Protocol of the Session on April 21, 2016

Sie haben danach gerufen, wir mögen bitte etwa über das Nichtraucherschutzgesetz reden. Das tue ich jetzt nicht. Aber stellen Sie sich bei all den Dingen, die landespolitisch in Ihre Schublade „Kleinkram“ passen, die Kontrollfrage: Hat es geholfen, hat es einen Wachstumsschub ausgelöst, hat es psychologisch einen Aufbruch ausgelöst, dass man über den europäischen Klimaschutz, über die deutsche Klimapolitik noch ein eigenes Klimaschutzgesetz gepackt hat?

Hat es einen Innovationsschub ausgelöst, dass man noch zu der Bürokratie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge noch eine eigene Landesbürokratie mit zwei Handreichungen über 40 Seiten draufgelegt hat? Hat es geholfen, dass sich Handwerk und Mittelstand hier entwickeln können?

Hat es geholfen, am Anfang der LEP-Debatte eine Null-Flächen-Politik durch Herrn Remmel und seine Gutachter zu verkünden? Hat es geholfen, sechs Jahre für den LEP zu brauchen? Sie werfen uns vor, wir hätten in fünf Jahren keinen neuen LEP hingelegt. Sie sind sechs Jahre dran. Wo ist er denn? Und die Debatte hat nicht geholfen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Hat es geholfen, dass man die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft diskreditiert hat?

Nein, all das hat nicht geholfen – die Antwort liegt auf der Hand. Das wäre Ihre Obliegenheit gewesen, und dann wären vielleicht die Einschläge wegen BRICS, Russland und anderer Geschichten nicht ganz so schlimm gewesen, wie wir sie heute zu beklagen haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Wüst. – Für die SPD-Fraktion spricht noch einmal der Kollege Hübner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will gar nicht auf das Gesagte eingehen. Das wäre, glaube ich, vergossene Milch, wenn Sie es bis jetzt nicht nachvollzogen haben, welcher Zusammenhang zwischen dem Tariftreue- und Vergabegesetz und dem wirtschaftlichen Wachstum und welcher Zusammenhang zwischen dem Landesjagdgesetz und dem wirtschaftlichen Wachstum in Nordrhein-Westfalen besteht.

(Ralph Bombis [FDP]: Gar keiner!)

Was das Tariftreue- und Vergabegesetz anbetrifft, gibt es allerdings einen großen Zusammenhang zu guter Arbeit, für die wir als Sozialdemokratie und als rot-grüne Koalition stehen.

(Beifall von der SPD)

Ich will Ihnen einfach einmal aus einer uns vielleicht nicht ganz nahe stehenden Tageszeitung, aus der „Rheinischen Post“, etwas vorlesen. Dabei handelt es sich um ein Interview mit Joe Kaeser:

„Nordrhein-Westfalen bringt aus Sicht von Siemens-Chef Joe Kaeser sehr gute Voraussetzungen für den digitalen Wandel mit, weil NRW große Erfahrung mit dem Strukturwandel weg von der Kohle habe. Selbst China könne von NRW lernen, immerhin stehe dem Land gerade ein ähnlicher Umbau bevor, sagte Kaeser beim Digitalgipfel der Rheinischen Post, an dem auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) teilnahm.“

Das ist eine völlig richtige Einschätzung unserer Region, die zu Recht – und das nicht zum ersten Mal – als eine der attraktivsten Regionen gewählt worden ist. Ich finde, das unterstreicht noch einmal den richtigen Weg, den wir eingeschlagen haben.

(Zuruf von der FDP)

Wir haben bestimmte Dinge auf den Weg gebracht. Mit der Erwähnung dieser Punkte will ich schließen, weil ich denke, dass eine solche Debatte auch positiv belegt sein sollte. Dank Mike Groschek haben wir organisiert, dass wir über den Bundesverkehrswegeplan in den nächsten Jahren zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur auf den Weg bringen können.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Ist ja lächerlich!) )

Weiter haben wir die Bildungsinvestitionen erhöht. Herr Kollege, vielleicht erinnern Sie sich noch an die Studiengebühren. Auch die haben wir abgeschafft. Und mit Svenja Schulze haben wir richtig in Bildung investiert.

(Lachen von der CDU und der FDP)

Wir haben über eine halbe Milliarde € für Investitionen in den digitalen Umbau zur Verfügung gestellt.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Eines tut Ihnen immer noch weh: Ihre Landesregierung ist von 2005 bis 2010 durch die Kommunen gegangen und hat diesen über 3,5 Milliarden € weggenommen. Kollege Sundermann hat doch völlig recht: Wir stellen heute den Städten und Gemeinden allein in einem Jahr 3 Milliarden € mehr zur Verfügung. Es hat auch etwas mit attraktiver Strukturpolitik in diesem Land zu tun, wenn wir den Kommunen helfen, den Strukturwandel zu gestalten. Das ist absolut nötig. Das gestalten wir. Das machen wir. Wir halten unser Wort!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hübner. – Für die Fraktion der Grünen hat sich noch der Kollege Priggen, dem noch eine Minute zur Verfügung steht, gemeldet.

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Wüst, Herr Laschet hat davon gesprochen, dass eine schonungslose Analyse nötig sei. Da stimme ich ihm zu; aber die vermisse ich bei ihm. Ich weiß doch nach 16 Jahren, die ich hier bin, und auch aus den fünf bis sechs Jahren vorher aus Diskussionen und Auseinandersetzungen mit dem Koalitionspartner, dass es bei den Sozialdemokraten, wenn es um Braunkohle und Steinkohle geht, immer auch mehrere Richtungen gibt und dass das ein Ringen ist. Es war immer einfacher, darüber mit den Ostwestfalen und den Aachenern zu diskutieren, als mit den Kollegen aus dem Ruhrgebiet.

Herr Wüst hat eben hier vorne gesagt, Braunkohle sei ein wesentlicher Faktor für den Wirtschaftsstandort NRW. Ich vermisse bei Ihnen, dass Sie – ohne dass Sie diese internen Spannungen haben und diese aushalten müssen – nicht in der Lage und nicht bereit sind, diese Strukturanalyse wirklich sauber durchzuführen, sie dann zu relativieren und mit den Klimaschutzzielen – die Sie in der Bundesregierung jetzt schon mehrere Legislaturperioden hintereinander vertreten – in Übereinstimmung zu bringen. Das machen Sie nicht, davor drücken Sie sich.

Wer sich heute noch auf den Standpunkt stellt, die Leitentscheidung sei – bei der minimalen Menge, die zurückgenommen wird – ein Fehler, der hat wirklich nicht kapiert, was in diesem Bereich notwendig ist. Sie werden aber nicht drum herumkommen: Sie können so weitermachen, werden aber, wenn Sie in die Regierung hineinwollen, eine solche Analyse erstellen müssen, weil Sie sonst immer wieder zu falschen Schlüssen kommen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.

Ich rufe auf:

2 Landesregierung muss Masterplan zur Be

schleunigung der Planungsverfahren im Bundesfernstraßenbau vorlegen, um alle Projekte des Bundesverkehrswegeplans umzusetzen

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion FDP Drucksache 16/11697

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDUFraktion dem Kollegen Voussem das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Journalist Wolfram Weidner hat einmal gesagt: „Autoschlangen sind meist giftig“. Und er hat recht. Autoschlangen sind wegen des vermehrten Ausstoßes von Stickoxiden Gift für unser Klima.

Sie sind aber auch Gift für unser Wirtschaftsklima, wenn Güter nicht mehr pünktlich aus NordrheinWestfalen herauskommen oder nach NordrheinWestfalen hineinkommen. Die meisten dieser doppelt giftigen Autoschlangen gibt es leider bei uns in Nordrhein-Westfalen. NRW ist Stauland Nummer eins in Deutschland. Im vergangenen Jahr gab es bei uns in Nordrhein-Westfalen 323.000 km Stau. Das entspricht fast der Strecke von der Erde bis zum Mond. Damit haben die Staus bei uns 2015 im wahrsten Sinne des Wortes eine astronomische Dimension erreicht.

Im gleichen Jahr aber wurden in Nordrhein-Westfalen rund 80 Millionen € weniger Bundesgelder verbaut als noch 2014. Der Grund ist seit langen Jahren der gleiche: Es fehlt ein Planungsvorrat. NordrheinWestfalen braucht aber erst einmal einen Planungsvorrat. Nur dann können die Mittel aus Berlin im Zuge des Bundesverkehrswegeplans in den kommenden Jahren auch abgerufen werden. Wir reden hier über

Mittel im zweistelligen Milliardenbereich. Es geht um ca. 13 Milliarden € allein für den Bundesfernstraßenbau.

Der Bundesverkehrswegeplan 2030 trägt den besonderen Bedürfnissen des Verkehrslandes NordrheinWestfalen Rechnung. Das Bundesverkehrsministerium hat die Hauptrouten anhand der drei Kriterien „Lückenschlüsse“ – wie beispielsweise der bei der A1 in der Eifel –, „Engpässe“ und „Erhalt vor Neubau“ ermittelt. Dadurch steigt der Anteil nordrhein-westfälischer Straßenprojekte an allen Bundesverkehrswegeplanprojekten von 16 auf 19,2 %. Das ist ein Anstieg um 20 %.

Der Bundesverkehrswegeplan 2030 belässt zudem alle nordrhein-westfälischen Autobahnprojekte im vordringlichen Bedarf. Das wichtigste NRW-Projekt im Schienenpersonennahverkehr, der Rhein-RuhrExpress, wird mit 1,6 Milliarden € im vordringlichen Bedarf geführt.

Der von Bundesverkehrsminister Dobrindt vorgelegte Entwurf hat den maroden Zustand der Verkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise berücksichtigt. Der erhebliche Anstieg des NRW-Anteils an allen Straßen- und Schienenprojekten bildet zusammengenommen ein Paket, das dem vielfach geforderten Aufbau West gleichkommt.

Herr Minister Groschek, Sie haben letzte Woche behauptet, aus dem Entwurf des Bundesverkehrswegeplans könne man endlich ablesen, welche strategische Bedeutung NRW als Logistikdrehscheibe habe. Damit verschweigen Sie aber wissentlich, dass der Bund dies schon lange erkannt hat, Sie mit den Planungen aber immer hinterherhinken.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Mit dem Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 hat der Bund darüber hinaus grünes Licht für viele wichtige Infrastrukturprojekte in NordrheinWestfalen gegeben.

Nun ist das Land am Zuge, für eine zügige Planung und Umsetzung der einzelnen Projekte zu sorgen. Anstatt jedoch in der Verkehrspolitik an einem Strang zu ziehen, tun sich krasse Gegensätze zwischen den Koalitionsfraktionen auf.

(Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Verkehrsminister Groschek lobte im vergangenen Monat den Bundesverkehrswegeplan als das größte Antistauprogramm, das es jemals in Nordrhein-Westfalen gegeben habe. Herr Minister Groschek, Sie forderten noch am 18. März 2016 eine Willkommenskultur für röhrende Bagger in Nordrhein-Westfalen. Die Grünen aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, lehnen diesen Plan klar ab. Herr Klocke, Sie stellten Anfang April klar, dass man die positive Ein

schätzung des Landesverkehrsministers zum Bundesverkehrswegeplan ausdrücklich nicht teile. Statt Einigkeit herrscht Zerstrittenheit in einer Zeit, in der Nordrhein-Westfalen geschlossen auftreten sollte.

Laut „FOCUS Online“ vom 18.04.2016 soll es Ende 2016 eine gemeinsame Stellungnahme der nordrhein-westfälischen Landesregierung geben. Dann wird es aber zu spät sein. Nordrhein-Westfalen muss sich jetzt mit einer Stimme beim Bund dafür einsetzen, um in der Endfassung des Bundesverkehrswegeplans die guten Ergebnisse zu sichern und weiter auszubauen. Im Dezember 2016 ist alles gelaufen, dann ist der Ofen bereits aus.

Meine Damen und Herren, die Unternehmen in unserem Land sind auf eine leistungsfähige Infrastruktur angewiesen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Eine funktionierende Infrastruktur würde dazu beitragen, das Nullwachstum in Nordrhein-Westfalen mittelfristig zu beenden.