Protocol of the Session on April 16, 2008

Mit dem Abschöpfen des Wfa-Ertrages – so sagen Sie – werde eine aktive Wohnungspolitik des Landes untergraben, und die zur Verfügung gestellten Förderprogramme reichten nicht aus, um die wichtigen wohnungspolitischen Aufgaben zu bewältigen. – Sie wissen auch: Das hat mit der Realität in Nordrhein-Westfalen überhaupt nichts zu tun, Herr Becker. Fakt ist: Bislang ist noch kein einziger Antrag auf Wohnungsbauförderung wegen Geldmangels abgelehnt worden. Und dies wird auch in Zukunft so bleiben.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass wir im Jahre 2008 nicht mehr ein Wohnraumförderprogramm von 1 Milliarde € auflegen, sondern von 840 Millionen €. Ich vermute sogar, es wird sinkende Tendenz haben. Fragen Sie doch die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften! Die möchten die Auflagen nicht mehr haben, die wir mit diesen Mitteln natürlich verbinden. Sie wissen das alles, Herr Becker, und trotzdem machen Sie hier so einen Zirkus – auf gut Deutsch gesagt.

(Horst Becker [GRÜNE]: Vorsicht, ich habe noch zwei Minuten!)

Wir haben gravierende Veränderungen auf den Wohnungsbaumärkten. Deshalb ist das Programm rückläufig. Mit Haushaltsfragen oder einer politischen Geringschätzung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus, wie Sie ständig – ich finde – böswillig unterstellen, hat das überhaupt nichts zu tun.

(Zuruf von Frank Sichau [SPD])

Sie wissen selbst, dass wir in den vergangenen Jahren immer erhebliche Mittel übergehalten haben. Dem tragen wir natürlich auch mit der Ausstattung des Wohnungsbauförderungsprogramms Rechnung. Wir wollen und wir werden Neubau in den Gebieten fördern, wo er tatsächlich gebraucht wird. Das bedeutet, wir fördern vor allem in den wachsenden Regionen des Landes, und wir investieren in die Bestände.

Außerdem leisten wir über den Wohnungsbau einen Beitrag

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

in benachteiligten Stadtteilen das Wohnumfeld zu verbessern, damit diese Quartiere auch in Kommunen mit sinkenden Bevölkerungszahlen nicht zu Problemstadtteilen bzw. Gettos werden.

(Das Ende der Redezeit wird erneut signali- siert.)

Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es auch im Sinne der Wohnungsbaupolitik richtig, wenn wir einen Teil der Erträge der Wohnungsbauförderung für genau diese wichtigen Aufgaben der Stadtentwicklung einsetzen.

Herr Minister, ich darf Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit abgelaufen ist.

Ja, ich beeile mich, Frau Präsidentin.

Ich komme zum Entschließungsantrag der SPDFraktion. Seit Monaten geißeln Sie in der Öffentlichkeit das Ziel unseres Gesetzentwurfes. Jetzt kommt plötzlich mit Ihrem Entschließungsantrag sprichwörtlich bei voller Fahrt die Wende um 180 Grad, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Jetzt präsentieren Sie den Vorschlag, den Wfa-Ertrag für wichtige Aufgaben der integrierten Stadtentwicklungspolitik nutzbar zu machen. Dies, meine Damen und Herren, ist Anliegen unseres Gesetzentwurfs – falls Sie es noch nicht gemerkt haben sollten –, allerdings – diese Differenzierung will ich nicht unterschlagen – mit einem kleinen, aber folgenreichen Unterschied: Sie wollen mit dem Ertrag eine Stiftung gründen, anstatt die Mittel über den Landeshaushalt direkt in die Entwicklung der Innenstädte und der Wohnquartiere zu investieren. Ihr Vorschlag hätte unmittelbar vier Folgen:

Erstens. Sie schaffen eine zusätzliche Institution. Zweitens. Sie entziehen die Stadtentwicklung dem Einfluss des Landesgesetzgebers. Drittens. Sie müssen zunächst einen Kapitalstock aufbauen

und haben damit in den nächsten Jahren nur einen Bruchteil der Mittel zur Verfügung, die Sie eigentlich brauchen. Viertens. Mit den Verwaltungskosten können Sie keine Antworten auf die baupolitischen Herausforderungen geben.

Meine Damen und Herren, wenn Sie dann noch vorschlagen, aus dieser Stiftung heraus ausschließlich konsumtive und keine investiven Ausgaben der Stadtentwicklung zu finanzieren, wie ich es vorhin wieder von Ihrer Sprecherin gehört habe, ist das ein erneuter Beweis dafür, dass Sie den Sinn von integrierter Politik bis heute nicht verstanden haben.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Eine Anmerkung zu dem Ziel Ihres Antrags sei mir noch erlaubt! Sie beauftragen die Landesregierung, ein Stiftungsmodell auszuarbeiten und dem Landtag zu präsentieren. Ich denke, das können Sie mit Ihrem Sachverstand doch sicherlich selber.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zum Fünften Änderungsgesetz, so wie es der federführende Ausschuss für Bauen und Verkehr am 3. April 2008 beschlossen hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, dass die Landesregierung ihre Redezeit um zwei Minuten und 57 Sekunden überzogen hat. Damit stünde auch den Fraktionen zusätzliche Redezeit zu. Ich frage deshalb, ob es noch Wortmeldungen gibt. – Das ist nicht der Fall. Damit sind wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung zunächst über die Beschlussempfehlung Drucksache 14/6270. Der Ausschuss für Bauen und Verkehr empfiehlt, den Gesetzentwurf in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Nichtanwesenheit des Kollegen Sagel angenommen und der Gesetzentwurf in zweiter Lesung verabschiedet.

Ich lasse ferner über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/6555 abstimmen. Wer diesem Entschließungsantrag zu

stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Abwesenheit des Kollegen Sagel abgelehnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe auf:

14 Dem neonazistischen „Collegium Humanum“ die Gemeinnützigkeit entziehen – Große Koalition in Berlin fordert Bundesregierung auf, Finanzminister Linssen dabei zu helfen

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6523

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Düker das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Düker.

Danke, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das 1963 vom NS-Funktionär Werner Georg Haverbeck gegründete Collegium Humanum, Akademie für Umwelt und Lebensschutz e. V. in Vlotho, ist eines der ältesten noch betriebenen Seminarhäuser der extremen Rechten. In den letzten Jahren entwickelte es sich zu dem Zentrum für Holocaustleugner. Das Collegium Humanum spielt eine wichtige Rolle als Veranstaltungsort für Vorträge, Seminare, Tagungen, Konzerte und Schulungen der rechtsextremen Szene. In dem Haus finden offen neonazistische und antisemitische Aktivitäten statt.

Derzeit wird es von Ursula Haverbeck-Wetzel geleitet, die zuletzt im Jahr 2004 wegen Volksverhetzung im Zusammenhang mit der Holocaustleugnung strafrechtlich belangt worden ist und gegen die noch heute weitere Strafverfahren anhängig sind. Gegenüber der „Rheinischen Post“ erklärte sie noch im Januar 2008: „Ich weiß nicht, ob der Völkermord an den Juden tatsächlich stattgefunden hat“. – Der Antisemit und Holocaustleugner Horst Mahler gehört zu den ständigen Referenten im Collegium Humanum.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor diesem Hintergrund ist es unverständlich und der Bevölkerung überhaupt nicht mehr klarzumachen, dass das Collegium Humanum beim zuständigen Finanzamt Herford offenbar bis heute – ich hoffe,

dass der Finanzminister uns gleich darüber Auskunft gibt – den Status der Gemeinnützigkeit besitzt. Es ist unerträglich, dass in unserem Land Neonazis und Antisemiten auch noch steuerlich begünstigt werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Noch Ende letzten Jahres bestätigte das Collegium Humanum Journalisten auf Anfrage diese Steuerbegünstigung aufgrund der bestehenden Gemeinnützigkeit.

Warum, Herr Finanzminister, ist das Finanzministerium nicht schon längst gegen das Collegium Humanum eingeschritten oder aktiv geworden? Warum, Herr Minister, sagen Sie noch in der Vorlage 14/1661, die dem Haushalts- und Finanzausschuss am 3. März 2008 vorgelegt wurde, zum Vorwurf der Verfassungswidrigkeit – ich zitiere aus der Vorlage –:

„Das Finanzamt wird jedoch derartige Vorwürfe stets zum Anlass nehmen, die Steuerbegünstigung des Vereins noch einmal eingehend zu überprüfen. Da ein Entzug der Steuerbegünstigung jedoch gerichtsfeste Beweise für Straftatbestände oder verfassungsfeindliche Tendenzen voraussetzt, die dann dem Verein als solchem auch noch unmittelbar zugerechnet werden können, wird das Finanzamt – auch im Rahmen von Außenprüfungen und durch Anfragen an die Verfassungsschutzbehörden – versuchen, derartige Beweise zu finden.“

Herr Finanzminister, welche Beweise brauchen Sie denn noch? Die Vorsitzende ist wegen Holocaustleugnung strafrechtlich verurteilt worden. Diese Straftat der Vorsitzenden muss man doch auch dem Verein zurechnen können. Bei dieser Verurteilung, die schon 2004 stattfand, und einem derartigen Dossier dieser Frau kann man doch jetzt nicht sagen: Dann prüfen wir mal, dann gucken wir mal.

Ich hätte mir in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses von Ihnen etwas offensivere Botschaften gewünscht, dass Sie nämlich sagen: Es wird alles getan, dass dies passiert, wenn es landesrechtlich möglich ist. Wenn es landesrechtlich nicht geht, kann man auch eine Bundesratsinitiative starten, um das Steuerrecht an dieser Stelle zu ändern. – Aber diese Ansagen sind von Ihnen nicht gekommen. Das finde ich sehr schade.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Mit Verweis auf das Steuergeheimnis hieß es: Wir dürfen gar nichts sagen. – Dazu zitiere ich aus

dem niedersächsischen Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2005.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Die Verfassungsschützer haben sich Ihrer Meinung nach offenbar nicht an das Steuergeheimnis gehalten und veröffentlichen im Verfassungsschutzbericht den nachträglichen Entzug der Gemeinnützigkeit. – Ich kann Ihnen das gerne als Beispiel geben.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Ja!)

Einem Verein ist die Gemeinnützigkeit entzogen worden. Dies wird öffentlich im Verfassungsschutzbericht dokumentiert. Das heißt: Wenn Sie tätig geworden sind und die Gemeinnützigkeit entzogen haben, erwarte ich von Ihnen heute im Landtag dazu eine klare Stellungnahme.

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Ich finde es peinlich, Herr Minister, dass die Große Koalition der beiden Fraktionen von CDU und SPD im Deutschen Bundestag die Bundesregierung mit Antrag Drucksache 16/8497 vom 12. März 2008 – ich zitiere aus dem Antrag – auffordert,