Wenn alle zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze mit Interessierten besetzt würden, hätten wir kein Fachkräfteproblem. Die Wirtschaft verlangt hingegen nach noch mehr akademisch ausgebildeten Fachkräften. Es darf sich kein Widerspruch auftun, was nur möglich ist, wenn das gesamte Potenzial derjenigen genutzt wird, die ausbildungswillig und ausbildungsfähig sind.
Mit Ihrem heute vorgelegten Entschließungsantrag versuchen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, die Phantomdebatte über den Akademisierungswahn erneut aufleben zu lassen. Aus guten Grund haben wir diesen auch schon im vergangenen Jahr abgelehnt. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Manchmal ist man tatsächlich auch nach langjähriger politischer Tätigkeit noch überrascht. Der vorliegende Antrag überrascht wirklich. Die CDU-Fraktion hat am 28. August des vergangenen Jahres den Antrag „Schulen in ihrer Ausrichtung auf berufliche Ausbildung stärken – die duale Ausbildung fördern – Fachkräftemangel vor allem im technischen Bereich beheben“ in den Landtag eingebracht.
Ausgangspunkt dieses Antrages war die Sorge um die duale Berufsausbildung in unserem Bundesland. Die duale Berufsausbildung gilt zwar als Garant der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes. Allerdings sinkt seit einigen Jahren die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Wir verzeichnen eine Diskrepanz zwischen offenen Ausbildungsstellen und unversorgten Bewerbern.
Aus diesem Grund haben wir uns sehr intensiv mit der Frage beschäftigt, wie wir die berufliche Bildung stärken können. Mit Freude haben wir bei der Anhörung am 20. Januar dieses Jahres hier im Landtag festgestellt, dass unsere Auffassung von den anwesenden Sachverständigen geteilt wurde.
Mehrheitlich wurde unser Antrag als Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Umso erstaunter waren wir als CDU-Fraktion in der Sitzung des Schulausschusses am 13. April, dass dieser Antrag von den Vertretern von SPD und Grünen mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt wurde. Es stellte sich doch sehr nachdrücklich die Frage, ob unser Antrag einfach reflexartig abgelehnt wurde, weil er von der CDU kam, oder ob man sich der Bedeutung des Themas einfach nicht bewusst war.
Beides wäre schlimm, sehr geehrte Damen und Herren. – Für Letzteres spricht jedoch das, was der Wirtschaftsminister dieses Landes gestern in den „Westfälischen Nachrichten“ zum rot-grünen Koalitionsvertrag erklärte. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
„Den habe er nicht mit verhandeln können. ‘Es gibt nichts, was ich mehr bedauere‘, sagte er. ‚Man kann mit Blick auf Industrie und Wirtschaft stärkere Signale aussenden.‘„
Nun hat es uns doch tatsächlich sehr überrascht, dass SPD und Grüne das Thema der dualen Ausbildung neben dem Studium vier Wochen nach der unverständlichen Ablehnung unseres Antrages für sich entdeckt haben. Vielleicht haben Sie die Debatte im Schulausschuss noch einmal sacken lassen und sind zu klügeren Einsichten gelangt. Es ist ja auch bald Pfingsten. Alles ist möglich.
Ich fürchte aber, es lag nicht an Ihrem Erkenntnisgewinn, sondern daran, dass auch Sie feststellen mussten, welch verheerendes Signal Ihre Ablehnung in der nordrhein-westfälischen Wirtschaft erzeugt hat.
Interesse für die Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes: Fehlanzeige. Null-Wachstum: nicht unser Problem. Also legen Sie einmal hektisch einen Antrag zu Meister und Master vor, ohne jede Substanz und erkennbar ohne den Willen, sich fachlich darüber auszutauschen. Sonst hätten Sie wohl kaum direkte Abstimmung beantragt, sondern wären mit uns in die Fachberatung gegangen. Bezeichnend dabei ist, dass für Sie offenkundig auch nur der Wissenschaftsbereich fachlich zuständig ist.
Ich kann Ihnen aber sagen, dass jeder, der sich mit diesem Thema beschäftigt, sofort erkennt, dass Sie hier nur ein Feigenblättchen produzieren, um es abheften zu können frei nach dem Motto: Schaut her, wir haben uns doch um die duale Berufsausbildung gekümmert.
Dabei trifft Ihr Alibiantrag in keiner Weise den Diskussionsstand der Anhörung, sondern ergeht sich lediglich in nebulösen Absichtserklärungen und Beschwörungen. Das ist wahrhaft ein Armutszeugnis für die Fraktionen, die vorgeben, die Zukunft unseres Landes zu gestalten.
Aus diesem Grund haben wir Ihnen unseren Antrag vom vergangenen Jahr, Frau Dr. Seidl, den Sie übrigens vor vier Wochen und nicht im letzten Jahr abgelehnt haben, am heutigen Tag als Entschließungsantrag vorgelegt. Stimmen Sie ihm endlich zu. Dann benötigen Sie zukünftig auch nicht mehr solch peinliche Alibianträge wie die vom heutigen Tag. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Entscheidung für eine Berufsausbildung, sei es in Form einer dualer Ausbildung oder eines Studiums, ist eine fundamentale Entscheidung im Leben. Jeder junge Mann und jede junge Frau muss sein bzw. ihr eigenes Glück finden können. Dazu gehört selbstverständlich auch die richtige Berufswahl. Sie ist Ausdruck unserer Persönlichkeit und Selbstverwirklichung.
Dabei gilt es in besonderer Weise, auf die unterschiedlichen Talente und Leidenschaften der Menschen zu achten. Niemand darf sich über die Tätigkeit einer anderen Person erheben und sie als weniger wertvoll degradieren.
Das ist der Kern der Gleichwertigkeit von dualer Berufsausbildung und Studium. Der Auftrag für die Politik ist damit auch klar: Sowohl für die Ausbildung als auch für das Studium müssen beste Bedingungen gelten. Veränderungen im Leben und Irrtümer über Lebensentscheidungen sind mehr als menschlich. Wir haben deshalb auch die Aufgabe, wechselseitige Durchlässigkeit zwischen Studium und Berufsausbildung zu ermöglichen. Es ist zum Beispiel kein Abstieg, von einem aufgenommenen Studium zu einer dualen Berufsausbildung zu wechseln, wenn jemand feststellt, dass ein anderer Weg in den Beruf für ihn passender ist. Wir dürfen ihm auch keine Steine in den Weg legen, wenn er sich dann doch für die Aufnahme eines Hochschulstudiums entscheidet. Auch das ist ein Gebot für jeden von uns.
Die Zielsetzung des Koalitionsantrages, die Gleichwertigkeit und die Durchlässigkeit zu erreichen, unterschreiben wir Freien Demokraten deshalb uneingeschränkt.
Doch die aktuelle rot-grüne Politik genügt diesen Ansprüchen bei Weitem nicht. Ihre Bilanz ist in den Bereichen Studium und Ausbildung desaströs.
Beginnen wir damit, dass Sie sich allen Ernstes für die „beste Bildung“ rühmen. Bei unzähligen bundesweiten Bildungsrankings ist Nordrhein-Westfalen Schlusslicht oder im Tabellenkeller; laut Statistischem Bundesamt Letzter bei den Ausgaben je Schüler.
Gleiches gilt für die Grundmittel je Studierenden. Beim Ausbildungsmonitor 2015 hat Nordrhein-Westfalen bei der Ausgabenpriorisierung nur den 15. Platz erreicht. Ausgerechnet für den sowohl für Ausbildung als auch fürs Studium wichtigen MINT-Bereich erzielt NRW miserable Ergebnisse. Unterrichtsausfall ist Alltag. Ausbildungsbetriebe tragen wiederholt Kritik bezüglich fehlender Kenntnisse im Bereich der Grundrechenarten oder des Schreibens vor.
Doch Rot-Grün verniedlicht und ignoriert all diese Probleme. Stattdessen beklagt ausgerechnet RotGrün – das hat die Kollegin Seidel gerade wieder getan –, dass Firmen für Jugendliche mit Hauptschulabschluss zu wenige Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Wer hat denn die Hauptschulen jahrelang schlechtgeredet
und das Bild vom Reiten eines toten Pferdes bemüht? Dadurch wurde doch von Ihnen auch billigend in Kauf genommen, dass eben auch das Ansehen von Hauptschülerinnen und Hauptschülern in der Öffentlichkeit herabgewürdigt wird.
Meine Damen und Herren, Antrag und Wirklichkeit liegen Welten auseinander. Sie wollen angeblich die duale Ausbildung stärken, verweigern sich aber, die Fachklassenbildung zu flexibilisieren, und haben zudem 500 Stellen an den Berufskollegs gestrichen.
Ihre Allzweckwaffe ist: Kein Abschluss ohne Anschluss. Damit es kein Missverständnis gibt: Grundsätzlich ist eine frühzeitige Berufs- und Studienorientierung auch wichtig. Sie setzen sie aber so starr um, dass bereits jahrelang erfolgreich arbeitende Programme aufgegeben werden mussten. Das hat auch der Westdeutsche Handwerkskammertag in seiner
Stellungnahme ausdrücklich festgestellt. Im Rückblick – so wird dort vorgetragen – sei das Problem, dass die Landesregierung alle Finanzierungsquellen für solche Maßnahmen Stück für Stück austrockne und die Umsetzung für die Schulen mangels Finanzierung nicht mehr stattfinde.
Gerade das von der Landesregierung so sehr bemühte Talentscouting zeigt doch, dass die Hochschulen nun die unzureichende Talentförderung im Schulbereich ausgleichen müssen.
Und mit der Hochschulgesetznovelle haben Sie einmal mehr versucht, einen Keil zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu treiben bzw. die Kooperation zu erschweren und unattraktiv zu machen. Es sind doch gerade diese Kooperationen zwischen Hochschulen und Wirtschaft, welche die Durchlässigkeit zwischen dualer Berufsausbildung und Studium festigen und ermöglichen. Des Weiteren fördern sie den wechselseitigen Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
Die Gleichwertigkeit von Studium und Beruf bedeutet für SPD und Grüne offenbar, dass man beides gleich schlechtmachen will. Wir Freien Demokraten wollen beste Ausbildungs- und Studienbedingungen sowie beste Beratungsangebote, damit jeder Mensch in Nordrhein-Westfalen seine Talente entdecken und sie einbringen kann. In unserem Entschließungsantrag haben wir Ihnen dazu einige Verbesserungsvorschläge gemacht. Ihren Antrag lehnen wir ab. – Vielen Dank.
Vielen Dank, verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir Piraten sind 2012 mit dem Anspruch in dieses Parlament gekommen, dass wir vernünftige Anträge und Initiativen – und zwar ganz unabhängig davon, von wem diese beantragt werden – unterstützen. Das ist bei dem hier vorliegenden Antrag der Fall. Wir werden diesen Antrag unterstützen.