Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Kampf gegen Doping haben SPD und Grüne ein Alleinstellungsmerkmal in diesem Land. Sie dagegen mögen sich nicht darum kümmern. Der Kampf gegen Doping muss mit erhöhtem Druck weitergehen, Herr Rasche. Das ist meine feste Überzeugung.
Da hilft es auch nicht, dass Sie die Sportverbände fragen. Die Vertreter der Sportverbände sitzen mit ihren Hochleistungssportlern immer ein Stück weit in einem Boot. Die finden dass nicht toll, aber wenn so etwas auftritt, finden sie auch immer wieder Möglichkeiten, das sozusagen schnell wieder zu heilen und so zu tun, als ob das Problem gar nicht so groß wäre. Auch Sie wollen das machen.
Sie kennen unseren Vorschlag dazu: Wir brauchen auf jeden Fall auch den Tatbestand des Sportbetrugs. Wir brauchen nach wie vor ein größeres finanzielles Engagement in dieser Frage. Sie geben nicht einmal der NADA das Geld, das sie eigentlich brauchen würde, um das zu tun, vom dem Sie vorgeblich meinen, dass es getan werden müsste.
Mit Geld allein ist es nicht getan, aber ohne Geld geht es eben auch nicht, Herr Rasche. – Wir haben dafür 100.000 € jährlich gefordert. CDU und FDP lehnen das bis heute ab. Die Notwendigkeit besteht aber weiterhin. Wir lassen auch nicht locker.
Meine Damen und Herren, die SPD – ich bin Herrn Peschkes sehr dankbar – hat in ihrem Antrag eine weitere Möglichkeit erwähnt. Wir unterstützen das aus Überzeugung. Es ist ein weiterer Schritt, um die Effizienz der Ermittlungen bei der Dopingbekämpfung zu erhöhen.
Die Bochumer Schwerpunktstaatsanwaltschaft hat mir ihrem Vorgehen in der Liechtenstein-Affäre um Herrn Zumwinkel und andere gezeigt, wie effektiv eine solche Schwerpunktstaatsanwaltschaft arbeiten kann. Das Anhäufen von Spezialwissen kann mit oder ohne Kronzeugen auf jeden Fall zu Ermittlungserfolgen führen. Jedenfalls ist die Abschreckungswirkung allemal höher, als wenn wir eine solche Staatsanwaltschaft nicht hätten.
Aus meiner Sicht ist Köln als Standort gut gewählt. Die Nähe zur Sporthochschule und zur NADA – heute Nachmittag hätten sie dort Haarproben abgeben können – ist gut.
NRW muss aktiv werden. Damit wären wir ein bundesweiter Vorreiter. Die Landesregierung sollte in dieser Frage initiativ werden. Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen, dort jetzt nicht zu sehr auf schlapp zu machen, sondern hier und heute die Chance dazu nicht zu vertun. Verharren Sie nicht in Ihrer Ablehnung. Mit einer Ablehnung würden Sie unserem Land und dem Sport keinen guten Dienst erweisen.
Auch was das Gerede davon betrifft, dass man unter den Ländern verabredet habe, so etwas nur gemeinsam zu machen: In so einer Frage würde es Ihnen gut anstehen – auch der Landesregierung –, wenn Sie einmal vorne wären: in der Sportpolitik und in der Antidopingpolitik. – Danke schön, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Groth. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Krautscheid in Vertretung für Frau Ministerin Müller-Piepenkötter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich greife die letzte Bemerkung von Herrn Groth auf. Herr Groth, es kommt nicht darauf an, prinzipiell vorne zu sein, sondern darauf, das Richtige zu tun. In dem Fall glauben wir, dass dieses Mittel im Kampf gegen Doping, nämlich die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften, ein falsches Mittel ist.
Ich will eines dazusagen: Herr Groth, lesen Sie sich Ihre Rede im Protokoll noch einmal durch. Sie hatten eine ganz gefährliche Formulierung in Ihrer Rede, nach dem Motto: Beim Kampf gegen Doping dürfen Sie nicht die Verbände fragen. – Sie haben damit die Verbände in die Nähe eines Generalverdachts gerückt.
Ich glaube, das ist eine Unverschämtheit gegenüber den vielen Initiativen, die aus den Sportverbänden kommen. Hier tun Sie den Leuten Unrecht. Nehmen Sie das zurück.
Wie üblich, wenn besondere Kriminalitätsschwerpunkte auftauchen, ergeht wieder der Ruf nach einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft. Das ist ein schneller, billiger, aber oftmals auch ein falscher Ruf.
Oft wird nämlich übersehen, dass die Schaffung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften an gesetzliche Voraussetzungen geknüpft ist. Das Bundesverfassungsgericht setzt eine Zuständigkeitskonzentration voraus, also – Zitat -“dass dies für eine sachdienliche Förderung, schnellere Erledigung von Verfahren zweckmäßig ist“. Dabei spielen auch das Fallaufkommen und die Frage der Auslastung einer zukünftigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft eine maßgebliche Rolle.
Herr Kollege Peschkes hat mehrfach von gleich mehreren Schwerpunktstaatsanwaltschaften geredet. Das heißt, es muss ein entsprechendes Aufkommen zu erwarten sein. Das Justizministerium hat sich schon im Jahr 2006, also lange vor diesem Antrag der SPD-Fraktion, mit der Frage befasst, ob es der Einrichtung einer Schwerpunkt
staatsanwaltschaft oder mehrerer Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Land bedarf, und hat dazu die staatsanwaltschaftliche Praxis befragt.
Danach ergibt sich folgendes Bild: Im Geschäftsbereich der Generalstaatsanwaltschaft Köln sind in der Zeit von Anfang 2003 bis Mitte des Jahres 2006 genau drei einschlägige Verfahren anhängig gewesen. Davon betrafen zwei Verfahren den zur damaligen Tatzeit auch noch straflosen Besitz von Anabolika.
Im Geschäftsbereich der Generalstaatsanwaltschaft Hamm waren in diesem Zeitraum überhaupt keine Verfahren anhängig. Im Bezirk Düsseldorf waren ausschließlich Verfahren wegen unerlaubten Handels mit Anabolika anhängig.
Es liegt auf der Hand, dass diese wenigen Fälle, selbst wenn man eine Zunahme der Zahl der Verfahren infolge des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport unterstellt, die Einrichtung einer landesweit zuständigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft keineswegs rechtfertigen.
Dem Bild in Nordrhein-Westfalen entsprechen übrigens die bundesweiten Erhebungen. Vor diesem Hintergrund – Ihre eigenen Parteikollegen, Herr Peschkes – hat auch die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder kein Bedürfnis für die Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften bei der Dopingbekämpfung gesehen.
Der Antrag der SPD-Fraktion versucht, den Eindruck zu erwecken, die Verantwortung für ein bei Dopingvergehen vermutetes Dunkelfeld liege bei der Justiz, und diese könne, wenn sie nur anders und intensiver organisiert wäre, etwaige Missstände beseitigen.
Die Ursachen liegen aber, wie bereits gesagt wurde, ganz woanders, nämlich in einer mangelnden Anzeige- und Aussagebereitschaft der Beteiligten. Wenn es in diesem Bereich Geständnisse gibt, beziehen sich diese in der Regel allenfalls auf längst verjährte Taten. Kenntnisse über die Hintermänner des Dopings und über die in diesem Bereich vermuteten Netzwerke könnte auch eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft nur erwerben, wenn die Beteiligten in einem größeren Umfang bereit wären, dazu auszusagen.
Die Forderung der SPD-Fraktion ist von der Fehlvorstellung geprägt, dass Schwerpunktstaatsanwaltschaften über weiter gehende Möglichkeiten verfügten als normale Staatsanwaltschaften, dass sie zum Beispiel verdachtsunabhängige Dopingkontrollen anordnen oder durchführen könnten.
Aber auch eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft kann nur auf der gesetzlichen Grundlage tätig werden. Zwingende Voraussetzung ist deshalb das Vorliegen eines Anfangsverdachts für eine verfolgbare Straftat. Ermittlungen ins Blaue hinein sind also unzulässig.
Die nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften sind mit ihren Sonderdezernaten für den Kampf gegen strafbares Doping bestens gerüstet. Die in den Sonderdezernaten tätigen Dezernentinnen und Dezernenten verfügen über Spezialkenntnisse auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts. Sie sind auch in Eilfällen kompetente Ansprechpartner.
Meine Damen und Herren, es ist wie so oft: Der Antrag der SPD-Fraktion ist gut gemeint, inhaltlich aber unsinnig. Deswegen empfehlen wir die Ablehnung.
Vielen Dank, Herr Minister Krautscheid. – Jetzt möchte noch einmal Herr Groth für Bündnis 90/Die Grünen das Wort haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da kann man mal sehen, was alles möglich ist. Sie brauchen gar keine Dopingmittel. Aber viele Menschen glauben, dass sie das brauchen. Davon müssen wir sie abbringen, auch mit Strafverfolgung, auch mit Staatsanwaltschaften.
Herr Krautscheid, Sie versuchen, den Keil zwischen Bündnis 90/Die Grünen und den Sportverbänden zu treiben. Das wird Ihnen nicht gelingen, und zwar aus folgendem Grunde nicht:
Das ist gar nicht sichtbar, das sehen Sie höchstens im Traum. Sichtbar ist, dass wir auf der Seite derjenigen in den Sportverbänden stehen, die auch das Doping sehr intensiv bekämpfen wollen. Sagen Sie mir eine Begründung dafür, warum diese Landesregierung, getragen von Schwarz und Gelb, darauf drängt, dass es eine unabhängige Sportgerichtsbarkeit geben soll. Was heißt das denn? Das heißt, unabhängig von dem Verband sitzen dann nicht die Radsportler zu Gericht über die Radsportler, von denen wir wissen, wie viele da schon gedopt haben. Die Grauzone und das, was da noch verborgen ist, kennen wir natürlich nicht.
Warum wollen Sie das? Warum wollen Sie eine unabhängige Sportgerichtsbarkeit? Weil Sie in diesem Bereich eine Unabhängigkeit brauchen, weil Sie ganz genau wissen, dass jeder Sportverband daran ein Interesse haben muss, dass das Spiel weitergeht, dass das Geld auch weiterverdient wird.
Warum dopen denn die Menschen? Meinen Sie, die Sportler wären verrückt? Warum nehmen die überhaupt Dopingsubstanzen? Sie wollen vorne mitschwimmen und Sie wollen vorne mitfahren. Sie kennen das Risiko nicht, das Sie damit gesundheitlich eingehen. Das ist der Fall.
Dann gucken Sie doch einmal, was alles möglich ist in Hamburg. Was alles wieder entdeckt worden ist: 1,3 t Doping- und Potenzmittel beschlagnahmt. Meine Damen und Herren, handeln Sie!
Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Damit darf ich die Beratung schließen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Sportausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/6325, den Antrag Drucksache 14/4862 abzulehnen. Wer dieser Empfehlung des Sportausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. – Wer ist dagegen? – Das sind die SPD und Bündnis 90/Die Grünen und der Abgeordnete Sagel. Hat sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag entsprechend der Empfehlung des Sportausschusses abgelehnt.