Zur Erinnerung: Im Jahr 2004 haben 175.000 Unterschriften gereicht, damit Rot-Grün das neue Jugendfördergesetz vorlegt und substantiell etwas erreicht hat. Dieses Jugendfördergesetz umfasste 96 Millionen €. Diese 96 Millionen € wurden von allen Fraktionen im Landtag – auch von CDU und FDP – begrüßt und gefordert. Herr Lindner war einer der größten Forderer und hat gesagt, das müsse jetzt kommen.
538.000 Menschen haben 2006 die Volksinitiative unterstützt. Das sind nicht nur mehr Menschen, als die FDP bei der Landtagswahl 2005 Stimmen auf sich vereinen konnte, sondern das ist auch ein Signal des Misstrauens gegenüber der Politik – insbesondere auch gegenüber dieser Landesregierung.
Was hatten die Verbände im Kopf? – Sie haben gesagt, Anspruch und Wirklichkeit gingen bei dieser Landesregierung ziemlich weit auseinander.
Sie rufen das Jahr des Kindes aus, kürzen aber im Landesjugendplan. Sie fordern im Jahr 2004 mehr Geld für den Landesjugendplan, um im Jahr 2006 zu sagen, mehr als 75 Millionen € brauche der Kinder- und Jugendförderplan nicht.
Sie erklären generell, Ihnen sei das Jugendfördergesetz mit seinen Inhalten ganz wichtig. Im gleichen Atemzug verweisen Sie aber darauf, dass Sie insbesondere für Kinder im Schulbereich etwas tun. Ich wiederhole den Vorwurf meiner
Durch die Politik der informellen und der nicht formalen Bildung – man kann auch von außerschulischer Bildung sprechen – wird im Grunde genommen ein anderer Schwerpunkt gesetzt. Das, was Sie uns vorwerfen, Herr Lindner, wir hätten durch die Struktur des Ministeriums ganz andere Schwerpunkte gesetzt, trifft nicht zu.
Das Jugendfördergesetz ist ein Beispiel dafür, dass wir es ernst gemeint haben. Wir haben die Stimmen der Verbände gehört. Wir wollten mit dem damaligen Landesjugendplan die Mittel für die Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe sukzessive verstärken. Jugendarbeit sollte auf gleicher Augenhöhe mit Schule kooperieren und nicht Zuliefererbetrieb sein. Wir wollten, dass die Jugendarbeit einen anderen Stellenwert hat und auf Augenhöhe mit Schule kommt.
Damit verkenne ich nicht die Realität. Herr Tenhumberg, es ist schön, dass Sie sich melden und dass Sie jetzt nicht mehr hinauszulaufen brauchen, wenn es um Abstimmungen geht, und dass Sie – sagen wir einmal so – den Landesjugendplan in den Vorwahlzeiten und sogar noch bis zum Schluss, als Sie nicht mehr weiter konnten, unterstützt haben.
Ich denke, in der Jugendarbeit gibt es noch einiges zu tun. Wir sollten hier keine Veranstaltungen wie „Pakt mit der Jugend“ machen, wo es nur um Worte geht.
Gestern – um aktuell darauf einzugehen – wurde in Essen der europaweit größte Jugendkongress eröffnet: der 13. Kinder- und Jugendhilfetag. Das, worüber wir hier diskutieren, ist auch dort ein zentrales Thema, nämlich – das kann man auch der Presse entnehmen – dass eine Verengung der deutschen Bildungsdebatte auf Kindertagesstätten und Schulen stattfindet. Das ist eigentlich der Vorwurf. – Bitte?
Aber die Experten, die zum Kinder- und Jugendhilfetag geladen sind, sagen, dass das durchaus auch in Nordrhein-Westfalen der Fall ist.
Der Vorwurf der Experten lautet, dass wir die Jugendarbeit nicht zur Abbaustelle machen dürfen. Ein zentrales Risiko, zum PISA-Verlierer zu werden, sei nicht die Schule, sondern die Alltagsbildung: das, was in den Jugendverbänden usw. geleistet wird. Probleme im Klassenraum hätten ihre Wurzeln oft in den zerrütteten Familienverhältnissen und in der Orientierungslosigkeit im Freizeitverhalten.
Ich denke, das müssen wir in Zukunft viel stärker wahrnehmen. Die Jugendarbeit erhält aus meiner Sicht zu wenig Geld. Es ist wichtig, dass wir den Landesjugendplan noch einmal in den Blick nehmen. Aus meiner Sicht machen Sie die Jugendarbeit klein. Das halten wir für falsch. Die Jugendarbeit ist immer weniger ein eigenständiges Politikfeld. Sie verliert auch hier im Land.
Ich befürchte, dass es trotz aller Umschichtungen und Paktverkündigungen zu keiner spürbaren Verbesserung der Jugendarbeit kommen wird. Bei den Verbänden ist es in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen – das muss man sagen – zu Entlassungen gekommen. Diese werden auch durch den großzügig inszenierten Pakt mit der Jugend nicht korrigiert. Die Entlassungen – die Anpassungen, die die Jugendverbände vorgenommen haben – werden überhaupt nicht erwähnt.
Viele Projekte, bei denen man eigentlich genau die Zielsetzungen dieses Paktes vor Augen hatte, mussten aufgrund Ihres Regierungshandelns gestoppt werden. Sie mussten gestoppt werden, weil man Anpassungsprobleme hatte. Sie mussten gestoppt werden, weil man das Personal im Grunde nicht mehr vorhalten konnten. Wenn Sie mit den Vertretern der Verbände reden, bekommen Sie schon mit, dass sie sich im Grunde genommen sehr anpassen mussten.
Aber Sie schaffen eine Planungssicherheit auf niedrigem Niveau. Das ist das, was Sie den Menschen heute bieten. Auch im geplanten Doppelhaushalt werden Sie das wohl festschreiben. Das werden Sie dann auch noch feiern.
Unter Punkt 1 fordern Sie die Landesregierung auf, Bildungsmöglichkeiten im außerschulischen Bereich zu fördern. Unter Punkt 2 fordern Sie die Partizipation von Kindern und Jugendlichen. Unter Punkt 3 fordern Sie, das Zusammenspiel zwischen Jugendhilfe und Schule zu verbessern. Unter Punkt 4 fordern Sie, die soziale und kulturelle Integration zu fördern, unter Punkt 5, kommunale Aktivitäten zu fördern, und unter Punkt 6, einen Bericht vorzulegen.
In dem Pakt werden mit diesen sechs Forderungen Maßnahmen beschrieben, die seit vielen Jahren im Kinder- und Jugendplan selbstverständlich sind. Das ist nichts Neues.
Das, was Sie hier vorlegen, ist eigentlich nur eine neue Inszenierung. Die Eigenständigkeit und der Bildungsanteil der Kinder- und Jugendarbeit sind Ihnen fremd.
Das ist auch der Grund, weshalb Sie so ignorant mit dem umgegangen sind, womit Ihnen die Volksinitiative 2006 entgegengetreten ist. Man kann schon sagen: Wer diese 500.000 Unterschriften einfach nur zur Kenntnis nimmt, der ist ignorant und merkt nicht, was draußen im Lande mit der Jugendarbeit tatsächlich passiert.
(Beifall von Angela Tillmann [SPD] – Christi- an Lindner [FDP]: Wie viele Millionen Men- schen wollen, dass Herr Beck geht?)
(Christian Lindner [FDP]: Wie viele Millionen Menschen wollen, dass Herr Beck nach Rheinland-Pfalz zurückgeht? – Gegenruf von Wolfgang Jörg [SPD]: Wie viele Millionen Menschen wollen die FDP nicht? Wie viele Millionen Menschen wollen diese neoliberale Ausrichtung nicht? – Weitere Zurufe von SPD und FDP)
Ja, ja. Wir sehen uns das in Ruhe an. Machen Sie sich mal keine Gedanken, Herr Lindner! Die Sozialdemokratie hat schon andere Zeiten überlebt. Von daher bin ich ganz zuversichtlich.
entwickeln. Ich bin wieder bei meinem Zentralpunkt: Sie, CDU und FDP, damals noch in der Opposition, haben am 28. Januar 2004 einen Antrag in den Landtag eingebracht: „Der Landtag beschließt: Die Kürzungen im Landesjugendplan werden in vollem Umfang zurückgenommen.“ Unterzeichnet: Jürgen Rüttgers, Ingo Wolf.
Mit dem vorliegenden „Pakt mit der Jugend“ hätten Sie die Möglichkeit gehabt, die von Ihnen eingefrorenen 79 Millionen € auf die geforderten 96 Millionen € zu erhöhen. Versprochen – gebrochen. Ich weiß, es gibt in Ihren eigenen Fraktionen eine ganze Reihe von Leuten, die das genauso sehen.
Meine Erwartung ist, dass Sie hier noch einmal nachbessern. Wir werden jedenfalls ständig darauf achten, dass der „Pakt mit der Jugend“ dann auch mit Inhalten und materiell gefüllt wird und dass die 96 Millionen € irgendwann in den Landesjugendplan hineinkommen. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Haseloh. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Asch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Kompliment muss man dieser Landesregierung ja machen: Sie versteht es vortrefflich, sich zu inszenieren, sich öffentlich darzustellen und aus Nichts – aus keiner Substanz – viel Schaum zu schlagen. Mit dem „Pakt mit der Jugend“ haben wir ein weiteres Beispiel für die Selbstinszenierung der Landesregierung.
Nach dem Jahr des Kindes, nach der missglückten Jubelveranstaltung „Forum für Kinder“ haben wir jetzt also den „Pakt mit der Jugend“.