Protocol of the Session on January 27, 2016

Ich will noch ein Wort zu dem sagen, was auch richtigerweise erklärt worden ist: Ja, wir befinden uns in der ersten Stufe der Arbeit für ein gutes Zusammenleben in unserem Land mit den Menschen mit einer langen Bleibeperspektive. Wir wollen bessere und schnellere Schritte zur Integration, für sozialen Wohnungsbau. Da sind die Vorbehalte und Vorhaltungen, die Sie unserem Koalitionspartner machen, ziemlich verfehlt.

Ich habe noch keine grüne Politikerin und keinen grünen Politiker gehört, gesehen oder erlebt, der sich etwa gegen Wohnungsbau, und zwar insgesamt und nicht für Flüchtlinge, gestellt hätte,

(Lachen von der CDU)

liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir haben darüber hinaus Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern. Wir haben auf Bundesebene einen erheblichen Bedarf an zusätzlichen Polizistinnen und Polizisten. Wir fordern, dass auf dieser Ebene noch einmal 5 Milliarden € zur Verfügung gestellt werden, denn das können die Länder und Kommunen nicht alleine stemmen.

Wenn Sie sich vor Augen führen, dass wir mittlerweile für die Herausforderung im Zusammenhang mit der angemessenen Unterbringung und Integration von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen ca. 4 Milliarden € zur Verfügung stellen, dann müssen Sie doch mit uns gemeinsam dafür sorgen, dass der Bund noch stärker in die Verantwortung tritt.

Wir wollen die Verabschiedung des Asylpakets II und nicht dessen Gefährdung. Wir wollen ein Europa, dessen Binnengrenzen offen bleiben, und hierüber auch im Interesse unserer Wirtschaft keine schädlichen Diskussionen führen. Aber auch da erwarte ich, dass das Klartext und Allgemeingut in der CDU ist und nicht immer wieder im nordrheinwestfälischen Landtag mit folgenloser Richtigkeit geäußert wird, während andere ganz fröhlich in eine ganz andere Richtung marschieren und alle Grenzen dichtmachen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das geht nicht! Da erwarte ich von dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU, dem Kollegen Laschet, klare Worte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin durchaus offen für gemeinsame Überlegungen – das habe ich

bereits an anderer Stelle gesagt –, wie wir Verfahren beschleunigen und vereinfachen können, wie wir auch zu einer gemeinsamen Initiative kommen können. Insofern lassen Sie uns besser darüber reden, als hier zu versuchen, ein Schwarze-PeterSpiel zu machen, uns wahlkampftechnisch, statt inhaltlich zu positionieren. Das nutzt niemandem, schadet den Menschen insgesamt, den Flüchtlingen am meisten, und ist deshalb grober Unfug, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die FDP-Fraktion spricht noch einmal Herr Dr. Stamp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben nach konkreten Vorschlägen der Freien Demokraten gefragt. Die haben wir hier schon mehrfach vorgetragen. Wir haben andere Fraktionen eingeladen. Einen unserer Kernpunkte will ich hier wiederholen: Wir müssen ein Einwanderungsrecht schaffen, das in Deutschland zwischen Migranten und Flüchtlingen unterscheidet, damit wir den verschiedenen Fluchtgruppen gerecht werden. Wir brauchen auch einen eigenen Status für die Kriegsflüchtlinge.

(Beifall von der FDP)

Wir haben Ihnen hierzu Vorschläge gemacht. Im Übrigen habe ich mich sehr gefreut, dass bei „Hart aber fair“ Herr Oppermann sehr deutlich Stellung bezogen und gesagt hat, dass auch er sich ein solches Einwanderungsrecht wünscht. Insofern, Herr Körfges, nehme ich Ihr Angebot von eben an. Dann sollten wir doch schleunigst darüber sprechen, dass wir hier vielleicht zu einer gemeinsamen Initiative, eventuell sogar des ganzen Hauses, kommen können.

(Beifall von der FDP)

Wir haben vorhin vom Minister gehört: Wir fahren auf Sicht. – Er hat auch gesagt: O2 sei Luft. – O2 ist nur zu 20 % Luft. Insofern ist meistens das, was Herr Jäger sagt, auch nur zu 20 % richtig. Was hier aber im Vordergrund steht, meine Damen und Herren, ist: Sie haben – das haben wir an verschiedenen Stellen gemerkt –, Herr Jäger, weder einen Plan A1 noch einen Plan A2, Sie haben hier in Nordrhein-Westfalen gar keinen Plan.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Dass Sie auf Sicht fahren, ist ja nicht erst seit September so, seitdem wir mit diesen hohen Zahlen konfrontiert sind, sondern das haben wir schon vorher erlebt. Sie haben die Warnungen aus Ihrem Haus vor Burbach ignoriert. Wir haben das bei HoGeSa erlebt. Wir haben es erlebt bei dem Thema „Nordafrikaner“. Und wenn ich jetzt

hier lese: „Jäger: Nordafrikaner müssen gerechter verteilt werden“, dann finde ich das schon fast grotesk.

(Beifall von der FDP)

Wir haben schon im Oktober 2014 auf die Probleme rund um die Flüchtlingseinrichtungen mit einer speziellen Gruppe gewarnt. Ich habe es im Beisein der Ministerpräsidentin, im Beisein mehrerer Kabinettskollegen, der kommunalen Spitzenverbände, der Wirtschaft – der Kollege Kuper war dabei – gesagt. Ich habe es auf dem Flüchtlingsgipfel thematisiert, weil absehbar war, dass sich dort etwas entwickelt. Es ist eine kleine Teilgruppe – es ist auch nur eine Teilgruppe der Nordafrikaner aus der Gruppe der Flüchtlinge, die insgesamt das Klima für die Flüchtlinge kaputtmacht. Das habe ich damals prognostiziert und gesagt: Wir wollen vermeiden, dass die Rechtspopulisten davon profitieren. Und genau das ist jetzt eingetreten. Jetzt stellen Sie sich hin, zeigen auf den Bund und sagen: Die Nordafrikaner müssen besser verteilt werden. – Das ist mir doch deutlich zu billig, Herr Innenminister.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie haben sich hier in diesem Haus lange gegen die Einstufung des Balkans als sichere Herkunftsländer gesträubt. Wir sehen, dass jetzt die sowieso zurückgegangenen Zahlen der Balkanflüchtlinge mit der Erklärung, sie als sichere Herkunftsländer einzuordnen, nun fast bei null sind. Natürlich hat es da eine Wirkung gegeben.

Es wäre vernünftig gewesen, Sie hätten das frühzeitig hier schon mitgemacht, dann hätten wir bei der ersten Hälfte des Zuzugs 2015 nicht 45 % vom Balkan gehabt, sondern deutlich weniger. Viele von denen sind nach wie vor in Einrichtungen und sorgen mit dafür, dass für tatsächlich politisch Verfolgte dort kein ausreichender Platz ist. Das gehört zur Wahrheit mit dazu.

Wir haben darüber hinaus Defizite bei der Rückführung. Herr Minister, wenn mir Mitte Dezember Ihr Haus nicht mitteilen kann, wie viele Rückführungen es im November, also im Vormonat, nach den Veränderungen aus dem Asylpaket I, nach den Änderungen, die man sich dort überlegt hat, gegeben hat, dann ist das auch ein Armutszeugnis für Ihr Haus und zeigt noch einmal, dass Sie dort eine Politik des Chaos machen, was Sie hier euphemistisch als „Fahren auf Sicht“ umschreiben.

Ich komme nun zum letzten Punkt, auf den ich hier eingehen möchte, der aber wirklich von Bedeutung ist. Sie schieben die Dauer der Verfahren immer auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE: Die sind zuständig!)

Da haben Sie sogar nicht nur zu 20 %, sondern sogar mindestens zu 50 % recht. Sie haben aber auch eine eigene Verantwortung für diese Verfahrens

dauer. In anderen Bundesländern gibt es so etwas wie diese Einreisezentren längst, wo diejenigen mit geringer Bleibeperspektive genauso geclustert werden wie diejenigen mit einer hohen Bleibeperspektive. Dort werden dann die Verfahren ganz erheblich beschleunigt. Dazu sind Sie in Nordrhein-Westfalen bis heute nicht in der Lage, und das ist Ihr Defizit.

(Beifall von der FDP)

Herr Minister, es klingt sicherlich immer einfach, wenn es von der Opposition kommt. Aber ich habe Ihnen auf allen Flüchtlingsgipfeln, in verschiedenen Runden immer angeboten, dass wir in diesem Hause die Flüchtlingspolitik gemeinsam machen. Abgesehen von einer Kulisse für Flüchtlingsgipfel und ein paar Telefonschalten, bei denen wir zwar Zahlen bekommen haben, der Kollege Stotko aber schon auf der Barrikade war, wenn ich nur einmal etwas inhaltlich diskutieren wollte, ist in der Richtung nichts passiert. Sie haben die ausgestreckte Hand für eine gemeinsame Flüchtlingspolitik in NordrheinWestfalen abgelehnt. Deswegen tragen Sie jetzt die Verantwortung, meine Damen und Herren:

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Für die Fraktion Die Grünen spricht Frau Kollegin Düker.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stamp, Über Ihre Vorschläge nach vorne, die Sie hier immer als Zauberformel hinstellen, können wir ja reden, aber so neu sind sie nicht.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Sie gehen nicht darauf ein!)

Letztlich ist, wie auch Sie wissen – wir sind gemeinsam dabei; neben der Einwanderung aus humanitären Gründen brauchen wir auch eine Arbeitsmigration –, für ein Einwanderungsgesetz in Deutschland derzeit keine Lösung in Sicht. Das können wir auch nicht im Landtag entscheiden.

Sie sagen, parallel zum Asyl brauchen wir eine Kontingentlösung für Kriegsflüchtlinge: Die Rechtsgrundlage dafür ist – das habe ich Ihnen auch gesagt – im Aufenthaltsrecht gegeben.

Wir haben im Rahmen der Verhandlungen über das Asylpaket I im Bund zum Ausdruck gebracht, dass wir für die Syrer parallel zum Asyl eine weitere Kontingentlösung brauchen. Wir haben uns damit nicht durchsetzen können. Sie sind mangels Regierungsbeteiligung in den Ländern leider nicht mehr an unserer Seite. Vielleicht gibt es da irgendwann einmal Einsicht.

Aber die Vorschläge, die Sie hier machen – das können wir auch gerne noch einmal alles bestäti

gen –, sind derzeit nicht umzusetzen. Deswegen ist es müßig, das hier immer weiter zu nudeln.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Nudeln!)

Aber ich finde es perfide, was Sie hier zum Teil an Falschbehauptungen und an einfachen Lösungen präsentieren, was die Landessituation angeht.

Sie haben die Schwerpunkteinrichtungen in Bezug auf Baden-Württemberg erwähnt, in denen die Menschen bleiben, die keine Bleibeperspektive haben: Das ist falsch, dass wir hier in NRW so etwas nicht haben. Herr Dr. Stamp, ich bitte Sie, das hier nicht weiter zu behaupten. Wir haben vier Schwerpunkteinrichtungen für Menschen aus dem Balkan.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das ist doch nur noch eine Handvoll! – Minister Ralf Jäger: Sie haben null Ahnung, Herr Stamp!)

Ich habe eben in meinem Redebeitrag gesagt, genau dafür gibt es einen Aktionsplan, den ich übrigens auch aus humanitären Gründen richtig finde, bei dem den Menschen frühzeitig gesagt wird, dass sie nicht bleiben können, bei dem es ein schnelles Verfahren durch das Bundesamt gibt und den Menschen gleichzeitig eine Rückkehrberatung angeboten wird, die 75 % von ihnen auch in Anspruch nehmen. Das heißt, wir machen das. Behaupten Sie nicht immer wieder, überall wird so etwas gemacht, nur nicht in NRW.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Ich glaube Ihnen kein Wort mehr!)

Herr Dr. Stamp, wir haben in diesem Haushalt – das sage ich auch in Richtung CDU; Sie sagen ja immer, wir lassen die Kommunen alleine – über 4 Milliarden € für die Flüchtlingsunterbringung stehen; im Jahr 2012 dagegen waren es etwa 200 Millionen €. Mehr als die Hälfte davon geht an die Kommunen, deren Zuweisungen wir strukturell um mehr als 30 % gesteigert haben. Auch dieser Überbietungswettbewerb in Falschbehauptungen nach dem Motto: „Hauptsache, der Innenminister ist schuld“, bei dem überhaupt nicht über die Sache geredet wird, wird dem Problem nicht gerecht, Herr Nettelstroth. Das sage ich auch einmal in Ihre Richtung.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das werden wir sehen!)

Herr Nettelstroth, jetzt zur CDU, die in Berlin mit ihren ganzen Verschärfungsgeschichten angeblich die Zauberformel gefunden hat, mit der der Schalter umgelegt werden kann: Gucken wir uns das Asylpaket II doch einmal an! Im Wesentlichen geht es darum, den Familiennachzug zu beschränken und bei den Sprachkursen einen Eigenanteil von 10 € zu fordern. Darüber laufen die Beschleunigung und die Problemlösung?

Den Familiennachzug zu reduzieren, halte ich für integrationspolitischen Schwachsinn – ich sagte es schon –, und eine Eigenbeteiligung von 10 € bei den Kosten für die Sprachkurse, wobei der Verwaltungsaufwand, um das Geld einzutreiben, höher ist als der Nutzen, finde ich nur noch erbärmlich. Das finde ich erbärmlich, weil wir doch möchten, dass die Leute in die Sprachkurse gehen. Soweit zum Asylpaket II.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)