Protocol of the Session on December 17, 2015

ben; denn diese brauchen wir, um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen.

Der Weg muss sein, marktwirtschaftliche Instrumente wie den Zertifikathandel weltweit auszubauen. So gelingt Klimaschutz: mit dem Blick auf Kosten und Nutzen und mit dem Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen und Europa im Vergleich zum Rest der Welt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Brockes. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Kollege Priggen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In Paris haben sich 195 Staaten verständigt. Das wird völkerrechtlich bindende Wirkung bekommen. Der Konsens ist damit klar: Diese Staaten haben anerkannt, dass der Klimaschutz notwendig ist, dass wir eine steigende Erderwärmung haben. Wenn wir nicht so handeln, wie es nötig ist, werden Hunderte Millionen Menschen Klimaflüchtlinge werden. Das ist der Hintergrund.

Gleichzeitig haben wir eine Bewegung der Desinvestition, bei der namhafte Unternehmen und Firmen aus Investitionen in die Kohle aussteigen. Die Allianz hat in Deutschland vor Kurzem verkündet, dass sie 4 Milliarden € abzieht. Zuvor war es der norwegische Pensionsfonds – der größte weltweit –, der gesagt hat: „Kohle hat keine Zukunft“, – meiner Meinung nach hat sie eine Gegenwart, aber keine Zukunft – und der dann seine Gelder auch abgezogen hat. Kurz vor der Konferenz von Paris war es die Rockefeller Foundation. Diese Bewegung gibt es weltweit.

Weltweit gibt es bereits im fünften Jahr mehr Investitionen in erneuerbare Energien als in konventionelle Kraftwerke. Vor diesem Hintergrund kann ich Sie, Herr Kollege Deppe und Herr Hovenjürgen, überhaupt nicht verstehen. Diese depressive Melodie: „Wir müssen gucken, dass wir in China und Indien das Klima retten“! Wenn man sich so aufstellt! Die Bundesrepublik Deutschland und Nordrhein-Westfalen sind Hightechländer, sind Weltmeister im Export. Wir exportieren Technik.

Das, was im Moment passiert, sind Investitionsentscheidungen in Technologien und Märkte der Zukunft. Sich dann so aufzustellen und zu sagen: „Auf gar keinen Fall können wir uns hier schnell bewegen, weil es ja nicht die Deutschen sind, die mit ihren Emissionen entscheiden, sondern das ist die Summe weltweit“, – mit dieser Haltung gewinnen Sie auf keinem Markt der Zukunft irgendeine Karte.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es gibt ausreichend moralische Gründe, sich intensiv mit dem Klimawandel zu beschäftigen. Für ein Hightechland gibt es aber auch ausreichend ökonomische Gründe, hier ganz nach vorne zu gehen, die Technologien auszuprobieren und einzusetzen – denn wir leben davon, dass wir genau diese Technologien verkaufen.

Das heißt: Chancen wahrnehmen – das ist das Gebot der Stunde. Es gilt, die Chancen wahrzunehmen, die Märkte zu erkennen und nicht depressiv in irgendeine Defensive zu gehen.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Rainer Deppe [CDU])

Schauen wir uns doch mal an, was ich mir von Ihnen hier gewünscht hätte:

Der Bereich „Mobilität“. 1990 hat Ihr Bundeskanzler Kohl – das ist richtig gesagt worden – damit angefangen, uns auf Klimaziele zu verpflichten. Bislang haben alle Bundesregierungen nach Kohl – ob das Rot-Grün unter Schröder war, Schwarz-Gelb unter Merkel oder jetzt wieder die Große Koalition – an diesen Zielen festgehalten. In all diesen 25 Jahren sind die Emissionen in der Mobilität jedoch gestiegen und nicht gesunken!

Nach Paris muss es jetzt doch ein Signal geben, dass wir im Bereich der Mobilität technologisch in Richtung Elektromobilität umsteuern. Wenn nicht jetzt, wann soll es dann kommen?

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wenn ich aber weiß, dass in Deutschland 7 Millionen Arbeitsplätze von der Mobilität abhängen, dann muss doch jetzt ein entsprechendes Programm kommen. Heute Morgen habe ich getankt: 99 Cent pro Liter Diesel. Wir hatten noch nie so billige Spritpreise.

(Michele Marsching [PIRATEN]: In den 50er- Jahren war es günstiger! – Zurufe)

Aber doch nicht in den letzten zehn, 15 Jahren. – Das heißt, jetzt müsste der Vorschlag kommen, ein Programm zur Schaffung von Elektromobilität bei Pkws, bei Bussen und bei Nutzfahrzeugen aufzulegen. Von Ihnen ist jedoch kein Wort gekommen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vom Kollegen Sundermann ist die Gebäudesanierung angesprochen worden. Wir haben nie einen Dissens gehabt, was die Gebäudesanierung angeht. Aber ich sagen Ihnen: Jetzt muss ein Vorstoß kommen. Sie beide sind Vertreter des größten Landesverbandes der CDU; Ihr Fraktionsvorsitzender ist stellvertretender Bundesvorsitzender. Wir werden keine Gebäudesanierungsprogramme ohne Beteiligung des Landes hinbekommen. Darum müssen wir uns jetzt beteiligen. Wenn jetzt nicht der Vorstoß kommt, zum Beispiel 1 Cent auf die Treibstoffsteuer zu setzen und davon Elektromobilitätsprogramme und die Gebäudesanierungsprogramme mit Beteili

gung der Länder zu finanzieren, dann wird das überhaupt nicht kommen.

Zum Strombereich. Sie haben angesprochen: In der Koalition gibt es Differenzen zwischen Sozialdemokraten und Grünen bei der Frage nach der Bewertung der Kohle. Ich erzähle Ihnen doch jetzt nicht, dass es die nicht gibt. Natürlich haben wir punktuell unterschiedliche Auffassungen. Wir sind ja auch zwei Parteien, die durchaus unterschiedliche Ideen haben. Die Frage ist jedoch: Kommt man zusammen, um vernünftig zusammenzuarbeiten?

Wenn das, was Sie vorgetragen haben, theoretisch ein Angebot wäre, mit dem Sie zeigen, wie Sie nach vorne gehen, dann – das muss ich Ihnen sagen – komme ich mit den Kollegen von der SPD in der Sache besser klar,

(Beifall von den GRÜNEN)

auch mit dem, was da vorhin erzählt worden ist. Denn da kann ich Punkte nach vorne definieren.

Die Sozialdemokraten haben diesen Streit auch intern. Ich bin doch in der Frage nach der Klimaschutzabgabe näher bei Sigmar Gabriel als an der NRW-SPD. Ich habe sie für richtig gehalten. Ich bin auch beim Punkt „Kohleausstiegsgesetz“ viel näher an der Bundesumweltministerin der SPD, der IG BCE-Kollegin Barbara Hendricks, weil es richtig ist – und zwar nicht in dem Sinne, dass man mit Gewalt aus irgendetwas aussteigen müsste –, hier einen verlässlichen Rahmen zu gestalten.

Die Unternehmen – Sie wissen doch, dass bei RWE und anderswo genau darüber schon diskutiert wird – werden nachher froh sein, wenn man ihnen, wie beim Steinkohleausstieg, einen verlässlichen Rahmen bietet, innerhalb dessen sie operieren können. Morgen kommt es zur Schließung der drittletzten Zeche in der Steinkohle in Deutschland. Da hat es 2007 geklappt. Danach hatten wir Ruhe, und seitdem läuft das kontinuierlich. Genauso wird es – da bin ich sicher – jetzt auch kommen.

Wenn jetzt der schwedische Staatskonzern Vattenfall die ostdeutsche Braunkohle verkaufen will, wenn er sie loswerden will, weil er deinvestiert, dann ist es doch paradox, dass ein nordrhein-westfälisches Unternehmen sie kaufen will – sechs Stadtwerke aus NRW. Da gibt es nur Schweigen bei der CDU, anstatt sich an dieser Stelle vernünftig aufzustellen.

(Henning Höne [FDP]: Wer sitzt denn in den Aufsichtsräten bei STEAG?)

Wissen Sie was? Sie interessieren da, ehrlich gesagt, nur in der Peripherie, weil Sie alles bedienen, was an Themen da war – heute so und morgen so.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich rede jetzt mit einer ernst zu nehmenden Fraktion, weil ich es nicht richtig finde...

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Ja, es ist gut. Krawallen Sie noch einen Moment rum! Dann ist es auch gut. – Ich finde nur: Dass die CDU zu diesem Thema schweigt, das darf man ihr nicht durchgehen lassen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich bin sicher, der Kohleausstieg wird kommen. Er wird diskutiert werden. Dann kommt es auf die Parameter an, wie man es sozialverträglich und vernünftig macht. Es kommt nicht auf das „Ob“ an; denn es wird kommen. Die Frage ist, wie man es gestaltet. Ich bin sicher, auch da werden wir vernünftige Lösungen finden, sodass niemand in die Arbeitslosigkeit geht, so wie es bei der Steinkohle auch der Fall war. Es ist aber ein richtiger Schritt. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Priggen. – Sie haben das Wort, Herr Kollege Rohwedder, für die Piratenfraktion. Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen und Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich stehe hier schon zum zweiten Mal und möchte ganz kurz darauf eingehen, was einige meiner Vorredner hier gesagt haben. Ich werde allerdings nicht auf das eingehen, was die Sprecher der beiden anderen Oppositionsparteien gesagt haben, weil ich darüber lieber gnädig den Mantel des Schweigens hüllen möchte.

Herr Thiel von der SPD als Eingangsredner für diese Debatte war wirklich unglaublich. Das war die strukturkonservative, die fossile SPD, wie wir sie kennen, gegen die die CSU in Passau geradezu revolutionär ist. Sie haben nichts gemerkt und nichts gelernt. Moderne Energiepolitik mit Klimaschutz und Zukunftsfähigkeit für Wirtschaft und Arbeitsplätze geht nicht mit dieser nordrhein-westfälischen SPD, die geht auch nicht ohne sie – die geht nur gegen sie.

Aus der Wirtschaft selbst kommt die massive Forderung nach entschiedenen Maßnahmen. Maßgebliche Teile der deutschen Wirtschaft forderten direkt nach dem Klimaschutzabkommen von Paris, dass wir mehr machen müssen, als wir bisher getan haben, auch mehr, als bisher geplant und in der Diskussion war. Das hat die SPD nicht mitgekriegt.

Herr Sundermann will an die Kinder ran. – Wahrscheinlich brauchen wir mehr RWE an den Schulen. Das war das, was ich seiner Rede entnommen habe.

Frau Brems von den Grünen möchte immerhin darüber reden, wann die Kohleverstromung beendet werden soll, während Herr Thiel vom Koalitionspartner SPD davon gar nichts wissen will. Es sei Zeit, die historischen Aufgaben anzugreifen, Zeit für

den Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen. – Ja, Frau Brems, da müssen Sie sich jetzt mal entscheiden. Entweder ist es Zeit für die historischen Aufgaben, oder es ist Zeit für den Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen. Verbinden können Sie das nur, wenn Sie den Klimaschutzplan rechtsverbindlich machen und in den Landesentwicklungsplan aufnehmen.

(Beifall von den PIRATEN)

Der einzige Redner der anderen vier Fraktionen in diesem Landtag, der etwas gesagt hat, was in die richtige Richtung zielt, war Herr Priggen von den Grünen.

(Zurufe)

Er hat auf die Divestment-Kampagne hingewiesen, die Kapital frei machen und in die Zukunft investieren soll. Er hat das aufgegriffen, was ich hier auch schon gesagt habe. Das ist richtig.

Umweltminister Remmel sagte, es sei neu, dass Paris die Dekarbonisierung fordert. – Nein, das ist nicht neu, Herr Minister. Das ist das Ergebnis einer langen Diskussion, in der genau das schon lange besprochen und gefordert wird. Seit mindestens einem Vierteljahrhundert ist klar, dass die Dekarbonisierung kommen muss und kommen wird, weil die fossilen Energieträger endlich sind und irgendwann unweigerlich zu Ende gehen. Aus Klimaschutzgründen muss das sogar eher kommen, bevor alle fossilen Energieträger verbrannt sind. Das ist nicht neu. Wenn Sie das hier jedoch als Neuigkeit verkünden, dann zeigt das wirklich das Elend der bisherigen Klimaschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)