Ich möchte noch kurz auf die Frage der Legitimation des Hochschulrats eingehen und Folgendes klarstellen: Der Hochschulrat ist ein demokratisch hinreichend legitimiertes Gremium, weil er erstens vom Senat bestätigt werden muss. Die Mitglieder der Hochschule stehen also hinter dem Hochschulrat. Der Rat ist zweitens demokratisch legitimiert, weil er zudem vom Ministerium bestellt werden muss. Außerdem sind die Mitglieder des Hochschulrates gleichzeitig auch Mitglieder der Hochschule und damit in das Gefüge mitgliedschaftsrechtlicher Rechte und Pflichten eingebunden.
Früher nahm übrigens das Ministerium die Funktion des Hochschulrats wahr. Heute können alle Hochschulmitglieder über ihre Vertretung im Senat die Zusammensetzung des Hochschulrats bestimmen. In dem konkreten Fall in Siegen sind fünf Mitglieder ehemalige oder aktive Professoren der Hochschule. Davon sind vier noch aktiv, und einer, nämlich der Bundesbankpräsident Weber, hat nicht nur in Siegen promoviert und habilitiert, sondern zählt zu den international angesehensten Nationalökonomen und hat sich dankenswerterweise ehrenamtlich in den Dienst gestellt, im Hochschulrat Siegen mitzuwirken. Solche Persönlichkeiten, vom Senat bestätigt, wirken dort mit. Ich finde, das ist ein eindeutiger Gewinn an demokratischer Partizipation.
Es wird Sie also nicht wundern, wenn ich das Fazit ziehe, dass die angebliche Sorge um die Hochschulautonomie, die Sie für sich in Anspruch nehmen, letztlich nur vorgeschoben ist. In Wirklichkeit misstrauen Sie der akademischen Gestaltungsfreiheit, die das neue Hochschulrecht gegeben hat.
In besonderem Maße zeigt sich dies an Ihrem Wunsch nach einer weitgehenden Kontrolle des Hochschulrats. In dieser Logik müssten Sie allerdings auch fragen: Wer kontrolliert dann den Senat? Wollen Sie den auch zusätzlich kontrollieren lassen? Dass Sie das nicht tun, ist ein weiterer Punkt, der verdeutlicht, dass Ihr kompletter Denkansatz nicht nur wenig mit der Realität in Hochschulen zu tun hat, sondern auch gedanklich in sich nicht stimmig ist. Daraus den Bedarf für eine gesetzliche Änderung abzuleiten, gelingt nach meiner festen Überzeugung beim besten Willen nicht. – Ganz herzlichen Dank.
Danke schön, Herr Minister Pinkwart. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind am Schluss der Beratung.
Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen erstens über den Inhalt des Antrags der SPD Drucksache 14/7350 ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Herr Sagel. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wir stimmen zweitens über den Inhalt des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/7341 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Herr Sagel. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Die SPD. Damit ist der Antrag abgelehnt.
5 Gesetz zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008, zur Errichtung einer Stiftung „Stiftung für Hochschulzulassung“ und über die Zulassung zum Hochschulstudium in Nordrhein-Westfalen sowie zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften (Hochschulzulassungsreformgesetz)
Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Pinkwart das Wort.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Hochschulen sollen für Studienbewerberinnen und –bewerber von Anfang an ein Höchstmaß an Attraktivität bieten. Deshalb legt Ihnen die Landesregierung den Entwurf des Hochschulzulassungsreformgesetzes vor. Mit dem Gesetz werden die Grundlagen für die Umwandlung der ZVS in eine Servicestelle gelegt. Dies nutzt sowohl den Hochschulen als auch den Studienbewerberinnen und -bewerbern.
Bisher führen Mehrfachbewerbungen um Plätze in Orts-NC-Studiengängen dazu, dass ein Großteil der seitens der Hochschulen angebotenen Studienplätze von den Bewerberinnen und Bewerbern letztlich abgelehnt werden, weil diese zwischenzeitlich von anderen Hochschulen einen Studienplatz erhalten und angenommen haben. Es kommt deshalb zu mehrstufigen Nachrückverfahren und damit zu erheblichen Verzögerungen für die Bewerberinnen und Bewerber sowie für die Hochschulen.
Die Einführung eines effizienten Zulassungssystems ist deshalb notwendig. Die Servicestelle in der Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen Stiftung soll nach den Wünschen der Hochschulen die Bewerberdaten aufbereiten, Mehrfachbewerbungen abgleichen und Studienplätze an die richtigen Bewerberinnen und Bewerber vermitteln. Ich bin froh, dass auch die Hochschulrektorenkonferenz hinter den bis jetzt erarbeiteten Grundsätzen eines Serviceverfahrens steht,
Es wird angestrebt, dass das Verfahren künftig nach rund zwei Monaten beendet ist. Das würde bedeuten, dass die Studienplätze eines Wintersemesters bei einer einheitlichen Bewerbung zum 15. Juli eines Jahres bereits Ende September restlos besetzt sind. Das kann natürlich nur dann gut funktionieren, wenn möglichst alle Hochschulen im Land mitmachen. Die Landesregierung vertraut darauf, dass sich gute Ideen von selbst durchsetzen.
Neben diesen Serviceaufgaben soll die künftige Stiftung die bundesweite zentrale Vergabe von Studienplätzen in den „harten“ NC-Studiengängen, wie Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie, leisten.
Vor der Vermittlung der Studienbewerberinnen und -bewerber zu den geeigneten Studienplätzen der Hochschulen muss eine kompetente Information über die Studienmöglichkeiten und die entsprechende Voraussetzung zur Aufnahme eines Studiums stehen. Die Ergänzung des jetzt eingeschlagenen Weges um ein entsprechendes nationales Bildungsportal ist in dem vorgelegten Gesetzentwurf angelegt.
Das Hochschulzulassungsreformgesetz hat nicht allein die nationalen Reformschritte hinsichtlich der Umwandlung der ZVS im Blick. Neben dem Artikel 1, der einer Ratifizierung des Staatsvertrages dient, und dem Artikel 2, der auf die Konstituierung der Stiftung zielt, beinhaltet Artikel 3 des Gesetzentwurfes einige Reformschritte, die wir im Bereich der örtlichen Zulassungsverfahren unserer nordrhein-westfälischen Hochschulen gehen wollen.
Lassen Sie mich einige Neuerungen hervorheben. Künftig sollen bei den Orts-NC-Studiengängen drei Fünftel der Studienbewerberinnen und -bewerbern nach speziellen Kriterien der jeweiligen Hochschulen ausgewählt werden können. Der Gesetzentwurf enthält Bestimmungen für die Auswahl von Bewerbern zu Masterstudiengängen, zu internationalen Studiengängen, die eine Hochschule gemeinsam mit einer ausländischen Universität oder Fachhochschule betreibt, sowie zu profilbildenden Möglichkeiten der Hochschulen, Spitzensportlerinnen und -sportler auszuwählen.
Als Annex zur Hochschulzulassungsmaterie enthält der Entwurf Bestimmungen zur Änderung des Hochschul- und des Kunsthochschulgesetzes, mit denen die Vorbereitung ausländischer Studieninteressenten auf ein Studium in NordrheinWestfalen neu gestaltet werden soll.
Außerdem – das hat schon in den letzten Wochen eine bemerkenswerte, nicht nur NordrheinWestfalen betreffende, sondern auch nationale Aufmerksamkeit erfahren – soll mit dem Gesetz der Vergaberahmen abgeschafft werden. Im Wettbewerb um die besten Köpfe sollen die Hochschulen die Möglichkeit haben, über das reine Personalbudget hinaus Mittel aus deren Gesamtbudget einzusetzen.
Ich darf dem Hohen Hause mitteilen – darüber habe ich mich sehr gefreut –, dass der scheidende Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz,
Herr Ronge, mir dieser Tage ein Petitum der Landesrektorenkonferenz, ausgearbeitet vom Rektor Freimuth aus Köln, zugeleitet hat, in dem die Landesrektorenkonferenz genau die Abschaffung des Vergaberahmens vorträgt und die Landesregierung bzw. den Landtag bittet, dieses zu beschließen. Ich freue mich, dass wir dieses hier heute einbringen können. Wir sind das erste Bundesland in Deutschland, das einen so weit reichenden Vorschlag macht. Ich darf mich insbesondere beim Kollegen Linssen dafür bedanken, dass wir seitens der Landesregierung diesen Durchbruch in dieser Form ermöglichen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat den Entwurf des Hochschulzulassungsreformgesetzes vorgelegt. Es obliegt nun Ihnen, den Entwurf zu beraten. Ich freue mich auf den Gedankenaustausch im Plenum und bei der weiteren Beratung im Innovationsausschuss. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sympathiepreise hat die ZVS in ihrer 35-jährigen Geschichte nie gewonnen. Generationen von Studierenden – viele der Anwesenden eingeschlossen – standen ihr eher ablehnend gegenüber. Schließlich war es diese Institution, die über die Vergabe von Studienplätzen entschied und damit die Weichen über das Wohl und Wehe einer Studienaufnahme gestellt hat. 2005 wurde dann vonseiten der CDU und FDP schon das Begräbnis für die ZVS bestellt. Ein wenig vorschnell, wie wir heute wissen.
Im Zusammenhang mit einem bemerkenswerten Antrag, über den gleich noch mehr zu sagen sein wird, sind einige auch drei Jahre später noch sehr interessante Zitate entstanden, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. So hat der Kollege Lindner damals die Abschaffung der ZVS als „qualitativen Quantensprung im Interesse auch der Studierenden“ bezeichnet.
Ebenso sehr deutlich wurde Kollege Dr. Brinkmeier. So ist im Protokoll folgende Aussage nachzulesen:
Wenn wir in dem neuen System arbeiten – das streben wir an –, dann brauchen wir keine ZVS mehr, dann haben die Hochschulen die Freiheit.
Nun, Totgesagte leben bekanntlich länger. So ist es dann wohl auch mit der ZVS. In dem Staatsvertrag, über dessen Ratifizierung wir hier heute reden, ist von einer Abschaffung der ZVS keine Rede mehr. Die Koalition hat ihre Position um 180 Grad gedreht. Somit ist sie spannenderweise da angekommen, wo wir Sozialdemokraten schon im Jahr 2005 waren. Unser erster Antrag in dieser Legislaturperiode, im Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie, drehte sich nämlich genau um dieses Thema: die Weiterentwicklung der ZVS.
Denn schon damals war absehbar, dass die Hochschulen durch ein alleiniges Vergaberecht der Studienplätze völlig überlastet würden. Die Zahlen, die man damals als Resultat der Hochschulpolitik des Landes in den vergangenen drei Jahren präsentieren kann, sind auf jeden Fall verheerend: 15 % der Studienplätze bleiben unbesetzt, 15 % Leerstand müssen trotzdem vom Steuerzahler finanziert werden. Über ca. 20.000 Neueinschreibungen pro Jahr wird heute vor Gericht entschieden. Das ist eine Katastrophe insgesamt, aber vor allem für diejenigen jungen Menschen, die auf die Studienplätze warten.
Dazu stellt sich an mehreren Stellen die Frage der Chancengerechtigkeit. Ein solches Gerichtsverfahren kostet im Schnitt ca. 5.000 €. Das ist für viele Studienanfänger und ihre Eltern nicht bezahlbar. Das derzeitige Verfahren führt also im Endeffekt zu mehr sozialer Selektion; es führt dazu, dass Kinder aus bildungsfernen Schichten noch weiter als ohnehin schon vom Studium ferngehalten werden.