Protocol of the Session on March 2, 2016

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Er hat offenbar auch nicht die Kenntnis darüber, dass im Haushalt 2016 für Flüchtlinge 4 Milliarden € vorgesehen sind – 3 Milliarden € mehr als ursprünglich geplant –, dass aber die Kreditaufnahme nur um 300 Millionen € angehoben werden musste. Was anderes haben wir denn gemacht, als Vorsorge in dem Rahmen zu treffen, in dem es überhaupt möglich ist?

Wer sich jetzt hinstellt und sagt, er hätte in den vergangenen Jahren noch mehr Ideen gehabt, der muss jetzt – nachdem er zum Verfassungsgericht ging und Rücklagen und Rückstellungen verbieten ließ – erst einmal erklären, wie er das Ganze denn gespeichert hätte, um es heute zur Anwendung zu bringen. – Das ist das eine.

Das Zweite ist die Frage, ob der einzige wirklich greifbare Vorschlag, der in den letzten Jahren gemacht worden ist – nämlich Studiengebühren wieder einzuführen oder Kindergärten wieder beitragspflichtig zu machen –, möglicherweise dazu geführt hätte, dass dies zur Finanzierung der Herausforderungen gereicht hätte, die wir jetzt vor der Brust haben.

Ich sage nur noch eines: Das wird mit Sicherheit nicht die letzte Herausforderung in diesem Jahr 2016 sein. Es geht jetzt nur darum, für diese 15 Punkte einen Nachtrag einzubringen. Und nur, damit keine falsche Tonlage entsteht: Es ist absehbar, wie teuer und groß die Herausforderung ist, vor der wir – und zwar nicht nur in Nordrhein-Westfalen – stehen.

Das ist auch der Grund, warum ich zusammen mit einem Kollegen aus einem Land, das Sie ansonsten immer als Modellbeispiel nennen, gemeinsam an den Bund geschrieben habe, um deutlich zu machen: Das ist etwas, bei dem wir alle gefordert sind. Und wir brauchen an dieser Stelle die Verantwortung des Bundes.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wer uns erzählt, dass immer die anderen bezahlen sollen, der muss sich noch einmal daran erinnern lassen, wer denn für die Bewältigung internationaler

Konflikte in diesem Land die finanzielle Zuständigkeit hat. Es kann nicht sein, dass am Ende die Kämmerer von Kommunen und die Minister der Länder die Vorsorge dafür treffen müssen, wenn auf der oberen Ebene eingeladen wird. Dort wird hin und wieder auch ein Zickzackkurs gefahren. Jedenfalls liegt dort die Zuständigkeit für die Flüchtlingspolitik.

In den nächsten Monaten werden wir uns in Bezug auf folgende Fragen ein Bild machen müssen: Wie groß ist die Zahl derer, die bei uns Zuflucht suchen und wirklich bleiben können? Wie hoch sind die Kosten für jeden einzelnen, der kommt und bleiben kann? Wie hoch ist die Kostenbeteiligung des Bundes, der hierfür die finanzielle Verantwortung trägt? Und wie sieht die Steuerschätzung aus? Was kommt an Einnahmen herein?

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal daran erinnern, dass, wenn die Länder nach jetzigem Stand für dieses Jahr voraussichtlich 20 Milliarden € bis 25 Milliarden € aufzubringen haben, mit diesem Geld auch die Konjunktur angekurbelt wird. Denn das Geld, das die Flüchtlinge bekommen, werden sie nicht in einem Kuvert nach Hause schicken. Vielmehr geht dieses Geld auch auf das Gehaltskonto von Lehrerinnen und Lehrern, Polizistinnen und Polizisten, Juristinnen und Juristen sowie von vielen anderen, zum Beispiel Einrichtungen. Es führt dazu, dass es auch Steuerrückflüsse geben wird.

Die Beteiligung des Bundes entspricht bislang in etwa der Höhe der Steuerrückflüsse, mit der er rechnen kann. Mit anderen Worten: Das ist für ihn ein Nullsummenspiel. Für Länder und Gemeinden aber ist es nicht mehr als eine Krume, die für das gegeben wird, was sie bislang für etwas aufgewandt haben, das nicht von ihnen verursacht wurde und für das der Bund Mitleistungen zu erbringen hat. Diese Debatte werden wir noch zu führen haben. Jetzt aber geht es um die 15 Punkte. Und dafür bitte ich um Ihre Zustimmung in den Beratungen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Die Landesregierung hat ihre Redezeit deutlich – um 3 Minuten und 28 Sekunden – überzogen. Wenn die Landesregierung mehr Redezeit braucht, kann man das in Zukunft vielleicht berücksichtigen, wenn wir in der Ältestenratssitzung unsere Tagesordnung festsetzen. Dann können sich die Fraktionen auch schon im Vorfeld entsprechend darauf einstellen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass jetzt natürlich auch den anderen Fraktionen 3 Minuten und 28 Sekunden zur Verfügung stehen. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Zimkeit.

Angesichts des langen, aber überzeugenden Vortrags des Finanzministers kön

nen sich die Fraktionen ja vielleicht auch kürzer fassen. Da ich aber nicht glaube, dass gleich alle Kolleginnen und Kollegen überzeugt sein werden, …

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU – Ralf Witzel [FDP]: Geben Sie Ihr Mandat zu- rück, wenn Sie nicht arbeiten wollen!)

Also Herr Witzel, ich zitiere Ihre Bemerkung jetzt einmal: Geben Sie Ihr Mandat zurück, wenn Sie nicht arbeiten können. – Das ist angesichts dessen, …

(Ralf Witzel [FDP]: Wollen!)

Oder wollen! – Das ist eine unerträgliche Frechheit. Erstens. Sie kommen zu spät zur Debatte und plustern sich hier dann so auf. Zweitens. Wenn man Ihre Arbeitsleistung hier so verfolgt, könnte man Ihnen auch sagen: Sie haben nicht das Recht, hier die Arbeitsweise und die Beiträge von Kolleginnen und Kollegen so herabzuwürdigen. Sie ganz bestimmt nicht!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir leisten hier nämlich unsere Beiträge; darauf können Sie sich verlassen. Wir leisten sie dadurch, dass wir das Vorgehen der Landesregierung in dieser Frage ausdrücklich unterstützen. Wir waren uns hier in diesem Haus einmal alle einig, dass wir eine schnelle Reaktion auf die schrecklichen Vorgänge in der Silvesternacht haben wollen.

Die Landesregierung hat auch sehr schnell reagiert und ein 15-Punkte-Programm auf den Weg gebracht, um die Situation zu verbessern. Dieses 15-PunkteProgramm wird jetzt durch diesen Nachtragshaushalt umgesetzt. Es ist auch notwendig, diese 15 Punkte mit einem Nachtragshaushalt umzusetzen, weil unter anderem etliche neue Stellen geschaffen werden und dies auf keinem anderen Weg geht. Insofern unterstützen wir dieses Vorgehen ausdrücklich.

Dabei werden aus unserer Sicht die richtigen Schwerpunkte gewählt.

Der allerwichtigste Schwerpunkt aus meiner bzw. unserer Sicht ist die Schaffung der Anlaufstelle für die Opfer der Silvesternacht; denn ich glaube, wir müssen in den Debatten über die Silvesternacht bei allen politischen Auseinandersetzungen und bei allen Nachforschungen in Bezug auf das, was beim Bund oder beim Land möglicherweise falsch gelaufen ist, insbesondere die Opfer stärker in den Mittelpunkt stellen. Das ist die Arbeit, die für uns wichtig ist, Herr Witzel. Wenn Sie das für überflüssig halten, zeigt das nur, wes Geistes Kind Sie sind.

Der nächste Punkt: Wir halten es für wichtig und notwendig, mehr Polizei auf die Straße zu bringen. Wir haben schon jetzt die höchsten Einstellungszahlen für die Polizei. Es gibt eine höhere Zahl von Polizistinnen und Polizistinnen auf der Straße, als wir sie seit vielen Jahren – seit 2005 – gehabt haben. Das stocken wir jetzt noch einmal auf.

Dies ist die richtige Vorgehensweise; das ist ein Vorgehen, das sich von dem der Oppositionsfraktionen unterscheidet. Die CDU-Fraktion hat ja aus der Opposition heraus noch die Streichung von Polizeistellen beantragt. Das ist der falsche Weg. Wir gehen sehr bewusst einen anderen.

Ich zitiere in diesem Zusammenhang gerne den Vorsitzenden der GdP Nordrhein-Westfalen, der zu diesem Nachtragshaushalt gesagt hat: Dies ist ein wichtiges und positives Signal für die innere Sicherheit. – Das ist richtig, und das sehen wir als Fraktion genauso.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Frage nach einem beschleunigten Asylverfahren, der Ordnung dieses Verfahrens und der klaren Abläufe. Wir schaffen neue Stellen, um das Ganze entsprechend auf den Weg zu bringen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Aber das können wir nicht alleine. Das können wir nur, wenn endlich der Bund handelt. Wir führen breite Diskussionen über Flüchtlinge aus den MaghrebStaaten und die Frage, wie lange sie hierbleiben und wie die Asylverfahren ablaufen sollen. Aber es kann doch nicht sein, dass Menschen, die aus diesen Staaten kommen, ein halbes Jahr warten müssen, bis sie überhaupt einen Antrag stellen können, und dann noch einmal über ein Jahr, bis dieser Antrag beschieden wird.

(Daniel Sieveke [CDU]: Das stimmt nicht!)

Das ist unzumutbar für die Betroffenen und auch für die Kommunen, die in erster Linie die Kosten zu tragen haben. Darüber hinaus kann und darf es nicht sein, dass sich der Bund nach fünf Monaten Finanzierung aus der Verantwortung zieht, es aber nicht schafft, die vorliegenden Asylanträge zu bearbeiten. Wir in Nordrhein-Westfalen werden unseren Anteil dazu beitragen, dies schnell abzuwickeln.

Heute wird ein Nachtragshaushalt vorgelegt, der die richtigen Schwerpunkte setzt. Wir als Landtag sollten diesen positiv begleiten und eine schnellstmögliche Umsetzung gerade im Hinblick auf die innere Sicherheit ermöglichen.

Die SPD-Fraktion unterstützt diesen Gesetzentwurf ausdrücklich. Wir können die Oppositionsfraktionen nur auffordern, hier zusammen mit uns vorzugehen und ein gemeinsames Signal für mehr innere Sicherheit, für eine bessere Betreuung der Opfer und für eine stärker geordnete Absetzung der Asylverfahren in Nordrhein-Westfalen zu senden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Zimkeit. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Dr. Optendrenk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Vor zwei Monaten hat der Landtag den Haushalt 2016 mit einem Haushaltsvolumen von immerhin fast 70 Milliarden € verabschiedet. Noch bevor die gedruckte Fassung dieses Haushaltes vorliegt, beschließt das Kabinett schon den ersten Nachtragshaushalt. Herr Minister, Ihre Haushalte haben ein kürzeres Haltbarkeitsdatum als ein Fruchtjoghurt.

(Beifall von der CDU)

Das ist das Gegenteil von vorausschauender Haushaltsplanung durch den Finanzminister. Das ist das Gegenteil von seriöser Finanzpolitik.

Nachdem Sie bereits 2015 den deutschen Rekord geschafft haben – nämlich vier Nachtragshaushalte –, wollen Sie offenbar auch in diesem Jahr Quartalshaushalte machen, um Ihre Unzulänglichkeiten in der Haushaltsaufstellung und Haushaltsdurchführung zu kaschieren.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Herr Finanzminister, man könnte schon auf die Idee kommen, dass einige der Herausforderungen, die Sie eben benannt haben – unter anderem auch in der Flüchtlingspolitik –, nicht ganz neu sind. Die waren uns bereits bei den Haushaltsberatungen im September, Oktober, November und Dezember 2015 bekannt. Die Zahlen haben sich seitdem auch nicht wesentlich verschoben.

Trotzdem erklären Sie uns hier durch die Blume, dass neben dem isolierten 15-Punkte-Plan, den Sie jetzt eingebracht haben – für die innere Sicherheit, als Ergebnis der Silvesternacht –, wir eigentlich auch damit rechnen müssten, dass nach der Mai-Steuerschätzung der nächste Nachtrag kommt, wenn Ihnen schließlich angesichts der Flüchtlingskosten sozusagen die Hose zu eng wird. Das ist unseriös, Herr Minister!

Die CDU-Fraktion hat bei der Debatte zum Haushalt 2016 die Landesregierung aufgefordert, endlich Prioritäten zu setzen, anstatt alles Mögliche machen zu wollen. Zwei große Aufgaben für 2016 haben wir benannt: innere Sicherheit und Integration.

Es spricht für diese rot-grüne Regierung, dass sie seit 2010 immer wieder erst durch äußere Ereignisse auf Fakten hingewiesen werden musste, dass sie erst einmal vor etwas erschrecken musste, was eigentlich leider nur eine Frage der Zeit war, nämlich: Wann entsteht die Situation, dass man mit der Art

und Weise, wie in den letzten Jahren die innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen organisiert wurde, große Probleme bekommt?

Dass es zu den Vorfällen auf der Domplatte kommen würde, das wusste keiner. Aber dass die innere Sicherheit Nordrhein-Westfalens in einem schlechten Zustand war, der Innenminister stattdessen aber lieber Blitzmarathons machen wollte, das wusste jeder, der es wissen wollte. Sie sind eine PR-Regierung und keine Regierung, die handelt!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Nachdem Sie den Nachtragshaushalt per Eilboten in den Landtag gebracht haben, weil Sie es erst in letzter Sekunde geschafft haben, die Fristen einzuhalten, um heute im Plenum darüber beraten zu können, obwohl Sie nach der Ankündigung der Ministerpräsidentin dafür sechs Wochen Zeit hatten, kann man nur feststellen: Auch hier haben Abtauchen, unseriöses Arbeiten und schließlich das Stricken mit der heißen Nadel System.

Ich will das den staunenden Besuchern einmal erzählen: Sie hatten sechs Wochen Zeit, ein 15Punkte-Programm – das man sehr deutlich beziffern kann, wenn man das will – in Ihrem Kabinett zu beraten, nachdem die Ministerpräsidentin dies hier verkündet hat. Und dann schaffen Sie es nicht, eine gedruckte Fassung vorzulegen, sondern machen noch in der Kabinettssitzung handschriftlich Zahlendreher. Da steht dann noch nicht einmal eine Paraphe dran, um zu erkennen, wer es gemacht hat. Das ist Handwerk, so wie wir es von Ihnen kennen.