„Die NRW-Konjunkturentwicklung wieder unter dem Bundestrend“ meldet ddp am 6. November mit Blick auf den Ifo-Index. „Stimmung im Mittelstand leicht eingetrübt“ ist das Ergebnis einer Umfrage der WGZ-Bank bei 1.500 Mittelständlern. Getrübte Perspektiven auch auf dem Arbeitsmarkt. Beim Rückgang der Arbeitslosigkeit liegen wir deutlich unter dem westdeutschen Schnitt, und zwar hinter Rheinland-Pfalz und Hessen, aber sogar auch hinter Mecklenburg-Vorpommern.
Es geht aufwärts in Deutschland – darüber sind wir alle froh –, aber wir in NRW laufen Gefahr, in der Konkurrenz der Bundesländer zurückzufallen. Sie wollten sich doch ganz nach oben orientieren, Herr Ministerpräsident. Bayern und BadenWürttemberg führten Sie immer im Munde. Stattdessen dümpelt Nordrhein-Westfalen im Mittelfeld.
Ich nehme dazu als Indikator das, was der BundLänder-Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder“ vorgelegt hat, die Zuwachsraten des Bruttoinlandsproduktes real. Dort liegen wir ebenfalls im Vergleich der Bundesländer nur auf Platz 9, aber es erstaunt, wer alles vor uns liegt.
Nein, die Zuwachsrate Nordrhein-Westfalens ist 2,4 %, bundesweit 2,8 %. Entschuldigung, auch das stimmt nicht, Herr Papke. Ich kann Ihnen gerne eine Kopie machen, wenn Sie wollen.
Auf Platz 9 zu liegen, geht ja noch. Aber das Schlimme ist: Vor uns liegen – das hat mich schon berührt – bei der Zuwachsrate des Bruttoinlandsproduktes Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Herr Ministerpräsident, wo sind Ihre Initiativen? Was tun Sie? Sie sagen – Zitat –: „NRW hat aufgeholt.“ Wo sind Ihre Initiativen für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes? Wie sichern Sie konkret den Finanzplatz hier in Düsseldorf? Das, was Sie heute zu WestLB und Sparkassen gesagt haben,
Wo sind Ihre Initiativen für den Strukturwandel in den Kohlerückzugsgebieten? Sie wollen einen Ausstiegsplan, haben Sie heute gesagt. Wir erwarten von Ihnen Konzepte.
Herr Ministerpräsident, Sie machen die falsche Wirtschaftspolitik für Nordrhein-Westfalen. Ihre Wirtschaftsministerin hat schon das Ende des Strukturwandels angekündigt, gemeint hat sie das wohl anders.
Bei Ihnen fließt das Geld nicht mehr dahin, wo es gebraucht wird, sondern dorthin, wo es schon heute starke Strukturen gibt.
Herr Ministerpräsident, Nordrhein-Westfalen ist das Industrieland in Deutschland. Wo waren heute in Ihrer Regierungserklärung Ihre Anstöße, damit unser Land diese Stärke behält und weiterentwickelt? Was ist die Idee für den Standort? Außer kreativer Ökonomie habe ich hier heute nichts gehört, Herr Ministerpräsident.
Baden-Württemberg zeigt: Wer in seinem Land über Innovationen eine starke Wirtschaft aufbauen will, der muss bereit sein, dafür Geld in die Hand zu nehmen.
Die Daten der Finanzmittel in Ihrem Ressort sprechen eine andere Sprache. Ich habe mir die Daten noch einmal herausgesucht: Wissenschaftshaushalt gesamt von 2000 bis 2008 eine satte Steigerung um 3,4 %. So bringt man ein Land innovativ nicht voran, meine Damen und Herren.
Noch schlimmer als die Konzeptionslosigkeit bei Wirtschaft und Innovation ist für die Zukunft unseres Landes allerdings Ihre falsche Politik für Kinder und Familien. Wir erinnern auch heute noch einmal daran: Es begann mit dem Haushalt 2006, dem „Jahr des Kindes“. Es war falsch, dass Sie sich damals geweigert haben, bei der Sparpolitik zu differenzieren und einen politischen und finanziellen Schwerpunkt auf diesen Bereich zu legen. Schlimmer noch: Sie haben gekürzt, massiv gekürzt im Bereich der Kindergärten.
Das, was Sie heute angeblich wieder drauflegen, wiegt immer noch nicht das auf, was Sie damals weggekürzt haben und was jedes Jahr bei den Kindern in unserem Land fehlt.
Stattdessen kam es noch schlimmer. Sie haben die Kommunen über den Innenminister und die Bezirksregierungen unter Druck gesetzt. Nach dem Wegfall des Elternbeitragsdefizitverfahrens haben Sie die Kommunen unter Druck gesetzt, das Defizit an die Eltern weiterzugeben. Das ist Kinder- und Familienpolitik nach Kassenlage. Sie zwingen finanzschwache Gemeinden, Beiträge anzuheben, und Sie nehmen in Kauf, dass Kinder abgemeldet werden, die dringend die Chance auf Bildung in unseren Kindertagesstätten bräuchten, Herr Ministerpräsident.
Auch Ihre Politik gegenüber den Kommunen ist grundsätzlich falsch. Sie haben sie zum Sparobjekt und zum Befehlsempfänger degradiert. Sie reden in einer Art und Weise über die Kommunen, die völlig indiskutabel ist. Es handelt sich nicht um Bittgänger, denen man Gnade gewährt. Unsere
Kommunen haben einen Anspruch auf eine ausreichende, ihren Aufgaben entsprechende finanzielle Ausstattung.
Wenn die Steuern kräftiger sprudeln, steht ein fester Teil davon auch den Kommunen zu. Denn sie brauchen dieses Geld dringend, um ihre Arbeit vor Ort – da, wo die Menschen den Staat am allerersten erleben – leisten zu können. Dort dürfen Sie diese Finanzmittel nicht rauskürzen, Herr Ministerpräsident.
Und ihnen dann noch mit der Änderung der Gemeindeordnung – § 107 –den Hals weiter zuzudrehen, ist in diesem Politikkatalog ganz besonders perfide.
Auch Kommunalisierung ist Bestandteil Ihrer Verwaltungsstrukturreform. Da haben Sie zu Beginn große Ankündigungen gemacht, ganz großes Theater. Seit Donnerstag wissen wir: glücklose Inszenierung in drei Akten:
Erster Akt: großer Aktionismus. Türschilder der Behörden werden an- und abgeschraubt. Keine Aufgabe, keine Behörde fiel wirklich weg. Symbolpolitik ersetzte Reformpolitik. Es ging um die schnelle Erfolgsmeldung. Jede Woche ist eine Behörde weggefallen, konnten wir lesen. Heute haben Sie von 124 Behörden gesprochen, die weg sind. Gemeint war wohl, dass Sie jede Woche ein Türschild ausgetauscht und einfach nur Umbenennungen vorgenommen haben.
Zweiter Akt: Übertragung von Aufgaben auf die Kommunen. Dagegen spricht zunächst nichts, wenn es fachlich sinnvoll ist und es ein faires Übereinkommen mit den Kommunen gibt. Davon kann aber nicht die Rede sein.
Versorgungsverwaltung: Dort ist Ihnen nachgewiesen worden, dass Ihre Lösung teurer ist, abgesehen davon, dass es für diejenigen, die mit der Versorgungsverwaltung zu tun haben, sehr viel beschwerlicher wird. Das, was dort passiert, ist ein Skandal.