Hierzu wird eine Aussprache gewünscht. Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Peter Kaiser von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich wirklich, dass ich heute Nachmittag zu einem gemeinsamen Antrag aller Parteien hier im Landtag sprechen kann.
Es ist zwar nicht alltäglich hier im Hause, aber beileibe auch nicht so selten, dass es als Sensation gefeiert werden müsste.
Entscheidend ist, was dabei herauskommt. Das ist in diesem Fall der wirksame Schutz für Verbraucher vor unlauterer Telefonwerbung. Das ist Grund genug für das gemeinsame Auftreten zu diesem Thema.
Minister Uhlenberg hat in Berlin unsere Änderungen des Antrags von Baden-Württemberg gemeinsam mit Bayern vertreten. Dafür danken wir ihm ausdrücklich. Wir in Nordrhein-Westfalen können stolz darauf sein, dass wir dem Gesetzentwurf durch unsere Vorschläge den entscheidenden Stempel aufgedrückt und so für ein deutliches Mehr an Sicherheit für den Verbraucher gesorgt haben.
Die Umkehr der Beweislast ist für die Verbraucherinnen ein Riesenschritt. Dies bedeutet, dass der Unternehmer, in dessen Auftrag die Telefonwerbung betrieben wird, in Zukunft beweisen muss, dass er den angerufenen, potenziellen Kunden nicht belästigt hat. Das ist ein großer Erfolg auf dem Weg hin zu mehr Verbraucherschutz vor unlauterer Telefonwerbung.
tragsabschlüssen am Telefon in den Fokus stellen und unlautere Geschäftspraktiken bekämpfen. Damit kommen wir dem grundsätzlich angepeilten Ziel ein bedeutendes Stück näher. Wir wollen Telefonwerbung für die schwarzen Schafe der Branche wirtschaftlich so unattraktiv wie möglich machen.
Der Markt der Telefonwerbung ist eine absolut boomende Branche und ausgesprochen attraktiv. Er stellt derzeit sogar 600.000 Arbeitsplätze bereit.
Im Referentenentwurf der Bundesregierung sind in einem Paket von Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher drei wichtige Aspekte berücksichtigt:
Der erste Punkt ist eine Ausdehnung des Widerrufsrechts auf bestimmte, am Telefon geschlossene Verträge.
Drittens: Verbot der Rufnummernunterdrückung bei einem Werbeanruf. Das Zuwiderhandeln kann mit einem Bußgeld belegt werden.
Das geplante umfassende Widerrufsrecht gibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein wirksames Mittel an die Hand, das ihnen aus dem Fernabsatzrecht bekannt ist, mit dem sie umgehen können.
Neu und ganz konkret auf die telefonische Vertragsänderung zum Beispiel beim Tarifwechsel zugeschnitten ist die geplante Regelung, Verbrauchern ein umfassendes Widerrufsrecht im BGB einzuräumen. Danach müssen die Anbieter über die Vertragskonditionen und die Möglichkeiten zum Widerruf schriftlich aufklären. Bei Widerruf wird der Vertrag grundsätzlich rückwirkend aufgelöst.
Hat es dagegen keine Widerrufsbelehrung gegeben, gilt das Widerrufsrecht zeitlich unbeschränkt. Die Beweislast für den Zugang der Widerrufsbelehrung trägt der Anbieter.
Das bisher durchaus gängige Unterschieben von Tarifwechseln wird durch die geplante Regelung unattraktiv und damit alsbald nicht mehr praktiziert werden.
Zum Glück machen schwarze Schafe noch keine ganze Herde aus, und Unternehmen, die gesetzeskonform vorgehen, wollen wir in Zukunft unterstützen. Daher nutze ich gerne die Gelegenheit, Ihnen zu schildern, wie Telefonwerbung gut und vor allem rechtlich einwandfrei vonstatten gehen kann:
Eine Mitarbeiterin hat in der vergangenen Woche für ihren privaten Telefon- und Internetanschluss mit einem Provider einen günstigeren Vertrag als bisher abgeschlossen, wohlgemerkt am Telefon, nachdem sie über das besondere Angebot sofort schriftlich vom Unternehmen informiert worden war. Die Dame im Callcenter hat am Ende des Telefonats mit Zustimmung meiner Mitarbeiterin zu einem Tonbandmitschnitt die wesentlichen Bestandteile des Vertrags noch einmal wiederholt und um mündliche Zustimmung gebeten.
Kurz nach dem Telefonat kam per E-Mail das Formular für eine schriftliche Bestätigung, die meine Mitarbeiterin dann an das Unternehmen gefaxt hat. Inzwischen hat sie eine Auftragsbestätigung mit dem voraussichtlichen Ausführungsdatum erhalten.
Was ich Ihnen hier geschildert habe, ist eine Form der Telefonwerbung, wie sie eigentlich gang und gäbe sein sollte: mit umfassender Information vor dem eigentlichen Telefonat und schließlich mit der vom Kunden erbetenen ausdrücklichen und schriftlichen Bestätigung des Auftraggebers.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, würde das tatsächlich immer so korrekt ablaufen, wie das in dem gerade von mir geschilderten Fall gewesen ist, stünde dieses Thema heute mit Sicherheit nicht auf der Tagesordnung des Plenums.
Der Referentenentwurf der Bundesregierung geht klar in die richtige Richtung. Zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher möchten wir in Nordrhein-Westfalen aber noch ein ganzes Stück weitergehen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, tun wir heute mit vereinten Kräften. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Für die Fraktion der SPD erhält Frau Abgeordnete Schulze das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kaiser ist schon auf viele Details eingegangen. Ich bin auch froh, dass wir es nach längerem Hin und Her geschafft haben, einen gemeinsamen Antrag vorzulegen, weil das Thema ernst und wichtig ist.
Viele von Ihnen werden selber schon einmal Erfahrungen mit Telefonwerbung gesammelt haben. Wer hat nicht schon einmal am Telefon seinen Tarif geändert und sich im Nachhinein gefragt, ob das alles richtig war und man wirklich mit einem günstigeren Tarif ausgerüstet worden ist.
Inzwischen geht es aber um mehr als nur ein Ärgernis. Telefonwerbung hat mittlerweile ein Ausmaß angenommen, das mehr ist. Nach einer Umfrage sagen mittlerweile 86 % der Menschen, dass sie sich durch unlautere Werbeanrufe belästigt fühlen. Alleine die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen hat im letzten Jahr 40.000 Beschwerden registriert, 40.000 Menschen, die sich an die Verbraucherzentrale wenden und klagen, sie hätten unlautere Telefonanrufe bekommen und wollten sich darüber beschweren.
Das zeigt: Politik ist an der Stelle eindeutig gefordert. Wir müssen mehr machen, damit die Menschen vor dieser unlauteren Telefonwerbung geschützt werden. Es ist gut, dass wir uns hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen darüber einig sind.
Die Bundesregierung ist schon in die richtige Richtung gegangen und hat erste Eckpunkte vorgelegt, die zum Beispiel besagen: Wer einen unlauteren Telefonanruf tätigt, muss mit 50.000 € Bußgeld rechnen. Man darf die Rufnummer nicht mehr unterdrücken. – Es war bisher ein großes Ärgernis, wenn man einen solchen Anruf erhalten hatte, aber nicht wusste, woher er eigentlich kam. – Auch das ist jetzt verboten.
Das Widerrufsrecht für telefonisch abgeschlossene Verträge soll ausgeweitet werden und für mehr Bereiche gelten. Immer in der Diskussion war die: Wenn ein solcher Anruf getätigt wird, ist er verboten. Wenn daraufhin ein Vertrag zustande kommt, soll der dann noch schriftlich bestätigt werden, wo doch schon der Anruf verboten ist? –
Dazu sagen wir hier im Landtag: Ja, wir wollen, dass das schriftlich bestätigt wird, weil das einen weiteren Schutz für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet. Das geht am Telefon einfach viel zu schnell. Man sagt schnell: Ja, ich will den Tarif wechseln. Wenn man das Ganze unterschreiben muss, dann hat es noch einmal eine andere Verbindlichkeit. Dann ist das noch einmal ein Stück besser für die Menschen.
Die Landeregierung ist hier vorangegangen. Sie hat einen Teil zur Lösung beigetragen. Für mich sehr beeindruckend war allerdings auch die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Wir hatten eine Expertenanhörung, in der die Verbraucherzentrale sehr beeindruckend dargelegt hat, wo genau die Problemlagen sind und welche möglichen Lösungen es gibt. Da Klaus Müller, der Vorstand der Verbraucherzentrale, dort oben sitzt, sage ich auch noch einmal ganz herzlichen Dank an Sie. Sie haben diesen Antrag im Landtag maßgeblich mit vorangebracht.
Die Diskussion, die wir geführt haben, das, was inzwischen gelaufen ist, hat die politische Willensbildung wirklich gefördert. Wir alle sind in diesem Prozess klüger geworden.
Es wäre gut, wenn die Schriftlichkeit jetzt auch auf alle Bereiche übertragen würde. Ein erster Anfang ist in einem neuen Eckpunktepapier der Bundesregierung gemacht. Wir hoffen, dass noch mehr Bereiche einbezogen werden. Vorgesehen ist in dem Eckpunktepapier, dass solche Verträge bei Telefon, Strom und Gas grundsätzlich unterschrieben werden müssen. Wir brauchen die Schriftlichkeit aber im Grunde genommen für alle Bereiche. Deswegen soll dieser gemeinsame Antrag auch in Richtung Bund wirken.
Festzuhalten bleibt: Die Diskussion darüber war sehr sinnvoll. Wir wollen etwas für den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher tun. Die Bundesregierung ist auf dem richtigen Weg. Jetzt hoffen wir, dass unsere Anregungen und das, was mit dem neuen Eckpunktepapier vorgelegt wurde, ein Stück weiter reicht und in die richtige Richtung wirkt.
Ich kann mich Gerd Billen, dem Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, nur anschließen: Wichtig ist, dass jetzt möglichst schnell etwas umgesetzt wird. Wir müssen Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schulze. – Jetzt hat das Wort Herr Abgeordneter Ellerbrock für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Schulze, dass ist etwas Neues für mich: Ich kann Ihnen in den ersten 20 Sätzen Wort für Wort zustimmen und in den nachfolgenden vom Inhalt her. Das ist eine neue Situation. Wir haben auch lange genug daran gearbeitet. Das möchte ich noch einmal hervorheben.
Wir dürfen dabei allerdings nicht vergessen, dass die größte Zahl der am Telefon geschlossenen Verträge zur Zufriedenheit beider Vertragsparteien abgeschlossen werden und ihnen keine unlauteren Telefonanrufe zugrunde liegen. Ich finde, es gehört zur Redlichkeit dazu, das zu erwähnen.
vorgesehen, die unlauteren Wettbewerb betreiben. Ich weiß nicht, wie es dem Einzelnen ergeht, aber meinem 96-jähriger Vater, der auch Anrufe für alle möglichen Sachen bekommt und um die Rechtslage weiß, fällt es trotzdem schwer zu sagen: Erstens kann ich Ihre Telefonnummer nicht entdecken, und zum Zweiten: Woher haben Sie eigentlich meine Telefonnummer? Ich möchte gerne zurückrufen. – Die Menschen können sich nicht wehren. Deswegen ist es richtig, in dieser Sache gemeinsam einen Antrag voranzubringen.