Verehrte Kolleginnen und Kollegen, eine Aussprache ist heute nicht vorgesehen. Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich …
Doch. Dann muss ich aber vorher etwas sagen; das gestatten Sie mir bitte. Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, den Antrag nicht zu überweisen, sondern direkt abzustimmen. Darf ich das sagen?
Okay. Mir ist das eben anders mitgeteilt worden. Mir ist „ohne Debatte“ mitgeteilt worden. Dann findet doch eine Debatte statt. – Für die Fraktion der Piraten hat der Kollege Herrmann das Wort. Hier ist festgehalten: ohne Debatte. – Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Mit unserem Antrag „Kein Zwangseinbau von ‚Smart Metern‘ – Wahlfreiheit und Datenschutz bei der Digitalisierung der Energiewende gewährleisten“ wollen wir erreichen, dass die Menschen weiterhin frei wählen können, ob und wie sie Smart Meter einsetzen. Damit wollen wir die informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger stärken.
Das Land Nordrhein-Westfalen muss sich dafür im Bundesrat klar positionieren: für Selbstbestimmung, gegen Verbots- und Bevormundungspolitik.
Der am morgigen Freitag im Bundesrat vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung würde in der aktuellen Fassung die Selbstbestimmung massiv einschränken. Die Bevormundung der Bürger geht sogar so weit, dass sie tatsächliche Nachteile mit sich bringt.
So soll der Einbau der Smart Meter zwangsweise vorgeschrieben werden, auch in Fällen, in denen dies absolut unwirtschaftlich ist. Das fördert sicherlich nicht die Akzeptanz.
Pilotprojekte haben gezeigt, dass bei Verbrauchern mit weniger als 6.000 kWh Jahresverbrauch keine Energieeinsparungen zu erzielen sind. Das trifft damit auf die meisten Ein- bis Vier-PersonenHaushalte im Land zu, für die es also gar keine Energieeinsparmöglichkeiten gibt. Es scheint sich somit eher um ein Wirtschaftsförderungsprogramm für eine Handvoll Unternehmen zu handeln; denn immerhin kostet der flächendeckende Einbau von Smart Metern 45 Milliarden € – Milliarden, nicht Millionen.
Auch wenn es oft anders dargestellt wird: Laut Gesetz entscheidet der Messstellenbetreiber, ob Smart Meter eingebaut werden, und der Verbraucher
muss zahlen, und zwar bis zu 90 € pro Jahr, und zusätzlichen Strom verbrauchen die Smart Meter auch noch. Mehr Belastung, mehr Stromverbrauch – das kann und sollte nicht Ziel dieses Gesetzes sein. Eine höhere Energieeffizienz lässt sich so auf jeden Fall nicht erreichen.
Aber auch in den Fällen, in denen Verbraucher vielleicht einen Vorteil daraus ziehen könnten, sollten wir sie nicht bevormunden und zu einem Einbau von Smart Metern zwingen; denn auch der Schutz der Privatsphäre findet bisher viel zu wenig Beachtung. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Erhebung von Daten im 15-Minuten-Takt ist ein erheblicher Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung und verletzt die Privatsphäre der eigenen Wohnung.
Stellen Sie sich das bitte einmal bildlich vor: Da steht jemand Fremdes in Ihrer Wohnung, führt alle 15 Minuten eine Messung durch, protokolliert, ob Sie zu Hause sind, welche Lampen oder Geräte eigeschaltet sind und verschafft sich so ein genaues Profil Ihrer Lebensgewohnheiten. Dabei könnte man sich nicht nur ausgespäht fühlen, sondern diese Informationen sind auch noch sicherheitsrelevant.
Genau zu wissen, wer wann zu Hause ist oder auch nicht, sind wertvolle Informationen für Kriminelle. Die hier im Landtag viel zitierten „Einbruchsbanden“, die professionell und organisiert vorgehen, hätten sicherlich Interesse an diesen Daten. Bevor Sie gleich sagen, die Daten seien sicher, sage ich Ihnen: Nein, das sind sie nicht. Die ersten Hacks und Sicherheitslücken sind bereits im letzten Jahr öffentlich geworden.
Wir sind deshalb der Überzeugung, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung das öffentliche Ziel, Strom zu sparen, überwiegen. Das abstrakte Ziel, Verbraucher durch mehr Informationen zum Stromsparen anzuhalten, rechtfertigt diese Grundrechtseingriffe aus unserer Perspektive nicht. Da diese Maßnahme bei Normalverbrauchern auch gar nicht geeignet ist, das Ziel der Energieeffizienz zu erreichen, kann sie auch gar nicht verhältnismäßig sein.
Wir als Land Nordrhein-Westfalen müssen uns also klar positionieren. Menschen sollen über den Einsatz und die Erfassung ihres Verhaltens und ihrer Lebensgewohnheiten selbst entscheiden dürfen. Fremdbestimmung und Eingriffe in die Privatsphäre sollten keine Instrumente der Energiewende sein. Der Einbau von intelligenten Stromzählern und intelligenten Messsystemen muss auf freiwilliger Basis geschehen, und der Datenschutz sowie der Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung müssen gewahrt bleiben.
Nur der Wechsel zu einer Opt-in-Lösung kann aus unserer Sicht dazu beitragen, die Akzeptanz von smarten Energielösungen zu steigern. Natürlich müssen die Netze intelligenter werden, aber dazu ist es nicht notwendig, den Stromverbrauch alle 15
Minuten zu messen. Jeder Fachmann wird Ihnen bestätigen, dass die Energiewende eine solche Erfassung nicht braucht.
Ich möchte Sie daher bitten, unseren Vorschlag zu unterstützen, die Landesregierung aufzufordern, am morgigen Freitag dem Gesetzentwurf zur Digitalisierung der Energiewende nicht in der aktuellen Fassung zuzustimmen. Die Ausschüsse des Bundesrates haben schon viele Änderungen vorgeschlagen. Die Änderungen des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Agrarpolitik und Verbraucherschutz gehen in die richtige Richtung. Wir hoffen, dass sich die Landesregierung entsprechend verhält und unseren Positionen zustimmen wird. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem hier vorliegenden Antrag fordert die Fraktion der Piraten die Landesregierung auf, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass der Einbau von Smart Metern nur auf freiwilliger Basis erfolgt und hierbei der Datenschutz sowie der Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung gewährleistet werden.
Meine Damen und Herren, auch wir erkennen die Problematik. Der private Endverbraucher erhält durch die Ausstattung mit intelligenten Stromzählern zwar Informationen über seinen Energieverbrauch, büßt gewonnene finanzielle Einsparmöglichkeiten aber durch die Betriebskosten der Smart Meter eventuell wieder ein. Ebenfalls sehen wir die Risiken, die Smart Meter für den Datenschutz und die Datensicherheit darstellen können, wobei insbesondere die Gefahr von Rückschlüssen auf die Lebensgewohnheiten der Verbraucher nicht zu unterschätzen ist.
Wir sehen aber auch die Schwächen Ihres Antrags. Schließlich könnte der Gesetzentwurf einen wichtigen Beitrag zur Flexibilisierung des Gesamtsystems und für die Partizipationschancen der Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende darstellen.
Durch den Einbau von intelligenten Messsystemen, meine Damen und Herren, bietet sich die Möglichkeit, eine bessere Auslastung und Steuerung der Netze sowie eine Optimierung des Verbraucherverhaltens zu erreichen. Mit dem im Gesetzentwurf enthaltenen Messstellenbetriebsgesetz soll dabei eine Vorgabe der Europäischen Kommission umgesetzt werden, die zum Ziel hat, in den Mitgliedsstaaten 80 % der Endverbraucher mit intelligenten Messsystemen auszustatten.
Um die Kosten für den Endverbraucher hierbei möglichst gering zu halten, hat die Bundesregierung eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt, die berücksichtigt, dass es kein Rollout um jeden Preis geben soll und die Belastungen für die Endverbraucher nicht unverhältnismäßig sein dürfen. So enthält der Entwurf etwa Regelungen für den Einbau und die Finanzierung der Smart Meter.
Auch gibt der Gesetzentwurf einen hohen technischen Standard vor und erklärt Schutzprofile sowie technische Richtlinien für intelligente Messsysteme, um den Datenschutz und die Datensicherheit sicherzustellen. Vorgesehen ist ein mehrstufiger Einbau, bei dem zunächst der Endverbraucher mit einem Stromverbrauch über 6.000 kWh einen Smart Meter erhalten soll. Ab 2020 sollen dann optional nach Entscheidung des Messstellenbetreibers Verbraucher mit einem Stromverbrauch unter 6.000 kWh hinzukommen.
Allerdings sieht der Gesetzentwurf vor, dass der Einbau nur dann erfolgen soll, wenn dies wirtschaftlich vertretbar ist.
Wir als rot-grüne Landesregierung wollen darauf hinwirken, dass der Verbraucher mit einem Stromverbrauch unter 6.000 kWh die Möglichkeit erhält, einem Zwangseinbau zu widersprechen. Dazu gehört auch, dass eine Deaktivierung eines vorhandenen Smart Meters ermöglicht werden soll und Smart Meter dann nur noch als einfache Zähler nutzbar sein sollen.
Wir begrüßen daher, dass in der Begründung des Gesetzentwurfs dargestellt wird, dass bei Endverbrauchern mit einem Stromverbrauch unter 10.000 kWh keine Verpflichtung zur Nutzung aller Funktionen der Smart Meter bestehen soll und, anders, als in Ihrem Antrag dargestellt, hiermit der Endverbraucher die Möglichkeit erhält, den zeitlichen Verlauf des Stromverbrauchs nicht aufzeichnen zu lassen.
Den Einbau des Smart Meters allerdings einzig von der aktiven Zustimmung des Endverbrauchers abhängig zu machen, wird der Zielsetzung des Gesetzes sowie der Umsetzung der Vorgaben der Europäischen Kommission nicht gerecht.