Herr Ministerpräsident, als Sie Herrn Laumann aus Berlin geholt haben, wurde er uns als großer Kracher, als Kanonenschlag angekündigt.
Die Arbeitsmarktpolitik in Berlin sollte von Düsseldorf aus gleich mitbestimmt werden. Wenn es Initiativen gab, blieben sie ebenso unbemerkt wie folgenlos. Ich würde sagen: Tischfeuerwerk statt Kanonenschlag; das ist unser Fazit.
meistens gegen den Widerstand der CDU in Bund und Ländern. Dabei kommen viele Anstöße aufseiten der SPD hier aus Nordrhein-Westfalen: für den Mindestlohn, gegen den Missbrauch der Leih- und Zeitarbeit, gegen Exzesse bei Managerabfindungen.
Zweites Beispiel: Schulpolitik. Hier lautet das Motto weiterhin: Realität ausblenden, Augen zu und durch.
Dazu passt übrigens der Wettbewerb des Generationenministers. Das Motto lautet: Ich male mir die NRW-Welt, wie sie mir gefällt. – Ein treffenderes Motto für Ihre Politik könnte ich mir nicht vorstellen. Frau Sommer, vielleicht sollten Sie sich daran beteiligen.
Die Anmeldezahlen bei den Hauptschulen stagnieren auf niedrigstem Niveau. Frau Ministerin sieht eine Trendwende, obwohl der prozentuale Anteil unverändert ist. Sie verweisen auf die Ganztagshauptschulen. Ja, da gehen die Zahlen leicht hoch, aber dafür laufen die anderen Hauptschulen umso schneller leer. Das ist die Realität.
Herr Ministerpräsident, Sie sollten vielleicht ein bisschen mehr auf Ihre kommunalen Praktiker in den eigenen Reihen hören. Es ist schon lange nicht mehr so, dass es nur zwei gallische Dörfer gibt, nämlich Horstmar und Schöppingen, die sich gegen Ihre ideologische Blockade wehren. Auch Eschweiler, Emsdetten, Schalksmühle, Bonn und Bad Honnef wollen Gemeinschaftsschulen.
Fortschritt lässt sich nicht durch Denkverbote aufhalten, Herr Ministerpräsident. Sie sollten sich noch einmal anschauen, was Ihr CDU-Kollege, der Fraktionsvorsitzende Dieter Bielefeld aus Horstmar, Ihnen ins Stammbuch geschrieben hat. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Die Landesregierung scheint einfach noch nicht soweit zu sein. Wir sind schon viel weiter.“ – Dem ist nichts hinzuzufügen.
Realität ausblenden, so gehen Sie auch mit dem Thema Unterrichtsausfall um. Wir werden Sie immer wieder daran erinnern, dass Sie vor der Wahl eine Unterrichtsgarantie versprochen haben. Nach der Wahl blieb davon nur noch die Ankündigung von 4.000 neuen Lehrerstellen übrig. 2.000 davon kassierten Sie allerdings sofort wieder über kw-Vermerke ein.
Bleiben 2.000 Stellen in fünf Jahren. Das wäre bei round about 150.000 Stellen in den Schulen ein Zuwachs von 1,33 %. Pro Schule könnten 0,31 Stellen erwartet werden.
Ihre Unterrichtsgarantie war offenbar nichts wert. Wer selbst ein Kind in der Schule hat, erlebt das tagtäglich mit: Stunden fallen aus, Vertretungslehrer fehlen, oft werden die Kinder später bestellt – die erste Stunde fällt aus – oder früher nach Hause geschickt.
Oder es wird EVA angeordnet. Meine Damen und Herren – gerade diejenigen, die auf der Tribüne sitzen –, Sie kennen sich mit diesen Fachbegriffen nicht aus. Was bedeutet das? Das bedeutet ei
genverantwortliches Arbeiten. Die Kinder sitzen in der Klasse, und bekommen eine Aufgabe – unbeobachtet, unbeaufsichtigt – und müssen diese Aufgabe lösen. Kein Lehrer ist in der Klasse.
Das ist doch kein Unterricht! Die Kinder lernen doch nichts! Ihr Satz muss nachhallen: „Wo Schule draufsteht, muss auch Schule drin sein.“ Das gilt auch für EVA. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!
Es gibt noch eine Variante: Ein Lehrer kommt in die Klasse, ist aber fachfremd und unterrichtet nicht. Er beschäftigt die Schüler nur. Auch das, liebe Frau Sommer, ist für uns kein Unterricht. Das ist für uns „betreuter Unterrichtsausfall“. Dabei bleiben wir.
Sie laufen herum und behaupten, Sie hätten den Unterrichtsausfall fast um die Hälfte verringert. Daran glaubt niemand in diesem Land.
Herr Ministerpräsident, wir warten noch immer auf die Vollerhebung des Unterrichtsausfalls, die Sie im Landtag persönlich versprochen haben: keine Erhebung an einem Stichtag, der vorher klammheimlich bekannt gegeben wird, sondern eine umfassende Dokumentation aller ausgefallenen Unterrichtsstunden. Wann erfüllt Ministerin Sommer eigentlich ihr Versprechen? Die Frage ist immer noch nicht geklärt.
Über das Thema Kopfnoten haben wir bereits gesprochen. Auch dabei wird deutlich: Sie können es nicht. Sie haben die Dinge nicht im Griff.
Frau Ministerin Sommer, Ihre Politik erinnert mich an das Abbrennen von Wunderkerzen am Sylvesterabend: Sie brennen kurz, leuchten hell auf, versprühen dabei Funken nach allen Seiten, aber sie erlöschen ganz schnell wieder. Dann stehen die Schülerinnen und Schüler, die Eltern und die Lehrerinnen und Lehrer wieder im Dunkeln. Das ist das Markenzeichen Ihrer Politik, Frau Ministerin Sommer.
Drittes Beispiel: Studiengebühren. Minister Pinkwart hat den Studierenden bessere Studienbedingungen und eine verbesserte Lehre versprochen.
Heute wissen wir – und das ist durch die ersten Daten und Fakten, die vorliegen, belegt –: Mit den Gebühren wird nicht die Qualität der Lehre verbessert, sondern es werden im Wesentlichen Löcher gestopft, die die Sparpolitik von SchwarzGelb erst gerissen hat.
Herr Minister – wenn er anwesend wäre, würde ich ihn das fragen –, Ihr Beitrag zum Regierungsfeuerwerk sollte ein Goldregen sein. Davon haben die Hochschulen bis heute nichts gemerkt, und ich fürchte, sie werden davon auch nichts merken.
Manche mögen denken, dass wir als Opposition das alles gelassen oder vielleicht sogar mit klammheimlicher Freude beobachten. – Nein, ich versichere Ihnen, das tun wir nicht. Wir sorgen uns, weil diese Politik schädlich für das Land ist. Sie betreiben Pfusch.
Das ist gerade in den letzten Monaten ganz deutlich geworden. Pfusch am Bau schädigt die Bauherren. Pfusch am Land schädigt die Bürgerinnen und Bürger. Sie betreiben Pfusch am Land, Herr Ministerpräsident.
Bei vielen Themen der Landespolitik zeigt es sich, dass Sie im Hochgefühl des Wahlsiegs und der Regierungsübernahme und bei den schnell verlaufenden Koalitionsverhandlungen einen wichtigen Grundsatz für gutes Regieren vergessen haben: Sorgfalt geht vor Schnelligkeit.
Sie haben sich von Ihren eigenen Sprüchen aus der Oppositionszeit leiten lassen, statt auf Fachleute zu hören. Heute wird immer deutlicher, welche Fehlentscheidungen Sie damit für dieses Land eingeleitet haben.
Eine dieser eklatanten Fehlentscheidungen war es, die Zukunft öffentlicher Unternehmen an Ihr Motto „Privat vor Staat“ zu knüpfen. Ich rede nicht nur über § 107, sondern auch über die WestLB und die LEG. Sie wollten und wollen sie aus ideologischen Gründen unbedingt verkaufen. Sie haben große Ankündigungen gemacht und sich selbst in Zugzwang gebracht.
Solch eine Aktion geht selten gut. Ihre Aktion ist voll danebengegangen. Man sieht das an dem geplanten Verkauf der LEG. Der Plan wurde zu Beginn Ihrer Regierungszeit mit heißer Nadel genäht. Später, nach der Bundestagswahl, haben Sie, Herr Ministerpräsident, auf soziale Rhetorik
umgeschaltet. Es wurden große Versprechungen in Bezug auf den Schutz der Mieter gemacht. So viel Schutz wie niemals zuvor hatten Sie versprochen.