Protocol of the Session on August 27, 2008

Nicht zuletzt werden sich die Anforderungen an die konkrete Politik verändern. Das werden wir

ebenfalls auf der Ausgabenseite merken. So werden sich beispielsweise die Bedürfnisse bei der öffentlichen Infrastruktur wandeln. Es wird bei der Wohnraumversorgung neue Herausforderungen an den Markt geben, wie zum Beispiel vermehrt altersgerechte Wohnungen.

Auch im Bildungssektor werden sich die Anforderungen verändern. Es wird mehr Bedarf für höherwertige Bildungsangebote geben; denn die Arbeitsproduktivität wird steigen müssen. Darauf werden wir angewiesen sein, zumal die Anzahl der bildungsrelevanten Personen unter 30 Jahren zukünftig überproportional abnehmen wird. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Fragen, die wir in der Zukunft beantworten müssen. Welche demografiebedingten Entlastungen müssen wir etwa im Bereich Schule belassen und welche in Richtung Hochschule umschichten? Wir werden uns fragen müssen: Brauchen wir Neuinvestitionen oder ist es wichtiger, auf Erhaltung und Modernisierung zu setzen? Wie setzen wir Personal effektiv und sinnvoll ein?

Das, meine Damen und Herren, skizziert einige der Herausforderungen, vor denen wir stehen und die zum Teil erhebliche Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben werden. Ich bin mir sicher, dass wir auf alle diese Fragen Antworten geben können. Wir haben diese Entwicklung jedenfalls jetzt schon im Blick und sorgen vor – auch mit dem Haushalt 2009.

Mit unserer Konsolidierungspolitik schaffen wir finanzielle Spielräume für die Zukunft. Unsere Politik der Vorsorge wird helfen, zukünftige Belastungen abzufedern. Und mit den Investitionen in Kinder, Jugend und Bildung schaffen wir Chancen für die Zukunft. Das ist nachhaltige Finanzpolitik.

Wir setzen daher konsequent den mit dem Haushalt des Jahres 2006 begonnen Weg der Sanierung der Landesfinanzen fort, wenn auch nicht im gleichen, atemberaubenden Tempo. Aber die Nettoneuverschuldung wird 2009 weiter sinken. Eingeplant sind 1,67 Milliarden €.

Ich darf Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang daran erinnern, was ich im Jahr 2006 bei der Einbringung des ersten Sanierungshaushaltes dieser Landesregierung zu den nötigen Schritten ausgeführt habe.

(Zuruf von Michael Groschek [SPD])

Das Ziel der nachhaltigen Konsolidierung kann

angesichts der horrenden Verschuldung nicht sofort erreicht werden. Die dauerhafte Sanierung der Haushaltswirtschaft des Landes erfordert eine mittel- bis langfristige Perspektive.

Der Sanierungspfad, den wir beschreiten werden, hat deshalb drei Etappenziele:

Erstens. Spätestens bis zum Ende der Legislaturperiode, also bis 2010, wollen wir wieder Haushalte aufstellen, die die Kreditverfassungsgrenze einhalten. Ich habe keine Zweifel, dass wir dieses Ziel erreichen werden. Es ist auch mein persönliches Ziel.

So habe ich es damals ausgeführt. Ich habe weiter dargelegt:

Zweitens. Danach werden wir die Neuverschuldung schrittweise bis auf null zurückführen.

Drittens. Am Ende des Sanierungspfades schließlich muss der Eintritt in den Schuldenabbau stehen. Anders können wir eine dauerhafte Sanierung der Landesfinanzen nicht erreichen.

So weit das Zitat.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, können Sie sich noch daran erinnern, als wir – das war vor drei Jahren – den Schuldensumpf übernommen haben?

(Zuruf von der SPD: Oh!)

Da saß der Karren noch so tief im Dreck, dass wir erst für 2010 mit einem verfassungsgemäßen Haushalt rechnen konnten.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Wer hat ihn denn trotz weiterer Steu- ereinnahmen weiter nach oben geschraubt?)

Dank der positiven konjunkturellen Entwicklung, aber auch dank einer konsequenten Sparpolitik konnten wir unser erstes Etappenziel schon 2007 erreichen.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Die Haushalte sind auch vom Verfassungsgericht entsprechend ge- würdigt worden!)

Sie, meine Damen und Herren, von der Opposition, würden das wahrscheinlich anders ausdrücken, nämlich: Plansoll übererfüllt.

(Beifall von CDU und FDP)

Angesichts der hohen Verschuldung durch die falsche Politik der Vergangenheit braucht die Sanierung weiterhin Zeit. Schulden machen ist relativ leicht, aber die Schäden zu beseitigen, ist schwierig. Es ist harte Arbeit, die sich aber jeden Tag lohnt, weil das Ziel richtig und wichtig ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir müssen den Haushalt konsolidieren, weil die Haushaltsflexibilität und Gestaltungsmöglichkeiten selbst in wirtschaftlich guten Zeiten durch die Belastungen der Vergangenheit extrem eingeschränkt sind. So werden wir im kommenden Jahr 4,9 Milliarden € an Zinsen aufbringen müssen. Wir tragen eben noch viel zu viel Geld zu den Banken, das wir lieber in die Zukunft investieren würden.

(Beifall von CDU und FDP)

Zinsen sind Vergangenheitsbewältigung. Sie schränken uns jetzt ein. Ohne diese Vergangenheitslasten hätten wir einen Überschuss von 3,2 Milliarden €. Dieser würde ausreichen, um mit der Schuldentilgung zu beginnen. Das Erbe von Rot und Rot-Grün verhindert das.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir müssen, meine Damen und Herren, den Haushalt aber auch konsolidieren, weil es einen Prozess der inneren Dynamik gibt. Diese automatischen Ausgabensteigerungen müssen wir kompensieren. Dynamische Faktoren sind die Personalausgaben, der kommunale Steuerverbund und die Zinsausgaben, auf deren Steigerung das Land kaum unmittelbaren Einfluss hat. Sie führen im nächsten Jahr zu einer Steigerung der Ausgaben von 2,8 %. Ohne diese Faktoren läge der Ausgabenzuwachs lediglich bei 0,7 %. Das zeigt, wie restriktiv die Landesregierung auf der Ausgabenseite agiert.

Und schließlich müssen wir den Haushalt wegen der demografischen Entwicklung konsolidieren. Je schneller sich eine Abwärtsspirale dreht, desto schwieriger wird es, ihre Richtung zu ändern. Deswegen müssen wir jetzt damit beginnen, unseren Etat demografiefest zu machen, damit unsere Kinder Handlungsmöglichkeiten und zukünftige Generationen Gestaltungsmöglichkeiten haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Eine nachhaltige und tragfähige Finanzpolitik muss gerade deshalb Lasten für zukünftige Generationen im Blick haben und vorsorgen. Wir machen das zum Beispiel für Versorgungsausgaben in der Zukunft. So werden im Jahr 2009 der Versorgungsrücklage voraussichtlich insgesamt 181 Millionen € zugeführt. Im Hinblick auf die absehbaren Lasten in der Zukunft haben wir bereits im Jahr 2007 eine Sonderzuführung zur Rücklage in Höhe von 925 Millionen € vorgenommen. Seit der Einrichtung des Sondervermögens 1999 sind der Vorsorgungsrücklage damit gut 2,1 Milliarden € zugeführt worden. Zwei Drittel dieser Vorsorge, meine Damen

und Herren, haben wir in den letzten drei Jahren erbracht.

(Beifall von der CDU)

Rot-Grün hat es zwischen 1999 und dem 1. Juli 2005, also in sieben Jahren, gerade einmal geschafft, 700 Millionen € in der Versorgungsrücklage anzusparen.

Das zeigt: Diese Landesregierung investiert wie keine zuvor in die Abdeckung zukünftiger Risiken im Versorgungsbereich. Rot und Rot-Grün haben in der Vergangenheit nur die Hände in den Schoß gelegt. Sie wollten die Risiken der Zukunft nicht sehen. Erst als der Bund sie dazu gezwungen hat – das war 1999 –, ist das Land aktiv geworden.

Meine Damen und Herren, neben der Versorgungsrücklage besteht zudem der Versorgungsfonds des Landes. Er ist zur Finanzierung der zukünftigen Versorgungsleistungen für die Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter des Landes, die seit dem 1. Januar 2006 eingestellt werden, eingerichtet worden. Seit dem wird dem Sondervermögen für jeden Angehörigen des vorgenannten Personenkreises ein Betrag in Höhe von gut 500 € pro Monat zugeführt. In diesem Fonds werden bis Ende 2009 durch uns über 270 Millionen € angespart sein.

Schließlich haben wir für einen anderen Bereich ebenfalls ein Vorsorgeinstrument geschaffen: das Sondervermögen Risikoabschirmung WestLB. Hierfür haben wir im Jahr 2008 eine Zuführung in Höhe von 95 Millionen € und für 2009 noch einmal 25 Millionen € vorgesehen. Mit diesem Sondervermögen treffen wir Vorsorge für eine etwaige Inanspruchnahme aus der vom Land übernommenen Garantie in Sachen WestLB.

Die Einrichtung des Sondervermögens dient damit der Glättung möglicher Belastungen des Landeshaushaltes in zeitlicher und betragsmäßiger Hinsicht. Mit anderen Worten: Auch hier lassen wir die Dinge nicht einfach auf uns zukommen, sondern sorgen vor, um mögliche Belastungen in der Zukunft zu minimieren.

Sie sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Unsere Haushalts- und Finanzpolitik ist von Weitsicht geprägt.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist etwas, was man am Niederrhein lernen kann. Bei uns ist die Landschaft flach und der Horizont weit.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Da kann man auch weiter entfernte Ziele gut im Auge behalten. Und man lernt: Solche Ziele sind mit Beharrlichkeit gut zu erreichen. Dies ist auch der Grund, warum ich mich in der Föderalismuskommission so eindeutig für die Einführung eines Verschuldungsverbots einsetze. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Wir brauchen deshalb auch für etwaige Schieflagen ein Frühwarnsystem.

Ich hoffe, dass es zu solchen Regelungen kommen wird. Denn damit schreiben wir Nachhaltigkeit wirklich fest. Dann wird die Politik gezwungen, mögliche Belastungen für künftige Generationen im Blick zu haben. Wir praktizieren das bereits jetzt.

Ich bin davon überzeugt, dass unsere Politik die richtigen Schwerpunkte setzt. Dazu gehören auch die Investitionen in Kinder, Jugend und Bildung. Sie sind gut für die Zukunft NRWs.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit erheblichen finanziellen Mitteln unterstützt das Land die Kommunen bei der Schaffung und Unterhaltung neuer Betreuungsplätze für unter Dreijährige. So wurde seit dem Regierungswechsel bis zum Beginn des Kindergartenjahres 2008/2009 die Zahl der geförderten Betreuungsplätze in Tageseinrichtungen und Tagespflege mehr als verfünffacht. Sie stieg von 11.000 auf 58.750. Im Jahr 2013 sollen 144.000 Plätze zur Verfügung stehen. Die Betreuungsquote wird damit von 2,8 % im Jahre 2005, also am Ende Ihrer Regierungszeit, auf 32 % im Jahre 2013 angehoben.