Protocol of the Session on May 15, 2008

(Thomas Eiskirch [SPD]: Davon ist seit drei Jahren nichts zu beobachten!)

Meine Damen und Herren, wir kriegen langsam wieder Boden unter die Füße und werden in der Lage sein, hoffentlich 2009 auch den Tarifabschluss 1:1 auf die Beamten zu übertragen. Das werden wir versuchen,

(Monika Düker [GRÜNE]: Versuchen!)

auch wenn es schwerfällt. Denn Sie wissen ebenso wie ich: 1 % Lohn- und Gehaltserhöhung hier im Land kosten 220 Millionen €. Da möchte ich gerne sehen, woher Sie Ihre Deckungsvorschläge hernehmen.

(Beifall von der CDU)

Sie haben in dem vorliegenden Antrag ausgeführt, dass die Ruhegehaltsfähigkeit wieder eingeführt werden müsse bzw. nicht abgeschafft werden dürfe. Es ist darauf hingewiesen worden, dass ab 1990 diese Ruhegehaltsfähigkeit mit dem Fünften Besoldungsänderungsgesetz eingeführt wurde, weil diese wegen des langjährigen Bezugs den Lebenszuschnitt der Beamtinnen und Beamten mitprägte und deshalb bei der Berechnung des Ruhegehalts berücksichtigt werden sollte. Im Herbst 1996 hatte aber der Erste Versorgungsbericht der Bundesregierung die künftigen großen Probleme bei der Finanzierung der erheblich steigenden Versorgungslasten aufgezeigt. Dies hat zu einer Überprüfung der versorgungsrechtlichen Ansprüche geführt.

Zu Recht hat der Kollege Möbius darauf aufmerksam gemacht, dass wir 925 Millionen € in den Versorgungsfonds einbezahlt haben. Sie wissen, dass unter Ihrer Zeit – also in 39 Jahren – so gut wie nichts und ab 1999, gezwungen durch die

Bundesregierung, nur ein kleiner Beitrag eingezahlt worden ist. Ansonsten haben Sie sich darauf verlassen, dass irgendwann die Finanzminister, die Ihnen nachfolgen, diese Last schon schultern werden.

Sie wissen, dass wir von einem Etat von 51 Milliarden € jährlich 4,5 Milliarden € für Pensionen bezahlen, mit stark steigender Tendenz. Sie wissen, dass wir zurzeit 153.000 Pensionäre haben. Bis zum Jahre 2030 wird ihre Zahl auf 240.000 ansteigen. Das wissen Sie alles.

Trotzdem haben Sie nicht vorgesorgt. Das hat uns zu einer Verschuldung geführt, die Sie natürlich der expliziten Verschuldung von zurzeit 117 Milliarden € hinzurechnen müssen. Wir haben Versorgungslasten von 135 Milliarden € zusätzlich zu stemmen. Die müssen Sie diesen 117 Milliarden € zurechnen.

Das ist eine astronomische Summe, die gerade bei der Föderalismusreform-II-Diskussion zu Entsetzen auch bei anderen Ländern führt. Das spielt immer eine sehr große Rolle, wenn sie über gemeinsame Verschuldungsfonds reden, in die eventuell auch die nordrhein-westfälischen Schulden mit hineingepackt werden könnten.

Meine Damen und Herren, mit dem Versorgungsreformgesetz 1998 wurde die Ruhegehaltsfähigkeit fast aller Stellenzulagen deshalb wieder zurückgenommen. Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden: Von Ihnen kam zu dieser Zeit überhaupt keine Aktion. Als Regierung haben Sie das alles für gut befunden, was Sie jetzt als Opposition auf einmal für eine Attacke auf die Mitarbeiter halten.

Für die seinerzeit vorhandenen Empfänger wurden großzügige Übergangsregelungen geschaffen. Sie stellen beziehungsweise stellten die Ruhegehaltsfähigkeit für Beamtinnen und Beamte in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen bis zum 31. Dezember 2010 und für die in den gehobenen und höheren Besoldungsgruppen bis zum Ende des vergangenen Jahres sicher.

Mit der Rücknahme der Ruhegehaltsfähigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurde die alte und bewährte Regelungskonzeption wiederhergestellt. Stellenzulagen sollen die mit der übertragenen Funktion verbundenen Erschwernisse und Besonderheiten der aktiven Zeit ausgleichen.

Das gilt auch für die Feuerwehrzulage und die Polizeizulage. Diese sollen die besonderen Belastungen honorieren, die sowohl physisch als auch psychisch mit der Wahrnehmung der Aufgaben im

Einsatzdienst verbunden sind. Solche Belastungen bestehen aber nach heutiger allgemeiner Erkenntnis mit dem Eintritt in den Ruhestand grundsätzlich nicht mehr. Eine Weiterzahlung in Form der Ruhegehaltsfähigkeit ist somit sachlich nicht geboten.

Die Feuerwehr- und die Polizeizulagen teilen damit das Schicksal zum Beispiel von Schichtzulagen, die gerade bei der Feuerwehr einen nicht unerheblichen Besoldungsanteil ausmachen und ebenfalls entsprechend ihrem Wesen nicht ruhegehaltsfähig sind.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine Änderung der Rechtslage nicht auf die betreffenden Zulagen beschränkt werden könnte. Sie müsste auch auf andere Stellenzulagen ausgedehnt werden und würde die Versorgungszahlungen beim Land wie bei den Kommunen zusätzlich erheblich belasten. Dies würde die allseits als unverzichtbar erkannten Bemühungen um künftig beherrschbare Versorgungshaushalte massiv erschweren.

Ich komme zu dem im Antrag der SPD angeführten Beschluss Bayerns zur Ruhegehaltsfähigkeit. Herr Groth ist ja auch nicht müde geworden, noch einmal auf Bayern hinzuweisen. Je nachdem, wie es gerade passt, werden die Bayern als Beispiel oder als abschreckendes Beispiel vorgeführt. Ich will dazu gern etwas sagen. Die Bayern haben nur eine Verlängerung der Auslauffrist für die gehobenen und höheren Besoldungsgruppen auf den bereits für die unteren und mittleren Gruppen geltenden Termin, nämlich den 31. Dezember 2010, verabschiedet.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Es ist eine Verlängerung bis zu dem Termin. Mit Sicherheit spielt auch der Termin der Landtagswahl eine Rolle. Ich glaube, Herr Groth, wir beide können das unterstellen.

Der Weg Bayerns ist natürlich auch, muss man sagen, Ausdruck der neuen Regelungskompetenz der Länder als Folge der Föderalismusreform. Sicherlich gab es auch noch andere Überlegungen.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will den Wettbewerb der Länder untereinander und muss dabei aus Eigenverantwortung für unser Land in Kauf nehmen, dass es in dem für die öffentliche Hand so wichtigen Bereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts künftig unterschiedliche und im Einzelfall in einem anderen Land auch einmal eine großzügigere oder aber auch eine striktere Regelung als bei uns geben kann. Sie können im Hinblick auf Bayern auch anführen, dass wir unsere Polizei besser bezahlen

als Bayern, und zwar aufgrund der zweigeteilten Laufbahn, wie Sie wissen. Ein Zwang, alle Regelungen anderer Länder einfach zu übernehmen, ist durch die Föderalismusreform nicht beabsichtigt. Das wäre schlichtweg auch nicht bezahlbar.

Die Landesregierung wird also genauso wie die frühere rot-grüne Landesregierung keinen Gesetzentwurf vorlegen, der die Wiedereinführung der unbegrenzten Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage und der Feuerwehrzulage vorsieht. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, da die Landesregierung ihre Redezeit beachtlich überzogen hat und wir vereinbart haben, für alle Fraktionen einen gleichen Redezeitblock vorzusehen, gebe ich jeder Fraktion zusätzlich drei Minuten; aber nur, weil wir Fünf-Minuten-Blöcke vereinbart hatten – damit es da bei der einen oder anderen Fraktion keine Missverständnisse gibt. Jede Fraktion bekommt drei Minuten zusätzlich.

Beginnen wird Frau Düker für die Fraktion der Grünen. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon ziemlich entsetzt über das Niveau der Debatte.

(Beifall von der CDU)

Herr Möbius, Herr Engel, reden Sie eigentlich noch mit den Beschäftigten,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

mit den Feuerwehrleuten und mit den Polizisten in unserem Land? Reden Sie doch einmal mit den Betroffenen! Dann erleben Sie – das muss doch auch bei Ihnen ankommen –, welch hohe Frustration bei den Menschen in unserem Land herrscht, bei unseren Beamtinnen und Beamten. Das liegt nicht nur daran, Herr Engel, dass sie immer weniger Geld in der Tasche haben, sondern es besteht auch ein hoher Vertrauensverlust in Politik, den Sie zu verantworten haben.

Der Herr Ministerpräsident ist ja gerade anwesend. Ich weiß noch genau, Herr Rüttgers, wie Sie hier unten auf der Landtagswiese, als wir das Weihnachtsgeld kürzen mussten,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

den 30.000 Beamtinnen und Beamten versprochen haben: Am Tag der Wahl, mit meinem Wahlsieg nehmen wir diese Kürzung zurück! – Sie ha

ben sie aber nicht nur nicht zurückgenommen, sondern Sie haben den Beamtinnen und den Beamten noch einmal die Hälfte ihres Weihnachtsgeldes weggenommen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Deswegen ist es nicht nur so, Herr Engel, Herr Möbius, Herr Rüttgers, dass die Beamtinnen und Beamten immer weniger Geld in der Tasche haben und sich die Schere zwischen der Lohnentwicklung in der Wirtschaft und der Einkommensentwicklung bei den Beamtinnen und Beamten beziehungsweise den Tarifbeschäftigten durch die Tarifabschlüsse immer weiter öffnet. Es ist auch die Frustration darüber, dass sie sich nicht einmal darauf verlassen können, was der Staat, der auch die Alimentierungsverpflichtung hat, tut. Im Grundgesetz steht: Im Gegenzug zu eurer Treuepflicht gegenüber dem Staat

(Ralf Witzel [FDP]: Was haben Sie denn mit der Leistungsprämie gemacht?)

verpflichten wir uns zu einer Alimentation. Dass Sie diesen Grundsatz gebrochen haben, das ist der Auslöser für die Frustration, die im Lande herrscht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Linssen, ich finde es schon etwas wenig, wenn Ihr Kollege Schäuble direkt nach Tarifabschluss TVöD ankündigt, er werde diesen Tarifabschluss sofort auf seine Bundesbeamten übertragen, Sie aber lediglich sagen: Ich werde irgendwie versuchen, dass wir das auch irgendwie hinbekommen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Und das bei den Steuereinnahmen!)

Ich hätte heute von Ihnen ein klares Versprechen erwartet, dass im nächsten Haushalt für unsere Beamten Gehaltssteigerungen entsprechend diesen Tarifabschlüssen eingestellt werden.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Dieses Versprechen haben Sie hier auch nicht gegeben. Aber mal ganz locker wird heute beschlossen, einen Risikoschirm von 5 Milliarden € für die WestLB auszubringen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Diese 5 Milliarden € stehen zwar nicht im Haushalt, aber dieses Risiko hängt über diesem Haushalt. Diese Verantwortung übernehmen Sie, aber den Beamtinnen und Beamten gestehen Sie nicht einmal Brosamen, Almosen zu und halten Ihre

Wahlversprechen nicht ein. Das verstehen die Menschen in diesem Land wirklich nicht mehr.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)