Protocol of the Session on December 5, 2007

(Beifall von der CDU)

Das ist verdammt berichtenswert.

(Zuruf von Gisela Walsken [SPD])

Wir haben – vielleicht können Sie sich, Herr Sagel, das auch einmal notieren, damit Sie nicht mit der Angabe „von 108 Milliarden auf 120 Milliarden“ Geschichtsklitterung betreiben – im Jahr 2006 eine Nettoneuverschuldung von 3,2 Milliarden € eingehen müssen, nachdem es im Jahr vorher bei Ihnen 6,7 Milliarden € waren.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Wir hatten schon 2005 2 Milliarden!)

Wir haben für 2007 2,3 Milliarden € etatisiert. Ich darf Ihnen jetzt schon sagen: Aufgrund der Disziplin aller Häuser werden wir – ich hoffe es sehr – unter die 2 Milliarden kommen.

(Beifall von der CDU)

Jetzt haben wir 1,77 Milliarden etatisiert. Nach Adam Riese, Herr Sagel – rechnen Sie bitte mit! –, macht das eine ungefähre Verschuldung von insgesamt 6,7 Milliarden € aus, und zwar in drei Haushaltsjahren, während Sie diese Verschuldung in einem Jahr erreicht haben.

(Gisela Walsken [SPD]: Sie haben verges- sen, die Steuereinnahmen dagegen zu rech- nen! Sie tun so, als wenn es ein Sparhaus- halt wäre!)

Wenn Herr Sagel und Sie, Frau Walsken, so weitermachen, dann glaubt Ihnen nachher noch jemand, dass Sie über Wasser gehen könnten. Wenn Sie die Reduzierung der Nettoneuverschuldung preisen und verkünden, Sie würden sie stärker reduzieren, gleichzeitig jedoch für alle Positionen, die Herr Sagel gerade wieder aufgeführt hat, mehr ausgeben wollen, dann glaubt Ihnen das draußen Gott sei Dank keiner. Denn so dumm sind die Menschen nicht.

(Gisela Walsken [SPD]: Ihnen nimmt auch keiner den Sparhaushalt ab!)

Meine Damen und Herren, Herr Börschel hat hier wieder die Geschichtsklitterung, die auch Frau Walsken immer wieder versucht, betrieben: Ich hätte versprochen, jeden Cent mehr an Steuereinnahmen in die Reduzierung der Nettoneuverschuldung zu stecken.

(Gisela Walsken [SPD]: Haben Sie!)

Nein, ich habe bei der Einbringung eines Haushaltes das immer für weitere Steuermehreinnahmen zugesagt. Und ich habe es Ihnen vorhin vorgerechnet,

(Ewald Groth [GRÜNE]: Was ist mit dem Ur- laubsgeld? Was ist mit den vielen Verspre- chen? Alles gebrochen!)

dass wir in den drei Haushaltsjahren von den 6,8 Milliarden € mehr an Steuern soundso viel an die Kommunen gegeben haben – ich will nicht alles aus meinen ersten Redebeitrag wiederholen – und dass wir 550 Millionen € gebraucht haben, ja. Aber wir haben alleine 680 Millionen € in den Pensionsfonds gesteckt.

(Ewald Groth [GRÜNE]: 8 Milliarden Mehr- einnahmen!)

Sie können es leider nicht anders darstellen, Herr Groth: Es ist eine enorme Leistung, was hier in drei Haushaltsjahren passiert ist.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, die Konsolidierung scheint Ihnen ja doch irgendwie gegenwärtig zu sein, denn Sie sprechen jetzt schon davon, dass wir eine Inszenierung betreiben würden, um zur Wahl die Nettoneuverschuldung Null zu erreichen.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Schönrech- nen!)

Ich sage Ihnen dazu deutlich: Wir haben in der mittelfristigen Finanzplanung noch mehr als 700 Millionen € für 2011 an Nettoneuverschuldung vorgesehen. Sie wissen auch, dass wir das Jahr 2007 sehr wahrscheinlich mit einer besseren – ich habe sie gerade genannt – Zahl abschließen werden. Also können Sie die hoffentlich abziehen.

Ich bleibe dabei: Steuereinnahmen, Frau Walsken, sind vorsichtig anzusetzen. Im Gegensatz zu Ihnen lasse ich mich gerne positiv überraschen und nicht negativ.

(Beifall von der CDU)

Sie haben jedes Jahr einen Nachtragshaushalt zelebrieren müssen und haben ständig einen Offenbarungseid leisten müssen nach dem Motto: Ja, wir kommen mit dem Geld nicht aus.

Herr Minister.

„Liebe nächste Generation, wir laden euch immer mehr Schulden auf den Buckel.“ Offensichtlich war das Ihre Devise. Lesen Sie …

Herr Minister.

Ich komme zum Schluss.

… einmal in einer stillen Stunde – vielleicht ist das ja in der Weihnachtszeit möglich – Frau Walsken, Herr Sagel, Herr Groth, das gerade erschienene Bertelsmann-Gutachten zur Haushalt- und Finanzlage des Landes Nordrhein-Westfalen. Da werden Sie lesen, dass Nordrhein-Westfalen seit den 80er-Jahren – so sagt das Gutachten – beständig über seine Verhältnisse gelebt habe.

(Gisela Walsken [SPD]: Die anderen Bun- desländer auch!)

Zwischen Ende der 70er-Jahre und 2006 habe das Land durchschnittlich rund 10 % seiner Ausgaben über Kredite finanziert.

Meine Damen und Herren, wir sind dabei, dem ein Ende zu machen. Wir werden so hart arbeiten, dass wir auch die Nettoneuverschuldung null erreichen und dann irgendwann in der nächsten Le

gislaturperiode auch anfangen, Schulden zurückzuzahlen. Das sind wir den nachwachsenden Generationen schuldig.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hat ihre Redezeit deutlich überzogen, und zwar um fast 8 Minuten.

Da auch alle Fraktionen in ihren ersten bzw. zweiten Wortbeiträgen ihre Redezeit ebenfalls um, grob geschätzt, eine Minute überzogen haben, schlage ich Ihnen vor, dass wir jeder Fraktion die Möglichkeit eröffnen, in drei Minuten noch auf das Gesagte einzugehen. Können wir einvernehmlich so verfahren? – Okay.

Gibt es Wortmeldungen aus den Fraktionen? – Herr Kollege Groth, Sie haben dann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Linssen, wir nehmen Sie nur beim Wort, messen Sie nur an dem, was Sie dem Lande hier alles versprochen haben! Sie haben Wohltaten versprochen.

Bei den Beamten würden Sie die Kürzung des Weihnachtsgeldes zurücknehmen. Rot-Grün hat die Kürzung zuzeiten vorgenommen, als die Steuereinnahmen zurückgegangen sind. Als wir keine Chance mehr gesehen haben, das anders zu regeln, haben wir von den Beamten einen Konsolidierungsbeitrag in Form der Kürzung von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld erwartet, aber hinzugefügt, diese Maßnahme bis Ende 2005 zu begrenzen, und zwar in der Hoffnung auf zukünftige Steuermehreinnahmen, weil wir auf Bundesebene Reformen eingeleitet hatten, die zu einem Wiederanspringen der Konjunktur führen sollten.

Diese Konjunktur haben Sie jetzt geerbt. Sie haben auch die Steuermehreinnahmen geerbt. Was haben Sie aber gemacht? Sie haben diese Versprechen gebrochen! Und nicht nur das: Sie haben noch draufgesattelt. Sie haben neben diesen Millionen, die Sie den Beamten versprochen haben – dieser Wahlerfolg ist, ich formuliere es einmal so, ergaunert –, im letzten Jahr noch einmal 220 Millionen € draufgesetzt. Im kommenden Jahr, 2008, werden Sie zusätzlich zu den 220 Millionen € weitere 230 Millionen € bei den Beamten dadurch kürzen, dass Sie die Besoldungserhöhung vom 1. Januar auf den 1. Juli verschieben.

Was sollen die Beschäftigten des Landes dazu sagen? Was wollen Sie zu diesen gebrochenen Versprechen sagen, Herr Minister? Und das zu einer Zeit, in der die Steuereinnahmen nicht zurückgehen, wie das bei uns der Fall war, sondern zu der die Steuereinnahmen so was von bergauf gehen: Sie haben seit 2004 8 Milliarden € mehr Steuereinnahmen, als wir damals hatten. Das heißt, Sie haben Steuermehreinnahmen. Sie könnten handeln. Sie können den Kindern von Hartz-IV-Empfängern ein Mittagessen garantieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das könnte man machen. Aber dafür sind Sie nicht sozial genug. Da brechen Sie die Versprechen, die Sie den Beamten gegenüber gemacht haben, auch noch einmal.

Ich möchte Ihnen noch etwas ins Stammbuch schreiben, weil mir das wichtig ist. Sie rühmen sich immer der Zurückführung der Nettoneuverschuldung. Ja, das ist Ihnen gelungen, aber nicht aus eigener Kraft, sondern erstens aufgrund von Steuermehreinnahmen, die Sie durch eine gute Konjunktur geerbt haben, zweitens dadurch, dass Sie weiter bei den Beamten Versprechen gebrochen haben, und drittens haben Sie den Kommunen – Herr Becker hat es Ihnen vorhin vorgerechnet – inzwischen über 1 Milliarde € weggenommen.

Das, was Sie an Neuverschuldung einsparen, bürden Sie den schwachen Schultern der Kommunen, die schon in Haushaltssicherungskonzepten sind, noch obendrauf, und zwar durch Kredite, die nicht langfristig finanziert sind, sondern sehr risikoreich über Kassenkredite laufen, bei denen Sie genau wissen: Wenn der Bankenrat der EZB zusammentritt und die Zinssätze nach oben gehen, wissen die Kämmerer nicht, wie Sie ihr Geschäft am nächsten Tag weiterbetreiben sollen.

Das ist Ihr Handeln in Fragen der Finanzpolitik, und zwar ohne Not. Wir waren in einer schwierigen Situation. Ihr Modell für Nordrhein-Westfalen ist das Sanieren des Landeshaushalts auf Kosten der Kommunen und der Beschäftigten.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Also sanieren wir jetzt doch!)

Aber nicht in ausreichendem Maße. Darauf gehe ich gerne noch einmal ein, Herr Finanzminister. Was haben Sie alles im Hinblick auf die Sanierung versprochen!

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Sie wollten nicht nur die Steuermehreinnahmen zur Schuldensenkung einsetzen. Das halten Sie nicht ein; es ist Ihnen gerade vorgehalten worden.