Protocol of the Session on March 16, 2016

(Daniel Sieveke [CDU]: Oh, dann mussten Sie ja viel unterwegs sein!)

dann kann man sehen, dass alle Einbrüche eines eint: Es kommt völlig unverhofft. Man kommt abends von der Arbeit nach Hause, freut sich auf die Couch, auf das, was man möglicherweise als Hobby ausübt, und plötzlich stellt man fest: Alles ist durchwühlt. Persönliche Gegenstände sind berührt. Die Wohnung ist durchsucht. Bargeld, Schmuck, Handy sind weg. Erst dann begreifen die Menschen: Ich bin Opfer eines Einbruchs geworden. Und plötzlich werden die gestohlenen Wertsachen völlig zweitrangig.

(Zuruf von der CDU: Da hat Ihre Politik ver- sagt!)

Ich habe das Gefühl, manche verwechseln die Plenardebatte hier mit dem heimischen Stammtisch.

Die Wertsachen sind zweitrangig. Das Gefühl, in der Intimsphäre, in der Privatsphäre verletzt worden zu sein, wiegt sehr viel schwerer, wirkt lange nach. Das nimmt einem die Freiheit und die Unbeschwertheit, auch wenn Hausratversicherungen möglicherweise vieles, manchmal auch alles zahlen. Wegen dieser Verletzbarkeit sind Wohnungseinbrüche so heimtückisch und schlimm.

Das ist der Grund, warum wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese Entwicklung stemmen müssen. Wir haben vieles unternommen: die Spurensuche verbessert, die Analyse verbessert, Fahndungskonzepte entwickelt, Präventionskonzepte entwickelt, MOTIV entwickelt, das von anderen Bundesländern kopiert wird.

Herr Schatz, ich muss Ihnen widersprechen: Die Anstiege bei den Wohnungseinbrüchen gehen im Wesentlichen auf abgestimmte Bandenstrukturen zurück, auf Banden, die heute hier und morgen in anderen Ländern der Europäischen Union operieren. Trotzdem ist es uns gelungen, 800 Täter zu identifizieren.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Verhaften!)

Herr Hovenjürgen, 500 von Ihnen saßen oder sitzen in Haft.

Wir haben die Kriminalpolizei gestärkt. Waren es 2005 noch 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung bei der nordrhein-westfälischen Polizei, sind es heute 9.600.

Aber was die Kriminalitätsstatistik eben nicht oder auch zeigt – und das wollen Sie nicht wahrnehmen, meine Damen und Herren, weil Sie mit einer eingeengten politischen Schablone durch eine Kriminalitätsstatistik gehen auf der Suche nach den Bereichen, in denen die Zahlen angestiegen sind, alles andere außer Acht lassend; das ist eher kleines Pepita als Gesamtüberblick –, ist: Sie beschäftigen sich bei der Einbruchskriminalität mit rund 4,3 % aller Straftaten in Nordrhein-Westfalen. Das ist schlimm genug. Einbrüche sind neben Gewalttaten, neben Sexualde

likten einer der tiefsten Grundrechtseingriffe. Sie verdienen besondere Aufmerksamkeit, aber sie machen gerade einmal 4,3 % der Straftaten in NordrheinWestfalen aus.

Sie wollen oder können einfach nicht hinnehmen: Seit 2010 sind die Straftaten gegen das Leben, also Mord und Totschlag, um 15 % zurückgegangen. Seit 2010 sind Vergewaltigungen und sexuelle Nötigung um mehr als 20 % zurückgegangen. Handtaschenraub ist seit 2010 um 30 % zurückgegangen, Körperverletzung um 5 %. Gewaltdelikte sind seit 2010, meine Damen und Herren von FDP und Union, um 10 % zurückgegangen. Was mich besonders freut, ist, dass die Jugendkriminalität, Sorgenkind über viele Jahre, seit 2010 um fast 30 % zurückgegangen ist, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich denke, dieses Land ist sicher im Rahmen der Möglichkeiten. Aber das Sicherheitsempfinden vieler Menschen sieht anders aus, und das müssen wir ernst nehmen. Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen. Ich habe das in vielen Veranstaltungen gelernt: Diesem Sicherheitsempfinden kann man nicht unbedingt nur mit Statistik begegnen, sondern dem muss man mit Handeln begegnen. Wir nehmen diese Sorgen wirklich ernst.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Das ist das, was wir gerne hätten! – Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Herr Stamp, Sie sind doch Mitglied im Innenausschuss. Wir haben Ihnen dort umfangreichste Konzepte vorgetragen. Darauf möchte ich gerne in der zweiten Runde im Detail zu sprechen kommen, Herr Dr. Stamp.

Ich erläutere kurz, wie wichtig die Prävention ist. Natürlich muss man – wie in allen anderen Bundesländern – einen Anstieg der Wohnungseinbruchskriminalität auch in Nordrhein-Westfalen verzeichnen. Man darf aber nicht außer Acht lassen, dass inzwischen 44 % im Versuchsstadium stecken bleiben und Prävention das einzige Mittel ist, um diesen Anteil weiter zu erhöhen.

Da ich sehe, dass ich nur noch zwei Minuten Restredezeit habe, möchte ich nur noch auf die heutige Debatte eingehen. – Herr Lürbke, Herr Biesenbach, ich habe mitgeschrieben: NRW verkommt zum Selbstbedienungsladen für Kriminelle. Es herrscht polizeilicher Notstand. Ein persönliches Totalversagen des Ministers Jäger, ein Totalversagen der Landesregierung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Nordrhein-Westfalen ist ein Eldorado für Kriminelle.

Meine Damen und Herren, Sie haben zu früh applaudiert. Wenn man den Realitätscheck durchführt, ist die Einbruchskriminalität in Nordrhein-Westfalen seit

dem Jahr 2010, Herr Biesenbach, um exakt 39,2 % gestiegen; von Nord nach Süd, von Ost nach West, also in der ganzen Bundesrepublik, im gleichen Zeitraum um 37,8 %. Würde man Ihre Logik zugrunde legen, gäbe es ein Totalversagen aller Landesregierungen, es würde in ganz Deutschland polizeilicher Notstand herrschen.

(Zurufe von der FDP)

Und, meine Damen und Herren, ganz Deutschland wäre ein Eldorado für Kriminelle.

Ich finde, Sie sollten sich diesem Thema mit mehr Verantwortung nähern.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn Sie es vorher schon nicht wussten, aber spätestens seit dem letzten Sonntag sollten Sie wissen: Menschen Angst machen, Katastrophen- und Krisenrhetorik – das nützt immer nur den Populisten.

Ich finde, ein solches Thema, bei dem es um ein Grundbedürfnis, um ein Grundgefühl der Menschen geht, ob sie in diesem Land sicher oder nicht sicher leben, taugt nicht zu kleinlichen Versuchen, politisch Gelände zu gewinnen. Deshalb, meine Damen und Herren: Machen Sie den Leuten nicht weiter Angst, schüren Sie nicht weiter Angst. Sie werden davon nicht politisch profitieren. Das ist Ihre Zukunft.

Nordrhein-Westfalen ist ein Land, in dem die Bürgerinnen und Bürger sicher leben können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von der CDU: So wie in Köln!)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Laschet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Schluss Ihrer Rede, Herr Minister, und das, was die Redner von SPD und Grünen hier vorgetragen haben, ist genau das Problem Ihrer Innenpolitik.

(Beifall von der CDU)

Ich sage das klipp und klar: Defizite der inneren Sicherheit zu benennen, zu kritisieren, was in diesem Land falsch läuft, ist nicht das, was den Populisten in die Hände spielt, sondern Ihre Politik, Ihr Versagen spielt den Populisten in die Hände.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Und so sehr wir jeden Konflikt mit der Ministerpräsidentin, mit der Regierung vermeiden, wo wir in der Flüchtlingskrise Kurs halten, umso wichtiger ist es, dass man bei dem Kernthema der inneren Sicherheit im Land die Defizite offen ausspricht, dass man nach

Köln nicht drei, vier Tage braucht, ehe man es benennt, sondern es sofort benennt,

(Beifall von der CDU und Dietmar Brockes [FDP])

dass so etwas wie Köln gar nicht stattfindet. Das hätte das innenpolitische Klima rund um Flüchtlinge wesentlich besser gestalten können, als wenn solche Sachen stattfinden. So ist das.

(Zuruf von der SPD: Das war die Verantwor- tung der Kölner Oberbürgermeisterin!)

Die Kölner Oberbürgermeisterin – das ist doch wieder Ihr Wegschieben!

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD: Nein!)

Lieber Herr Stotko, das ist doch exakt das Problem, was die Leute quält, dass es einen Innenminister gibt, der sagt, er sei hier nicht der Arzt, der operiert, dass Sie dazwischen rufen, die Kölner Oberbürgermeisterin sei verantwortlich für die Kölner Silvesternacht. Ich sage Ihnen: Die bayerische Polizei hätte nicht eine Stunde solche Zustände geduldet, wie Sie in der Silvesternacht geduldet haben. Nicht eine Stunde!

(Beifall von der CDU und der FDP – Wider- spruch von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Das ist ja lächerlich! Unverschämt! Schämen soll- ten Sie sich! – Zuruf von Thomas Stotko [SPD])

Ja, so ist das! – Nicht eine einzige Stunde! Und ich wünsche mir, Herr Stotko, dass nicht immer durch Hooligans in Köln oder die Silvesternacht in Köln ein negatives Bild unseres Bundeslandes in die Welt transportiert wird!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Durch all Ihre Zwischenrufe und die Schlussbemerkung des Ministers haben Sie es genau auf den Kern zurückgeführt: Es gibt hier eine Regierungswirklichkeit. Der Minister sagt sogar, er kann in der Versammlung nicht mit Statistiken argumentieren. Nein, wenn die Statistiken so sind wie sie sind, können Sie eine Versammlung damit auch nicht überzeugen. Das ist ja das Problem.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Thomas Stotko [SPD] – Jochen Ott [SPD]: Lächerlich!)

Es gibt eine Wirklichkeit, die Sie wahrnehmen, und dann gibt es die Wirklichkeit, die die Menschen, die die Polizeibeamten und viele andere wahrnehmen.

Wir haben das am Wochenende erleben können – fast exemplarisch. Peter Biesenbach hat eben die Zeitungen zitiert, die um 16:11 Uhr Feierabend machen. Das war eine nette Bemerkung über den journalistischen Beruf. Die Zeitungen haben trotzdem