angenommen, die Annahme, die in einer Publikation der Max-Planck-Gesellschaft formuliert wurde, dass eine flächendeckende Umstellung auf das Open-Access-Modell kostenneutral zu erreichen ist, stimmt, dann würde das bedeuten, dass die heute für die Informationsversorgung aufgewandten Kosten in einem Open-AccessModell sehr viel effektiver eingesetzt werden könnten.“
„Meine Annahme wäre sogar, dass heute mehr Kosten in den Subskriptionsbereich fließen als in einen Open-Access-Modellbereich“,
Wenn es also um die Gesamtherausforderung der Digitalisierung im Wissenschaftsbereich geht, dann kneifen Sie.
Mit DigiLink wird die Verwaltung von Internetressourcen und Datenbanken ermöglicht und mit DigiBib eine technische Plattform für alle Bibliotheksdienstleistungen angeboten. Auch um die Organisation des vom Land geförderten Programms „Digital Peer Publishing“ der Open-Access-Initiative zum Aufbau qualitätsgesicherter elektronischer Fachzeitschriften
deutschsprachigen Raum, sondern befasst sich auch mit dem gesamten Komplex der Digitalisierung im Wissenschaftsbereich.
Schließlich finde ich es bemerkenswert, dass die CDU plötzlich Ungerechtigkeiten im Mehrwertsteuersystem entdeckt. Die Ungleichbehandlung von elektronischer und gedruckter Literatur wurde ja nun vom Bundestag mit Blick auf die europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie angegangen. Aber wann will sich die Partei, die seit zehn Jahren die Bundeskanzlerin stellt, eigentlich um die übrigen Ungerechtigkeiten kümmern? Falls es Ihnen hier an konkreten Beispielen fehlt, kann ich Ihnen gerne auf die Sprünge helfen: Rennpferde und Skilifte 7 %, Mineralwasser und Babywindeln 19 %. Das ist die absurde Realität.
Vor diesem Hintergrund und weil Sie mit Ihren Ansichten zur Digitalisierung nicht auf dem aktuellen Stand sind, werden wir Ihren Antrag heute ablehnen. Aber vielen Dank für die Debatte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Die Chancen der Digitalisierung im Wissenschaftsbereich nutzen“ – so fängt der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Union ganz spannend an. Dann fällt die Spannungskurve in der Tat etwas ab: „landesweit koordinierte Lizenzierung von digitalen Bibliotheksbeständen eröffnet neue Spielräume“.
Die Digitalisierung wirft im Wissenschaftsbereich aktuell eine ganze Reihe von vielen spannenden Fragen auf. Wir hatten ja bereits eine Anhörung zum Thema Open Access im Ausschuss für Innovation, Wissenschaft und Forschung. Open Access ist für mich eines der großen Themen, bei dem es um die echten Herausforderungen und Chancen geht, die sich eben durch die Digitalisierung im Wissenschaftsbereich ergeben.
Lassen Sie mich beispielsweise grundlegende Änderungen im Informationsaustausch erwähnen, die nun auch ganz andere Formen der internationalen Wissenschaftskooperation ermöglichen. Auch an das Urheberrecht werden durch die Digitalisierung derzeit ganz grundsätzliche Fragen gestellt, nicht nur national, sondern eben auch in internationalen Vereinbarungen.
In Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, preisen Sie eine Koordination der wissenschaftlichen Bibliotheken, die sicherlich sinnvoll sein kann, als eine der großen Chancen der Digitalisierung. Gemessen an dem Titel Ihres Antrags stellen Sie im In
halt aber wohl nur auf einen Teilaspekt ab: Hochschulbibliotheken sollen Kosten beim Erwerb von Lizenzen von digitalisierten Fachzeitschriften sparen. Das soll durch den gemeinschaftlichen Erwerb der Lizenzen erreicht werden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das denn nicht einfach nur ein Mengenrabatt? Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich ist es sinnvoll, dass die nordrhein-westfälischen Hochschulen, die im Verhältnis zur Studierendenzahl und zu den zusätzlichen Aufgaben ohnehin nur knapp bemessene Ressourcen haben, diese so gut wie möglich einsetzen. Dieses Ziel teilt die FDP-Fraktion ganz ausdrücklich. Doch sind die Chancen und Herausforderungen durch die Digitalisierung im Wissenschaftsbereich sicherlich weit größer als die beschriebenen Synergieeffekte bei den Bibliothekslizenzen.
Wenn dann im Antrag der Kollegen der Union konkret die Orientierung am sogenannten Konsortium Baden-Württemberg gefordert wird, muss man dazusagen: Im Südwesten Deutschlands koordinieren sich viele wissenschaftliche Bibliotheken, übrigens nicht nur Hochschulbibliotheken, für den Erwerb von gemeinsamen Lizenzen. Sie werden dabei auch vom Land Baden-Württemberg nicht nur ideell gefördert. Das ist sicherlich ein nicht unwesentlicher Aspekt, der die Kooperation dort auch attraktiv macht.
Aber wir haben in der Tat – das ist gerade schon erwähnt worden – in Nordrhein-Westfalen das Hochschulbibliothekszentrum in Köln mit einer hervorragenden Arbeit. Dort wird bereits seit vielen Jahren für eine Vielzahl von wissenschaftlichen Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen und sogar in Rheinland-Pfalz digitale Fachliteratur gemeinschaftlich erworben.
Bei mir bleibt die Frage unbeantwortet, was im geförderten Konsortium à la Baden-Württemberg besser gelöst werden kann als am Hochschulbibliothekszentrum. Wäre es, falls es Kritik an der Arbeit des Hochschulbibliothekszentrums gibt, nicht nahe liegend, dieses zu verbessern? Und ob ein Konsortium bessere Preise verhandeln könnte, auch daran habe ich meine Zweifel.
Auch die Forderung der CDU nach nationalen Lösungen überzeugt mich persönlich nicht. Schließlich erwirbt die Deutsche Forschungsgemeinschaft bereits seit dem Jahr 2004 Nationallizenzen für wissenschaftliche Bibliotheken. Sollen mit dem Antrag Allianz- oder Doppelstrukturen geschaffen werden? Das Förderprogramm „Überregionale Lizenzierung“ wird von der CDU an der Stelle mit keiner Silbe erwähnt. Hier ist die Praxis wohl schon weiter.
Der Titel des Antrags hat zu mehr Fantasie eingeladen. Dafür danke ich der CDU, auch für die parlamentarische Initiative, die uns die Gelegenheit zu einem sehr aufschlussreichen Sachverständigenge
spräch gegeben hat, aus dem wir wichtige Erkenntnisse und Einblicke in die Praxis gewinnen konnten. Der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Union beleuchtet nur einen kleinen Teilaspekt der Chancen der Digitalisierung im Wissenschaftsbereich. Es steht aber auch nichts völlig Verkehrtes drin. Wir werden uns deshalb enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir sprechen hier im Rahmen dieses Antrags über Nationallizenzen. Ich möchte allerdings auch einmal auf die Gelbdrucklizenz für Großverlage eingehen.
Wir Piraten sind der Meinung, dass einige wenige Verlage unsere Hochschulen und Bibliotheken regelrecht ausnehmen und dass es nur einen Weg gibt, diesen Missbrauch zu beenden. Insofern sehen wir Ihre Kritik, liebe regierungstragende Fraktionen, der CDU-Antrag würde viel zu wenig auf Open Access eingehen, als nachträgliches Kompliment für unsere Piratenarbeit an. Schließlich haben wir das Thema „Open Access“ in den Landtag gebracht.
Das war auch der Grund, warum wir dem CDUAntrag zunächst eine Chance geben wollten. Wir werden uns allerdings heute wohlwollend enthalten.
Das Thema „Lizenzierung“ flankiert zwar auch die Open-Access-Bewegung, insbesondere, wenn es sich um Allianzlizenzen handelt, aber wir sehen Kostensenkungen – im Gegensatz zu Herrn Dr. Berger – nicht als das wichtigste Ziel an. Wir wollen stattdessen endlich den Teufelskreis immer teurer werdender Abos und Lizenzen bei einer gleichzeitig weiter sinkenden Literatur- und Zeitschriftenauswahl durchbrechen.
In der Anhörung haben wir erfahren, dass Lizenzverhandlungen durch eine Konsortialstelle bereits halbwegs erfolgreich verlaufen. Dennoch steigen die Preise immer weiter an. Daher müssen wir grundsätzlich über eine Umstrukturierung in der Literaturversorgung sprechen.
Dabei, liebe CDU, geht es nicht in erster Linie um Einsparpotenziale in den Bibliotheksetats, sondern vor allem um die Nutzer und Nutzerinnen. Wartezeiten und Staus am Ausgabeschalter in der Bib und die Meldung „Dieses Buch ist vergriffen“ müssen endlich der Vergangenheit angehören.