Über Jahrzehnte hinweg wurde die Autoindustrie dank ihrer starken Lobby verschont, und genau deshalb steht sie bald mit dem Rücken zur Wand. Gerade wer auch noch in Zukunft weltweit Autos verkaufen will, muss stets auf dem Stand der Technik sein und darf nicht zehn oder 20 Jahre hinterherhinken.
Der Grenzwert der Mobilität der Zukunft ist null. Immer mehr Märkte werden emissionsfreie Fahrzeuge und eine neue Mobilität – also auch Busse, Bahnen, Radverkehr – für die Ballungsräume verlangen. Es hilft nichts, hier die Landesregierung lediglich aufzufordern, gegen blaue Plaketten zu sein.
Dem Entschließungsantrag von SPD und Grünen könnte man vom Beschlussteil her zustimmen. Aber Sie positionieren sich hier nicht zur blauen Plakette und geben keine konkreten Hinweise, was Sie tun wollen. Also: Was ist denn Ihr Beitrag dazu? Diese Frage auch an Herrn Markert. Keine Aussage zu blauen Umweltzonen – das schreiben Sie sogar selbst in dem Antrag. Und dann:
„Ziel des diesbezüglichen Beschlusses ist es vielmehr, den Kommunen ein zusätzliches Instrument zur Senkung der NOX-Belastung zu verschaffen, das unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit genutzt werden kann.“
Das heißt, den Kommunen wird hier der Schwarze Peter zugeschoben. Die Kommunen sollen hier ausbaden, was Bund und Land eingebrockt haben. Das klingt eklig, ist es auch. Also: So nicht!
Dagegen stellen wir unseren Entschließungsantrag, der eine klare Zielrichtung hat. Er verbindet in seinen Forderungen die Interessen einer Wirtschaft, die nur stark sein kann, wenn sie stets auf dem neuesten Stand der Technik ist, und das fundamentale Interesse aller Menschen am Schutz der Gesundheit.
Klar ist, dass das Wohl der Allgemeinheit oberste Priorität haben muss. Klar ist auch, dass es hier gar nicht um Enteignung geht. Klar ist vor allem: Ein guter Antrag fordert richtiges Handeln und orientiert sich am Interesse aller Menschen und nicht an Interessensgruppen.
Der Schutz der eigenen Gesundheit ist im Interesse aller Menschen. Und deshalb ist es höchste Zeit, die Autohersteller hier im Land auch endlich auf die richtige Spur zu schicken. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer mich kennt, weiß ja, dass ich im Grunde ein optimistischer Mensch bin. Und so hatte ich auch ein Grundgefühl des Optimismus, dass auch die Opposition daran interessiert ist, wie und in welcher Weise wir für eine komplexe Problemlage Lösungen finden, also an der Lösung dieser Fragen interessiert ist und diese wirklich schwierigen Fragestellungen fachorientiert beantwortet.
Was ich heute allerdings erlebt habe – insofern ist der Optimismus dann wieder enttäuscht worden –, ist, dass Sie der Versuchung nicht widerstanden haben, Probleme auszublenden, Sachfragen wegzudrücken und stattdessen reinen Populismus zu betreiben. Das haben Sie gut gemacht, aber damit lösen Sie keine Probleme. Sie bewerben sich an dieser Stelle vor allen Dingen nicht darum, Verantwortung in diesem Land zu übernehmen. Denn wenn Sie hier stehen würden, müssten Sie die gleichen Fragen beantworten, wie wir sie heute zu beantworten haben.
Erste Fragestellung: Akzeptieren Sie, dass wir in unseren Städten ein massives Problem in der Frage der Stickoxide haben? Akzeptieren Sie das?
Akzeptieren Sie – zweitens –, dass wir ein massives rechtliches Problem haben? Ein rechtliches Problem deshalb, weil wir nicht nur vor einem Vertragsverletzungsverfahren stehen, sondern schon ein Vertragsverletzungsverfahren haben. Die Bundesrepublik Deutschland, auch die Kommunen und die Länder sind dazu aufgefordert, Lösungen zu präsentieren. Die Europäische Kommission hat uns ins Stammbuch geschrieben, dass die Förderpolitik, die Deutschland in den letzten Jahren und Jahrzehnten zur Förderung der Dieseltechnologie gemacht hat, der falsche Weg ist. „Bitte sagt, was ihr anders machen wollt.“ Wir müssen darauf also eine Antwort geben.
Hinzu kommt – auch das ist von Ihrer Seite mit keinem Wort erwähnt worden –: Wir haben aktuell Klagen der Deutschen Umwelthilfe vorliegen, und zwar auch in Nordrhein-Westfalen. Man sollte wissen, dass andere Gerichte in anderen Bundesländern – beispielsweise in Hessen – den Klagen stattgegeben haben, bis hin dazu, dass gegen die Behörden Vollstreckungsbescheide erlassen worden sind.
Wollen Sie so etwas in Nordrhein-Westfalen? Wollen Sie Vollstreckungsbescheide? Wollen Sie, dass wir Fahrverbote aussprechen müssen und nur noch nach Nummern Einfahrt gestatten? Wollen Sie so etwas? Null Antwort von Ihrer Seite!
Das dritte Problem, das Sie negieren und überhaupt nicht angesprochen haben, betrifft die Frage: Wie ordnen wir das Ganze in eine aktuelle Situation ein, in der wir durch den Abgasskandal feststellen müssen: Offensichtlich sind nicht nur bei VW – die Zahlen werden in den nächsten Tagen kommen –, sondern bei fast allen Fahrzeugen Abschalteinrichtungen vorhanden, die keine reale Grundlage für Regierungshandeln und für Handlungen der Ordnungsbehörden zum Schutz der Gesundheit gewährleisten.
Auf diese Fragen müssen Sie eine Antwort geben. Da reicht es eben nicht, an einer Stelle zu polemisieren, sondern dann betrachten Sie bitte den kompletten Beschluss.
Darauf bin ich ein wenig stolz: Die Umweltministerkonferenz mit über 35 Punkten Beschlussfassung – einvernehmlich über alle Farbenlehren hinweg – hat das erste Mal in Deutschland, seitdem wir über den Abgasskandal diskutieren, eine umfassende Antwort darauf gegeben, was wir tun müssen.
An erster Stelle steht die Aufklärung. Das ist bis heute nicht passiert. Bis heute verfügen wir über keine umfassenden Daten, bei welchen Fahrzeugen in welchem Umfang das vorliegt. Wir als Umweltbehörde messen nur, dass die Stickoxidbelastung in den Städten nicht etwa sinkt, sondern steigt. Wenn wir vor Augen haben, dass diese Abschalteinrichtungen insbesondere dann in Kraft treten, wenn die Temperatur unter zehn Grad fällt, wissen wir auch, warum wir diese hohen Zahlen messen.
Es ist das erste Mal, dass eine politische Konferenz in Deutschland beschließt: Das muss unbedingt aufgeklärt werden. Legt die Zahlen endlich auf den Tisch. Legt die Gutachten vor – Aufforderung an die Bundesregierung.
Zweitens: Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Es kann nicht sein, dass die Autofahrerinnen und Autofahrer den Schaden davon haben, wenn andere manipulieren und Abgaseinrichtungen, die von Gesetzes wegen notwendig sind, illegal zum Ausschalten bringen. Auch das müsste von Ihnen eigentlich unterstützt werden.
Drittens ist die Antwort auf die Frage zu geben, was wir machen. An erster Stelle stehen die Einführung möglichst emissionsfreier Fahrzeuge und die stärkere Förderung sowie die Frage, ob und in welcher Weise bestehende Fahrzeuge nachgerüstet werden
können, wie wir das bei der Filtertechnologie, bei den Partikelfiltern, getan haben. Das ist auch eine Option für Nordrhein-Westfalen.
Sehr verehrter Herr Rasche und sehr verehrter Herr Deppe, ich meine schon, da wäre die Anforderung an die Bundesregierung zu richten: Was ist eine neue Berechnungsgrundlage? Das ist mit der blauen Plakette verbunden. Da muss nämlich die Bundesregierung endlich einmal die Karten auf den Tisch legen und sagen, was die ordentlichen Berechnungsgrundlagen sind, die den Behörden erlauben, entsprechende Maßnahmen zu treffen? Bis heute haben wir sie nicht. Was sind die Berechnungsgrundlagen? Sind es die Werte, die am Prüfstand gemessen werden, sind es die im realen Verkehr, oder sind es die, die möglicherweise manipuliert worden sind?
Deshalb ist es richtig, dass es diesen Beschluss gibt. Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung endlich gezwungen ist, diese Berechnungen anzustellen. Sie kann sich nicht mehr verstecken. Das brauchen wir, um ordentlich mit der Gesundheit der Menschen umzugehen, um ordentlich mit der Weiterentwicklung unserer Fahrzeugtechnik umzugehen. Das brauchen wir auch, um endlich eine solide Grundlage zu haben, auf die Beschwerde der EU reagieren zu können.
Vielen Dank, Herr Minister. – Zunächst möchte ich feststellen, dass die Landesregierung ihre Redezeit um 1 Minute und 15 Sekunden überschritten hat. Im Rahmen dieser Redezeit gab es die Anfrage des Kollegen Rasche, dem ich jetzt das Wort gebe. Bitte schön.
Herr Präsident! Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Sie haben gerade der FDP und der CDU vorgeworfen, sie wären nicht in der Lage, Verantwortung in diesem Land zu übernehmen, weil sie Ihrem Schnellschuss nicht folgen.
Jetzt ist es aber so, dass die Verkehrsministerkonferenz und auch Ihr Koalitionspartner SPD Ihrer stringenten Vorgehensweise nicht folgen. Das bedeutet: Ihr Koalitionspartner und die Verkehrsminister in Deutschland sind nicht in der Lage, Verantwortung zu übernehmen?
Sie beschränken sich auf einen Teil der Beschlussfassung. Sie nehmen aber überhaupt nicht Stellung zu der Problemlage. Dazu sagen Sie gar nichts, außer einer Ausführung, dass Sie allgemein für die Gesundheit …
Ja, was wollen Sie denn tun? Was würden Sie denn konkret in der Situation als verantwortliche Behörden tun? Null Aussage dazu! Deshalb bin ich der festen Überzeugung: Sie sind schlecht für unser Land. Sie würden unser Land schlecht regieren: schlecht für die Menschen, schlecht für die Gesundheit. Deshalb ist es gut, dass Sie nicht regieren und hoffentlich auch nie in die Regierung kommen werden. – Herzlichen Dank.
Hat sich erledigt? Der Kollege Bayer hat das Wort, weil die Fraktion der Piraten noch Redezeit hat. – Herr Minister, das hat sich erledigt. Vielen Dank.
Herr Kollege Bayer für die Fraktion der Piraten. Aufgrund der Tatsache, dass Herr Minister etwas länger geredet hat, haben Sie noch einmal die Möglichkeit, zu reden. Bitte schön.
Herr Präsident! Ich möchte darlegen: Diese blaue Plakette betrifft die Kommunen. Das heißt, die Kommunen haben anschließend die Pflicht, das umzusetzen, was Bund und Land schon längst vor Jahren hätten angehen können und was Bund und Land in die Wege leiten müssen, nämlich für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen.
Jetzt haben Sie, Herr Minister Remmel, zwar einen Klimaschutzplan hier im Land Nordrhein-Westfalen aufgelegt, aber er ist leider unverbindlich – unverbindlich für den Verkehrssektor. Ich sehe nicht, dass das Verkehrsministerium eine Umsetzung dieses Klimaschutzplans irgendwie andenkt. Dabei ist der Verkehrssektor doch ausgerechnet der Sektor, der gerade in den Innenstädten, in den Ballungsräumen, also dort, wo die Emissionen gesundheitlich den größten Schaden anrichten, entscheidend ist. Dort wurde jahrzehntelang gerade wegen der großen Lobby der Automobilindustrie nichts getan. Hier sehe ich das Land in der Pflicht und nicht die Kommunen.
Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. – Als Nächster hat sich für die Fraktion der Grünen der Kollege Markert gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat schwierig, wenn man direkte Abstimmung bei einem solchen Thema hat, Herr Rasche. Dann kann man über die Instrumente, um die es vielleicht auch noch gehen könnte, schlecht miteinander ins Gespräch kommen. Ich würde mich aber freuen – Sie sind ja Verkehrspolitiker –, wenn wir von Ihnen gelegentlich noch etwas über andere Maßnahmen hören würden.
Setzen wir beispielsweise bei der Binnenschifffahrt an. Da hat die Landesregierung ja auch Maßnahmen getroffen, um die Schadstoffeinträge in unseren Ballungsräumen zu verringern. Sagen Sie dazu auch: „Nein, das wollen wir auch nicht, weil die Binnenschiffer so wichtig sind“? Kommt jetzt also jedes Mal, wenn eine Maßnahme zur Luftreinhaltung ansteht, von Ihnen ein Nein?
Zu Ihnen, Herr Bayer: Selbstverständlich müssen wir – da gebe ich Ihnen ausdrücklich recht; das ist auch grüne Position – viel mehr beim Thema „Verkehrsvermeidung“ tun. Wir müssen auch viel mehr beim Thema „Stärkung der Umwelt“ machen. Dabei geht es um den Umweltverband aus Fußverkehr und Radverkehr sowie um Verkehrsvermeidungsstrategien. Moderne Technik kann auch zu modernen Konferenzen beitragen, durch die wir dann Verkehre vermeiden können. Da sind wir gemeinsam in einem Boot.
Meine Befürchtung ist, dass es auf der Seite des Parlaments leider Gottes – der Minister hat darauf hingewiesen – so ist, dass jede Maßnahme, die zur Luftreinhaltung ergriffen wird – wie seinerzeit mit dem Handwerkerparkausweis –, von Ihnen mit Proteststürmen bedacht wird.