Das zeigt Ihnen ja auch der Bundesländervergleich. Für dieses Jahr 2012 planen sechs Flächenländer mit ausgeglichenen Haushalten oder zahlen sogar in Teilen schon Altschulden zurück. NRW plant selbst in der Finanzplanung heute schon festgeschrieben für das Jahr 2015 in Ihrer Prognose noch eine Neuverschuldung von 2,7 Milliarden € ein.
Vergleicht man die Pro-Kopf-Verschuldungssituation aller Flächenländer inklusive ihrer Gemeinden, stellt man fest: 2011 wird Nordrhein-Westfalen mit Schulden von über 10.000 € pro Einwohner nur noch vom Saarland übertroffen.
Herr Finanzminister, dieser Haushalt steckt voller Risiken, er ist fragil. Kleinere Zinssteigerungen lassen den Schuldendienst leicht explodieren. Bereits in der aktuellen Niedrigzinsphase werden von Ihnen jedes Jahr 4 Milliarden € nur für Zinsen und Zinseszinsen verbrannt.
Was passiert eigentlich zukünftig mit wichtigen Feldern wie Bildung, Innovation, Verkehrsinfrastrukturprojekte, wenn die Besoldung der Bediensteten und die Zinsen auch nur in kleinen Margen steigen?
Außerdem haben wir das Ihnen bekannte Problem der Landesbeteiligungen. Nach allen Ihnen heute bekannten Informationen zu den Schrottpapieren bei Phoenix, zur Entwicklung bei den EAA und der Portigon AG wissen Sie, dass die WestLB-Abwicklung wohl noch um einiges teurer wird, als bislang öffentlich eingeräumt.
Sie haben sich im Juni 2012 von den Mehrheitseigentümern über den Tisch ziehen lassen. Deshalb müssen Sie sich natürlich die Ergebnisse dessen, was Sie Mitte des Jahres verabredet haben, auch zurechnen lassen, und zwar auch, was die zukünftig
Der BLB befindet sich in umfänglichen Untersuchungen der Staatsanwaltschaft und des Landeskriminalamtes im wahrscheinlich größten Bauskandal in der Landesgeschichte Nordrhein-Westfalens.
Warum leisten wir uns weiterhin einen solchen Betrieb, der seine Dienste oft teurer anbietet als der Markt?
Und auch in anderen Landesbetrieben steckt noch viel Optimierungspotenzial. – Herr Kollege, ich bin sehr gespannt auf Ihre Reformvorschläge zu den Landesbetrieben in dieser Legislaturperiode. All das zeigt aber doch, …
Frau Ministerpräsidentin, die Erkenntnisse der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen, die ich angesprochen habe, liegen seit Kurzem in der ersten Tranche auf dem Tisch. Wir werden weitere gewinnen. Das sollte doch auch die Debatte bei Ihnen befördern.
Frau Ministerpräsidentin, wenn Sie eines sehen können, dann doch das, dass der Staat eben nicht der bessere Unternehmer ist und vor allem, dass er nicht erfolgreicher agiert als der Markt. Die öffentliche Hand scheitert mit gravierenden Belastungen und Nachteilen für den Steuerzahler, wenn sie diese Rolle spielt.
Für uns als FDP-Landtagsfraktion ist klar: Das Land muss endlich seine Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Es besteht ein struktureller Konsolidierungsbedarf im Landeshaushalt in der Größenordnung von Milliarden. Ohne ein Konzept für einen der Aufgabenkritik folgenden Bürokratieabbau werden sich neue haushalterische Gestaltungsspielräume für Zukunftsinvestitionen, die wir dringend brauchen, nicht erreichen lassen.
Anstatt dass sich Rot-Grün dieser Herausforderung stellt, werden seit Amtsantritt dieser Regierung aber umgekehrt gerade für grüne Ministerien Hunderte neuer Planstellen geschaffen.
Vor dem Hintergrund ernsthafter Zahlen und Fakten ist es unerlässlich, dass wir jetzt endlich zeitnah beginnen, den Haushalt strukturell in Ordnung zu bringen. Das bedeutet, dass das Land in Zeiten einer durchschnittlichen konjunkturellen Lage, einer Normallage, auch in der Lage sein muss, ohne neue Schulden auszukommen. Eigentlich ist das eine schlichte Selbstverständlichkeit. So ist der Zustand ab 2020 auch rechtlich verbindlich durch die Schuldenbremse vorgesehen.
Es ist eine Frage der Zukunftsfähigkeit, der Nachhaltigkeit und der Generationengerechtigkeit, dass nicht nur jeder einzelne Bürger sein Leben nicht auf Basis von Pump gründen kann, sondern dass dieses Prinzip selbstverständlich auch für das Gemeinwesen, für unser Land Nordrhein-Westfalen, gilt, meine Damen und Herren.
Sie haben eine unvergessliche Anhörung zu diesem Haushalt erlebt, weil Ihnen nämlich dort vonseiten der Wissenschaft, vonseiten sämtlicher Experten in Bezug auf die Eckwerte Ihrer Haushaltsplanung Kritik vorgehalten wurde. Ein Sparhaushalt wird nämlich von dieser rot-grünen Regierung gar nicht erst angestrebt. In Wahrheit ist die rot-grüne Umverteilung eine viel zu schwere Hypothek für die nächsten Generationen und eine permanente Überforderung unserer Gesellschaft. Es sind dann leider die Kinder und Enkelkinder, die mit Zins und Zinseszins für diese verantwortungslose Schuldenpolitik einstehen müssen. Diesen Weg kann und wird die FDPLandtagsfraktion nicht mitgehen.
Herr Finanzminister, wenn Sie nicht schnellstens das Ruder herumwerfen, geraten Sie in einen kaum noch umkehrbaren Schuldnerverzug. Diese Situation muss vermieden werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Witzel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Abgeordneter
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Witzel, dass Sie hier im Landtag in der Haushaltsrede mit dem Thema „BLB“ kommen, hätte ich mir in den kühnsten Träumen nicht vorstellen können, wo doch die schwarz-gelbe Landesregierung so eindeutig von vorne bis hinten Verantwortung für den Bauskandal trägt, den Sie hier als den größten Bauskandal in der Landesgeschichte beschreiben. Das finde ich wunderbar.
Die FDP setzt dem Ganzen aber noch darüber hinaus die Krone auf. Sie ist zumindest nach Zeitungsberichten – ich habe mich auch noch einmal bei Frau Beer vergewissert – die einzige Fraktion, die sich bis zum heutigen Tage nicht klar zu einem Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Skandals des BLB bekannt hat. Das passt ganz besonders gut zusammen, Herr Kollege.
Vielleicht – weil Sie auch diese Retrodebatte heute geführt haben – noch eine Bemerkung zur WestLB. – Auch das ist ein unglaubliches Verständnis von der Trennung von Steuerzahlerinnen und Menschen in
diesem Lande. Ich bestreite, dass der Finanzminister bzw. die Landesregierung über den Tisch gezogen worden sind; aber das haben wir alles diskutiert. Herr Kollege Witzel, Sie müssen mir einmal erklären, wo der Unterschied liegt, ob die Nordrhein-Westfalen die Kosten, die für das Land entstehen, als Sparkassenkundinnen und -kunden – immerhin sind 70 % der Nordrhein-Westfalen Kundinnen und Kunden bei einer Sparkasse – oder als Steuerzahler bezahlen.
Eines möchte ich – wir haben auch noch eine Fragestunde zu dem Thema – hinzufügen. Die Art und Weise der Mäkelei und des Herumkrittelns an der Abwicklung der WestLB und an der Weiterführung der Portigon, das Kritisieren in einer solchen Perfidie – das hat uns im Ausschuss Stunden gekostet hat und wird uns auch jetzt im Parlament Stunden kosten –, ist diesem Parlament nicht zuträglich. Vor allem kann es – ich hoffe, dass es dazu nicht kommt – dazu führen, dass weitere erhebliche Kosten hinzukommen, nicht, weil Sachverhalte aufgedeckt werden, sondern weil Sie die Politik madig reden und diesem Unternehmen keine Chance geben. Das finde ich ziemlich neben der Spur.
Auf die Verfassungsklagen hat der Kollege Börschel eben schon hingewiesen. Gerade heute reparieren wir ja noch einige Auswirkungen der von SchwarzGelb verlorenen Verfassungsklagen. Beim U3Ausbau werden heute etwa 200 Millionen € nachgezahlt werden müssen, ohne dass ein Mehrwert entsteht. Das sind 200 Millionen €, die Sie den Kommunen schlicht aus der Tasche gezogen und wo Sie in Münster krachend verloren haben.
Das Gleiche gilt für den Einheitslastenausgleich. Auch dort haben Sie sich gerühmt, Geld gespart zu haben durch die Klage gegen den Nachtragshaushalt. Auch das ist vom Verfassungsgericht im Folgenden abgeräumt worden. Sie sind doch der große Verlierer vor dem Verfassungsgericht.
Ich finde es schon beschämend, eine Aussage derart zu machen, die Landesregierung hätte ein taktisches Verhältnis zur Verfassung. Das weise ich entschieden zurück, und das entspricht auch nicht der Wahrheit.
Sie haben eben von Steuergeschenken auf Pump gesprochen, Herr Kollege Optendrenk und Herr Kollege Witzel.
Wenn jemand in einer derart beschämenden und dreisten Art und Weise nicht nur Klientelpolitik betreibt, sondern durchsichtig zugunsten der Bundesländer Niedersachsen und Bayern, wo es auf der Kippe steht, wo die Bundesregierung auf der Kippe steht, eine Klientelpolitik auf Pump, auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler betreibt und das dann drei Tage später der Landesregierung vorwirft,
Herr Kollege Lindner, weil Sie gerade dazwischenrufen: Sie haben es nicht versäumt, sozusagen noch vor Tagesfrist darauf hinzuweisen, dass das Betreuungsgeld Unsinn ist. Aber was dem Ganzen die Krone aufsetzt, ist, dass der Bundesvorsitzende der FDP, Herr Rösler, dem Sie gerne nachfolgen wollen, Herr Kollege Lindner,
(Christian Lindner [FDP]: Nein! – Heiterkeit und Zuruf von der SPD: Das bitte unbedingt ins Protokoll!)
vor der Presse sagt: Wir haben durch die verspätete Einführung des Betreuungsgeldes etwa 750 Millionen € gespart. – Das ist doch unfassbar! Das ist ungefähr so, als wenn ich mir ein Auto nicht kaufe, das ich mir nicht leisten kann, um dann meiner Familie zu verkünden: Ich habe 20.000 € gespart, ich bin der große Held. – Das ist doch unglaublich!