Protocol of the Session on June 18, 2008

6 Gesetz über die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2008 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2008)

Gesetzentwurf

der Landesregierung

Drucksache 14/6920

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Dr. Linssen das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nichts ist beständiger als der Wandel, sagt ein gängiges Sprichwort, das auf viele Lebenslagen zutrifft. So ist auch ein Landeshaushalt stets der Veränderung unterworfen. Die Erfahrung zeigt, dass mit dem jährlichen Parlamentsbeschluss über Haushaltsplan und Haushaltsgesetz beileibe kein statischer Monolith geschaffen wird. Immer wieder sind Anpassungen an neue Herausforderungen vorzunehmen, unerwartete und im Detail nicht prognostizierbare Ereignisse haushälterisch nachzuvollziehen sowie bisweilen unerfreuliche, aber ebenso auch erfreuliche kurzfristige Entwicklungen abzubilden. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch im Jahr 2008 wieder der Fall. Daher lege ich Ihnen heute für die Landesregierung den Entwurf eines Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes für das Jahr 2008 vor.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Den ersten Nachtragshaushalt hatten wir bewusst nur auf die WestLB-Garantie beschränkt, um den Damen und Herren der Opposition die Zustimmung zu erleichtern. Aber leider haben Sie sich der Hilfe für die Sparkassen und die WestLB verweigert.

(Beifall von der CDU)

Wesentlicher Anlass für die Einbringung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes sind die Umsetzung des Ergebnisses der aktuellen Steuerschätzung vom Mai 2008 sowie zwangsläufige Ansatzveränderungen, die sich im Haushaltsvollzug 2008 abzeichnen und die so bei der Haushaltsaufstellung nicht absehbar waren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Aufstellung eines Nachtraghaushalts muss das besondere Augenmerk des Finanzministers darauf gerichtet sein, die notwendige Anpassung an aktuelle Entwicklungen so zu gestalten, dass die übergeordneten Ziele der Haushalts- und Finanzpolitik der Landesregierung gewahrt bleiben. Kurzfristiger Anpassungsbedarf darf nicht dazu führen, dass die haushaltspolitischen Gesamtlinien aus dem Blick geraten.

Die Haushalts- und Finanzpolitik der Landesregierung ist seit 2005 erkennbar in ihrer Gesamtheit darauf ausgerichtet, die Landesfinanzen zu sanieren und den Landeshaushalt wieder zu einem verlässlichen und nachhaltigen Zahlenwerk zu machen. Nach den Jahren ungebremster Schuldenaufnahme zwischen 2003 und 2005, mit 6,57 Milliarden € Nettoneuverschuldung im Jahr 2003, mit 6,72 Milliarden € Nettoneuverschuldung im Jahr 2004 und mit 6,67 Milliarden € Nettoneuverschuldung im Jahr 2005, ist es uns nach der Regierungsübernahme gelungen, diese Spirale zu durchbrechen. So hat das Jahr 2007 im Ist mit einer Nettoneuverschuldung in Höhe von 1,86 Milliarden € abgeschlossen. Mit anderen Worten: Innerhalb von zwei Jahren haben wir die Nettoneuverschuldung um über 70 % zurückgeführt.

(Beifall von CDU und FDP)

Auch für das Jahr 2008, liebe Kolleginnen und Kollegen, erwarten wir, trotz der vorgesehenen Veränderungen durch den zweiten Nachtragshaushalt, eine weiter sinkende Nettoneuverschuldung. Unverändert ist die Nettoneuverschuldung für 2008 mit 1,77 Milliarden € etatisiert.

Ohne Zweifel hat die tendenziell weiterhin freundliche Konjunkturentwicklung positiven Einfluss auf die Haushaltsentwicklung – das lässt sich an der erfreulichen Entwicklung der Steuereinnahmen ablesen –, obwohl wir im Mai, wie Sie gelesen haben, einen kleinen Einbruch hatten. Gleichzeitig unterliegt der Landeshaushalt nach wie vor einer inneren Dynamik, insbesondere im Bereich der Personalkosten und bei den Zinsaufwendungen, gegen die wir ansparen und auch ansparen müssen.

Ich möchte nicht verhehlen, dass die positive Gesamtentwicklung eine glückliche und hilfreiche Unterstützung der schwierigen Konsolidierungsarbeit ist. Wir sind aber natürlich noch nicht am Ende des Sanierungspfades für die Landesfinanzen angekommen. Ich habe stets gesagt, dass dies ein weiter und beschwerlicher Weg sein wird; denn die jetzige Opposition mag die Sünden der

Vergangenheit zwar schleunigst vergessen machen wollen,

(Winfried Schittges [CDU]: Sehr richtig!)

wiedergutgemacht werden können sie indessen nicht so schnell. Es ist und bleibt richtig: Die Zinsausgaben von heute haben ihre Ursache in der Schuldenmacherei von Rot-Grün.

(Beifall von CDU und FDP)

Aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, ist die dauerhafte und substanzielle Konsolidierung eines öffentlichen Haushalts erst dann vollends gelungen, wenn möglichst dauerhaft die Steigerungsrate der Ausgaben unterhalb der Wachstumsrate der laufenden Einnahmen gehalten werden kann. Darauf arbeiten wir weiter hin. Das ist unser Ziel: eine Nettoneuverschuldung von null.

Mit Blick auf konjunkturell bedingte Steuermehreinnahmen, die sich im Haushaltsvollzug ergeben, haben wir eine klare Konzeption: Sie müssen im Sinne einer nachhaltigen Haushaltswirtschaft und zur Absenkung der Verschuldung eingesetzt werden. Das setzen wir seit 2005 konsequent, erfolgreich und in einem nie dagewesenen Maße um.

(Beifall von der CDU)

Mit dem zweiten Nachtragshaushalt veranschlagen wir für 2008 Steuereinnahmen in Höhe von rund 41,6 Milliarden €. Das sind 6,9 Milliarden € mehr, als das Land 2005 eingenommen hat. Davon wurden 1,4 Milliarden € im Rahmen des kommunalen Steuerverbundes zusätzlich an die Kommunen bezahlt. Im gleichen Zeitraum ist die Nettoneuverschuldung um 4,9 Milliarden € von 6,7 Milliarden auf weniger als 1,8 Milliarden € gesunken. Die nach Abzug des kommunalen Steueranteils verbleibenden Steuermehreinnahmen sind in diesem Zeitraum also zu rund 90 % zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung eingesetzt worden.

Zum Vergleich: Auch von 1990 bis 1995 hat es erhebliche Zuwächse bei den Steuereinnahmen gegeben. Der Anstieg betrug in diesem Zeitraum rund 6,3 Milliarden €. Davon wurde indessen nichts – null Komma null – in die Reduzierung der Nettoneuverschuldung gesteckt.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Im Gegenteil: Sie wuchs in diesem Zeitraum um 39 % an.

Auch im Zeitraum von 1995 bis 2000 war trotz Steigerung der Steuereinnahmen um 4,4 Milliarden € ein weiterer Aufwuchs zu verzeichnen, seinerzeit um 13 %.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Unterschied zwischen der roten bzw. rotgrünen Konsumpolitik der Vergangenheit und der schwarz-gelben Konsolidierungspolitik dieser Landesregierung.

(Beifall von CDU und FDP)

Dementsprechend liegt der zweite Nachtragshaushalt für 2008 im Trend der nachhaltigen und konsolidierungsorientierten Haushalte seit dem Jahr 2006. Auch der Entwurf des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes für das Jahr 2008 wird der haushalts- und finanzpolitischen Gesamtlinie der Landesregierung gerecht. Während unter RotGrün Nachtragshaushalte zumeist hektische Reparaturkommandos waren,

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Oh, oh!)

dient auch dieser Nachtragshaushalt, der uns im Entwurf vorliegt, dazu, umsichtig und mit Vorsicht Risiken zu begegnen und sie mit positiven Entwicklungen im Ausgleich zu halten.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das kann man auch anders sehen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein wesentlicher Anlass für die Einbringung des zweiten Nachtragshaushaltes für 2008 ist das Ergebnis der Steuerschätzung von Mai 2008. Danach werden die Steuereinnahmen gegenüber dem verabschiedeten Haushalt 2008 um etwa 110 Millionen € steigen. Sie erhöhen sich damit von bisher 41,52 Milliarden € auf 41,63 Milliarden €.

Das ist nach wie vor eine erfreuliche Gesamtentwicklung. Gleichzeitig ist erkennbar, dass wir die Steuereinnahmen insgesamt sehr realistisch kalkuliert haben – es gab Länder, die ihre Ansätze nach der letzten Steuerschätzung senken mussten.

Mit Blick auf die Verwendung der Steuermehreinnahmen hält die Landesregierung an ihrer nachhaltigen Haushalts- und Finanzpolitik fest. Dementsprechend werden diese Einnahmen zur Vorsorge bzw. Vermögensbildung des Landes eingesetzt. So werden 95 Millionen € für einen noch zu errichtenden Fonds im Zusammenhang mit der Garantieerklärung für die WestLB bereitgestellt.

Mit dem ersten Nachtragshaushalt 2008 hatte eine Mehrheit dieses Hauses die Landesregierung zur Abgabe einer Garantieerklärung für die WestLB ermächtigt. Dies war ein wichtiger, ja entscheidender Mosaikstein im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung der Westdeutschen Landesbank. Zusammen mit der Einrichtung einer

Zweckgesellschaft war es auch der richtige und angemessene Schritt.

Um nicht auszuschließende Inanspruchnahmen aus dieser Garantie abzufedern, ist beabsichtigt, auf der Grundlage eines Risikofondsgesetzes ein Sondervermögen zu schaffen. Im Detail wird die Einrichtung dieses Sondervermögens Gegenstand der Debatte unter dem nächsten Tagesordnungspunkt sein. Nähere Einzelheiten möchte ich mir daher für später vorbehalten.

An dieser Stelle nur so viel: Wir stellen 95 Millionen € für dieses Sondervermögen bereit. Es wird als Puffer fungieren, indem es mögliche Belastungen des Haushaltes aus der übernommenen Garantie sowohl in der Zeit als auch in der Höhe glättet. Risiken für einzelne Haushaltsjahre werden damit massiv minimiert. Zukünftige Zuführungen erfolgen im Übrigen nach Maßgabe des jährlichen Haushaltes.

Ferner erfolgt mit 15 Millionen € eine Zustiftung zur Stiftung Zollverein. Zollverein zählt zum Weltkulturerbe und ist zum Symbol für den Strukturwandel im Ruhrgebiet geworden. Mit der Zustiftung ist eine signifikante Erhöhung des Stiftungskapitals verbunden. Diese Kapitalerhöhung soll dazu führen, dauerhaft einen Finanzbedarf von rund 600.000 € pro Jahr abzudecken. Damit wird ermöglicht, einen etwaigen jährlichen Zuschuss aus allgemeinen Haushaltsmitteln in dieser Höhe entbehrlich zu machen.

Die übrigen zwangsläufigen Mehrausgaben bzw. Mindereinnahmen des zweiten Nachtragshaushaltes werden vollständig durch Minderausgaben respektive nichtsteuerliche Mehreinnahmen gedeckt. In der Summe geht es um ein Volumen von rund 180 Millionen €, das sich auf eine Reihe von Einzelpunkten verteilt.

Hervorzuheben sind hierbei sicherlich die 56,9 Millionen €, die für die Mehrausgaben für die Kindpauschalen nach KiBiz eingestellt werden.

Nach den Meldungen der Jugendämter liegt der Bedarf für die Kindpauschalen nach § 21 Abs. 1 des KiBiz um 66,9 Millionen € höher, als bei der Aufstellung des Haushalts 2008 angenommen. Da bereits 10 Millionen € zur haushaltsmäßigen Vorsorge von Sonderbedarfen im Umstellungsjahr veranschlagt wurden, reduziert sich der tatsächliche Mehrbedarf auf 56,9 Millionen €, die unseren Kindern zugute kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, schließlich hat sich die Landesregierung entschieden, mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2008 im Personalbereich 72 kw-Vermerke aufgrund der Regie

rungsneubildung zu streichen. Da alle Ressorts ihre Abbauverpflichtungen aus der jährlichen 1,5%igen Stelleneinsparvorgabe bisher fristgerecht erfüllt haben und diese auch weiterhin fristgerecht bzw. vorzeitig erfüllen werden, wird durch die Streichung der vorgenannten kw-Vermerke das Ziel des Stellenabbaus in der Landesregierung insgesamt nicht gefährdet.

(Beifall von der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat den Entwurf eines Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes eingebracht, um damit aktuelle Veränderungen im Landeshaushalt abzubilden. Ich habe Ihnen dazu die wesentlichen Punkte vorgetragen.

Bei aller Veränderung bleibt der zweite Nachtragshaushalt der haushalts- und finanzpolitischen Grundlinie dieser Landesregierung treu. Wir setzen auch weiterhin den Weg für Nachhaltigkeit und Konsolidierung fort. Unsere Linie kann sich sehen lassen. Ich freue mich auf die weitere Beratung. – Herzlichen Dank.