Protocol of the Session on March 12, 2008

(Beifall von der FDP – Gisela Walsken [SPD]: Weil Sie jetzt regieren!)

Wenn Sie den Liechtenstein-Fall zum Anlass nehmen: Alle Fälle liegen vor 2003. Ich könnte das alles beliebig herumdrehen und Ihnen sagen: Dann haben Sie offensichtlich – so ist es vorhin von den Grünen vorgetragen worden – die Millionäre so schlecht geprüft, dass sie alle verleitet wurden, nach Liechtenstein zu gehen. Dummer kann man eigentlich gar nicht mehr argumentieren.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich freue mich immer, wenn die Opposition versucht, die Landesregierung mit konstruktiven Vorschlägen zu unterstützen.

(Gisela Walsken [SPD]: Wir übernehmen gern die Regierung!)

Ihres Antrags bedarf es jedoch nicht, da Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit im Gegensatz zur rot-grünen Vorgängerregierung von der neuen Landesregierung stets eingehalten werden.

(Lautes Lachen von der SPD)

Ich möchte Ihnen dies gern anhand der von Ihnen in Ihrem Antrag genannten Themen erläutern.

Zunächst zur Beteiligung der Kommunen an den Einheitslasten des Landes: Dieses Thema werden wir stringent und konsequent abarbeiten. Wir werden das schrittweise tun: schnelle, zielgerichtete und unbürokratische Hilfe für die Kommunen in einem ersten Schritt und die abschließende Abrechnung der Einheitslasten in einem zweiten Schritt. Aus diesem Grund hat die Landesregierung unmittelbar nach dem Urteil des Verfas

sungsgerichtshofs Münster bereits am 18. Dezember 2007 ein Abschlagsgesetz des Innenministers und einen zweiten Nachtrag des Finanzministers in das Parlament eingebracht.

Insgesamt erhalten die Kommunen nunmehr 500 Millionen € plus 150 Millionen €, also zeitnah Abschlagszahlungen in Höhe von 650 Millionen €. Diese Vorgehensweise ist ganz im Sinne der Kommunen, da sie schnell und unbürokratisch über das beschlossene GFG 2008 hinaus weitere Finanzmittel erhalten. Insgesamt, meine Damen und Herren – Frau Walsken, lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen –, fließen den Kommunen damit 8,2 Milliarden €, einschließlich der Abschlagszahlungen sogar 8,8 Milliarden €, in 2008 zu. Das sind 1,5 Milliarden € mehr als in 2007.

Der zweite Nachtrag wird in der heutigen Sitzung des Landtags beschlossen werden. Damit ist sichergestellt, dass die Kommunen noch Ende März das Geld bekommen. Schneller kann eine Landesregierung nicht reagieren.

(Beifall von der CDU)

Die Abschlagszahlungen, meine Damen und Herren, sollen den Kommunen schnell Finanzmittel zukommen lassen – schon vor der endgültigen Klärung aller wichtigen Fragen.

Ich möchte Ihnen noch einmal darlegen, dass die Berechnung der Einheitslasten nicht trivial und deshalb auch nicht auf die Schnelle zu lösen ist, wie Ihr Antrag insinuiert. Das liegt insbesondere an dem zweimaligen Systemwechsel im Finanzausgleich, nämlich 1994/95 und 2004/05, und an zahlreichen Rechtsänderungen seither. Deshalb hat Nordrhein-Westfalen wie andere Länder auch seit 2006 auf eine Spitzabrechnung der Einheitslasten verzichtet.

Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs muss das Land den Kommunen einen Ausgleich leisten, wenn und soweit es zu einer signifikanten Überzahlung ihres Anteils an den Einheitslasten gekommen ist, und zwar nach den IstErgebnissen und nach Ablauf des Haushaltsjahres. Hierzu wird die Landesregierung eine Lösung wie folgt erarbeiten:

Erstens. Die Frage der Höhe der Einheitslasten wird durch einen externen finanzwissenschaftlichen Gutachter untersucht. Der Gutachter soll im Rahmen seiner Tätigkeit auch Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden führen. Das Vergabeverfahren läuft derzeit. Es wird mit einer Vergabeentscheidung noch in diesem Monat, also im März, gerechnet.

Zweitens werden auf der Basis des Gutachtens Eckpunkte für eine endgültige gesetzliche Regelung vorgelegt. Dazu werden die kommunalen Spitzenverbände erneut Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Drittens werden wir im Anschluss über den Entwurf für eine abschließende gesetzliche Ausgleichsregelung und über die Eckpunkte des GFG 2009 im Kabinett beschließen. Schließlich wollen wir eine vernünftige Lösung und keine Schnellschüsse, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Damit die Kommunen keine Nachteile erleiden, erhalten sie voraussichtlich bereits Ende März die versprochenen Abschlagszahlungen – wesentlich schneller, Herr Groth, als es das Verfassungsgericht verlangt. Diese Lösung ist gut für die Kommunen.

Nun zu den Kapitalmaßnahmen bei der WestLB. Über die aktuelle Situation der WestLB habe ich Sie in der Sitzung vom 20. Februar 2008 sehr ausführlich unterrichtet. Darüber hinaus habe ich zu weiteren Fragen im Haushalts- und Finanzausschuss, zuletzt am 6. März, ausführlich Stellung bezogen. Sofern Sie aufgepasst haben, sind Sie folglich bestens informiert.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Frechheit!)

Deshalb wissen Sie auch, dass die Gespräche mit den anderen Anteilseignern und der WestLB laufen. Die Eigentümer haben sich auf einen transaktionsabhängigen Risikoschirm verständigt. Bei der konkreten Ausgestaltung müssen noch eine Reihe von bilanzrechtlichen, steuerrechtlichen und vor allem EU-rechtlichen Fragen geklärt werden. Wir führen die dazu notwendigen Gespräche auch mit der EU-Kommission. Sobald wir dort Klarheit haben, werden wir die notwendigen Maßnahmen in das parlamentarische Verfahren einbringen. Ich werde Sie wie bisher bereits geschehen über den weiteren Fortgang der Gespräche zeitnah unterrichten.

Frau Walsken, ich habe natürlich auch versucht, das Gespräch über die 380 Millionen € und ihre Finanzierung mit Ihrer Vorsitzenden zu suchen, aber das war nicht gewünscht. Stattdessen haben Sie sich offensichtlich überlegt, hier einen Popanz aufzubauen und angebliche Diskrepanzen zwischen der FDP und der CDU zu konstatieren.

(Gisela Walsken [SPD]: Die waren aber deutlich!)

Das ist erstunken und erlogen, um das ganz deutlich zu sagen.

(Beifall von CDU und FDP)

Die einzige Verzögerung, die gegenüber Ihrer Vorstellung entstanden ist, beruht darauf, dass wir vor allen Dingen die bilanzrechtlichen, die steuerrechtlichen und die EU-rechtlichen Probleme noch nicht ganz im Griff haben.

(Gisela Walsken [SPD]: Dann mal Tempo!)

Das ist nicht so ganz einfach, wie Sie vielleicht wissen. Wenn wir es falsch machten, würden Sie im Plenum zu Recht anmahnen: Schnelligkeit kann doch wohl nicht vor Gründlichkeit gehen. – Lassen Sie uns bitte die notwendige Zeit, um zu guten Lösungen zu kommen.

Sie haben es in Ihrer Regierungszeit zugelassen, dass die WestLB über Jahre – ich betone: über Jahre – hinweg Risikopositionen aufgebaut und damit Eigenkapital vernichtet hat. Von der neuen Landesregierung fordern Sie nun, die Misere binnen Wochenfrist abzuarbeiten. Gehen Sie bitte davon aus, dass wir uns nicht drängen lassen. Qualität geht auch hier vor Schnelligkeit. Das ist vielleicht auch ein qualitativer Unterschied zur früheren Landesregierung, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Minister, Ihre Redezeit ist zu Ende. Wenn Sie zum Schluss kommen, helfen Sie dem parlamentarischen Ablauf heute sehr.

Ihr dritter Themenkomplex, die Einstellung zusätzlicher Betriebsprüfer, ist auch Gegenstand eines umfassenderen Antrags derselben Fraktion mit dem Titel „Steuerflucht bekämpfen – endlich mehr Personal in die Steuerprüfung“ Drucksache 14/6337. Um Wiederholungen zu vermeiden und um möglichst schnell zum Schluss zu kommen, erlauben Sie mir bitte, dass ich zu dem Thema bei diesem Tagesordnungspunkt berichte.

Ich komme zum Schluss: Die Landesregierung arbeitet die Themen WestLB und kommunale Beteiligung an den Lasten der Deutschen Einheit genauso schrittweise ab, wie wir das mit dem von Rot-Grün übernommenen Landeshaushalt – einem Sanierungsfall – gemacht haben.

(Beifall von CDU und FDP – Widerspruch von SPD und GRÜNEN)

In den Jahren 2003 bis 2005 hatte Rot-Grün jährlich neue Schulden von durchschnittlich 6,5 Milliarden € zu verantworten.

(Zuruf von Gisela Walsken [SPD])

2007 liegt die Nettoneuverschuldung bei nur noch 1,8 Milliarden €. Das ist das Ergebnis stringenter und konsequenter Haushalts- und Finanzpolitik durch die Koalition der Erneuerung. Ähnlich erfolgreich werden wir die Probleme WestLBNachtragshaushalt/Einheitslasten lösen. Dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sollte deshalb nicht zugestimmt werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister.

Ich weise formal darauf hin, dass die Landesregierung ihre Redezeit um 4 Minuten und 18 Sekunden überzogen hat. Ich bitte angesichts unserer heutigen sehr ausführlichen Tagesordnung sehr darum, dass diese Zeit nicht von allen in Anspruch genommen wird. Aber natürlich kann sie in Anspruch genommen werden. – Wir kommen zu einem letzten Redner, der sich für 38 Sekunden, die seine Fraktion noch von ihrer Redezeit übrig gelassen hat, angemeldet hat. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Groth das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, bei den aufgebauten Risiken sind Sie doch an führender Stelle immer dabei gewesen.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Nein! – Gisela Walsken [SPD]: Ja klar! Seit 1992!)

Sie sind schon dabei gewesen, als diese Bank noch keine Aktiengesellschaft war. Heute sind Sie wieder dabei. Sie können sich nicht aus der Verantwortung stehlen und so tun, als ob das eine Altlast gewesen wäre. Spätestens seit 1999 haben Sie sogar eine konservative Mehrheit in allen Gremien dieser Bank gehabt.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Das stimmt auch nicht! – Gisela Walsken [SPD]: Das hört er nicht so gerne!)

Aber darauf will ich gar nicht eingehen; den Tagesordnungspunkt WestLB besprechen wir heute Nachmittag noch zur Genüge. Die Verantwortung aber trifft Sie.

Ich will nur den letzten Punkt aufgreifen. Wenn Sie als Finanzminister und als schwarz-gelbe Koalition kein Teil des Freundeskreises Liechtenstein werden wollen, müssen Sie in dieser Frage handeln. Sie können es doch nicht zulassen, dass jeder kleine Steuerbürger bis auf die letzte Quit

tung geprüft wird und die Einkommensmillionäre nichts zu befürchten haben.

Frau Freimuth, man kann auch nicht hingehen und sagen: Unsere Juristen und die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Bochum machen das schon. – Dann ist das Kind in den Brunnen gefallen. Als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erwarten wir, dass jeder vernünftig geprüft wird, sodass die Gefahr sehr groß ist, schon vorher aufzufliegen.