Protocol of the Session on March 17, 2016

Herr Kollege Hegemann von der CDU-Fraktion hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen der Piraten, Sie haben Glück, dass die Präsidentin sehr großzügig ist und diesen Tagesordnungspunkt hier genehmigt hat. Da muss ich mich – das tut mir manchmal ein bisschen leid – dem Kollegen Stotko anschließen.

(Thomas Stotko [SPD]: Das tut Ihnen sehr leid!)

Der Antrag ist zwar nicht aktuell und auch nicht landespolitisch bedeutsam, aber irgendwo müssen wir

ja ein Sprachrohr finden – dann machen wir das eben im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

Ich empfehle Ihnen übrigens: Lassen Sie sich filmen, wo es eben geht, möglichst im Plenum. Denn in absehbarer Zeit werden diese Bilder nur noch im Landesarchiv verfügbar sein, und da gehören sie hin.

(Beifall von der CDU)

Verpixeln Sie die nicht, machen Sie das mit Gesichtskennung. Das wird ein Unikat der Geschichte sein.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Sie freuen sich ja schon auf die AfD, oder?)

Sie sind ein Quatschkopp. „Sie freuen sich auf die AfD“ – da sitzt noch einer, der hat eine ähnliche Meinung.

In den Redebeiträgen von Bolte und Jäger fehlte nur der Schlusssatz: Und deshalb sind wir gegen Bodycams. – Sie haben hier alles an Bedenken vorgetragen, vor allem Sie, Herr Bolte. Ich frage mich: Was haben Sie für eine Koalitionsvereinbarung getroffen? – Er hat hier nur vorgetragen, warum es nicht geht. Er hat nicht auf der Seite der Polizei gestanden, nicht auf der Seite der Bürger.

(Beifall von der CDU)

Und wenn ich in Ihrem Antrag lese: Durch das Tragen einer Bodycam wäre der Polizist nicht mehr der Freund und Helfer, weil sich die Leute verängstigt fühlten, einen Polizisten anzusprechen, der eine Bodycam trägt! – Ja sagen Sie, haben Sie irgendwas …? – „Geschnüffelt“ darf ich nicht sagen, das war aber auch eine andere Fraktion. Aber irgendetwas muss doch bei Ihnen passiert sein, dass Sie zu so einer Schlussfolgerung kommen. Sie sagen, dadurch, dass der Beamte eine Bodycam mit sich führt, trägt er ein Gerät auf der Schulter, das er quasi missbraucht. Ja, dann haben Sie auch eine Abhöranlage in der Hose, weil Sie ein Handy dabei haben!

(Beifall von der CDU – Heiterkeit)

Es ist abenteuerlich!

An erster Stelle muss der Polizist geschützt werden. Das geschieht nicht nur durch die Schulterkamera. Wir sagen: Der Beamte, der als erster sein Gesicht hinhält, wenn es Schlägereien gibt, wenn die Luft bleihaltig wird, wenn es zu Tumulten kommt, der muss auch den besonderen Schutz der Gesellschaft genießen,

(Beifall von der CDU und der FDP)

und zwar nicht nur durch irgendwelche Beweismittel, sondern auch durch gesetzliche Änderungen.

Jetzt komme ich zum Thema „Beweismittel“. Die Rechtsexperten sagten in der Anhörung, es gebe kein Gericht, das Bodycams als Beweismittel aner

kennt. Die Dashcams sind in Deutschland in den Autos verboten, und trotzdem gibt es Gerichte, die deren Aufzeichnungen anerkennen, wenn sie zur Aufklärung beitragen.

(Zurufe)

Wir werden diesen Versuch aufgrund von gesetzlichen Vorgaben einführen. Herr Jäger, eine neue Erkenntnis Ihrerseits lautete: Sie können nicht sagen, Bodycams müssten flächendeckend für so und so viel Tausend Polizisten angeschafft werden. – Aber wer tut das denn?

(Minister Ralf Jäger: Ihr Kollege Golland!)

Sie sind ja noch nicht einmal bereit, einen Versuch zu machen. Seit heute wissen wir, was die Ministerpräsidentin nach den Ereignissen von Köln im Ansatz angekündigt hat. Da dachte ich: Vielleicht kriegen die in Sachen „Bodycam“ noch die Kurve. – Das stand heute in der „Rheinischen Post“; das werden Sie mitbekommen haben. Sie tun aber immer noch so, als wäre das alles ganz schrecklich, als hätten die Polizisten große Bedenken. Fragen Sie doch die Polizisten auf der Straße, egal von welcher Gewerkschaft oder aus welchem Bundesland: Die sind alle dafür.

Ich hoffe auch, dass wir die Gesetze so ändern werden, dass die Bodycam auch als Beweissicherungsmittel eingesetzt werden kann.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, hinsichtlich der Bundespolizei können Sie natürlich sagen, dass die die Einsatztruppen verdoppelt haben und sich deshalb niemand mehr an sie heranwage. Wenn ich von der Bundespolizei lese, dass es, seitdem dort Schulterkameras eingesetzt werden, keinen Angriff mehr auf einen Polizisten gab, dann ist das für mich ein Erfolg. Dann sage ich aber nicht, dass das überall so sein wird.

(Beifall von der CDU)

Das Problem ist, dass Sie hier einen grünen Koalitionspartner am Bein haben; die SPD ist das Problem nicht. Auch in diesem Fall stehen Sie nicht auf der Seite der Schwächeren, sondern auf der Seite von falsch verstandenem Datenschutz – genau wie die Piraten – und fordern, dass nicht jeder Verkehrsteilnehmer gefilmt werden darf. – Wer will das denn schon? Sie wissen doch genau, unter welchen Kriterien solche Kameras eingesetzt werden. Herr Stotko, bei einer Alkoholkontrolle haben Sie die nicht.

(Heiterkeit von der CDU)

Dafür müssen doch bestimmte Randale vorliegen, bestimme Szenen und Erfahrungen. Das ist ein eng umschriebener Kreis, wo dies überhaupt nur gemacht wird. Wir haben im Innenausschuss auch darüber gesprochen, wo in Nordrhein-Westfalen ein solcher Trageversuch möglich wäre. Da wurden sehr

viele Beispiele genannt. Aber zu sagen: „Das geht alles nicht“, wäre verdammt einfach.

Nur noch ein Satz. Bei der Anhörung war auch ein Produzent anwesend. Den Sachverstand, wie so ein Gerät funktioniert, hat am besten der Hersteller. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, ob man bei ihm etwas kauft oder nicht. Der Innenausschuss kauft sowieso nichts, das macht das Ministerium. Also, einen Sachverständigen dabei zu haben, der ein solches Gerät herstellt, fand ich gar nicht so schlecht.

Aber ich sage auch noch einmal: Würde die Anhörung heute stattfinden, wäre sicher vieles anders. Viele, die sich damals kritisch geäußert haben, hätten es heute verdammt schwer, noch bei ihrer Meinung zu bleiben.

Niemand in diesem Saal sagt, die Ereignisse von Köln wären durch den Einsatz von Bodycams verhindert worden.

(Andreas Bialas [SPD]: Nur durch bayerische Polizisten!)

Aber ich bin sehr sicher, dass die Aufklärung wesentlich einfacher wäre. Ich persönlich hätte mir auch gewünscht, wenn Bodycams bei sogenannten Abiturfeiern eingesetzt worden wären, wo Leute angeblich ihre Reifeprüfung feiern. Das ist meines Erachtens ein Armutszeugnis für die Menschen, die da – in Anführungszeichen – „Krieg geführt haben“.

(Zurufe)

Entschuldigung, Sie haben dies doch „Schulkrieg“ genannt. Ich habe das doch extra in Anführungsstrichen gesagt. Das war doch der Originalton. Es ist beschämend, dass es solche Idioten gibt. Und da hätte ich mir auch gewünscht, dass wir dadurch einen Angriff auf die Polizei hätten verhindern können, denn es hat wohl auch verletzte Polizisten gegeben.

Wenn Sie sich jetzt für den Trageversuch aussprechen, dann spreizen Sie dabei nicht drei Finger nach hinten ab und sagen: Hoffentlich geht der schief; das haben wir ja schon immer gesagt. – Gehen Sie vielmehr offensiv mit dem Schutz des Polizisten und mit dem Schutz der Gesellschaft vor Straftätern um. Dann sind wir einen großen Schritt weiter. Ein kleiner Schritt dahin ist die Bodycam.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hegemann. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Körfges.

Frau Präsidentin! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da Herr Hegemann meine Fraktion im vorherigen Wortbeitrag ein wenig von seiner Pauschalkritik ausgenom

men hat, erlaube ich mir, an Herbert Wehner anzuschließen und zu sagen: Herr Hegemann, auch in diesem Fall trifft uns Ihr Lob in keiner Weise.

(Beifall von der SPD)

Ich darf darauf verweisen, dass hier einiges miteinander vermischt wird. Zum einen: Bundespolizei, Bundeszuständigkeit und Zuständigkeit des Landtags. Der Anlass für eine Aktuelle Stunde ist nicht so richtig gegeben. Trotzdem diskutieren wir ganz vernünftig, wenn wir uns an sachliche Dinge halten.

Zum anderen: In der Auswertung der Anhörung haben wir nicht erklärt, dass Bodycams an und für sich verfassungswidrig sind, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben gemeinsam mit den Sachverständigen festgestellt – und dabei bleibe ich –: Ihr damaliger Antrag war nicht nur ein bisschen, sondern völlig verfassungswidrig. Da helfe ich Ihnen direkt ein wenig auf die Sprünge. – Lieber Kollege Golland, stramme Haltung und schneidiger Auftritt ersetzen nicht die intellektuelle Befassung mit schwierigen Themen. –

(Beifall von der SPD)

Deshalb noch einmal der Hinweis: Wer die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts ernst nimmt, der weiß, dass das präventive Gewinnen von Ermittlungsansätzen durch den Einsatz von Videotechnik unzulässig ist. Aus die Maus! Da gibt es leider oder Gott sei Dank keine Änderung. Dem sind wir in allem, was wir machen, verpflichtet, wenn wir die Verfassung in diesem Land ernst nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Marcel Hafke [FDP]: Die Verfassung ernst zu nehmen ist bei der SPD ja ganz neu!)

Lassen Sie mich einiges zu der differenzierten Betrachtung sagen. Ja – da bin ich ganz nah bei den Worten des Innenministers –, Bodycams sind kein Allheilmittel gegen das Phänomen, das wir alle beklagen und gegen das wir uns gemeinsam wenden: Gewalt gegenüber Polizistinnen und Polizisten. Sie können aber, wenn sie vernünftig eingesetzt werden, dazu beitragen, sich qualifiziert mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen und an der Stelle für eine Verringerung zu sorgen.